Rotlauf
,
s. v. w.
Rose; in der
Tierheilkunde früher jede diffuse, oberflächliche Hautentzündung, während jetzt die
Haut- und Schleimhautentzündung bei der
Blutfleckenkrankheit des
Pferdes sowie beim bösartigen Katarrhalfieber
und beim
Milzbrand des
Rindes nicht mehr als Rotlauf
bezeichnet wird. Bei den
Schweinen versteht man unter Rotlauf
(brandiger Rotlauf, Rotlaufseuche)
eine eigenartige, infektiöse, leicht übertragbare und sehr verheerende
Krankheit, die früher irrtümlich als eine Form
des
Milzbrandes angesehen worden ist.
Löffler hat 1885 zuerst nachgewiesen, daß der Rotlauf
der
Schweine
[* 2] durch
Stäbchenbakterien verursacht wird
(Stäbchenrotlauf
). Die früher oft dem Rotlauf
zugezählte infektiöse
Lungenentzündung der
Schweine
(Schweineseuche) wird nach
Löffler von einem ovoiden Bakterium bedingt. Für Rotlauf
bacillen besitzen
Mäuse und
Tauben
[* 3] große
Empfänglichkeit.
Kaninchen
[* 4] dagegen erkranken nach der
Impfung
[* 5] nur an einer lokalen Hautentzündung. Bei
Schafen,
Rindern,
Hunden,
Katzen,
[* 6] Ratten,
Meerschweinchen und Hühnern haftet die
Impfung nicht.
Auch bei Menschen findet eine Übertragung der Krankheit nicht statt; die Schweine infizieren sich durch Aufnahme des mit dem Ansteckungsstoff verunreinigten Futters vom Darmkanal aus. Ob noch andre Wege für den Eintritt des Infektionsstoffs möglich sind, ist nicht bekannt. Durch absichtliche Impfung kann der auch von der Haut [* 7] aus hervorgerufen werden. Die Empfänglichkeit ist in den ersten drei Lebensmonaten gering. Ältere Schweine erkranken sehr leicht.
Das einmalige Überstehen des Rotlaufs
schützt die
Tiere in der
Regel vor abermaliger Erkrankung. Nach der
Infektion vergehen
3-5
Tage bis zum offensichtlichen Krankheitsausbruch. Die
Symptome bestehen in
Fieber mit
Temperaturen bis
zu 42,5,°
schnellem
Verfall der
Kräfte, fleckenweiser Rötung der
Haut, starker
Puls- und Atmungsfrequenz und verzögerter
Kotentleerung. Der Verlauf ist meist in 1-3
Tagen abgeschlossen und der
Ausgang in der
Regel tödlich. Bei der
Sektion finden
sich die Veränderungen der Sephthämie (Magen-Darmentzündung, Milzschwellung, trübe Schwellung des
Herzfleisches, der
Leber und der
Nieren neben zahlreichen blutigen
Herden in den
Schleimhäuten). - Da der Rotlauf
häufig vorkommt,
so ist dem Handelsverkehr mit
Schweinen eine besondere
Aufmerksamkeit zu widmen und jede, auch die indirekte Berührung mit
fremden
Schweinen zu vermeiden. Am häufigsten erfolgt die Einschleppung der
Seuche durch den Ankauf von
Handelsschweinen. Die Behandlung bietet nur geringe Aussichten. Zuweilen erweist sich das anhaltende
Begießen der kranken
Tiere mit kaltem
Wasser vorteilhaft. Im Beginn der
Krankheit wird auch ein
Brechmittel (am besten die subkutane
Injektion
[* 8] einer
wässerigen
Lösung von 0,03-0,05 g Pilokarpin) mit Nutzen
verwendet. Gewöhnlich dauert auch bei der seltenen
Genesung der
Tiere die
Konvaleszenz mehrere
Wochen. - Die von
Pasteur empfohlene
Schutzimpfung ist nicht ohne
Gefahr für die Impflinge und kann deshalb als eine polizeiliche Schutzmaßregel nicht angeordnet
werden. Das
Fleisch der an Rotlauf
frisch erkrankten
Schweine ist zwar für
Menschen nicht direkt schädlich,
im
Sinn des Nahrungsmittelgesetzes aber als »verdorben« anzusehen und
darf daher nicht in den freien
Verkehr gebracht werden.
Vgl. Lydtin und Schottelius, Der Rotlauf
der
Schweine (Wiesb. 1885).