Rote Ruhr
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Rote
Ruhme - Ruhr
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Seite 14.21.Ruhr
(Dysenteria), eine schwere, endemisch oder epidemisch herrschende Krankheit, welche sich anatomisch als diphtheritische
Entzündung der Dickdarmschleimhaut charakterisiert. Andre durch Sublimatgebrauch entstandene Entzündungen des Dickdarms können
zwar in ihren Symptomen, besonders in Bezug auf die häufigen mit Stuhlzwang verbundenen, auch wohl blutigen Durchfälle, der
echten Ruhr
mehr oder weniger ähneln und werden dann als unechte Ruhr bezeichnet; sie unterscheiden sich aber
von der eigentlichen Ruhr
durch den Mangel einer nachweisbaren Ansteckung.
Die Ruhr
steckt zwar nicht von Person zu Person an; dagegen ist es möglich, daß durch Darmentleerungen der Ruhr
kranken und
durch damit in Berührung gekommene Gegenstände die Krankheit übertragen werden kann. Die Ruhr
kommt besonders
häufig an Orten vor, wo Wechselfieber für gewöhnlich heimisch sind, und auch endemisch an andern Orten, wie z. B. in gewissen
Gegenden Frankreichs, welche im Feldzug 1870/71 wiederholt schlimme Krankheitsherde bildeten, während die sonst unter ganz
gleichen Verhältnissen in benachbarten Orten lagernden Truppen von Ruhr
verschont blieben und erst ergriffen
wurden, wenn sie die Quartiere des Seuchebezirks bezogen.
Außerdem begünstigt die Anhäufung vieler Menschen auf verhältnismäßig engem Raum, wenn zugleich ungünstige Ernährungs-
und Witterungsverhältnisse, namentlich andauernde Feuchtigkeit mit unvermeidlichen Durchnässungen, hinzukommen, das Entstehen
verheerender Ruhr
epidemien. Man hat auch große Strapazen, den Genuß unreifen Obstes etc. als Ursachen der
Ruhr
aufgeführt; doch scheint hierdurch nur die Disposition zur Erkrankung geschaffen und eventuell gesteigert zu werden.
Ruhr - Ruhrkohlengebir
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Seite 14.22.
Dem Ausbruch der Krankheit gehen zuweilen mehrere Tage vorher Unregelmäßigkeiten in der Verdauung, Appetitlosigkeit, leichte
Kolikschmerzen und Neigung zu Durchfall voraus. In den meisten Fällen beginnt die Ruhr
mit einem Durchfall
unter mäßigem Leibschmerz und fast ohne Stuhlzwang. Je häufiger aber die Durchfälle aufeinander folgen, um so heftiger und
anhaltender werden die kolikartigen Schmerzen, welche einige Zeit vor der Ausleerung beginnen und kurz vor dem Eintritt derselben
eine quälende Höhe erreichen. Die Entleerungen selbst sind von einem überaus peinigenden und schmerzhaften
Drängen auf den Mastdarm begleitet, wozu sich häufig Harnzwang gesellt. Es werden dabei immer nur geringe Mengen nicht kotiger,
sondern schleimiger, hellgrau gefärbter Massen (weiße Ruhr
) oder schleimig-blutiger Massen (rote
Ruhr
), zuweilen auch reines
Blut entleert. Unmittelbar nach der Entleerung fühlt sich der Kranke
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erleichtert und hat nur Schmerz bei Druck auf den Leib; bald aber beginnt der Leibschmerz von neuem, es tritt wieder Stuhlzwang
und eine Entleerung ein. Dies wiederholt sich in 24 Stunden wohl 20-30mal. Im Verlauf der Krankheit gesellen sich allemal Fiebererscheinungen
hinzu. Selbst bei den leichtesten Graden der Ruhr
werden die Kranken durch den beträchtlichen Säfteverlust,
durch die Schmerzen und die Schlaflosigkeit sehr angegriffen; sie bekommen ein bleiches Ansehen, der anfangs volle Puls wird
klein, die Stimmung sehr niedergeschlagen, die Mattigkeit sehr groß; die Kranken erholen sich äußerst langsam.
Ausdehnung (der festen
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Ausdehnung.
Bei den höhern Graden der Ruhr
, wo alle Symptome vom Unterleib her heftiger werden, ist der Puls sehr frequent
und wird bald klein. Das Allgemeinbefinden ist schwer gestört, es ist starkes Fieber, völlige Appetitlosigkeit, trockne
Zunge, höchste Entkräftung und mutlose Stimmung, oft auch Benommenheit der Sinne und leichtes Delirium vorhanden. Tritt hierbei
der Tod an Entkräftung ein, so findet sich die Schleimhaut des Dickdarms in großer Ausdehnung
[* 4] durch flache
diphtheritische Geschwüre zerstört, zuweilen brandig abgestorben und verschorft.
Die Milz ist geschwollen, Nieren und Leber zeigen jene sogen. parenchymatöse Trübung, die eine stete Begleiterin aller akuten ansteckenden Krankheiten ist. Geht die Krankheit in die chronische Form über, so hört das Fieber auf, es wechseln Durchfälle mit Verstopfung ab; zuweilen wird aber auch noch eine eiterige Flüssigkeit entleert, weil die Verschwärung der Darmschleimhaut fortschreitet. Die Kranken magern im höchsten Grad ab und gehen dabei nach monatelangem Siechtum, häufig unter Hinzutritt allgemeiner Wassersucht, zu Grunde.
Heilen endlich die auf der Darmschleimhaut entstandenen Substanzverluste, so leidet der Patient für den
Rest seines Lebens an habitueller Verstopfung und den mannigfachen lästigen Folgen derselben. In den heißen Ländern gesellen
sich zur Ruhr
häufig Leberabscesse, denen die Kranken erliegen. Die einzelnen Ruhr
epidemien sind nach ihrer Schwere verschieden;
in manchen Fällen erfordern sie nur wenige Opfer, in andern, namentlich bei lange kampierenden Heeren und
belagerten Städten, erreichen sie die Mortalität der schwersten Typhusepidemien, ja überschreiten dieselbe. Es ist wichtiger,
die Ruhr
zu verhüten, als sie zu behandeln, wenn sie einmal ausgebrochen ist.
Die von Ruhr
kranken benutzten Gegenstände, namentlich Betten und Wäsche, dürfen unter keiner Bedingung von andern Personen
gebraucht werden. Die Entleerungen von Ruhr
kranken müssen in besondere Gruben geschüttet und mit einer
Lösung von Eisenvitriol versetzt werden. Alle Schädlichkeiten, welche die Disposition für die Ruhr
steigern, müssen sorgfältig
vermieden und die geringsten Darmkatarrhe auf das genaueste überwacht werden. Die Diät muß eine besonders geregelte sein.
Darm
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Darm.
Ist die Ruhr
aber einmal ausgebrochen, und tritt sie dabei in milder Form auf, so ist zunächst
der Darm
[* 5] durch einen Löffel Rizinusöl oder etwas Tamarindendekokt von Zeit zu Zeit von seinen Kotmassen zu befreien. Der Kranke
muß unbedingt das Bett
[* 6] hüten, darf nichts Festes genießen, sondern muß sich von Suppen nähren. Ist der
Patient kräftig und vollsaftig, so ist eine schleimige Wassersuppe das Beste; ist er aber schwächlich, so muß von vornherein
für Erhaltung der Kräfte durch konzentrierte Fleischsuppen, Wein etc. gesorgt werden.
Die Applikation von warmen Umschlägen oder unter Umständen von Blutegeln auf den Leib und an den After leistet gegen die
Schmerzen gute Dienste.
[* 7] Klystiere von Stärkemehl mit
Opium sind oft zu wiederholen. Wenn diese Behandlung nicht ausreicht, sowie
bei schwereren Fällen der in welchen örtliche Blutentziehungen fast immer nötig werden, wird die innere Anwendung von Kalomel
mit Opium oder von essigsaurem Blei
[* 8] mit Opium sehr empfohlen. Bei den höchsten Graden der Ruhr
bleibt in der
Regel jede Behandlung erfolglos; man muß sich dann darauf beschränken, durch Chinin, Wein, Kampfer, Moschus den Kräfteverfall
aufzuhalten. Gegen die chronische Ruhr sind, wenn der Stuhlzwang aufgehört hat, adstringierende Klystiere (mit Tannin, salpetersaurem
Silber etc.) oder auch dieselben adstringierenden Mittel innerlich anzuwenden.
Arnolfo di Cambio - Ar
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Arnsberg.1) rechter Nebenfluß des Rheins, entspringt im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, [* 9] Kreis [* 10] Brilon, auf dem Plateau von Winterberg, 664 m ü. M., fließt erst nördlich, dann westlich und mündet bei Ruhrort. [* 11] Sie macht besonders in der letzten Hälfte ihres 232 km langen Laufs beträchtliche Windungen, ist mittels elf Schleusen von Witten ab schiffbar und bei Duisburg [* 12] durch den 5 km langen Duisburger oder Rhein-Ruhr-Kanal mit dem Rhein oberhalb ihrer Mündung verbunden.
In den Hafen von Duisburg liefen auf der Ruhr 1886 ein: 5161 Schiffe [* 13] mit 415,679 Ton. Ladung; es liefen aus: 5263 Schiffe mit 991,776 T. Ladung. Zur weitern Hebung [* 14] der Schiffahrt stehen größere Erweiterungsanlagen des Hafens in Duisburg in Aussicht. Nebenflüsse der Ruhr rechts: die Möhne, links: die Neger, Elpe, Valme, Henne, Wenne, Röhr, Lenne und Volme. Das Thal [* 15] der ist hier und da pittoresk und zeigt allenthalben große industrielle Thätigkeit im Betrieb des Bergbaues, namentlich auf Steinkohlen, von Hütten- und Hammerwerken etc.
Vgl. Löbker, Wanderungen durch das Ruhrthal (Münst. 1853);
Natorp, Ruhr und Lenne (2. Aufl., Iserl. 1880);
Greve, Kanalisierung der Ruhr (Berl. 1887). -