Rossini
,
Gioachino Antonio, ital. Opernkomponist, geb. zu Pesaro in den Marken (daher «der Schwan von Pesaro» genannt),
kam als Kind nach Bologna, wo seine Mutter am Teatro Civico als Primadonna buffa Engagement fand. Hier studierte er Musik und machte sich seit 1810 durch eine Anzahl von Opern, wie «Tancredi» und «L’Italiana in Algeri», die er für Venedig [* 2] komponiert hatte, schnell berühmt. Er nahm 1815 ein Engagement für Neapel [* 3] als Musikdirektor und Compositeur beim Impresario Barbaja an. 1816 ging zu Rom [* 4] das Meisterstück seiner Jugend, der heitere «Barbiere di Seviglia» erst unter Zischen, bei der nächsten Aufführung mit großem Applaus über die Bühne.
Hieran reihten sich 1816 noch die hübsche Buffooper «La Gazzetta» und «Otello» (Neapel),
1817 «La Cenerentola» (Rom),
«La gazza ladra» (Mailand) [* 5] und «Armida» (Neapel),
1818 «Adelaida di Borgogna» (Rom),
«Mosè in Egitto» (Neapel),
«Adina, o il califfo di Bagdad» (Lissabon) [* 6] und «Ricciardo e Zoraide» (Neapel),
1819 «La donna del lago» (Neapel) und «Ermione», 1820 «Bianca e Faliero» (Mailand) und «Maometto secondo» (Neapel),
1821 «Matilda di Shabran» (Rom) und «Zelmira» (Neapel). ^[]
Infolge der Revolution von 1821 verließ der
Impresario Barbaja auf einige Zeit Neapel und wandte sich mit seinen besten Kräften
nach
Wien,
[* 7] wo auch Rossini
Ende 1821 anlangte. Auf dem Wege dahin hatte er sich mit Barbajas Primadonna
Isabella Colbrand (gest. 1845) verheiratet. In
Wien wurden Rossini
und seine Werke vom Publikum mit Enthusiasmus aufgenommen, und
seine
Opern machten einen um so größern Eindruck, weil sie durch Barbajas
Truppe in der vollendetsten
Weise ausgeführt wurden.
In
Venedig brachte er 1823 «Semiramide» zur Aufführung,
die nur eine laue
Aufnahme fand, was ihn bestimmte, fortan nichts mehr für
Italien
[* 8] zu komponieren. Im Nov. 1823 ging er über
Paris
[* 9] nach
London,
[* 10] führte darauf die Direktion der
Italienischen
Oper in
Paris anderthalb Jahre ohne Erfolg, brachte auch während
dieser Zeit nur die Gelegenheitsoper «Il viaggio a Reims»
[* 11] (1825 zur Krönung
Karls Ⅹ.) als neues Werk zur Ausführung. Er erhielt sodann den
Titel als erster Compositeur des Königs
und
Inspecteur du chant en
France und widmete seine Thätigkeit fortan der
Großen (franz.)
Oper.
Dies bewirkte bei ihm eine ähnliche Umwandlung, wie früher bei seinem Landsmann Piccini, dem Rivalen Glucks, indem er mehr als bisher auf das Dramatisch-Charakteristische sehen, seine Melodien schlichter und weniger üppig in den Fiorituren halten, die Orchester- und Chorkräfte zu größerer Bedeutsamkeit verwenden mußte u. s. w. Zunächst gestaltete er in dieser Weise zwei seiner ältern Opern um: «Maometto secondo» und «Mosè in Egitto», die 1826 und 1827 mit Erfolg über die Bühne gingen.
Dann erst unternahm er die
Komposition eines original-franz.
Librettos, des «Comte
Ory», der 1828 mit großem Beifall gegeben
wurde. 1829 folgte
«Guillaume
Tell», neben dem
«Barbier von Sevilla»
[* 12] sein bestes Werk, aber auch der Schlußstein seiner Thätigkeit
als Opernkomponist. Rossini
besaß die Überwindung, im
Alter von noch nicht 40 J. sich mit den bis dahin errungenen
Lorbeeren zu begnügen und mit dem Werke zu enden, das er wohl schwerlich überboten hätte. Später veröffentlichte er
nur noch ein
«Stabat mater» (1832; erweitert 1841) und verschiedene kleinere
Kompositionen. Nach der Aufführung des
«Tell»
lebte er meist in
Bologna, ging 1848 nach
Florenz,
[* 13] 1855 wieder nach
Paris, wo er auf seinem Landsitze
zu Passy starb. Seine Überreste wurden im
Frühjahr 1887 von
Paris, wo sie 1868 auf dem Friedhof Père-Lachaise beerdigt worden
waren, nach
Florenz gebracht und dort am 3. Mai in der
Kirche Sta. Croce beigesetzt.
Rossini
verlieh der ital.
Oper frisches Leben. Er fand neue Formen, gab das frühere einfache
(Secco-) Recitativ
auf und setzte dafür
durchkomponierte recitativische Scenen, was dann von Spätern bis zur modernen Gestalt der
Oper weiter gebildet wurde. Seinen
unmittelbaren Vorgängern gegenüber zeigte er sich blühender und geistreicher in der Melodik und
Harmonik,
glänzender und üppiger in der Orchestrierung sowie kräftiger und pointenreicher in der Rhythmik, war aber stilistisch
und der Form und dem
Geist der
Dichtungen gegenüber viel nachlässiger als die
Meister des 18. Jahrh. Hierdurch wirkte er auf
die weitere
Entwicklung der
Oper verderblich.
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Auch stört er die rein musikalische Wirkung seiner Kompositionen durch häufige Trivialitäten. Die Stärke [* 15] und der Hauptreiz seiner Musik liegt in den Melodien: mit diesen bezauberte er seine Zeitgenossen und übt im «Tell» und «Barbier von Sevilla» noch jetzt dieselbe Wirkung aus. –
Vgl. Beyle, Vie de Rossini
(2 Bde.,
Par. 1823);
A. Pougin, Rossini
(Par. 1870);
Zanolini, Biografia di Rossini
(Bologna 1875);
J. Sittard, Rossini
(Lpz. 1882).