Roseg
(Fuorcla) (Kt. Graubünden, Bez. Maloja). Passübergang. S. den Art. Tschierva-Sserscen (Fuorcla).
ROSEG
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Roseg
(Fuorcla) (Kt. Graubünden, Bez. Maloja). Passübergang. S. den Art. Tschierva-Sserscen (Fuorcla).
Roseg
(Piz) (Kt. Graubünden, Bez. Maloja). S.-Gipfel ¶
3913 m, N.-Gipfel 3927 in, O.-Gipfel 3866 m. Einer der Hauptstöcke der Berninagruppe, gilt gewöhnlich als deren zweiter,
obwohl ausser dem Piz Bernina (4052 m) noch einige andere Gipfel dieser Gruppe höher sind als er, so der Piz Zupô (3999 m),
der Pizzo Bianco (3998 m), d. h. der durch die Berninascharte vom Hauptgipfel getrennte nördl. Vorgipfel
des Piz Bernina, der Monte di Scerscen (3967 m). Von gleicher Höhe wie der Piz Roseg
ist der Piz Argient (3942 m) und über 3900 m
erreichen noch die Bellavista (3921 m) und der Piz Palü (3912 m). Aber obwohl von einigen Rivalen um ein
Geringes überhöht, übertrifft er diese doch weit an Selbständigkeit und Schönheit der Gestalt, während der Piz Zupô
eng mit der Bellavista und der Monte di Scerscen mit dem Piz Bernina verwachsen sind.
Der Piz Roseg
erscheint als der Zwillingsbruder des Piz Bernina, ebenso selbständig und ebenso schön und glanzvoll
wie dieser. Ihr Abstand beträgt nur 2 km, und den Zwischenraum erfüllt zum grössten Teil die breite Masse des Monte di Scerscen,
zusammen ein alpines Dreigestirn, das gerne mit demjenigen von Eiger, Mönch und Jungfrau verglichen wird. Alle drei erheben
sich auf dem schweizerisch-italienischen Grenzkamm, der Piz Roseg
speziell zwischen Tschierva-, Roseg-
und oberm Scerscengletscher.
Von den übrigen Höhen dieses gewaltigen, auf der N.-Seite in einen glänzenden Eismantel gehüllten, nach S. steilabgebrochenen
Grenzkamms wird der Piz Roseg
durch die Fuorcla Tschierva-Scerscen (3527 m) und die Fuorcla Sella (3301 m) getrennt. Er bildet
eine dreiseitige Pyramide, deren W.- und SO.-Seite aus mächtigen, durch Felsrippen und Eiskehlen gegliederten
Granitwänden bestehen, während die NO.-Seite mit prachtvollen Eishängen zum Tschiervagletscher abfällt.
Man unterscheidet gewöhnlich zwei Hauptgipfel, die durch einen schmalen Eiskamm verbunden sind. Der Südgipfel (3943 m)
krönt den Grenzkamm, der etwa 500 m davon abstehende Nordgipfel (3927 m), eine feine Eiskuppe, den nach
NW. streichenden und die Firnbecken des Roseg-
und Tschiervagletschers voneinander trennenden Kamm, dem dann noch der Piz Aguagliouls
entragt. Ein dritter, auf der Siegfriedkarte nicht deutlich markierter, auf der italienischen Karte mit 3866 m bezeichneter
Punkt, wird in der touristischen Literatur etwa als Ostgipfel oder Kleiner Piz Roseg
bezeichnet. Er liegt
etwas östl. vom Südgipfel und ist von ihm durch eine deutliche Scharte getrennt.
Den ersten Versuch zur Besteigung des Piz Roseg
machten am H. B. George und A. W. Moore mit dem Führer Chr. Almer.
Sie gelangten über den Tschiervagletscher auf oder doch in die Gegend des Punktes 3599 m im NW.-Kamm.
Drei weitere Expeditionen erreichten dann die Nordspitze (3927 m) und zwar alle drei vom Roseg
gletscher aus, der von
der Alp Misaum her in der ganzen Länge bis etwa in die Höhe von 3150-3200 m überschritten wurde. Von da zieht sich eine
breite Schneehalde steil bis etwas östl. des Punktes 3599 m. F. S. Bircham mit den Führern Peter Jenny
und Alex. Flury benutzte am hauptsächlich die Felsen östl. der Halde zum Auf- und Abstieg, während J. J. Weilenmann
mit Franz Pöll am und J. A. Specht ebenfalls mit F. Pöll am mehr die Schneehalde
selber begingen.
Von Punkt 3599 m an ging es im ganzen weiter über den Eiskamm südöstl. zum Nordgipfel. Erst die 5. Partie erreichte dann
endlich am auch den Südgipfel. Es waren A. W. Moore und Horace Walker mit Führer Jak. Anderegg.
Den Aufstieg nahmen
sie vom Roseg
gletscher aus über die Felsen östl. der erwähnten Schneehalde, was anfänglich ziemlich
leicht ging, weiter oben aber bedeutende Schwierigkeiten brachte wegen der glatten und vereisten Felsen und eines schwer zu
umgehenden Felsturms.
Erst nach mehrstündiger Arbeit wurde die Kammhöhe etwas nordwestl. des Nordgipfels und dann bald dieser
selber erreicht. Der Uebergang zum Südgipfel bot ebenfalls grosse Schwierigkeiten. Die zweite Besteigung beider Roseg
spitzen
führte am Dr. P. Güssfeldt mit Hans Grass und Caspar Capat aus. Der von diesen beiden Expeditionen eingehaltene
Weg wurde dann überhaupt die übliche Route, besonders seitdem die Mortèlhütte des S. A. S. am Roseg
gletscher
und das Restaurant weiter draussen im Thal am Fuss der Fuorcla Surlej entstanden waren.
Früher hatte man jeweilen auf der Alp Misaum übernachten müssen. In der Folge sind dann noch verschiedene andere Wege eingeschlagen worden, so vom Tschiervagletscher über Aguagliouls und Punkt 3599 m oder durch den linken Seitenarm des Tschiervagletschers (östl. neben Aguagliouls), oder durch die O.-Wand dieses Seitengletschers, ja auch vom obern Tschiervagletscher über die steile Eiswand direkt auf den Verbindungskamm der beiden Hauptgipfel. Dieser Kamm kann in verschiedenen Zeiten sehr verschiedene Schwierigkeitsgrade bieten.
Bei guten Schnee- und Eisverhältnissen ist er schon in ½ Stunde vom einen Gipfel zum andern überwunden
worden, bei schwierigern Verhältnissen kostet er auch geübten Touristen 1-1½ Stunden, und gelegentlich ist er auch ganz
unpassierbar. Seit Erstellung der Tschiervahütte des S. A. C. werden natürlich die verschiedenen Routen über den Tschiervagletscher
und Punkt 3599 m häufiger gemacht als früher. Auch über die S.-Wand wird der Piz Roseg
hie und da erklettert.
Man benutzt dabei, von der Marinellihütte über den obern Scerscengletscher kommend, teils das grosse Schnee- und Eiscouloir,
das die ganze S.-Wand durchzieht, teils die dasselbe einschliessenden Felswände. Endlich ist auch schon der O.-Grat von der
Fuorcla Tschierva-Scerscen her erklettert worden, wobei dann auch der Kleine Piz Roseg
oder Ostgipfel (3866 m) überstiegen
wird, ein sehr schwieriges und waghalsiges Unternehmen, besonders bis zur Fuorcla Tschierva-Scerscen und von da über den
untern Teil des O.-Grates.
(Vadret Da), deutsch Roseggletscher (Kt. Graubünden, Bez. Maloja). 3598-2040 m. Grosser Gletscher, erfüllt mit dem Tschiervagletscher zusammen den Hintergrund des Rosegthals und gewährt mit seinem Kranz von Eisgipfeln und dem bewaldeten Vordergrund des Val Roseg von Pontresina aus einen herrlichen, vielbewunderten Anblick. Mit dem Tschiervagletscher zusammen bedeckt er eine Fläche von etwa 24 km2, wovon auf den eigentlichen Roseggletscher fast 14, auf den Tschiervagletscher fast 10 km2 kommen. Das Sammelgebiet des erstern beträgt etwa 9,3 km2, dasjenige des letztern etwa 6,6 km2, die Zungen- oder Eisstromflächen 4,2 bezw. 3,2 km2, die Gesamtlängen (inkl. Sammelgebiete) 7,5 und 5,2 km, die Längen der Eiszungen 4,5 und 3,6 km. Das untere Ende der vereinigten Eiszunge liegt bei etwa 2040 m. Die beiden Gletscherarme und deren Firnbecken werden voneinander getrennt durch den Kamm des Piz Aguagliouls, der südl. und südöstl. hinaufreicht bis an den Piz Roseg. Von da zieht die Rückwand des Tschiervagletschers über Monte di Scerscen und Piz Bernina bis zum Piz Morteratsch und Piz Tschierva, ¶
diejenige des Roseggletschers im engern Sinn über die Gipfel Gümels, La Sella, Glüschaint und Mongia zum Piz Chapütschin, von wo dann die Kette des Piz Corvatsch nach N. streicht. Der Hintergrund des Tschiervagletschers ist zwar durch die mächtigen Gestalten des Piz Roseg, Monte di Scerscen und Piz Bernina der grossartigere und imposantere, derjenige des Roseggletschers mit seinen flacheren und sanfteren Linien der einförmigere, aber dafür der in einen weniger unterbrochenen Eismantel gehüllte und in reinerem Weiss und Glanz erstrahlende.
Die beiden Eiszungen sind ziemlich flach und nur mässig zerschrundet. Dagegen zeigen die Uebergangsstellen zu den Firnbecken grössere Steilheit und wilde Seracgebiete, die nur schwer und teilweise gar nicht zu begehen sind. Vom Tschiervagletscher führt die Fuorcla Prievlusa 3452 m) hinüber zum Morteratschgletscher, die Fuorcla-Tschierva-Scerscen (3527 m), kürzer auch Fuorcla da Roseg oder Güssfeldtscharte genannt, zum obern Scerscengletscher (Vedreta di Scerscen superiore), beides hohe vereiste Joche, die nur mit grossen Mühen und Schwierigkeiten zu überschreiten sind.
Ueber die Fuorcla Prievlusa führt die von geübten und unerschrockenen Touristen gerne benutzte Route über Pizzo Bianco und Berninascharte zum Piz Bernina. Leichter sind die Uebergänge vom eigentlichen Roseggletscher aus: die Fuorcla Sella (3304 m) zum untern Scerscengletscher (Vedreta di Scersceninferiore), die Fuorcla Glüschaint (gegen 3400 m) und die Fuorcla Chapütschin (3228 m) beide zum Vadret da Fex. Ebenfalls ins Val Fex führt die Fuorcla da Fex-Roseg (3032 m) von der Mortèlhütte am Roseggletscher aus. Als Pendant dazu kann man auf der entgegengesetzten Seite die Scharte nördl. des Piz Morteratsch nennen (nahe bei Punkt 3402 m der Siegfriedkarte), die die Verbindung zwischen Tschierva- und Bovalhütte herstellt und auch bei Besteigungen des Piz Morteratsch und Piz Tschierva oft benutzt wird. Auf der Siegfriedkarte ohne Namen und ohne Höhenzahl, heisst sie bei den Touristen oft Tschierva-Bovalscharte.
(Val) (Kt. Graubünden, Bez. Maloja). 3300-1770 m. Längstes der von N. in die Berninagruppe einschneidenden Thäler. Es mündet bei Pontresina in das Thal des Flatz- oder Berninabaches und gewährt von hier aus mit seinem dunklen Waldeingang und leuchtenden Gletscherhintergrund einen prachtvollen Anblick, der auch auf den meisten Bildern von Pontresina zu sehen ist. Die Länge des Thals von Pontresina bis zum Roseggletscher beträgt etwa 9 km und bis auf den schweizerisch-italienischen Grenzkamm 15-16 km. Die Rückwand wird von der gewaltigen Eismauer vom Piz Bernina über Piz Roseg und Piz Glüschaint zum Piz Chapütschin mit all' den Zwischengipfeln gebildet, während rechts und links die Ketten des Piz Morteratsch und Piz Corvatsch das Thal flankieren. Die Bergwände steigen meist mit grosser Steilheit empor und lassen zwischen sich nur wenig Raum für eine Thalsohle übrig. Der Bach rauscht also meist wildschäumend in enger Rinne dahin. Nur an wenigen Stellen finden sich kleine Erweiterungen mit ebeneren Böden, so bei der Hütte Acla Colani und bei den Alpen Prima und Seguonda. Die grösste Thalebene erstreckt sich von dem aus der W.-Wand vorspringenden Muot da Cresta bis zum Gletscher. Sie ist als alter Gletscherboden meist von Sand und Kies bedeckt, zwischen welchen der Bach vielarmig dahineilt. Am N.-Ende dieser Ebene findet sich das Restaurant Roseg, ein Hauptausflugsziel der Gäste von Pontresina. Bis hieher führt ein gutes Fahrsträsschen zuerst links, dann rechts und zuletzt eine kurze Strecke wieder links vom Thalbach. Ausserdem ist ein prächtiger Fussweg vorhanden, der in seiner ganzen Länge durch den herrlichen Arvenwald (untermischt mit Lärchen und Fichten) auf der rechten Thalseite verläuft.
Ueberhaupt ist das Val Roseg bis hoch an den untern Abhängen hinauf schön bewaldet. Unter den Bäumen herrscht hier die Arve vor wie sonst nur selten in einem Thal. Auf moosigen Felsblöcken findet man die zierliche Linnaea borealis mit ihren rötlichweissen Glöckchen, an feuchten Waldstellen manche seltene Moose und Flechten wie etwa Splachnum sphaericum und verschiedene Cladonien, dagegen auf sonnigen Felsen Sempervivum Wulfenii, weiter hinten im Flusskies vor dem Gletscher die Achillea moschata oder Ivapflanze in Menge, ebenso Stereocaulon alpinum, an manchen Stellen (so auch an der viel begangenen Fuorcla Surlej) das himmelblaue Eritrichium nanum und die blassrötliche Androsace glacialis, beides hübsche Polsterpflanzen, dann Primula latifolia, Ranunculus glacialis, Alchimilla pentaphylla und viele andere, von den grossen Alpenrosenbeständen ganz abgesehen.
Das Restaurant Roseg (2 Stunden hinter Pontresina), die Mortèl- und die Tschiervahütte sind günstige Ausgangspunkte für kleinere und grössere Exkursionen, die bewirtschaftete Tschiervahütte besonders für Piz Bernina (über Fuorcla Prievlusa und Berninascharte), Monte di Scerscen, Piz Roseg, Piz Morteratsch und Piz Tschierva, die einfachere und unbewirtschaftete Mortèlhütte für Piz Roseg und alle die Gipfel von da bis zum Piz Chapütschin.
Die beliebtesten Ausflüge vom Restaurant aus sind die beiden Klubhütten, besonders die Tschiervahütte, das Gletschertor und der untere Teil der Gletscherzunge, die teilweise noch beraste und von Bergamasker Schafen abgeweidete Felsinsel Aguagliouls, die Alp Ota und die Fuorcla Surlej, beide mit Restaurants und berühmt als die Punkte, von welchen man die schönsten Blicke auf die grossartige Gletscher- und Bergwelt des Val Roseg geniesst. Gute Wege führen da hinauf, und von der Fuorcla Surlej, von der man auch die Seen des Ober Engadin überblickt, hinab nach St. Moritz, Silvaplana oder Sils. Vor Erbauung der beiden Klubhütten war die Alp Misaum der Ausgangspunkt für die touristischen Unternehmungen im Roseggebiet, insbesondere auch für die Erstlingstouren auf den Piz Roseg.