Romántik
(Romantizismus, lat.), eine Bezeichnung, welche ursprünglich mit romanisch zusammenhängt, aber von der Ästhetik noch nicht genügend definiert worden ist. Man pflegt darunter das Mittelalterliche in Leben, Sitte und Kunst zu verstehen, dessen erste Träger [* 2] die romanischen Völker gewesen sind. An diese Hauptbedeutung des Wortes reihen sich noch allerlei Nebenbedeutungen an; namentlich versteht man in der Kunst unter dem Romantischen im Gegensatz zur Einfalt, Ruhe und Klarheit des Antiken das auf das Unendliche, Ahnungsvolle, Wunderbare und Phantastische gerichtete künstlerische Streben, wie man im gewöhnlichen Leben auch das übernatürlich Scheinende, Wilde und Schauerliche, überhaupt das Ungewöhnliche und die Phantasie Aufregende mit jenem Ausdruck zu bezeichnen gewohnt ist und demgemäß von romantischen Gegenden, romantischen Begegnissen und Abenteuern etc. spricht.
Eine besondere Bedeutung erhielt das Wort, als zu Anfang des 19. Jahrh. einige jüngere Dichter und Kritiker, namentlich A. W. und Fr. Schlegel, Novalis, Tieck, Wackenroder u. a., sich unter dem Namen einer romantischen Schule vereinigten, um nicht nur das Wunderbare und Phantastische überhaupt, sondern insbesondere das Mittelalterliche mit Einschluß des Orientalischen in die Poesie zurückzuführen.
Vgl. Hettner, Die romantische Schule in ihrem innern Zusammenhang mit Goethe und Schiller (Braunschw. 1850);
Haym, Die romantische Schule (Berl. 1871);
Brandes, Die Hauptströmungen der Litteratur des 19. Jahrhunderts, Bd. 2 (das. 1873).
Die weitere
Entwickelung der in dem angegebenen
Sinn hatte aber zur
Folge, daß die ihr huldigende
Partei
nicht bloß in der
Poesie, sondern auch in
Staat und
Religion den mittelalterlichen
Institutionen vor den klassischen und modernen
den Vorzug gab
und sie um jeden
Preis wieder zur Geltung gebracht sehen wollte. Da jedoch hiermit der maßlosesten politischen
und kirchlichen
Reaktion das
Wort geredet ward, so pflegten bald die Gegner dieser
Richtung alles dem Fortschritt
Feindliche, rückwärts Strebende in Litteratur und
Kunst mit dem
Ausdruck des Romantischen zu bezeichnen, wozu
Ruge und
Echtermeyer
in ihrem
»Manifest gegen die in den »Halleschen
Jahrbüchern« den
Ton angegeben hatten. Auch
Strauß
[* 3] hat
in seiner
Schrift »Der Romantiker
auf dem
Thron
[* 4] der
Cäsaren« (Mannh. 1847) das
Wort in diesem
Sinn genommen, ebenso
Julian
Schmidt
in seiner »Geschichte der Romántik«
(Leipz.
1848). In
Frankreich, wo, wie in den
Litteraturen der
Engländer,
Italiener,
Dänen,
Schweden,
[* 5]
Russen,
Polen etc., verwandte Bestrebungen
hervortraten, machte sich die Romántik
besonders dadurch bemerklich, daß sie die starren
Fesseln des alten
Klassizismus abwarf und freiere, selbst mitunter ausschweifende
Formen in der
Poesie anstrebte.
Vgl. Huber, Die neuromantische Poesie in Frankreich (Leipz. 1833);
Michiels, Histoire des idées littéraires (3. Aufl., Par. 1862, 2 Bde.);