[* ] (Roma), Hauptstadt des röm. Weltreichs (s. Römisches Reich), in der Landschaft Latium am Tiber unterhalb der Einmündung
des Anio gelegen, da, wo die Schiffbarkeit des Stroms beginnt und das Thal desselben in seinem Unterlauf am meisten von Hügeln
eingeengt wird (s. den Plan, S. 898). Die Ortslage war in den tiefer gelegenen Teilen sumpfig, den Überschwemmungen
des Tiber ausgesetzt und daher ziemlich ungesund. Die ältesten Erinnerungen städtischen Anbaues knüpfen sich an den isolierten
Palatinischen Berg, die sogen. Roma quadrata, welche mit ihren drei Thoren als Gründung des Romulus galt.
Die Tradition läßt Rom unter der Königsherrschaft dann in folgender Weise sich vergrößern. Zur Roma
quadrata kam zunächst die folgenreiche Ansiedelung der Sabiner unter Titus Tatius auf dem Mons Capitolinus und der Südspitze
des Collis Quirinalis, das sogen. Capitolium Vetus, hinzu. Auch die nordöstlich an den Mons Palatinus stoßende Anhöhe Velia
ward frühzeitig mit Heiligtümern und Ansiedelungen besetzt; ebenfalls schon in alter Zeit ward ferner
der Cälius mit etruskischen Geschlechtern unter Cäles Vibenna bevölkert.
Der Aventinus ward unter Ancus Marcius von latinischen Städtegemeinden kolonisiert; dieser König überbrückte auch den Tiber
und befestigte jenseit desselben den Janiculus. Tarquinius Priscus, etruskischem Vorbild folgend, ließ durch seinen großartigen
Kloakenbau die sumpfigen Gegenden zwischen dem Palatinus und dem Kapitol trocken legen und anbauen; Servius Tullius
erweiterte die Stadt durch Hereinziehung des Viminalis und Quirinalis und umgab alle bis dahin angebauten Hügel und Stadtteile
links des Tiber durch eine zusammenhängende Mauer (Agger Servii Tullii), von welcher noch ansehnliche Reste erhalten sind.
Ihre Bedeutung als Stadtbegrenzung verlor diese Servianische Mauer nach dem Hannibalschen Krieg. Schon in der
republikanischen Zeit wurde sie vielfach verbaut; doch können wir ihren Zug
und Umfang aus den Resten und der bekannten Lage der
Hauptthore (im ganzen 16-18) noch bestimmen. Die frequentesten Thore, in welche die begangensten Landstraßen einmündeten,
waren: die Porta Carmentalis, gleich unter dem Kapitol an dem Abhang, der zum Tiber hinabführt, der Haupteingang
zum Marsfeld;
Porta Trigemina, an dem dem Tiber zugewendeten Abhang des Aventinus, zum Emporium und nach Ostia hinabführend;
die
Porta Capena, das Hauptthor nach dem Süden;
die Porta Esquilina und die Porta Collina, beide an der östlichen
Seite der Stadt.
Der letzte römische König hatte die unter seinen Vorgängern begonnenen Bauten, insbesondere den
kapitolinischen
Tempel, vollendet und die Stadt dadurch ihren Einigungspunkt in religiöser und sakraler Hinsicht erhalten. Die erste
feste Einteilung des gesamten Stadtgebiets in vier Regionen zu administrativen Zwecken rührt der Sage nach
von Servius Tullius her und blieb bis zur neuen Organisation des gesamten städtischen Wesens durch Augustus in Geltung. Nach
den neuesten Forschungen nahm indessen die Entwickelung Roms folgenden Verlauf. Zu der ältesten, der Palatinischen Stadt
wurden zunächst der Cermalus (südwestlicher Abhang des Palatin), die Velia, der Oppius und Cispius und
zwei Thäler, Fagutal (zwischen Oppius und Cispius) und Subura (zwischen Velia und Viminalis), gezogen, und so entstand das
Septimontium, die Siebenhügelstadt (was nicht in dem bekannten spätern Sinn zu verstehen ist).
Die nächste Phase ist die Vierregionenstadt, welche durch Einbeziehung des Cälius, Quirinalis, Viminalis und des Kapitolium
entstand und in vier Regionen (1. Cälius und Subura; 2. Oppius, Cispius und Fagutal; 3. Viminalis und Quirinalis; 4. Palatinus,
Velia und Cermalus; außerdem das Kapitol mit den allen vier gemeinsamen Heiligtümern und der Burg) zerfiel. Daraus entwickelte
sich schließlich das Servianische Rom, die Stadt der republikanischen Zeit, zu welcher noch ein
Teil des Quirinalisrückens, der Aventinus und das Tiberufer nördlich von letzterm gezogen wurde.
Durch den Einfall der Gallier ward die Stadt 390 v. Chr. fast ganz in Asche gelegt, ihr Wiederaufbau aber geschah in sehr eiliger,
planloser Weise. Im J. 443 war das öffentliche Bauwesen und die städtische Polizei der Aufsicht der Zensoren
unterstellt worden; aber erst der Zensor Appius Claudius Cäcus (312) schritt zu bedeutendern Unternehmungen behufs gemeinnütziger
Zwecke. Von ihm rühren z. B. die Via Appia, Aqua Appia u. a. her. Vorstädte außerhalb der Mauern entstanden erst, als wegen
der Ausbreitung der Grenzen des Reichs kein feindlicher Angriff auf die Stadt selbst mehr zu befürchten
war.
Der Richtung auf das Nützliche, welche das römische Bauwesen auch in der spätern Zeit unter den Kaisern eingehalten hat,
verdanken die Basiliken am Forum, viele Tempel, Marktplätze, Brücken, Aquädukte etc. ihre Entstehung. Die reiche Nobilität
steuerte freigebig zur Aufführung öffentlicher Gebäude, Denkmäler, Hallen, Bogen und Tempel bei, und
ihr verdankt vornehmlich die griechische Architektur ihre Aufnahme in der Stadt. So ward das äußere Ansehen derselben ein
immer stattlicheres und prächtigeres. Eine neue Epoche begann aber mit der Kaiserherrschaft, indem nicht nur manche ganz
neue Arten von Gebäuden, z. B. die Kaiserpaläste, entstanden, sondern auch die von
den Machthabern seit Pompejus und Cäsar übernommene Obsorge für den Unterhalt der unbemittelten Menge sowie für Befriedigung
ihrer Schaulust allerlei Anlagen und Bauten zur Anstellung öffentlicher Spiele u. dgl. nötig fand (s.
unten).
Um dem durch die große Ausdehnung der Stadt veranlaßten Bedürfnis einer polizeilichen Ordnung und Beaufsichtigung derselben
zu genügen, führte Augustus eine neue Einteilung derselben in 14 Regionen ein, welche nach und nach mit
Namen bezeichnet wurden, die man den bedeutendsten Örtlichkeiten derselben oder den in ihrem Mittelpunkt gelegenen Hügeln
und Plätzen entnahm. Jede derselben stand unter einem Curator, denen für die Straßenquartiere Vicomagistri untergeordnet
waren; für die Sicherheits- und Feuerpolizei hatten je zwei zusammen eine Kaserne für eine Kohorte der
Vigiles. Nero gab sodann durch seine großartige Restauration
mehr
des bedeutendsten Teils der Altstadt nach dem eine volle Woche dauernden Brand vom Jahr 65, welcher sich über 11 Regionen erstreckte
und 3 völlig in Asche legte, der Stadt ein ganz neues Ansehen. Die bisher meist engen Straßen und Plätze wurden seitdem breiter
und geräumiger und mit Säulenhallen versehen; eine solidere Bauart trat an die Stelle der alten. Die
folgenden Kaiser, namentlich Trajan, Hadrian, die Antonine, gefielen sich besonders in der Schöpfung großartiger und schmuckreicher
Markt- und Gerichtsplätze, prächtiger Tempel und Basiliken, kolossaler Grabmonumente u. dgl.
Unter den spätern Kaisern zeichneten sich namentlich Septimius Severus und Caracalla durch Baulust aus,
welcher durch eine Feuersbrunst unter Commodus' Regierung bedeutend Vorschub geleistet ward. Um dieselbe Zeit beginnt in dem
Aussehen der Stadt sich ausländischer Geist und Geschmack bemerklich zu machen (z. B. Caracallas ägyptische Bauten und Heliogabalus'
syrische Tempel), so wie auch in der immer zunehmenden Menge von Kasernen sich der jetzt kulminierende Militärdespotismus
kundgibt.
Aurelian umgab die seit Sulla über die Servianische Mauer hinausgewachsene Stadt wiederum mit Befestigungswerken, welche sämtliche 14 Regionen,
also Altstadt und Vorstädte, umfaßten und erst durch Probus vollendet wurden. Diese Aurelianische Mauer stimmt mit den jetzigen
Mauern und Thoren Roms im wesentlichen überein. Die wichtigern der 14 Thore wurden nach den durch sie hinführenden
Landstraßen benannt, so: die Porta Flaminia (jetzt bei Porta del Popolo), Porta Aurelia (bei Porta San Pancrazio), Porta Portuensis
(bei Porta Portese) und Ostiensis (Porta San Paolo), Porta Appia (Porta
San Sebastiano), Porta Asinaria (bei der Porta San Giovanni),
Porta Nomentana (bei Porta Pia), Porta Salaria (Porta Salara) u. a. Die letzten Kaiser, welche bedeutendere
Restaurationen und Neubauten vornahmen, waren Diocletianus und Maxentius, dessen Bauten aber meist erst unter Konstantin d. Gr.
vollendet wurden.
Aus der Zeit dieses Kaisers stammt das Regionenverzeichnis her, die einzige einigermaßen vollständige Übersicht der ganzen
Stadt, welche wir aus dem Altertum noch besitzen. In der folgenden Zeit hat sich das Aussehen Roms vornehmlich
durch die Bedürfnisse des christlichen Kultus verändert, welche zahlreiche kirchliche Prachtgebäude hervorriefen, während
die profanen Monumente aus der klassischen Zeit, namentlich seit der Einnahme der Stadt durch Alarich (410) und Geiserich (455),
verfielen. Trotzdem war im Anfang des 9. Jahrh. noch vieles vorhanden,
wovon uns der sogen. Anonymus Einsiedlensis berichtet. Aber die Stürme des Mittelalters vernichteten das meiste von diesem,
und die »Mirabilia urbis« beweisen, daß im 12. und 13. Jahrh.
nicht allein schon ein völliger Ruin des Altertümlichen, sondern auch eine große Unsicherheit aller alten Erinnerungen und
Überlieferungen eingetreten war.
Hinsichtlich der Größe und des Umfanges der Stadt fehlen uns zuverlässige statistische Angaben. Der Umfang des Aurelianischen
Mauerbaues wird jetzt als 22-23 km betragend angegeben, das von ihr umschlossene Areal auf ca. 1230 Hektar. Was die Bevölkerungsverhältnisse
betrifft, hat J. Beloch (»Die Bevölkerung der griechisch-römischen Welt«, Leipz. 1886) auf drei verschiedene
Arten für die ersten
drei nachchristlichen Jahrhunderte eine Einwohnerzahl von etwa 800,000 Seelen berechnet, für die Sullanische Zeit etwa 400,000;
Pöhlmann dagegen hat nachgewiesen, daß es auch nicht annähernd möglich ist, Roms Einwohnerzahl für irgend einen Zeitpunkt
zu bestimmen. Die Häuser der Stadt selbst waren entweder Domus oder Insulae. Jenes waren die zu eigner
Bewohnung splendider eingerichteten Häuser der Vornehmern (die palazzi des neuern Rom); diese dagegen wurden von den mittlern
und niedern Klassen bewohnt, waren daher meist Miethäuser mit mehreren Stockwerken übereinander (Trajan beschränkte ihre
Höhe auf 60 Fuß), jedes mit einem besondern Zugang.
Solche Häuser waren oft bis unter das Dach mit Menschen angefüllt. Die gepflasterten Fahr- und Hauptstraßen
hießen Viae oder Plateae. Solche waren: die Via sacra, die alte Prozessionsstraße, welche in der Richtung vom Kolosseum zum
Kapitol das Forum durchschnitt;
die Via nova am Palatin und die Prachtstraße gleiches ^[richtig: gleichen] Namens in der zwölften
Region;
die Via lata (der jetzige Corso) u. a. Clivi hießen die zu den Hügeln hinaufführenden, gleichfalls
gepflasterten Fahrwege (nur für Fußgänger waren die Gradus oder Semitae), z. B. der Clivus Capitolinus, die einzige Fahrstraße,
welche zum Kapitol hinaufführte, der Clivus publicus am Aventin u. a. Die Vici waren die kleinern
und gewöhnlichen Verbindungswege der Stadt, deren mehrere ein Compitum oder Straßenviertel (später
gleichfalls Vicus genannt) begrenzten;
die Angiportus endlich waren enge Sackgassen.
Die Zahl der Brücken nahm mit der Erweiterung
der Stadt zu. Die nördlichste war der Pons Milvius (jetzt Ponte Molle), welcher aber eigentlich nicht mehr zum städtischen
Gebiet gehörte; dann folgten innerhalb der eigentlichen Stadt: der Pons Aelius, von Hadrian zugleich mit
der Moles angelegt (Ponte Sant' Angelo), der Pons Agrippae, später Pons Aurelius (Ponte Sisto), Pons Fabricius und Pons Cestius (Ponte
Quattrocapi und Ponte San Bartolommeo) und Pons Aemilius, später Pons Probi (Ponte rotto, jetzt abgebrochen);
ferner unmittelbar
südlich von letzterm die uralte Holzbrücke, der Pons sublicius, dessen Reste gewisser heiliger Gebräuche
wegen erhalten wurden;
endlich die im Mittelalter Pons Probi Theodosii et Valentiniani genannte Brücke unter dem Aventin.
Unter
den Plätzen waren die Areae die zahlreichsten, freie Räume, wie sie bald als Umgebungen von Tempeln und Palästen sich notwendig
machten (Area Capitolina, Palatina), bald aber auch selbständig angelegt wurden, etwa mit einem Heiligtum
oder einem Denkmal, wonach sie genannt wurden. Manche derselben dienten auch als Verkaufsplätze oder hatten ihren Namen von
bestimmten Personen. Ein geräumigerer und von vielen und mannigfaltigen Gebäuden, Tempeln, Basiliken und Hallen eingeschlossener
freier Platz bildete ein Forum.
Auch diese Plätze dienten sowohl als Verkaufsplätze, wie das Forum boarium, olitorium, suarium u. a.,
als auch zu öffentlichen Versammlungen und Verhandlungen, wie das Forum Romanum und die spätern kaiserlichen Foren. Die größten
und weitesten Plätze, welche mit Rasen bewachsen, auch wohl mit Gartenanlagen versehen waren, hießen Campi und wurden zunächst
zu militärischen Übungen, Wettrennen, volkstümlichen Lustbarkeiten und Spielen benutzt, so: der Campus
Martius, der Campus Flaminius, der Campus Tiberinus, der Campus Agrippae, der Campus Esquilinus (vormals der gewöhnliche Begräbnisplatz)
und der Campus Viminalis.
Endlich sind noch
die Horti zu erwähnen, weitläufige Park- und Gartenanlagen mit Prachtgebäuden, Villen, Tempeln, Rennbahnen
etc., von denen die namhaftesten waren: die Horti Sallustiani zwischen Quirinal und Pincius;
die Horti
Lucullani oder Valeriani auf dem Pincius (Collis hortorum);
die Horti Maecenatis, welche einen Teil des Campus Esquilinus umfaßten;
die von Pallas, dem Freigelassenen des Kaisers Claudius, angelegten Horti Pallantiani im äußersten Osten;
endlich jenseit des
Stroms die Horti Agrippinae oder Neronis, mit einem berühmten Zirkus, und die Horti Domitiae;
unter dem
Janiculum die von Septimius Severus angelegten Horti Getae, weiter stromab die von Cäsar zu Volkslustbarkeiten hergestellten
und von Augustus mit einer Naumachie versehenen Horti Caesariani.
Unter den merkwürdigen Örtlichkeiten der Stadt steht das berühmte Forum Romanum obenan. Dieser Mittelpunkt
des städtischen und politischen Verkehrs in den Zeiten der Republik, 154 m lang, 52 m breit, lag zwischen dem Kapitol und Palatin
in der Hauptausdehnung von NW. nach SO. An der Nordseite stand schon in der Königszeit das Rathaus (die Curia Hostilia) auf
dem Comitium, wo sich die Patrizier in den Kuriatkomitien versammelten, diesem schräg gegenüber, am Fuß
des Palatin, der Vestatempel und die Regia (die Wohnung des Pontifex maximus); der freie Platz in der Mitte war der Versammlungsort
für die Plebs, seit dem Jahr 42 v. Chr. (s. unten) aber der Sitz des politischen Lebens mit der Rednerbühne
(rostra), anfangs von Straßen eingefaßt, auf die sich Laden und Verkaufshallen von Fleischern und andern Handwerkern, von
Wechslern etc. öffneten. Im Lauf der Zeiten wurden hier Tempel, öffentliche Gebäude und Denkmäler verschiedener Art errichtet.
Das älteste, noch jetzt erhaltene ist der am Abhang des Kapitols liegende Carcer Mamertinus, ursprünglich ein
Brunnenhaus in der Nordecke des Forums. Andre Hauptheiligtümer des Forums aus ältester Zeit waren der Saturntempel am Kapitol
und der Tempel der Dioskuren (Templum Castorum) vom Jahr 484 an der Südseite, dann östlich vom Carcer der Tempel der Concordia
(366). Dem immer mehr wachsenden Verkehr bei den Gerichtsverhandlungen suchte man durch Errichtung von
Basiliken (offenen, von Säulenhallen umgebenen Höfen) nach den Seiten hin Raum zu schaffen: 185 erbaute der alte Cato die Basilica
Porcia;
179 folgte die Basilica Aemilia, 169 die Basilica Sempronia, 121 die Basilica Opimia.
Unter den Stürmen der Bürgerkriege
sank die alte Kurie in Trümmer, wurde zwar von Sullas Sohn Faustus wiederhergestellt, aber später von
Cäsar niedergerissen. Durch letztern wie besonders durch Augustus erhielt das Forum eine ganz neue Gestalt, die durch die modernen
Ausgrabungen im wesentlichen zu Tage getreten ist. Cäsar begann 54 v. Chr. den Bau der Basilica Julia, die Augustus vollendete,
wobei die Läden und Laubengänge, welche das Forum früher umgaben, weggeräumt wurden.
Derselbe errichtete auch eine neue Kurie (Curia Julia, heute Sant' Adriano) und dem Cäsar zu Ehren die Aedes Divi Julii, an der
Ostseite des Forums, mit der Fronte nach dem Kapitol, in nächster Nähe des Kastortempels und der Regia, vor welchem Tempel
zugleich die neuen Rostra (Rednerbühne) ihren Platz fanden, die zum Unterschied von den alten, am Westende des Forums belegenen
(Rostra Nova, im Gegensatz zu der allerältesten, dicht vor der Curia Hostilia belegenen Rednerbühne) die Rostra Julia genannt
wurden.
mehr
Endlich erhoben sich zu derselben Zeit die beiden ersten Triumphbogen: der Arcus Augusti, welcher zum Andenken der Wiedererlangung
der von den Parthern eroberten Feldzeichen bei den Aedes Divi Julii, und der Arcus Tiberii, welcher wegen der Wiedererlangung
der bei des Varus Niederlage verlornen Feldzeichen am Saturnustempel errichtet ward. Wenig litt das Forum
durch den Brand des Nero. Unter Titus brannte die Curia Julia nieder, die Domitian wieder aufbaute. Am Clivus Capitolinus errichtete
derselbe 80 n. Chr. seinem Vater und Bruder zu Ehren einen Tempel (Templum Vespasiani et Titi) neben dem Tempel der Concordia und,
wie dieser, an das Tabularium (das Staatsarchiv) sich anlehnend.
Auch seine eigne kolossale Reiterstatue ließ der genannte Kaiser mitten auf dem Forum aufstellen. Von andern, später errichteten
Monumenten daselbst sind besonders der Tempel des Antoninus und der Faustina vom Jahr 141 und der noch vorhandene Arcus Septimii
Severi vom Jahr 203 n. Chr., vor dem Tempel der Concordia, zu nennen. Nördlich vom Forum Romanum entstanden
in der glänzendsten Zeit des römischen Kaisertums eine Reihe andrer Foren (vgl. obenstehendes Plänchen), welche gewöhnlich
nach ihren gekrönten Urhebern benannt wurden, aber nicht mehr dem öffentlichen Staatsleben, sondern den Gerichtsverhandlungen
und sonstigen Zwecken dienten.
Sie wurden mit außerordentlicher Pracht ausgestattet, gewöhnlich in der Mitte mit einem Tempel und ringsum
mit Säulenhallen versehen. Hierher gehört zunächst das erst nach Cäsars Tod vollendete Forum Julium oder Forum Caesaris mit
einem prächtigen Tempel der Venus Genetrix, ganz in der Nähe des Forum Romanum; daran sich anschließend das 2 v. Chr. geweihte
Forum Augusti mit dem in der Schlacht von Philippi gelobten Tempel des Mars Ultor, zwei Triumphbogen des Drusus
und Germanicus und vielen auf die römische Kriegsgeschichte bezüglichen Denkmälern.
Auch der von Vespasian nach der Besiegung der Juden errichtete Friedenstempel (Templum Pacis) südöstlich vom vorigen war
eine forumartige Anlage, welche später auch Forum Pacis oder Forum Vespasiani genannt ward. Weiter gehört
hierher das von Domitian begonnene und von Nerva vollendete Forum transitorium (oder Nervae), zwischen Forum Augusti und Forum
Pacis, welches auf einem belebten Punkte des Verkehrs als Durchfahrt diente und mit einem Tempel der Minerva und des Janus quadrifrons
geziert war.
Die großartigste Anlage aber, welche sowohl an Ausdehnung als an Pracht alle andern derartigen übertraf,
war das Forum Trajani, welches sich weit nach NO. hin erstreckte und noch jetzt an bedeutenden Trümmern zu erkennen ist; in
ihm führte Trajan den schon von Cäsar geplanten Durchstich des das Kapitol mit dem Quirinal verbindenden Rückens aus.
Hier befanden sich nordöstlich von der quadratischen Area (Hof) mit Trajans Reiterstatue die berühmte Basilica Ulpia und
die Bibliotheca Ulpia, ein von Hadrian errichteter Tempel des D. Trajanus und der Plotina sowie ein Triumphbogen Trajans und
andre Monumente, unter welchen die berühmte, noch wohlerhaltene, 39 m hohe Trajanssäule (s. d.) das hervorragendste
war.
Nächst dem Forum war zur Zeit der Republik der wichtigste Stadtteil das Kapitol, die Burg, die auch später sowohl in äußern
Kriegen als auch während der innern Zerwürfnisse als höchst wichtiger Posten galt. Es besteht aus drei Teilen: dem nördlichen, 50 m
hohen Gipfel (jetzt Santa Maria in Araceli), dem südwestlichen, 47,5 m hohen Gipfel (Palazzo Caffarelli)
und einer Einsenkung zwischen beiden (Piazza del Campidoglio). Im Altertum werden entsprechend geschieden: Arx, Capitolium
und Inter duos lucos, und zwar lag die Arx auf der höhern Nordspitze und das Capitolium auf der Südwestspitze, beide waren
gesondert befestigt.
Auf der Arx waren das Auguraculum, von wo der Augur die himmlischen Zeichen beobachtete, der Tempel der
Juno Moneta von 344, mit dem später die Münze verbunden wurde, und derjenige der Concordia. Auf dem Capitolium finden wir mehrere
Heiligtümer erwähnt; besonders stand hier der große Tempel des Jupiter Capitolinus (dediziert 509, abgebrannt 83 v. Chr.,
von neuem 69 v. Chr. geweiht, 69 n. Chr. zum zweitenmal verbrannt, sofort wiederhergestellt, im J. 80 abgebrannt und zum viertenmal
prächtig von Domitian wiederhergestellt und erst 455 durch die Vandalen geplündert), in dem neben jenem Juno und Minerva verehrt
wurden; rings um ihn die Area Capitolina.
In der mittlern Vertiefung ist das Asylum des Romulus anzunehmen, am Abhang zum Forum lag das Tabularium
(Archiv und Schatz). Von der Seite des Forums waren im Altertum die einzigen Zugänge, nach NW. fiel der Berg steil ab; auf der
Südspitze werden wir auch den Tarpejischen Felsen zu suchen haben. Eine nähere Betrachtung verdient
ferner der Palatinus mit den jetzt zum größten Teil ausgegrabenen kaiserlichen Palästen und einigen uralten Heiligtümern.
Augustus verlegte nach der Schlacht von Actium seine Residenz dorthin und erbaute daneben den prächtigen Tempel des Apollo (abgebrannt
363); Tiberius erweiterte sie nach W. hin (Domus Tiberiana) oder baute dort, gegenüber dem Kapitol, einen
neuen Palast, Caligula setzte ihn sogar mit dem Forum und dem Kapitol durch Brücken in Verbindung. Bedeutende Erweiterungen
[* ]
^[Abb.: Plan des Forums zur Zeit der Republik.]
mehr
dieser Gebäude wurden von Nero vorgenommen, dessen »goldenes Haus« mit den dazu gehörigen Anlagen indessen auf dem gegenüberliegenden
Esquilin und der Velia stand. Vespasian beschränkte den kaiserlichen Palast wieder auf seinen alten Umfang; so wurde er als
Domus Flavia vollendet durch Domitian und zwar mit dem größten Aufwand von Pracht und blieb fortan
kaiserliche Residenz. Nachdem unter Commodus ein beträchtlicher Teil des Palastes durch eine Feuersbrunst zerstört worden
war, stellte wahrscheinlich Septimius Severus denselben wieder her und fügte bei dieser Gelegenheit sein Septizonium an der
Südspitze des Hügels hinzu.
Auch von den spätern Kaisern bauten einige noch an dem Palast, der bis in die Zeiten des Mittelalters hinein
sein Ansehen behauptete, wiewohl der kaiserliche Hof schon frühzeitig lieber in den Gärten auf den gesündern Höhen des Esquilin,
des Pincius und Vatikan seinen Sitz aufschlagen zu haben scheint. Das Marsfeld (Campus Martius), zwischen dem Tiber und der Via
Flaminia, in älterer Zeit unbewohnt, ward erst durch Augustus zur Stadt gezogen und ein durch öffentliche
Gebäude verschiedener Art, vorzüglich Theater und Thermen, ausgezeichneter Raum. Es war früher zu Versammlungen sowie zu
gymnastischen Übungen der Jugend bestimmt und dem Kriegsgott Mars geweiht. 221 v. Chr. ward hier der Circus Flaminius errichtet.
Am Tiber selbst sind die Navalia zu bemerken, das Marinearsenal, welches schon 416 genannt wird, und
das Terentum, wo die Säkularspiele abgehalten wurden.
Auf dem Marsfeld standen auch mehrere Theater (s. unten). Die ganze Straße von der Porta Carmentalis an nordwestlich bis zum
Theatrum Pompeji (55 v. Chr.) war mit Prachtgebäuden (die Portikus der Octavia, des Philippus, des Octavius,
die Theater des Marcellus und Balbus) besetzt, wovon sich hin und wieder ansehnliche Ruinen erhalten haben. An der andern Seite
des Marsfeldes aber, vom Quirinal bis zum Pantheon, führten Cäsar, Augustus und Agrippa eine Reihe von Gebäuden auf, darunter
die Septa Julia (Wahllokal) mit dem Diribitorium (Saal zur Verteilung etc. der Stimmtafeln), die Porticus
Argonautarum mit einem Tempel des Neptun und die Thermen des Agrippa mit dem prachtvollen Rundbau des Pantheons (s. d.), welch
letzteres vollständig erhalten ist.
Auch die das Marsfeld (Campus Martius) östlich begrenzende zweite Hauptstraße, die Via lata, gestaltete sich immer prächtiger
und ward im Lauf der Zeit mit mehreren Triumphbogen geziert. In der nördlichen Gegend des Marsfeldes, zwischen
der Via Flaminia, in welche die Via lata auslief, und dem Tiber, erhoben sich ebenfalls unter Augustus die ersten Prachtbauten,
darunter das noch jetzt in ansehnlichen Trümmern vorhandene Mausoleum Augusti, wo Augustus selbst und die
Glieder seiner Familie beigesetzt wurden, u. a. Die beiden großen Feuersbrünste unter Nero und Titus legten diese Herrlichkeiten
größtenteils in Asche und führten dadurch eine neue Gestaltung des Marsfeldes herbei, indem die frühern Gebäude teils
restauriert, teils durch neue, nicht minder prächtige ersetzt wurden.
Schon vor Neros Feuersbrunst waren die Thermae Neronianae (zwischen dem Pantheon und der Piazza Navona) entstanden,
nachmals durch Alexander Severus restauriert und erweitert und seitdem Thermae Alexandrinae genannt. Domitian baute an der
Stelle der heutigen Piazza Navona ein nach griechischer Weise eingerichtetes Stadium für gymnische samt einem Odeum für musische
Spiele. Hadrian und die Antonine endlich
begründeten in der Gegend der jetzigen Piazza Colonna eine neue
Reihe prächtiger Portikus und Tempel, durch welche das Marsfeld auch von dieser Seite von dem außerhalb der Stadt gelegenen
freien Feld abgeschlossen ward.
Die oben erwähnten 14 Regionen der Stadt (s. Plan) waren folgende:
1) Porta Capena, im S. östlich der Appischen Straße bis zur Aurelianischen Mauer, mit dem Drususbogen,
der schon unter Nero genannten Domus Lateranorum (dem heutigen Lateran), den Thermae Severianae. Außerdem sind hier die Grabmäler
längs der Appischen Straße zu erwähnen und unter diesen innerhalb der Porta Appia vornehmlich das 1780 entdeckte Grabmal
der Scipionen, außerhalb des genannten Thors das der Cäcilia Metella (jetzt nach den Stierköpfen des
Frieses Capo di Bove genannt).
2) Caelimontium, der Cälius. Auf der Höhe des Hügels waren die Castra peregrina, das Lager der fremden Hilfstruppen, die einen
Teil der städtischen Garnison bildeten. Von Baulichkeiten erwähnen wir hier den Tempel des Claudius, das
Macellum magnum, einen mit einem Schlachthaus versehenen Platz zum Verkauf täglicher Lebensbedürfnisse, und eine Gruppe
von Gebäuden, welche zum Amphitheatrum Flavium, dem Schauplatz aller Gladiatorenspiele des kaiserlichen Rom, gehörten,
welches selbst in der dritten Region liegt. Den Bau desselben, des jetzigen Kolosseums (s. d.), hatte Vespasian begonnen, Titus
vollendet.
3) Isis et Serapis (nach dem Heiligtum dieser beiden Gottheiten genannt), enthielt die Moneta, die Münze
der kaiserlichen Zeit; die Thermae Titianae, die zum Teil auf den Trümmern des »goldenen
Hauses« erbaut wurden, und von denen noch ansehnliche Ruinen vorhanden sind; die Thermen des Trajan und die von Augustus erbaute
und der Livia gewidmete Porticus Liviae mit einem Tempel der Concordia etc.
4) Templum Pacis (nach dem erwähnten Friedenstempel des Vespasian genannt) umfaßte die Via Sacra, die Subura (Bordellstraße)
und den Vicus Cyprius, lauter sehr belebte Quartiere. In der Nähe des Amphitheatrum Flavium, wo diese Region an die dritte grenzte,
stand der Colossus, eine Statue des Apollo mit Neros Porträt, nach welchem das Amphitheater seinen jetzt
gebräuchlichen Namen Kolosseum (Coliseo) erhielt, und die Meta sudans, ein prachtvoller, von Domitian angelegter Springbrunnen.
Ferner lagen in dieser Region der von Hadrian gegründete Doppeltempel der Roma und der Venus (s. Tafel »Baukunst V«,
[* ] Fig.
17, 18), am Fuß des Palatin der Bogen des Titus und die in sehr bedeutenden Ruinen erhaltene Basilika des Konstantin.
5) Esquiliae, der nördliche Teil des Esquilin mit den Gärten des Mäcen und dem kleinen Amphitheatrum castrense, von welchem
sich bei der Kirche Santa Croce ansehnliche Reste erhalten haben.
6) Alta Semita, der Quirinal und die Gegenden nordöstlich bis zur Mauer. Hier lagen die Thermen des Diokletian,
von denen noch bedeutende Trümmer sichtbar sind, und die Thermen Konstantins; endlich, über den Zug
der Aurelianischen Mauer vorspringend,
die große Prätorianerkaserne, die Castra Praetoria.
7) Via lata, der Bezirk zwischen der gleichnamigen Straße, dem Quirinal und dem Pincius, welcher in der alten
Zeit nicht, wie jetzt, vollständig ausgebaut war. Hier lag das Forum suarium und neben dem von Aurelian erbauten Tempel des
Sol der Campus Agrippae.
8) Forum Romanum vel magnum, außer dem alten Forum auf der einen Seite die kaiserlichen Foren und das
Kapitol, auf der andern den größten Teil
mehr
der Gegend zwischen dem Palatin und dem Kapitol bis an das Forum boarium und oliorium umfassend.
9) Circus Flaminius, die Region des Marsfeldes (s. oben).
10) Palatium, die Region des Palatinus (s. oben).
11) Circus maximus enthielt den angeblich unter den Tarquiniern bereits angelegten, von Cäsar erweiterten und zu wiederholten
Malen restaurierten Hauptzirkus Roms für 150,000 Zuschauer, in der Niederung zwischen dem Palatin und Aventin, nebst der nächsten
Umgebung an den Abgängen des Aventin, am Velabrum und Forum boarium. Hier lagen die Tempel des Merkur, der Flora, Luna, Ceres und
des Herkules.
12) Piscina publica (nach einem alten Badeteich genannt), zwischen dem Circus maximus und der Porta Ostiensis
gelegen und von Caracalla mit den noch in großartigen Trümmern erhaltenen Thermen des Caracalla, auch Thermae Antoninianae
genannt (s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig. 11), geziert. An der Porta Ostiensis selbst war eine Reihe von Grabmonumenten errichtet,
unter denen die Pyramide des Cestius in die Aurelianische Mauer als Stützpunkt aufgenommen und so erhalten
ward.
13) Aventinus, dieser Hügel selbst und die Vorstadt zwischen dem Aventin und Tiber. Zwischen der Via Ostiensis und dem Strom
liegt hier jener Scherbenhügel (Monte Testaccio), dessen Entstehung bis jetzt noch nicht ganz klar ist. Unter dem Aventin
vor der Porta Trigemina befand sich das sehr belebte Emporium, wo die von Ostia heraufgebrachten Waren aufgestapelt
wurden, daher die vielen Hallen und Magazine für Salz, Holz, Korn, Baumaterial etc.
14) Trans Tiberim, die Gegend jenseit des Stroms (jetzt Trastevere), umfaßte das Janiculum, ursprünglich Brückenkopf des Pons
sublicius und Grenzkastell zur Abwehr von Einfällen von Etrurien her, den Mons Vaticanus mit den darunter
längs des Flusses sich hinstreckenden Abhängen und die Tiberinsel. Die Region enthielt wenig hervorragende Gebäude, aber
viel Parkanlagen. Am Strom selbst lagen zwei Naumachien, die eine, von Augustus angelegt, unter dem Janiculum in den Gärten
Cäsars, die andre, von Domitian hergerichtet, unter dem Vatikan.
Gleich jenseit des Pons Aelius (Engelsbrücke) lag die gewaltige Moles oder das Mausoleum Hadriani (s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig.
8-10), welches die Gräber aller Kaiser und deren Familienmitglieder von dem Gründer bis auf Commodus, wenn nicht bis Caracalla
enthielt, seit Honorius aber die Hauptfeste der Stadt bildete (die jetzige Engelsburg). Westlich davon
lag der Neronische Zirkus. Hier ward auf dem vom Blute der Märtyrer geheiligten Boden unter Konstantin d. Gr. die Basilica Sancti
Petri erbaut, welche mit der Zeit das erste Heiligtum des christlichen Rom ward.
Große Sorgfalt ward auf die Versorgung der Stadt mit Wasser verwendet. Die erste Wasserleitung (s. Aquädukt)
war die des Appius Claudius (312 v. Chr.); dann folgten der Anio vetus (273), die Aqua Marcia (144) u. a. Die erste Wasserleitung
jenseit des Flusses legte Augustus an, die Aqua Alsietina, zu welcher unter Trajan die für diesen Stadtteil noch wichtigere
Aqua Trajana hinzukam (jetzt Acqua Paola). Diesseit des Tiber legte Agrippa noch die Aqua Julia (33) und die
Aqua Virgo (20), Caligula und Claudius die Aqua Claudia (s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig. 3) und den Anio novus an, die riesenhaftesten
Werke dieser Art. Später kamen die Aqua Severiana, Antoniniana und Alexandrina hinzu. Im engsten Zusammenhang
mit den Aquädukten standen die Fontes, Lacus, Nymphaea, Piscinae, Balnea und Thermae der Stadt, Anlagen, deren
große Zahl und
schöne Ausstattung, zum Teil auch kolossale Ausdehnung dem alten ein eigentümliches Ansehen verliehen.
Naturquellen (fontes) waren in ziemlicher Anzahl vorhanden und wurden sorgsamst überwacht. Die Lacus waren große,
mit Bildwerken verzierte und danach benannte Wasserbassins, zum Teil mit Springbrunnen (salientes). Hierzu kamen die Nymphaea,
große, kuppelförmige, prächtig ausgestattete Quellengebäude, deren die Regionen im ganzen 15 zählen. Die Piscinae waren
offene oder bedeckte Teiche zum Schwimmen, die Balnea Badeanstalten, deren die Regionen im ganzen 856 zählen.
Die Thermae waren nicht bloße Badeanstalten, sondern vielmehr Orte, wo gymnastische Übungen, gesellschaftliche
Unterhaltungen stattfanden und auch mancherlei Kunstgenüsse geboten wurden, weshalb sie zahlreiche und verschiedenartige
Räumlichkeiten in sich schlossen und zuletzt so weitläufige und komplizierte Anlagen wurden, wie sie uns die Thermen Caracallas
und Diokletians wenigstens in Trümmern noch vor Augen führen. Die Säuberung der Stadt von Unrat und
abfließendem Wasser ward bewirkt durch die Kloaken, großartige, zur Zeit der Könige schon begonnene, in der republikanischen
und der Kaiserzeit erweiterte und öfters restaurierte Werke; sie standen unter einer besondern Behörde, die seit Trajan
mit der Strompolizei vereinigt wurde.
Hier mögen auch genannt werden die öffentlichen Bedürfnisanstalten (latrinae), deren das Regionsverzeichnis 144 zählt,
und die Bordelle (lupanaria), deren es 46 anführt. Als öffentliche Anstalten für Unterhaltung, Zerstreuung und Bildung bestanden
Theater, Amphitheater, Zirkusse u. Stadien, Bibliotheken u. dgl. Die Theater dienten zur Aufführung szenischer Spiele und wurden
geraume Zeit nur von Holz aufgerichtet und, obwohl manchmal mit verschwenderischer Pracht ausgestattet,
nach geschehener Benutzung wieder abgebrochen. An die Stelle dieser traten dann die stehenden, von Stein und zum Teil im großartigsten
Stil ausgeführten Theater des Pompejus (55), des Cornelius Balbus (12) und das von Augustus dem Andenken seines früh verstorbenen
Neffen geweihte Theater des Marcellus (12), alle drei auf dem Marsfeld.
Das Theater des Pompejus soll 17,580, das des Balbus 11,600 und das des Marcellus 20,500 Sitzplätze gehabt haben. Nero und Domitian
führten auch regelmäßige Wettkämpfe in der Musik, Poesie und Beredsamkeit ein, für welche letzterer das Odeum erbaute mit
10,800 Plätzen. Die Amphitheater für Gladiatorenspiele, Tierkämpfe und Schauspiele, bei denen ein komplizierter
Mechanismus gebraucht wurde, datieren als besondere und stehende Gebäude gleichfalls erst aus der Kaiserzeit.
Gajus Scribonius Curio und nach ihm Cäsar errichtete das erste eigentliche Amphitheater, aber noch von Holz; dann entstand das
Amphitheater des Statilius Taurus (29) und, da dieses bald nicht mehr ausreichte, das Amphitheatrum Flavium
(s. Kolosseum). Die Circi waren die ältesten der in Rede stehenden Anstalten, denn die circensischen Spiele waren die ersten
volkstümlichen und so beliebt, daß es zuletzt der Rennbahnen und der damit verwandten Anstalten in eine beträchtllich ^[richtig:
beträchtliche] Menge gab (s. Circus). Öffentliche Bildungsanstalten waren die Bibliotheken, deren die Regionen 28 zählen.
Die erste derselben war die im Atrium Libertatis von Asinius Pollio begründete, andre die von Augustus angelegte palatinische,
die in der Porticus Octaviae und die des Vespasianus im Templum Pacis; ferner die Bibliotheca Ulpia
mehr
Trajans, endlich eine wahrscheinlich von Hadrian gestiftete Bibliotheca Capitolina; eine jede bestand aus zwei Abteilungen,
für lateinische und griechische Litteratur. Die erste eigentliche Bildungsanstalt errichtete Hadrian in dem Athenaeum, in
welchem unter Anleitung besonderer Professoren Übungen in griechischer und lateinischer Poesie und Beredsamkeit angestellt
wurden. Was endlich die Anstalten zur Verschönerung der Stadt betrifft, so gereichten außer den oben
genannten Prachtgebäuden die Porticus, die Jani und die Triumphbogen der Stadt zur besondern Zierde.
Erstere waren entweder bedeckte, an die Häuser angebaute Kolonnaden oder selbständige Hallen, welche zuletzt alle bedeutendern
Straßen und Plätze umgaben. Die Jani waren Durchgangsbogen auf frequenten Straßen und entweder Gemini oder
Quadrifrontes, je nachdem der Durchgang ein einfacher oder ein Kreuzweg war und demgemäß das Janusbild nach zwei oder vier
Seiten sah. Die Arcus schmückten dagegen als Triumphbogen vornehmlich solche Plätze und Straßen, welche bei Triumphzügen
oder sonstigen militärischen Festlichkeiten frequentiert zu werden pflegten; sie wurden meist schon
oben einzeln aufgeführt (s. auch S. 909). Endlich ist hier noch der Kolossalstatuen, der riesigen Säulen und Obelisken zu gedenken,
deren das Breviarium der Regionen 22 zählt, und von denen namentlich die des Domitian auf dem Forum, die des Trajan auf dessen
Forum und die noch erhaltene Marc Aurels (einst auf dem Forum Romanum, dann beim Lateran, jetzt auf dem Kapitolplatz)
auszuzeichnen sind.
Augustus und Agrippa schmückten die Kreuzwege, die öffentlichen Plätze, die Hallen, Parke, Thermen und Theater mit plastischen
Kunstwerken aller Art (besonders ließ Augustus auf dem nach ihm benannten Forum die Statuen berühmter Römer seit Äneas aufstellen
und mit Elogien versehen), und ihrem Beispiel folgten die spätern Kaiser. Namentlich ward der Friedenstempel nachmals der
Sammelplatz der ausgezeichneten Kunstwerke. Alexander Severus ließ allenthalben in der Stadt, besonders aber auf dem Forum
Trajani und dem Forum transitorium, Statuen berühmter Männer aufstellen. Infolge der Bevorzugung Konstantinopels verlor die
alte Kaiserstadt manches schöne Kunstwerk, doch fand noch der Ostgote Theoderich eine bedeutende Menge
besonders eherner Statuen vor. - Die Geschichte des alten Rom fällt zusammen mit der Geschichte des römischen Staats (s. Römisches Reich,
S. 940).
Unter den alten Quellen der Topographie Roms steht das Regionenverzeichnis der Stadt Rom obenan. Dasselbe
ist in einer zweifachen Redaktion vorhanden, einer ältern unter dem Titel: »Curiosum urbis Romae regionum XIV cum breviariis
suis«, und einer jüngern, welche, meist in den Handschriften der »Notitia dignitatum« überliefert, schlechthin »Notitia«
genannt wird. Beide (hrsg. von Jordan in »Forma urbis Romae regionum XIV«, Berl. 1875) rühren aus einer
unter Konstantins d. Gr. Regierung aufgenommenen Urkunde her, welche eine Übersicht über die 14 Regionen des Augustus gab.
Die Litteratur über die Topographie des alten Rom beginnt mit dem Wiederaufleben der klassischen Studien und wurde dann besonders
gefördert durch die seit Anfang dieses Jahrhunderts (zuerst unter Feas Leitung) angestellten Ausgrabungen. Die
wichtigsten Werke lieferten Donatus (Rom 1638), Nardini (das. 1660; 4. Ausg. von Nibby, das.
1818-20, 4 Bde.), du Perac (Par. 1674),
Desgodetz (das. 1682), Oberbecke (Haag 1763, 2 Bde.), Venuti
(Rom 1763, 2.
Bde.; 4. Aufl.
von Piale, das. 1824, 2 Bde.), Piranesi (das. 1756; Par. 1836 ff., 29 Bde.),
Guattani
(Rom 1806, 2. Bde.), Fea
(Rom 1820, 3. Bde.), Burton (Oxf. 1821, 2 Bde.; deutsch,
Weim. 1823), Rossini (Rom 1822-23), Canina (»Indicazione topografica ecc.«, 4. Aufl.,
das. 1850; »Edifizj di Roma antica«, das. 1848-56), Nibby (das. 1838-40, 2 Bde.),
Dyer (2. Aufl., Lond. 1883), Parker (Oxf. 1873-77, 12 Bde.).
Aus der neuern deutschen Litteratur vgl. Platner, Bunsen, Gerhard, Urlichs u. a., Beschreibung der Stadt Rom (Hauptwerk,
Stuttg. 1830-1843, 3 Bde.; im Auszug 1845);
Preller, Die Regionen der Stadt Rom (Jena 1846);
Jordan, Topographie der Stadt Rom im
Altertum (Berl. 1870 bis 1885, 2 Bde.);
Ziegler, Illustrationen zur Topographie des alten Rom (2. Aufl., Stuttg.
1877);
O. Richter, Topographie von (in J. Müllers »Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft«, Bd.
3, Nördling. 1889);
Gilbert, Geschichte und Topographie der Stadt Rom im Altertum (Leipz. 1883-85).
(Roma), Provinz des Königreichs Italien, welche 1870 aus dem bis dahin dem Kirchenstaat verbliebenen Gebiet gebildet
wurde, grenzt im N. an die Provinzen Grosseto, Siena und Perugia, im O. an Aquila und Caserta, im S. und W. an
das Tyrrhenische Meer und umfaßt einen Flächenraum von 11,917, nach Strelbitsky 12,170 qkm (221,05
QM.). Das Land wird von den Vorlagen der Apenninen, dem Albaner-, Volsker- und Sabinergebirge, den Bergen von
Viterbo und Tolfa, durchzogen.
An der Küste breitet sich die Tiberebene mit der öden Campagna di Roma (s. d.) und südlich das Pontinische Sumpfland aus.
Hauptfluß ist der Tiber mit dem Anio, außerdem wird die Provinz von mehreren Küstenflüssen bewässert und enthält einige
Seen (von Bolsena, Bracciano, Albano u. a.). Das Klima ist mit Ausnahme der Campagna mild und gesund. Die Bevölkerung
belief sich 1881 auf 903,472 Einw., d. h. 74 pro QKilometer, und
weist eine bedeutende Zunahme auf.
Der Ackerbau ist großenteils vernachlässigt, doch liefert er Getreide, zumal Weizen, in ansehnlicher Menge (1886: 1,4 Mill.
hl), daneben Mais (642,700 hl) und Hafer (341,125 hl) als Hauptprodukt. Auch die Kultur von Südfrüchten, Oliven-
und Maulbeerbäumen, dann der Weinbau (1,8 Mill. hl) sind von Wichtigkeit. Die Viehzucht ist ein Haupterwerbszweig der Bewohner,
insbesondere in der Campagna. Die Provinz besitzt nach den 1876-1881 gemachten Erhebungen 44,326 Pferde, 35,598 Esel, 96,587 Rinder,
708,165 Schafe, 101,057 Ziegen, 33,258 Schweine.
Mineralische Produkte sind: Alaun, Seesalz, Asphalt, Schwefel und Bausteine. Von geringerm Belang ist die Industrie; abgesehen von
den Erwerbszweigen der Stadt sind die Gewinnung von Rohseide (1886: 59,036 kg Kokons), die Seidenweberei, Gerberei, Eisenmanufaktur
und Thonwarenfabrikation zu erwähnen. Der Handel findet in den Häfen, darunter Civitavecchia, seine Ausgangspunkte,
außerdem in den von Rom auslaufenden Eisenbahnen die wichtigsten Verkehrswege. Die Provinz zerfällt in die Kreise: Civitavecchia,
Frosinone, Rom, Velletri und Viterbo.
(Roma, hierzu der Stadtplan), Hauptstadt der gleichnamigen Provinz (s. oben), zugleich Haupt- und Residenzstadt des
Königreichs Italien und Sitz des Papstes, liegt 40-85 m ü. M., unter 41° 54' nördl.
Br. und 12° 30' östl. L. v. Gr. in einer welligen
Ebene, die ein stilles, einsames Trümmer- und Gräberfeld bildet, hier und da noch mit schönen antiken Bauresten, sonst
eine mit Binsen, Gebüsch und Gras
Maßstab 1:22500
Die antiken Bauten sind in schwarzer Farbe und die dazu gehörigen Namen
in Groteskschrift eingetragen.
Zum Artikel »Rom«.
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bedeckte Steppe, die nur von einzelnen Pinien, Cypressen oder Ölbäumen unterbrochen ist. Der Tiberstrom, von dessen Mündung
Rom 23 km entfernt liegt, trennt, in drei Windungen 4450 m lang die Stadt durchschneidend, die Großstadt vom Gebiet
des Vatikans und dem Stadtteil Trastevere (»jenseit des Tiber«) und verläßt, nachdem er unter sieben Brücken
und an zwei Häfen vorbeigezogen und den Vatikan, die Tiberinsel und den Aventin bespült hat, im SW. die Stadt. Seine Breite
wechselt zwischen 52 und 103 m, seine Tiefe zwischen 5 und 13 m.
Stadtteile.
Der Umfang der jetzigen Mauern, welche großenteils die restaurierte alten Aurelianischen sind, umfaßt
den ganzen Raum, den das antike kaiserliche Rom einnahm; dazu die sogen. Città Leonina (mit Vatikan und Engelsburg) und einige
Teile von Trastevere, welche nicht in der alten Stadt inbegriffen sind. Die Stadt zerfällt in 15 Quartiere (rioni) und zwar:
1) Monti, das östliche Gebiet bis zur Porta Pia (mit dem Viminalis);
2) Trevi, von der Porta Pia und Porta Salara bis zur Piazza di Venezia (mit dem Quirinal);
3) Colonna, von der Porta Pinciana über die Piazza Barberini bis zum Panthéon;
4) Campo Marzio, von der Porta del Popolo den Tiber entlang bis Santa Lucia, dann zum Campo Marzio;
5) Ponte, von Santa Lucia zur Engelsbrücke und am Tiber entlang bis Santa Anna, dann zur Piazza Navona;
6) Parione, westlich vom Circo agonale und der Piazza San Carlo bis zur Chiesa nuova;
7) Regola, längs des Tiber von Santa Anna bis zum Ghetto;
8) Sant' Eustachio, zwischen Sant' Agostino, Sant' Antonio und dem Panthéon;
9) Pigna, vom Panthéon bis zum Corso und um den Palazzo di Venezia herum bis zur Via della Rotonda;
10) Campitelli, das Gebiet im S. (mit dem Palatinus und Capitolinus);
11) Sant' Angelo, von der Via di San Marco bis zur Tiberinsel;
12) Ripa, von San Teodoro längs des Circus maximus nach Porta San Sebastiano und bis zum Tiber (mit dem Aventinus);
13) Trastevere, der ganze Stadtteil am rechten Tiberufer bis in die Nähe St. Peters;
14) Borgo, die Gegend des Vatikans (Città Leonina);
15) Esquilino e Castro Pretorio, das neubebaute südöstliche Gebiet mit dem Esquilinus. Den Umfang der
Stadt berechnet man zu 23 km, die von der Mauer umschlossene Fläche zu 1416 Hektar. Der in zwei ungleiche Teile durch den Fluß
zerlegte Raum umfaßt ein originelles, wechselndes Hügelbild, wie keine andre Metropole es gewährt. Sämtliche Hochränder
ziehen gegen den Tiber und bilden mit ihren Bauten eigentümliche, malerische Reliefabschnitte. Von Porta
Maggiore tritt das Hügelterrain der Stadt mit dem höchsten Teil der Campagna in Verbindung, gegen den alle zu den Höhen der
Stadt ziehenden antiken Wasserleitungen konvergieren und die drei Eisenbahnen von Neapel, Livorno und Florenz in einen einzigen
Strang auslaufen.
Diese Verhältnisse, welche in etwas veränderter und noch ausgesprochenerer Form auf dem rechten Tiberufer
sich wiederholen, gestalten die Lage Roms in strategischer Beziehung ziemlich günstig und für die militärische Verteidigung
vorteilhaft. Es ist deshalb seit 1877 die Befestigung der Hauptstadt aufs neue durch Anlage von 14 Forts in einer Entfernung
von 2-4 km von der Stadtmauer aufgenommen worden. Am Fuß der Hügel bis zum Ufer des Tiber liegt der größte
Teil der modernen Stadt auf einem ziemlich niedrigen Boden angehäuft, dessen Höhe zwischen
20 und 11 m wechselt.
Seitdem Rom wieder die Hauptstadt Italiens geworden, haben sich große neue, noch immer wachsende Stadtteile, namentlich
um Santa Maria Maggiore und die Diokletiansthermen, gebildet, auf einer Höhe bis zu 65 m. Der bewohnte Teil des neuen Rom liegt
fast ganz im N. des alten, und zwar steht ein großer Teil der neuen Stadt auf dem alten Marsfeld. Die Neustadt erhielt ihren
jetzigen Charakter erst durch Julius II., Leo X., Paul III. und Sixtus V. Die besondere architektonische Physiognomie
wird namentlich durch den raschen Wechsel größerer, mit schönen Palästen des 16. und 17. Jahrh. geschmückte Straßen und
enger Nebenstraßen (vicoli), die oft etwas Düsteres und Verwahrlostes haben, bedingt.
Während der Corso, die Via Babuino und Ripetta, die Via Condotti und Angelo Custode, die hohe Via Sistina
und Quattro Fontane sowie die neue Via nazionale und ihre obern Durchschneidungen als stattliche, gut gebaute, belebte und
mit Palästen geschmückte Straßen dahinziehen, zeigen ihre Querstraßen und Ausläufer in den ältern Stadtteilen oft winkelige,
enge Straßen mit primitiven Behausungen. Die zwei wunderlichen Erscheinungen sind das Ghetto (das schmutzige
Judenviertel) und im O. die Feldarbeit mitten in der Stadt. In jüngster Zeit werden übrigens die Wohnungsverhältnisse
der Stadt durch die Ausführung des großartigen Bauregulierungsplans vom Jahr 1882, insbesondere durch Anlage des neuen Stadtteils
im SO. und jenes am rechten Tiberufer nördlich von der Engelsburg (Prati di Castello), durch mehrfache
Straßenverbreiterungen im Innern der alten Stadt (so der Fortsetzung des Corso bis zum Kapitol und des als Fortsetzung der
Via nazionale dienenden neuen Straßenzugs von der Piazza di Venezia bis zur Engelsbrücke etc.), durch die Regulierung des
Tiber zwischen Ponte Sisto und der Tiberinsel und Anlage zweier großer Tiberkais wesentlich verbessert.
Das Klima von Rom würde ohne die Malaria, die aber nur die niedrigsten Stadtteile wirklich bedroht, ein sehr angenehmes sein.
Der Winter, wenn auch mit heftigen Regengüssen beginnend, ist mild, seine Mitteltemperatur beträgt 8,7°
C. (Neapel 9,6°), und wenn auch schon -5,9°
C. beobachtet worden sind, so fällt das Thermometer doch selten unter Null. Im Sommer (23,6° C., Neapel 24° C.) wirkt der
Seewind kühlend.
Unter den berühmten alten sieben Hügeln der Stadt ist der Palatinische Berg (s. d.), 51 m, das Zentrum des alten römischen
Reichs, mit den Ruinen der Kaiserpaläste geschmückt. Auf dem Kapitolinischen Berg (46 m, s. Kapitol), nördlich
vom Palatin, befinden sich jetzt die städtischen Behörden, Kunstsammlungen und die Kirche Santa Maria Araceli; auch wird hier
das großartige Denkmal Viktor Emanuels errichtet. Der Quirinalische Hügel (auch Monte Cavallo genannt, s. Quirinal), 55 m, nördlich
von jenem, trägt den königlichen Residenzpalast.
Der Monte Celio (s. Caelius mons), 51 m, südlich vom Kapitol, wird im äußersten Osten vom Lateran bekrönt. Auf dem Aventinischen
Hügel (s. d.), 48 m, südlich dicht am Tiber, liegen jetzt einige Kirchen und Klöster und einige moderne Villen. Der Esquilin
(s. d.), 65 m, wird auf seiner nördlichen Höhe von Santa Maria Maggiore sowie von dem neuen Häuserviertel
eingenommen; auf seiner südöstlichen Höhe steht San Pietro in Vincoli. Nördlich von ihm er-
[* ]
^[Abb.: Wappen der Stadt Rom (Senatus Populus Que Romanus).]
mehr
hebt sich der Viminalis, der zum Quirinal zurückläuft und mit diesem zusammen die Fortsetzung des Esquilin nach NW. bildet.
So vereinigen sich im O. Viminal, Quirinal und Esquilin fast gänzlich zu einer einzigen Hochebene, wo jetzt das neueste Rom mit
seinen nationalen Straßennamen um den Bahnhof sich lagert und in antiker Zeit die Diokletiansbäder standen.
Zu diesen sieben Hügeln kommen noch am Nordende der Monte Pincio (65 m, s. Pincius mons), der nahe an den Tiber herantritt und
in südöstlicher Richtung sich von ihm entfernt (jetzt wieder, wie in antiker Zeit, mit terrassierten Gartenanlagen reichgeschmückt
und einer der besuchtesten Vergnügungsplätze der Stadt); ferner in der südlich vom Aventin beginnenden
Ebene der Monte Testaccio (46 m), ein künstlicher Hügel von 165 m Umfang, wahrscheinlich aus dem vom nahen Emporium abgelagerten
Scherbenschutt entstanden. Am rechten Tiberufer erheben sich dem Pincio gegenüber der Monte Vaticano mit der Peterskirche
und dem vatikanischen Palast sowie südlich von diesem der 94 m hohe Monte Gianicolo (Janiculus) mit San Pietro
in Montorio und der Acqua Paola, welcher fast in der ganzen Breite der alten Stadt südlich hinzieht und dem Aventin gegenüber
in die Ebene ausläuft.
Thore, Brücken, Straßen, Plätze.
Unter den Thoren Roms sind zu bemerken auf dem linken Tiberufer: die Porta del Popolo, das nördlichste
Thor Roms, östlich neben der alten Porta Flaminia, angeblich nach dem Plan Michelangelos erbaut (die äußere Fassade führte Vignola
aus, die Innenseite Bernini);
die Porta Pia (1564 nach dem Entwurf Michelangelos ausgeführt), während in antiker Zeit südöstlich
davon die (1564 vermauerte) Porta Nomentana stand;
die Porta San Lorenzo, an der Stelle der alten Porta Tiburtina;
die Porta Maggiore, die Trägerin zweier antiker Aquädukte (der Aqua Claudia und des Anio novus, s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig. 3);
die Porta San Giovanni, beim Lateran neben der 1084 vermauerten Porta Asinaria;
die Porta San Sebastiano, einst
Porta Appia;
die Porta San Paolo, deren Innenbau größtenteils noch der antiken Porta Ostiensis aus der Aurelianischen Zeit angehört;
auf dem rechten Tiberufer: die Porta Angelica, nach der Engelsburg benannt;
die Porta San Pancrazio, an der Stelle der antiken
Porta Aurelia.
Von den Brücken, welche über den Tiber führen, sind zu erwähnen: der Ponte Sant' Angelo (Engelsbrücke),
ehedem Pons Aelius, von Hadrian erbaut, führt zur Engelsburg und zum Vatikan, hat drei große und zwei kleine Bogen und ist mit
Statuen Berninis geschmückt;
der Ponte Sisto, ehemals Pons Aurelius, wurde nach der Zerstörung im Mittelalter 1474 unter Papst
Sixtus IV. von Baccio Pontelli wiederhergestellt;
der Ponte San Bartolommeo, einst Pons Cestius, führt von
Trastevere auf die Tiberinsel und der Ponte di quattro Capi, sonst Pons Fabricius, von der Tiberinsel nach der Stadt.
Aus neuester
Zeit datiert die Ripettabrücke, welche von der Via di Ripetta zum neuen Stadtteil Prati di Castello führt.
Außerdem sind noch fünf neue Tiberbrücken projektiert. Von mehreren alten Brücken sind nur noch Trümmer vorhanden.
Durch die Porta del Popolo gelangt man zunächst auf die Piazza del Popolo, in deren Mitte sich seit 1587 ein ägyptischer
Obelisk aus Heliopolis erhebt. Von hier laufen in divergierender Richtung drei der schönsten und längsten
Straßen der Stadt aus, von denen die mittlere, der berühmte Corso, 1500 m lang, bis
zur Piazza di Venezia führt. Obschon
die Hauptstraße von Rom und der von den Römern am meisten bevorzugte Spaziergang, hat er doch keineswegs die Pracht und Breite
der Zentralstraße einer Weltstadt: die alten Fassaden, auf 10 m sich gegenüber gerückt, geben ihm etwas
Düsteres;
eine Reihe gewaltiger Paläste bewahren der Straße jedoch die grandiose Originalität.
Sie ist der Schauplatz der
täglichen Spazierfahrten der Römer und des Karnevaltreibens. Rechts vom Corso führt die Strada di Ripetta nach dem Pantheon,
links die Strada del Babuino zur Piazza di Spagna. Von der Kirche Trinità de' Monti läuft die Via Sistina
fast schnurgerade nebst ihrer Fortsetzung Via quattro Fontane nach der Kirche Santa Maria Maggiore. Den Corso durchschneidet in
rechtem Winkel die Strada Condotti, welche unter andern Namen bis nach dem Ponte di Sant' Angelo läuft. Die
Via del 20 Settembre führt von der Piazza del Quirinale nach der Porta Pia. Parallel mit ihr läuft von den Diokletiansthermen
zur Piazza di Venezia die moderne prächtige, 25 m breite, mit Bäumen bepflanzte Via nazionale, welche jenseit des Corso durch
die alten Quartiere bis zur Engelsbrücke verlängert wird. Die Via Lungara in Trastevere führt längs
des Tiber zum Vatikan.
Unter den Plätzen der Stadt ist vor allen der Petersplatz, die berühmte elliptische, im größern Durchmesser 273 m, im kleinern 226 m
messende Piazza di San Pietro, zu erwähnen, in deren Mitte sich außer zwei Springbrunnen ein 25½ m hoher
ägyptischer Obelisk von rotem Granit erhebt. Zu beiden Seiten des Platzes und mit der Peterskirche verbunden, läuft die herrliche
Kolonnade Berninis (1667) mit 284 dorischen Travertinsäulen. Zum Platz des Kapitols (s. Kapitol) gelangt man von der Piazza Araceli
auf einer Rampe, deren Fuß zwei altägyptische Löwen aus Basalt schmücken (s. Tafel »Bildhauerkunst I«,
[* ]
Fig. 5), während oben Marmorstatuen die Brüstung zieren; der Hauptschmuck des Platzes aber ist die bronzene Reiterstatue
Marc Aurels.
Gegenüber der Treppe steht der Senatorenpalast, links das Museo Capitolino und rechts der Konservatorenpalast. Vom Hügel
des Kapitols gelangt man südlich auf gewundener Straße zu dem berühmten Forum Romanum hinab. Den eigentlichen
Mittelpunkt des Stadtlebens bildet die Piazza Colonna, so genannt nach der Säule des Kaisers Marcus Aurelius, welche, durch Fontana
unter Sixtus V. wiederhergestellt, die Bildsäule des heil. Paulus von vergoldetem Erz trägt. An dieselbe schließt sich die
Piazza di Monte Citorio, mit dem Parlamentshaus und einem Obelisken, der durch Augustus vom Sonnentempel
zu Heliopolis weg 10 v. Chr. nach Rom kam, als Gnomon einer Sonnenuhr diente und 1798 hier aufgestellt wurde.
Der größte öffentliche Platz Roms ist der Circo agonale, ein beliebter Volksplatz mit drei prächtigen Brunnen. Die gesündeste
Lage hat die Piazza di Spagna, mit einem von Bernini in Schiffsform errichteten Brunnen. Die berühmte sogen.
spanische Treppe führt von diesem Platz nach der Kirche Trinità de' Monti, vor welcher ein Platz eine der umfassenden Aussichten
über Rom darbietet. Andre bemerkenswerte Plätze Roms sind: die Piazza Barberini;
die Piazza delle Terme, vor den Diokletiansthermen
mit der Fontäne der Acqua Marcia;
die Piazza dell' Esquilino mit einem Obelisken;
die Piazza del Quirinale,
welche durch die Fontana del Monte Cavallo mit den schönen antiken Kolossalstatuen des Kastor und Pollux geschmückt ist;
die
Piazza della
mehr
Fontana di Trevi, mit dem größten und am glänzendsten geschmückten Brunnen Roms (Acqua Vergine);
die Piazza di Venezia, das
südliche Ende des Corso, mit dem gleichnamigen Palast;
die Piazza della Minerva, die Piazza della Rotonda, vor dem Pantheon,
und der Lateranplatz, letztere drei mit ägyptischen Obelisken geschmückt;
endlich in dem neuen südöstlichen
Stadtteil die Plätze Vittorio Emmanuele und Dante.
Kirchliche Bauwerke.
Unter den 350 Kirchen Roms nimmt die neben dem Vatikan sich erhebende weltberühmte St. Peterskirche (San Pietro in Vaticano),
die »Grabkirche des Apostels Petrus«, den ersten Platz ein (s. Tafel »Baukunst XI«,
[* ] Fig. 2-5). Die alte Basilika wurde zur
Zeit Kaiser Konstantins d. Gr. auf Bitte des Papstes Silvester I. erbaut, an der Nordseite des Neronischen Zirkus, wo einst die
Christen als Märtyrer starben. Als diese Kirche dem Verfall entgegenging, entschied sich Nikolaus V. für einen Neubau, der aber
nur im Chor begonnen wurde und dann liegen blieb, bis der energische Papst Julius II. wieder Hand ans Werk
legte.
Derselbe wählte unter den eingereichten Plänen den des Bramante (griechisches Kreuz mit riesiger Mittelkuppel). Am wurde
der Grundstein gelegt. Nach dem Tod Bramantes (1514) leiteten Raffael, Antonio Sangallo und Peruzzi den Bau, welcher unter Leo X.
langsam vorrückte. 1546 übernahm Michelangelo Buonarroti die Bauführung und blieb bis 1564 thätig.
Die große Hauptkuppel wurde nach seinen Anordnungen 1590 vollendet. Leider wurde dann auf Pauls V. Beschluß (1605) der Plan
der Kirche durch Maderna geändert, der Kirche ein Langhaus angefügt und eine massive, 117 m breite, 50 m hohe Fassade
mit imposanter Vorhalle vorgelegt. Am erfolgte die Einweihung durch Urban VIII.
Das Innere der Kirche ist durch die schönen, weiten Raumverhältnisse von überwältigender Wirkung, doch tritt die volle Herrlichkeit
des Baues erst bei der Kuppel unverkümmert hervor. Die ganze Länge des Innern beträgt 187 m, die des
Querschiffs 137 m, die Höhe des Mittelschiffs 45 m, die der Kuppel bis zur Höhe der Laterne 117 m. Die Kuppel ruht auf vier ungeheuern
fünfeckigen Pfeilern. Das Innere der Kirche zeigt einen großen Reichtum von prachtvollen Monumenten und modernen Mosaikbildern,
Kopien nach berühmten Gemälden. Am letzten rechten Pfeiler des Mittelschiffs thront die Bronzestatue
des Apostels Petrus aus dem 5. Jahrh. (s. Tafel »Bildhauerkunst V«,
[* ] Fig. 1). Unter der Kuppel erhebt sich der den alten Altar
der Basilika einschließende Hauptaltar, an welchem der Papst allein (oder der mit seinem Breve Versehene) Messe liest.
Über demselben erhebt sich das 28 m hohe formwidrige Tabernakel Berninis. Unter dem Altar ist das Grab
St. Peters und vor diesem die »Konfession« mit einer Brüstung, an welcher 89 vergoldete Bronzelampen Tag und Nacht brennen. Eine
Doppeltreppe von griechischen Marmor führt hinab; unten befindet sich die Statue Pius' VI., knieend, von Canova. Unter den Skulpturen
sind hervorzuheben: Michelangelos Pietà, die Grabmäler Sixtus' IV. und Innocenz' VIII. von Pollajuolo, Clemens'
XIII. von Canova, Pauls III. von Guglielmo della Porta und Pius' VII von Thorwaldsen.
In der Stanza Capitolare finden sich gemalte Tafeln von Giotto und Fresken von Melozzo da Forli; in der Schatzkammer die Dalmatika
Leos III, mit der die Kaiser bei der Krönung bekleidet wurden. In den Fußboden des Langschiffs ist vorn
eine Porphyrplatte aus der alten Kirche eingelassen, auf der über den kaiserlichen Kandidaten
vor der Krönung ein Gebet gesprochen
wurde. Die Mittelpforte der Kirche hat noch die Bronzeflügel der alten Basilika mit Reliefs (von 1445).
Im entgegengesetzten südöstlichen Teil der Stadt, nahe der Porta San Giovanni, liegt die Kirche San Giovanni in Laterano, Kathedrale
des Papstes als Bischofs von Rom und nach St. Peter die bedeutendste Kirche Roms. Sie wurde unter Papst Silvester 324 als Basilika
im Lateranpalast errichtet und erhielt durch Konstantins Schenkung des Palastes an den Papst die Bedeutung
der bischöflichen Kirche. Ihren Namen erhielt sie erst bei ihrer Erweiterung und Erneuerung durch Sergius III. (908). In den
Jahren 1308 und 1361 ward sie durch Feuersbrunst fast gänzlich zerstört.
Seit Gregor XI. war fast jeder Papst an der Renovation der Kirche thätig. Sixtus V. ließ den doppelten
schönen Portikus an der Nordfassade und die Scala Santa erbauen. Clemens VIII. ließ das Querschiff umbauen, Innocenz X. 1650 durch
Borromini die barocke Dekoration des Innern und die Ummauerung der Säulen durch starke, mittels Arkaden verbundene Pfeiler ausführen,
Clemens XII. die imposante Hauptfassade errichten. In neuester Zeit wurde unter Erweiterung des Chors die
alte Apsis zurückgerückt.
Das Innere ist fünfschiffig, es enthält eine prachtvolle Holzdecke und Marmorstatuen der zwölf Apostel mit dazu gehörigen
Reliefs. In der Tribüne befinden sich schöne alte Mosaiken. Die unter Clemens XII. nach dem Entwurf von Alessandro Galilei erbaute
Cappella Corsini gehört zu den schönsten Kapellen Roms. Neben der Kirche, an der südwestlichen Seite des
Lateranplatzes, steht die Taufkapelle San Giovanni in Fonte, das älteste Baptisterium Roms. Sie besteht aus zwei achteckigen,
durch acht antike Porphyrsäulen geschiedenen Schiffen, welche den Mittelraum mit dem Taufbecken (eine antike Wanne aus grünem
Basalt) umgeben. Zu beiden Seiten der Kapelle schließen sich Oratorien an. Dem Lateranpalast gegenüber
steht die Capella Sancta Sanctorum mit der nach der Tradition durch die Kaiserin Helena nach Rom gebrachten Treppe vor dem Amtshaus
des Pilatus, die nur auf den Knieen bestiegen wird. An diese Kapelle lehnt sich als isolierte Tribüne das
Triclinium Leonianum, ein Nischenbau von 1743 mit sorgfältige Kopie der Mosaiken der mittlern Tribüne des von Leo III. 798 errichteten
Speisezimmers im Lateranpalast.
Zwischen der Laterankirche und dem Kolosseum liegt die alte Kirche San Clemente, ein für die Kenntnis des alten Basilikenstils
sehr interessanter Bau, mit Unterkirche, alten Chorschranken und Ambonen, Mosaiken und mittelalterlichen
Fresken. Die vierte Patriarchalbasilika von Rom und eine der schönsten Kirchen der Stadt ist die Kirche Santa Maria Maggiore,
welche schon 432 zur Ehre Mariä von Sixtus III. prächtig umgebaut und geschmückt wurde. Die Kirche erfuhr vielfache Restaurationen;
ihre mit Loggien versehene Fassade stammt aus dem Jahr 1743. Das Innere enthält 36 herrliche antike ionische
Säulen aus weißem Marmor, darüber im Mittelschiff sowie auch am Triumphbogen, in der Halbkuppel der Tribüne und in einer
Loggia der Fassade eine Reihe von alten Mosaikbildern, zwei gleichsam als Querschiff erbaute prächtige Kapellen Sixtus' IV. und
Pauls V., letztere mit berühmten Fresken von Guido Reni, endlich die Grabmäler mehrerer Päpste, darunter
das Pius' IX. Eine der hervorragendsten Basiliken ist ferner San Paolo fuori le Mura, an der Via Ostiense südlich außerhalb
der Stadt gelegen, welche sich von 440 bis
mehr
1823 unversehrt erhalten hatte (s. Tafel »Baukunst VII«,
[* ] Fig. 1-3), dann leider durch Brand größtenteils zerstört wurde,
seit 1828 aber großartig im alten Stil erneuert wird. Von der alten Kirche blieben noch die große Tribüne mit Mosaiken und
andre Bauteile. 80 Säulen teilen die fünf Schiffe des Langhauses; die Wände des Mittelschiffs sind mit
Fresken und Mosaikbildern der Päpste geschmückt. An die Kirche schließt sich ein schöner Klosterhof an.
Von den übrigen Kirchen sind zu erwähnen: Santa Maria del Popolo (von 1477) mit schönen Grabmälern (namentlich von A. Sansovino),
Glasgemälden, Fresken (von Pinturicchio) u. Raffaels herrlicher Chigi-Kapelle (mit dessen Jonas);
Sant' Agostino
mit Raffaels Jesaias;
San Luigi dei Francesi, die französische Nationalkirche, mit berühmten Fresken von Domenichino;
Santa Maria
dell' Anima, die Nationalkirche der Deutschen, mit schöner Fassade und Mittelportal, Grabmal Hadrians VI. und Hochaltarbild der
heiligen Familie von Giulio Romano;
Santa Maria della Pace mit Raffaels Sibyllen;
die Chiesa nuova, vom heil.
Filippo Neri im 16. Jahrh. erbaut, mit drei berühmten Bildern von Rubens am Hochaltar;
San Giovanni de' Fiorentini, ein Meisterbau
des Jacopo Sansovino unter Beteiligung Michelangelos;
San Lorenzo in Damaso, von Bramante in die Cancelleria eingebaut und durch
harmonische Raumverhältnisse ausgezeichnet;
die Theatinerkirche Sant' Andrea della Valle mit berühmten
Fresken von Domenichino;
San Carlo ai Catinari mit Fresken von Domenichino;
Santa Maria sopra Minerva, die einzige gotische Kirche der
Stadt, nach einem vom Kaiser Domitian errichteten Minervatempel, auf dessen Fundamenten sie ruht, benannt, 1280 als Dominikanerkirche
erbaut, mit der berühmten Christusstatue von Michelangelo und dem Grabmal des Malers Fiesole (im linken
Korridor);
Sant' Ignazio, von 1685, mit virtuosem Deckengemälde des Jesuitenpaters Pozzi;
San Marcello, 1519 von Jacopo Sansovino
errichtet;
Santi Apostoli, von 1702, mit schöner Vorhalle und Grabmal Clemens' XIV. von Canova;
Santa Maria di Loreto am Trajansforum,
ein schöner Renaissancebau von Ant. Sangallo mit Statue der heil. Susanna von Duquesnoy;
San Marco, mit köstlicher
Vorhalle von 1465 und Mosaiken aus dem 9. Jahrh.;
die reiche Jesuitenkirche Gesù, ein gewaltiger einschiffiger Bau von Vignola
(1575) mit überladener Ornamentik;
Santa Maria Araceli, auf dem Kapitolinischen Hügel, 988 als Kirche des Senats erbaut, mit 22 antiken
Säulen und schönen Grabmälern aus der Renaissancezeit;
San Cosma e Damiano, 528 auf dem Forum unter Benutzung
eines antiken Rundtempels als Vorhalle erbaut, mit schönen alten Mosaiken in der Tribüne;
San Giorgio in Velabro, eine kleine,
altertümliche Basilika aus dem 7. Jahrh., mit einer Vorhalle von 840 und einem Turm aus derselben Zeit;
Santa Maria in Cosmedin, 380 in einen Tempel hineingebaut, von dem noch jetzt zehn Säulen erhalten sind, mit malerischem Glockenturm;
die große Basilika Santa Sabina auf dem Aventin, 422 erbaut, welche noch die 24 prächtigen korinthischen Säulen von parischem
Marmor des antiken Tempels enthält;
San Gregorio Magno mit den berühmten Konkurrenzbildern von Domenichino
und Guido Reni: die Leidensgeschichte des St. Andreas;
Santo Stefano Rotondo, eine interessante Rundkirche aus dem 5. Jahrh.,
welche einen Versuch darstellt, die Idee der Basilika auf den Zentralbau zu übertragen und die Kreuzesform mit der Rotunde zu
verbinden;
Santa Maria in Dominica, mit schöner Vorhalle von 1500, im Innern, welches Raffael restaurierte,
mit 18 antiken Granitsäulen;
San Nereo ed Achilleo, eine uralte Basilika, welche in der Tribüne noch Mosaiken von 800 und einen
alten Bischofstuhl enthält;
Santa Croce in Gerusalemme, eine der sieben Hauptkirchen Roms, zu Konstantins Zeit (336) angelegt,
aber durch viermalige Umänderung völlig entstellt, mit ausgezeichneten Deckenmosaiken nach Peruzzis
Entwürfen;
San Lorenzo fuori le Mura, eine der Patriarchalkirchen Roms, aus einer im 4. Jahrh. erbauten Vorder- und einer 578 restaurierten
Hinterkirche bestehend, welche 720 durch Niederreißung der Apsiden vereinigt wurden, mit einer 1220 errichteten Vorhalle,
einem Glockenturm, antiken Säulen und schönem Ambon;
San Prassede, eine von Paschalis I. 820 umgebaute
Basilika, von der trotz mehrfacher Restaurationen manches Ursprüngliche (Mosaiken, antike Säulen) erhalten ist;
San Martino
ai Monti, 500 erbaut, 1650 prächtig erneuert, mit antiken Marmorsäulen und Freskolandschaften von Gaspard Poussin;
San Pietro
in Vincoli, auf der südwestlichen Anhöhe des Esquilin, 442 von der Kaiserin Eudoxia erbaut und mit den
Ketten Petri beschenkt, später wiederholt verändert, mit 20 antiken Säulen und dem Grabmal Julius' II. von Michelangelo mit
der berühmten Kolossalstatue des Moses;
Santa Pudenziana, die erste eigentliche Kirche Roms, in das Haus des Senators Pudens eingebaut,
trotz späterer Umbauten noch erhalten, mit alten Mosaiken und schönem Glockenturm;
Santa Maria degli
Angeli, der basilikenartige Langhaussaal des Mittelraums der Thermen Diokletians, 1561 von Michelangelo zu einem prächtigen
Kirchenbau umgestaltet, mit acht hohen antiken Säulen und reichem, schön profiliertem Gebälk;
Santa Maria della Vittoria,
welche die Fahnen des Siegs bei Lepanto über die Türken und des Siegs vom welcher
Wien befreite, auch eine berühmte Skulpturgruppe (Santa Teresa, von Bernini) enthält;
Santa Agnese fuori Porta Pia, eine frühchristliche
Kirche, deren Hauptteile von 626 stammen, mit Säulenreihen in zwei Geschossen, schöner Konfession, Mosaik aus dem 7. Jahrh.
in der Tribüne und geschnitztem Plafond von 1600 (unter der Kirche befinden sich Katakomben);
Santa Costanza,
neben der vorigen, eine in ihren antiken Hauptteilen noch ziemlich gut erhaltene Kuppelrotunde von etwa 360 (wahrscheinlich
als Mausoleum der beiden Töchter des Kaisers Constantius II. erbaut und 1260 zur Kirche geweiht);
Santa Trinità de' Monti, aus
dem 15. Jahrh., mit Gemälden von Daniele da Volterra, Giulio Romano und Philipp Veit (berühmt sind hier
die Vespergesänge der Dames du sacré cœur, für welche Mendelsohn drei Motetten schrieb).
Von den Kirchen im Stadtteil am
rechten Tiberufer sind noch zu erwähnen: Sant' Onofrio mit Fresken von Domenichino und Peruzzi und dem Grabmal
Tassos, der in dem dazu gehörigen Kloster 1595 starb;
San Pietro in Montorio von 1500, durch ihre herrliche Lage ausgezeichnet,
mit Bildern von Sebastiano del Piombo u. a. (im angrenzenden Klosterhof steht das reizende, 1502 erbaute Tempelchen Bramantes);
Santa Maria in Trastevere, eine der schönsten mittelalterlichen Basiliken Roms, an der Fassade mit Mosaiken
von 1148 und im Innern mit 22 antiken Säulen, in der Tribüne mit Mosaiken aus dem 12. und 13. Jahrh. geschmückt;
San Crisogono
mit 22 antiken Säulen und Mosaiken aus dem 14.
mehr
Jahrh.; Santa Cecilia, 400 erbaut, deren Hof noch die altchristliche Form des Atriums und den alten Weihbrunnen aufweist, mit
Medaillons der 820 hier beigesetzten Heiligen auf dem Mosaikfries der Vorhalle, Mosaiken aus dem 9. Jahrh. in der Tribüne, der
liegenden Statue der heil. Cäcilia von Maderna (1600) und gotischem Marmortabernakel von Arnolfo di Cambio
von 1283 über dem Hochaltar. Auf der Tiberinsel steht die 1000 an Stelle eines Äskulaptempels erbaute Kirche San Bartolommeo.
Unter den Kirchen, welche aus antiken Tempeln erstanden, ist vor allen der Wunderbau der Santa Maria la Rotonda, das wohlerhaltene
antike Panthéon (s. Tafel »Baukunst V«,
[* ] Fig. 14-16), hervorzuheben, ursprünglich ein von
Agrippa, Schwiegersohn des Kaisers Augustus, angelegter Tempel, 609 durch Papst Bonifacius IV. zur christlichen Kirche geweiht (s.
Panthéon). Das Panthéon enthält unter anderm die Gräber Raffaels und des Königs Viktor Emanuel (mit Denkmal).
Von den Katakomben, planmäßig ausgetieften Grüften in der Umgebung Roms, welche die Christen als ihre
gemeinsamen Begräbnisstätten in Form von unterirdischen Stollen und Kammern ausgraben ließen, sind die des heil. Callistus
an der Via Appia die bedeutendsten. Sie enthalten unter anderm die Papstgruft der römischen Bischöfe des 3. Jahrh., die Gruft
der heil. Cäcilia, die sogen. Sakramentskrypten, die Krypte des Papstes Eusebius, die Lucinakrypte etc.,
meist mit altchristlichen Bildern, Inschriften (die älteste von 107), symbolischen Bildern und Zeichen, allegorischen Darstellungen
etc. geschmückt.
Andre Katakomben sind die von San Sebastiano und Santa Agnese, die des Prätextatus, der Domitilla etc. Unter Papst Damasus (366-384)
wurden die Cömeterien nochmals hoch gepflegt und erhielten marmorne Gedenktafeln mit Strophen. Aber die
durch Kriege herbeigeführte Verödung der Campagna ließ sie bald nachher verfallen. Erst 1593 begann Antonio Bosio die Katakomben
zu durchforschen, und 1854 wurde von Rossi die Papstgruft entdeckt (weiteres s. Katakomben).
Profanbauten.
Unter den Palästen Roms nimmt der Vatikan (s. d.), die schief an die Peterskirche angelehnte Residenz des
Papstes, mit der Sixtinischen und Paulinischen Kapelle und weitläufigen Gärten, wegen seiner Großartigkeit und der Kunstschätze,
die er enthält, die hervorragendste Stelle ein. Am rechten Tiberufer vor der Engelsbrücke erhebt sich die kolossale Rotunde
des Castello Sant' Angelo oder der Engelsburg (s. d.), ursprünglich das Grabmal des Kaisers Hadrian, welche
durch einen gedeckten Arkadengang mit dem Vatikan in Verbindung steht.
Anstoßend an die Kirche zu San Giovanni in Laterano liegt der zweite päpstliche Palast, der Lateranpalast, der von Konstantin
bei dessen Übersiedelung nach Konstantinopel dem römischen Bischof geschenkt wurde. Seitdem hatten die Päpste bis zur Verlegung
des päpstlichen Stuhls nach Avignon im Lateran ihren Sitz. Der später verfallene Palast wurde 1586 unter
Sixtus V. durch Domenico Fontana wieder aufgebaut und unter Gregor XVI. zu einem Museum umgewandelt (näheres s. Lateran).
Der als Sommerresidenz der Päpste 1573-1608 erbaute Quirinal (Palazzo del Quirinale), mit Kapelle, glänzenden Sälen (in einem
befindet sich der Alexanderfries von Thorwaldsen) und schönem Garten, jetzt Residenz des Königs von Italien,
erhebt sich ziemlich mitten in der Stadt in gesunder Lage. Auf der Piazza del Monte Citorio steht das Parlamentshaus, ein imposanter
Bau Berninis von
1650, mit dem 1871 eingerichteten Parlamentssaal. Das Kapitol (Campidoglio) trägt den Senatorenpalast (jetzt
Sitz der Stadtbehörden), mit monumentale Freitreppe und Brunnenanlage von Michelangelo, und zwei Seitenpaläste: das Museo
Capitolino und den Konservatorenpalast, beide von Michelangelo entworfen, mit ausgezeichneten Sammlungen von antiken Skulpturen,
antiken Bronzen, etruskischen Altertümern und Gemälden (näheres s. Kapitol).
Außerdem sind zu nennen: der Palast der apostolischen Kanzlei (Cancelleria), von Bramante 1510 vollendet,
mit mächtiger Fassade und schönem Hof;
der Palazzo di Venezia, Eigentum der österreichischen Regierung, eins der mächtigsten
Bauwerke Roms, den Beginn der Renaissance bezeichnend;
der Palast des Ministeriums des Innern (ehemals Braschi, von 1790), an
dessen Westecke der berühmte Pasquino, der Platz für witzige Plakate, sich befindet;
das Gebäude der
Sapienza (Universität) und das Collegio Romano, das große Hospital Santo Spirito, die Theater Apollo und Argentina und von modernen
Bauten die Ministerien der öffentlichen Arbeiten und der Finanzen, das Kunstausstellungsgebäude, die Neubauten des physiologischen,
chemischen und physikalischen Universitätsinstituts, die Poliklinik und der Bahnhof.
Projektiert sind noch ein Justizpalast,
ein großes Militärspital, ein zweiter Bahnhof in Trastevere, mehrere Kasernen, Markthallen und Magazine (besonders in dem neuen
industriellen Viertel beim Monte Testaccio) etc.
Nicht leicht gibt es eine Stadt, die so viele und großartige Privatpaläste aufzuweisen hat wie Rom. Die hervorragendsten
sind: der Palast Barberini (s. d.), auf dem Quirinalischen Hügel, mit vorzüglicher Gemäldegalerie, Skulpturen
und Bibliothek;
der Palast Borghese (s. d.), in der Nähe der Ripetta gelegen, mit reicher Gemäldesammlung;
der Palast Caffarelli
am Kapitol, Eigentum und Sitz der deutschen Botschaft;
der große Palast Colonna (s. d.), am Quirinal, mit trefflichen Gemälden;
der Palast Corsini, in Trastevere, mit Kupferstich- und Gemäldesammlung, Bibliothek und schönem Garten,
jetzt Sitz der Accademia dei Lincei;
der Palast Doria, mit schönem Hof und reicher Gemäldesammlung (darunter Bilder von Raffael,
Velazquez und Sebastiano del Piombo);
der Palast Farnese (s. d.), in Trastevere, jetzt Sitz der französischen Gesandtschaft,
eins der grandiosesten Gebäude Roms, der echteste Typus des römischen Palastes;
die Villa Farnesina (s. d.),
der graziöseste Renaissancebau Roms;
der Palast Giraud-Torlonia, 1504 von Bramante erbaut;
der Palast Massimi, 1535 von Peruzzi
erbaut, mit schönem Säulenhof;
der Palast Rospigliosi, mit dem berühmten Deckengemälde der Aurora von Guido Reni;
der Palast
Sciarra, mit Gemäldesammlung (darin der Violinspieler von Raffael);
der Palast Spada, mit der Statue des
Pompejus, an der Julius Cäsar ermordet worden sein soll, der des Aristoteles, einer Reihe antiker Reliefs und einer Gemäldesammlung;
endlich die Paläste Chigi, Mattei, Valentini u. a. Viele Privatpaläste Roms führen wegen der sie umgebenden Gartenlandschaft
den Namen Villa.
Hierher gehören: die Villa Medici (s. d.), auf dem Monte Pincio, jetzt Sitz der französischen
Malerakademie;
die Villa Borghese (s. d.), vor der Porta del Popolo, mit prächtigem Park und einem Kasino, in dessen eleganten
Sälen ein großer Reichtum antiker Skulpturen ausgebreitet ist;
die Villa Ludovisi (s. d.), in hoher Lage, an der Stelle der Gärten
des Sallust, mit
mehr
vorzüglicher Sammlung antiker Statuen;
die Villa Albani (s. d.), mit einer 1758 von Kardinal Alessandro Albani angelegten hochberühmten
Sammlung antiker Statuen u. Reliefs;
die Villa Massimi, beim Lateranplatz, mit Fresken von Schnorr, Koch, Veit, Overbeck und Führich
im Kasino;
die Villa Pamfili (s. d.), der schöne Lieblingspark der römischen Welt, vor der Porta San Pancrazio,
u. a.
Antike Überreste.
Von den Baudenkmälern des alten Rom sind zunächst die bedeutenden Überbleibsel des Forum Romanum, vom Fuß des Kapitols längs
des Palatinischen Hügels gegen das Kolosseum hin, zu erwähnen, dessen im Lauf der Jahrhunderte durch Verschüttungen bedeutend
erhöhter Boden seit 1872 in seinem ganzen Umfang bloßgelegt ist. Dieselben bestehen in dem Triumphbogen
des Septimius Severus, den Säulen des Vespasian-, des Saturn- und des Kastortempels, den Resten der Basilica Julia, der Phokassäule
und der Basis des Cäsartempels (weiteres s. Forum).
An der Nordseite des Forums erhebt sich der Tempel der Faustina und des Antoninus, daneben die gewaltigen
Gewölbe der Basilika Konstantins und der Doppeltempel der Venus und Roma (s. Tafel »Baukunst V«,
[* ] Fig. 17 u. 18); an der Südseite
der Triumphbogen des Titus, das Denkmal seines Sieges über die Israeliten, mit ausgezeichneten Reliefs (s. Tafel »Bildhauerkunst
IV«,
[* ] Fig. 14). Nordwärts vom Forum Romanum liegen die Reste des Minervatempels (vom Forum des Nerva) und
die Überbleibsel des Augustusforums mit dem Tempel des Mars Ultor, von dem noch vier herrliche Säulen (18 m hoch) sowie Cellareste
und Gebälk vorhanden sind; noch weiter nördlich das Trajansforum mit den Resten der Basilica Ulpia u.
der hochragenden Triumphsäule Trajans (s. Trajanssäule) mit schönen Reliefs der Kriegszüge dieses Kaisers.
An der Südseite des Forum Romanum steigt der Palatinhügel empor (s. Palatinischer Berg), mit den Überbleibseln des Flavischen
Kaiserpalastes, des Jupiter-Victortempels und des Hauses des Vaters von Tiberius mit trefflichen Malereien, ferner den Ruinen der
Paläste des Tiberius und Caligula sowie der des Septimius Severus. Vor allen Bauten des Altertums ragt aber
noch in stolzer Pracht das Kolosseum (s. d.) hervor, das ehemalige Flavische Amphitheater für die Gladiatorenspiele und Tierhetzen.
Auf dem Vorplatz steht noch das Postament, auf welchem einst die Erzstatue Neros stand; südwestlich die Reste der Meta sudans,
eines berühmten Springbrunnens von Domitian, und der imposante Triumphbogen des Konstantin (s. Tafel »Baukunst
VI«,
[* ] Fig. 7), der besterhaltene in Rom, zum Teil mit Bildwerken aus der trefflichen
Kunstperiode Trajans (s. Konstantinsbogen); ostwärts liegen noch Reste der Titusthermen und schön verzierte Gänge des Goldenen
Hauses Neros.
Bei den Thoren der Stadt und in der Campagna finden sich noch Grabmäler aus der Kaiserzeit, ja einige sogar
noch aus der republikanischen Epoche, z. B. die Gräber der Scipionen. Nordwestlich von Porta Maggiore erheben sich die dem Kuppelbau
des Pantheons ähnlichen Reste des sogen. Tempels der Minerva medica, des Teils eines großen Wasserwerkes. In der Stadt, unweit
der Porta del Popolo, steht der cylindrische Unterbau des Mausoleums des Augustus, in welches ein Theater
(Anfiteatro Umberto) hineingebaut ist, weiterhin die Säule Marc Aurels auf der Piazza Colonna, noch 11 m höher als die Trajanssäule,
mit Reliefs, welche sich auf die Kriege Marc Aurels gegen die Markomannen beziehen.
Unweit derselben steht
das schönste und besterhaltene Denkmal aus der Cäsarenzeit, das Pantheon (s.
oben). Jenseit der Engelsbrücke ragt noch das Grabmal Kaiser Hadrians (jetzt Castello Sant' Angelo, s. oben) in gewaltiger Rundform
auf. Die Tiberinsel bewahrt noch ihre antike, künstliche Gestalt in Form eines Schiffs, der Campo Maccao die Erinnerungen an
das Prätorianerlager der Kaiserzeit; beim Bahnhof erhielten sich noch Stücke des Serviuswalles und der Serviusmauer und die
großartigen Reste der Diokletiansthermen, bei der Pescaria der antike Haupteingang zum Porticus Octaviae mit Giebel und Säulen,
nahe dabei die Reste des Marcellustheaters, eines Prachtbaues von Julius Cäsar, gegen den Fluß hin der
Tempel der Fortuna virilis aus republikanischer Zeit und der zierliche Rundtempel der Vesta, eine rein römische Schöpfung mit 19 im
Kreise stehenden, edel gebildeten Marmorsäulen.
Bei San Giorgio in Velabro steht noch der antike Janus quadrifrons, ein Bogen mit 32 Nischen für Götterstatuen; gegenüber
lehnt sich an die Kirche die Ehrenpforte des Septimius Severus, welche ihm die Handeltreibenden errichteten,
und ihr gegenüber gelangt man zum Eingang der trefflich erhaltenen Cloaca maxima (s. d.), einer der großartigsten Bauschöpfungen
der alten Kaiserzeit, durch welche jetzt noch das Abwasser in den Tiber strömt. Weiterhin, unterhalb des Palatin, ist vom
Circus maximus, der schon in der Königszeit zu Rennspielen diente, nur noch die Form nebst einigen
Resten der Carceres (worin die Wagen aufgestellt wurden) erhalten (s. Circus).
Als prächtige Trümmer ragen dagegen die nahen Caracallathermen auf, einst die prachtvollsten Luxusbäder der Welt, von der
kühnsten, riesigsten Baukonstruktion (s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig. 11). Noch sind vor der Porta San Sebastiano
vom Zirkus des Maxentius die Spina und Meta sowie die untern Teile der Langseiten samt der Porta triumphalis vorhanden. An der
Via Appia erheben sich die Grabmonumente des antiken Rom noch in zahlreichen Resten, und vor allen tritt der Rundbau
des Grabmals der Cäcilia Metella (s. d.), aus der Zeit des Augustus, hervor, während an der Porta San Paolo
die Pyramide des Cestius (s. d.), eines Zeitgenossen des Augustus, sich erhebt. Stadtwärts erinnern die Marmorblöcke der antiken
Marmorata an das alte Emporium, die Anlandestelle des antiken Tiberhafens. - Die Aquädukte sind wahrhaft stolze Denkmäler
der alten Größe Roms.
Noch jetzt werden vier davon benutzt: die Acqua Vergine (erneuert 1450), welche den schönsten Springbrunnen Roms, die Fontana di Trevi
(s. d.), bildet;
die Acqua Marcia (erneuert 1870), welche auf der Piazza delle Terme eine prächtige Fontäne speist;
die Acqua
Felice, von Sixtus V. (Fra Felice) errichtet, welche als Hauptbrunnen die Fontana di Termini bildet;
auf
dem rechten Ufer, von Paul V. hergestellt, die Acqua Paola mit der Fontana Paolina auf der Höhe des Janiculus und den beiden Fontane
del Vaticano auf dem Petersplatz.
Auf jeden Bewohner der Stadt kommen alle 24 Stunden 700 Lit. Wasser, wovon 500 zum häuslichen
Gebrauch verwendet werden können.
Bevölkerung.
Die Zahl der Einwohner Roms hat seit einer Reihe von Jahren regelmäßig zugenommen; sie betrug 1840: 154,630, 1850: 170,820,
1860: 184,050, 1870: 226,022 und 1881: 273,268 (als Gemeinde mit dem Agro Romano 300,467) Seelen. Was den Charakter des Römers
betrifft, so herrscht in ihm ein Zug
von Ernst, Bedächtigkeit und Maß, verbunden
[* ] Der Umbau und die Erweiterung der Stadt ist auf Grund des im J. 1882 festgestellten
mehr
Planes fortgeschritten. Die projektierten Bauten, von denen für den Staat ein Justizpalast, eine Poliklinik, eine Akademie,
ein Militärlazarett und eine Kaserne, für die Stadt zwei Brücken, die Tiberkais, die Fortsetzung der Via Nazionale durch
den Corso Vittorio Emanuele, der Umbau des Ghetto, die Kanalisation und die Anlage von Markthallen bestimmt
sind, waren etwa zur Hälfte schon vollendet, als finanzielle Schwierigkeiten der weitern Ausführung hindernd in den Weg
traten.
Die finanziellen Verhältnisse Roms, welche seit der Erhebung der letztern zur Hauptstadt infolge der plötzlich veränderten
und gesteigerten Bedürfnisse, aber auch infolge mangelnder Sparsamkeit im städtischen Haushalt keine geordneten waren, sind
nämlich in immer größere Verwirrung und schließlich an einen ernsten Wendepunkt geraten. Schon im
J. 1881 war ein Gesetz zu dem Zweck, den städtischen Finanzen zu Hilfe zu kommen, erlassen worden. Die für den Umbau und die
Erweiterung der Stadt bestimmte Anleihe von 150 Mill. Lire wurde vom Staat unter der Voraussetzung garantiert,
daß die Stadt durch Erhöhung ihrer Einnahmen sich in die Lage setze, allen Verbindlichkeiten zu genügen.
Auch verpflichtete sich der Staat zu einem Zuschuß von 2½ Mill. Lire auf 20 Jahre. Die Stadtvertretung wollte aber von Steuererhöhungen
nichts wissen, während sich die Ausgaben fortwährend steigerten. Die 150 Mill. wurden bei der herrschenden
Mißwirtschaft und den in die Höhe getriebenen Grundpreisen, welche die Kosten der Expropriationen ins Ungemessene steigerten,
bald vollständig verausgabt, ohne daß die projektierten Bauten vollendet worden wären.
Das bereits seit Jahren im städtischen Haushalt vorhandene Defizit mußte endlich eingestanden werden und zwar für das Jahr
1889/90 mit 6,9 Mill. Lire. Außerdem ergab sich, daß 30 Mill. fehlen, um
die notwendigsten Bauarbeiten zu erledigen. Angesichts dieser Sachlage sah sich die Regierung genötigt, die Aufbesserung der
Finanzen Roms in die Hand zu nehmen. Durch das Gesetz vom wurde vor allem die Stadt von der Verpflichtung,
aus eignen Mitteln zur Tiberregulierung beizutragen, welche nunmehr dem Staat ganz übertragen wird, entlastet; ferner übernimmt
der Staat die Fortsetzung verschiedener andrer öffentlicher Bauten, so des Justizpalastes, der Poliklinik, mehrerer Straßen,
Brücken etc. Eine weitere Konzession ist die, daß die Stadt von den gesetzlichen Verpflichtungen zu öffentlicher Wohlthätigkeit
entbunden wurde, welche der Staat nunmehr aus den in seine Verwaltung übernommenen römischen opere pie
bestreitet.
Die Regierung übernimmt weiter die Verwaltung der römischen Verzehrungssteuer und garantiert der Stadt hieraus einen jährlichen
Reinertrag von 14 Mill. Lire. Der jährliche Zuschuß von 2½ Mill. Lire wird auf 60 Jahre ausgedehnt. Die für die
dringendsten öffentlichen Bauten benötigten Summen zahlt die Regierung voraus und hält sich dafür an den von der Stadt
aufzubringenden Annuitäten schadlos. Durch Ersparungen und Erhöhung einzelner Steuerkategorien endlich soll das Defizit im
städtischen Haushalt in Zukunft beseitigt werden. Da die Gemeindevertretung von Rom gegen den von der Regierung im Parlament
eingebrachten Gesetzentwurf Widerspruch erhoben und ihre Demission gegeben hatte, wurde dieselbe von der Regierung aufgelöst
und ein Regierungskommissar an die Spitze der städtischen Verwaltung gestellt.
Das Jahr 1889 war auch außer den städtischen finanziellen Verwickelungen für in wirtschaftlicher Beziehung ein sehr ungünstiges.
Die
Kreditverhältnisse gestalteten sich immer schwieriger, Zahlungseinstellungen und Fallimente nahmen
in bedenklicher Weise zu, die Lage des Geldmarktes wurde stets prekärer. Den Hauptanteil an diesen Zuständen trug die Überspekulation
in Neubauten und Baugründen, weshalb auch namentlich die Kreise der Bauunternehmer von Fallimenten betroffen wurden.
Viele angefangene Häuserbauten blieben infolgedessen unvollendet stehen, zahlreiche Arbeiter wurden entlassen und mußten
in ihre Heimat zurückkehren. Trotz der Ungunst der Finanzlage der Stadt werden übrigens neue Pläne für große öffentliche
Anlagen ernstlich erwogen. Ein Projekt geht dahin, Rom zu einem Seehafen zu machen und einen Hafen nahe bei der Basilika San Paolo
fuori le mura (an der Via Ostiense) anzulegen, welcher durch einen geradlinigen, ca. 20 km langen, 10 m
tiefen, 40-80 m breiten Kanal mit dem Meere bei Castel Fusano verbunden werden soll.
Ein mit den städtischen Neubauten in Verbindung stehender Plan ist die Freilegung des herrlichen Palazzo Farnese, von dem bisher
nur die Vorderfassade einem Platze zugewendet ist. Für den Entwurf zum Neubau eines Parlaments ist vorläufig
eine Konkurrenz ausgeschrieben worden. Dagegen kommt die angeregte Herstellung einer bequemen und übersichtlichen Verbindung
der hauptsächlichsten historischen Denkmäler Roms zu einer öffentlichen Passeggiata archeologica aus den besprochenen finanziellen
Rücksichten in nächster Zeit nicht zur Ausführung. Auf dem Gebiete des Verkehrswesens ist der bereits
im Juli 1888 eröffneten Eisenbahnlinie Rom-Solmona, wodurch die Bevölkerung der Abruzzen eine bequeme Verbindung mit der Hauptstadt
erhalten hat, dann der in Bau genommenen Lokalbahnen von Rom nach Laurento, wo ein Seebade-Etablissement errichtet werden soll,
und von Rom nach Segni Erwähnung zu thun.
Von dem als Campagna bezeichneten, um die Hauptstadt herum sich ausdehnenden, ca. 200,000 Hektar umfassenden
Gebiet (Agro Romano) sind zur Zeit nur 7530 Hektar im nächsten Umkreis von Rom eigentlich kultiviert, vorzugsweise mit Wein.
Im übrigen herrscht fast ausschließlich Weidewirtschaft vor; nur etwa 1/10 der Fläche wird unter den Pflug genommen und zwar
infolge der Konkurrenz des billigen überseeischen Getreides, der Entvölkerung und der hygienischen Übelstände
der Campagna von Jahr zu Jahr weniger. Im J. 1887 zählte man in der römischen Campagna 19,355 Rinder und Büffel, 211,924 Schafe, 7500 Pferde, 2600 Esel
und Maultiere und 12,600 Ziegen.
In der Frage der Kultivierung der Campagna ist bisher nicht viel geschehen. Nachdem schon vor 20 Jahren
durch königliches Dekret eine Kommission zum Studium der Frage eingesetzt worden war, kam endlich 1883 ein Gesetz zu stande,
welches die Errichtung größerer Wirtschaftsbetriebe, die Viehhaltung und Wiesenkultur, Wege- und Grabenanlagen, Zuleitung
von Trinkwasser etc. zum Gegenstand hatte. Für diese Bonifizierung, welche nur für den Umkreis der Stadt
bis zu 10 km vorgeschrieben ist, wurden nur 1½ Mill. Lire ausgeworfen. Auch steht gegenüber dem Widerstand der Grundbesitzer
nur das unerwünschte Mittel der Expropriation zu Gebote.
Vgl. Sombart, Die römische Campagna (Schmollers »Staats- und sozialwissenschaftliche
Forschungen«, Bd. 8, Heft 3, Leipz.
1888).
deutsch Rambach (Kt. Graubünden,
Bez. Münsterthal). 1740-1200 m. Wildwasser des Münsterthales; 25 km lang, wovon 18 auf Schweizer
Boden. Entspringt am Fuss der Felsen von Ruinas (sö. der Ofenpasshöhe und oberhalb Aint a Som Cierfs),
erhält zunächst von rechts den vom Piz Daint kommenden Bach des Val della Föglia und den vom Piz Dora kommenden Bach des
Val della Blaisch, durchfliesst Cierfs und die mit grünen Wiesen bestandene und von dunkeln Wäldern umrahmte
oberste Stufe seines Thales, erhält von links die Aua da Laiders und betritt dann die zweite Thalstufe, wo er einen 600 m
breiten, fischreichen Sumpf - ein ehemaliges Seebecken, das man jetzt gänzlich trocken zu legen gedenkt - bildet.
Bis hierher sind seine Nebenadern fast alle gefährliche Wildbäche, die den Boden des Hauptthales häufig
mit Schlamm, Sand und Kies überführen. Auf der Thalstufe von Valcava, die er rasch durcheilt, erhält der Rambach seine beträchtlichsten
Zuflüsse, nämlich den vom Felsenkar des Lai da Rims herabkommenden Wildbach des Val Vau und den am Umbrail entspringenden und
bei Santa Maria ebenfalls von rechts mündenden Bach des Val Muranza. Nachdem ihm dann zwischen Sielva und
Münster von rechts noch einige kleinere Nebenadern (so der Bach des Val da Pisch) zugekommen sind, tritt er auf österreichischen
Boden über, wo sich mit ihm von links der vom Cruschettapass herabkommende Bach des Avignathales vereinigt. Er mündet bei
Glurns im Tirol von rechts in die Etsch. Von seiner Quelle bis Münster hat er ein Gefälle von etwa 500 m, was einer Kraft
von etwa 126 PS entsprechen würde. Bis heute treibt er blos Sägen und Mühlen.
1) Provinz im Königreich Italien, umfaßt die Landschaft Latium, 1870 aus dem dem Kirchenstaat gehörigen Gebiet gebildet,
grenzt im NW. an die Provinz Grosseto, im NO. an Perugia, im O. an Aquila, im SO. an Caserta, im S. und W. an
das Tyrrhenische Meer und hat 11918 (nach Strelbitskij 12170) qkm mit (1881) 903472, nach Berechnung
vom 994400 E., d. i. 82 E. auf 1 qkm, und zerfällt in die Kreise Civitavecchia, Frosinone,
Rom, Velletri und Viterbo mit zusammen 226 Gemeinden.
Die Provinz ist meist gebirgig, an der Grenze ziehen sich von NW. nach SO.
die Sabinerberge entlang, die sich bis zu 2000 m und mehr erheben. Den Norden erfüllt das röm.
Apenninenvorland, das ostwärts vom Chiana- und Tiberthal begrenzt wird und zu dem auch das Albanergebirge
und die röm. Campagna gehört. Der Monte-Cimino bei Viterbo erreicht 1056 m, der Monte-Cavo, 25 km im SO.
von Rom, 956 m. Dieses Gebiet ist sehr reich an heißen und kalten Mineralquellen, namentlich
Schwefelquellen.
Den Süden der Provinz erfüllt das Volskergebirge, dessen nördl. Teil, die Monti Lepini, ganz in die Provinz
fällt und sich im Semprevisa zu 1536 m erhebt. Die weite Ebene vor den Thoren der Hauptstadt heißt Campagna di Roma (s. d.).
Zwischen den Monti Lepini und dem Meere erstrecken sich die Pontinischen Sümpfe. Hauptfluß ist der Tiber
mit Teverone (Aniene); von den zahlreichen Küstenflüssen sind zu nennen: Fiora (Grenze gegen NW.),
Marta, Mignone, Arrone, Astura und Sisto sowie der zum Liri gehende Sacco.
Von den vielen Seen sind die bedeutendsten der Lago di Bolsena (305 m ü. d. M., 108 qkm groß), durch die Marta zum Meere entwässert,
Vico (507 m) und Bracciano (164 m), den der Arrone entwässert. Das Klima ist, außer in der Campagna, gesund. Das Land liefert
Rindvieh, Schafe, Pferde, Weizen, Mais, Hafer, Südfrüchte, Oliven und Maulbeerbäume sowie Wein, an Mineralien Alaun, der seit
dem 15. Jahrh. gewonnen wird, besonders in den Allumiere della Tolfa, Schwefel, Asphalt, Puzzolanerde,
die mit Kalk vermischt einen guten Mörtel giebt, und Seesalz. Die Industrie erstreckt sich auf Gewinnung von Seide, Seidenweberei,
Gerberei, Eisen- und Thonwarenfabrikation. Die Provinz wird von zahlreichen, von der Hauptstadt auslaufenden Eisenbahnlinien
und Straßen durchschnitten. - 2) Hauptstadt des Königreichs Italien und der Provinz Rom, liegt unter 41°
53' 54" nördl. Br. und 12° 59' 53" östl. L. von Greenwich (Observatorium des Collegio Romano), am Tiber, der die Stadt von
N. nach S. in drei Windungen durchfließt (80-120 m breit) und seit 1876 innerhalb der Stadt kanalisiert ist, in der Campagna
di Roma (s. d.) und hat (1894) einen Umfang von etwa 23 km, einen Flächenraum von 1571,15 ha. Das Klima
ist weniger extrem als das der oberital. Großstädte (Florenz, Bologna und Mailand). Bei einem Jahresmittel von 15° C. hat
der Juli eine Durchschnittstemperatur von 24,8°, der Januar von 6,7° C. Temperaturen über 37° und unter -5°
sind selten. Die eigentümliche Bildung des röm. Bodens, in dem eine poröse vulkanische Schicht über einer undurchlässigen
Thonschicht liegt, begünstigt die Entwick-
^[img]
mehr
lung des Malariafiebers, welches in der ganzen Campagna endemisch ist. In der Stadt ist die Malaria infolge der fortschreitenden
Bebauung sehr zurückgegangen (Malaria-Todesfälle 1890-93: 299, 254, 139, 189). (Hierzu ein Stadtplan: Rom mit Verzeichnis
der Straßen, Plätze u. s. w.; eine Karte: Rom und Umgebung; die Tafeln: Rom I und II.)
Bevölkerung. Rom hatte 1881: 285544, als Gemeinde 300467, nach einer Berechnung 408943, als
Gemeinde 440596, 456664 E., darunter 7779 Militärpersonen. In Garnison liegen das 11., 12., 69. und 70. Infanterieregiment,
das 5. Regiment Bersaglieri, 4 Eskadrons des 22. Kavallerieregiments, das 13. Feldartillerieregiment (außer 7. und 8. Batterie)
mit einer Traincompagnie, 2 Brigaden des Festungsartillerieregiments Nr. 27 und 6 Compagnien Sappeure.
Anlage, Thore, Brücken. Die Stadt zerfällt in 15 Bezirke (Rioni):
1) Monti, 2) Trevi, 3) Colonna, 4) Campo Marzio, 5) Ponte, 6) Parione, 7) Regola, 8) Sant' Eustachio, 9) Pigna, 10)
Sant' Angelo, 11) Campitelli, 12) Ripa, 13) Trastevere, 14) Borgo, 15) Esquilino e Castro Pretorio, von denen
der letzte nach 1870 von dem frühern Rione Monti abgetrennt ist. Für die Parlamentswahlen ist Rom in fünf Wahlkreise
(Esquilina, Capitolina, Pantheon, Adriana, Tiberina) eingeteilt. Die Grenze der bebauten Stadt wird im allgemeinen immer
noch von der 270-275 n. Chr. erbauten, in neuerer Zeit von mehrern
Päpsten (1450, 1630) ausgebesserten und veränderten Aureliansmauer gebildet.
Bemerkenswerte Thore sind: Porta del Popolo, von Vignola 1561 erbaut und 1870 erweitert;
Porta Pia, nach dem Entwurfe Michelangelos 1564 ausgeführt;
Porta San Lorenzo, Maggiore, San Giovanni, beim Lateran, 1574 eröffnet neben der 1408 vermauerten Porta Asinaria;
auf dem rechten Ufer Porta Portese, 1643 erbaut, etwa 500 m stromaufwärts von der (gleichzeitig zerstörten) Porta Portuensis
der Aureliansmauer;
Porta San Panerazio auf der Höhe des Janiculum, nach der Belagerung von 1849 unter Pius IX. wiederhergestellt.
Im Innern der jetzigen Stadt, zwischen Borgo und der Straße Lungara, die Porta Santo Spirito, ein großartiger
unvollendeter Bau von Ant. da Sangallo (1540).
Von den zehn Brücken sind drei zum großen Teil antik. Am weitesten nördlich, von der Piazza del Popolo nach den Prati di Castello,
liegt Ponte Margherita (1892);
dann folgt die provisorische eiserne Ripettabrücke, welche später durch
die massive Brücke Ponte Cavour ersetzt werden soll;
in der Achse der Piazza Navona und auf den neuen Justizpalast mündend,
der (1895 im Bau befindliche) steinerne Ponte Umberto;
der den Zugang zur Engelsburg (s. d. und Tafel: Rom II,
[* ]
Fig. 2) bildende
Ponte Sant' Angelo (Jan. 1895 wieder eröffnet) mit fünf Bogen, von denen die drei mittlern antik sind
(Pons Aelius);
Ponte Sisto, an Stelle des alten Pons Aurelius (Valentiniani) 1474 erbaut und 1874 verbreitert;
der eiserne
Ponte Garibaldi, auch Ponte alla Regola (1890);
von den beiden Inselbrücken ist die östliche, Ponte Quattro Capi (Pons
Fabricius), die einzige noch einigermaßen erhaltene antike Brücke R.s, die westliche, Ponte San Bartolomeo,
ist 1889-90 durch Umbau völlig verändert. Es folgt die an Stelle des Ponte Rotto (Pons Aemilius, s. S. 941 b) getretene
Eisenbrücke (von der antiken Brücke ist ein Pfeiler als Monument in der
Mitte des Flußbettes stehen geblieben);
endlich
ganz im Süden die eiserne Eisenbahnbrücke nach Civitavecchia.
Geplant sind ferner die Brücken Ponte
Vittorio Emanuele im Zuge des Corso Vittorio Emanuele und Ponte all' Armata zwischen dieser und Ponte Sisto; auch die Durchführung
der Verbindungsbahn vom Bahnhof Porta Portese-Termini macht den Bau einer Brücke unterhalb des Aventins notwendig.
Straßen, Plätze, Wasserleitungen. Die Hauptstraßen waren vor 1870: der Corso, von Piazza del Popolo
nach Piazza Venezia (1500 m), Via di Ripetta von Piazza del Popolo nach San Luigi dei Francesi;
Via del Babuino von Piazza del Popolo
nach Piazza di Spagna.
Das von Sixtus V. angelegte Viertel der Monti hatte als bedeutendste Verkehrsadern
die Via Sistina und Via Quattro Fontane (in ihrer südl. Hälfte jetzt Via Agostino Depretis genannt). Die Hauptstraße des modernen
R.s ist die seit 1872 angelegte Via Nazionale, von den Diocletiansthermen nach Piazza Venezia, mit ihrer Fortsetzung (1885)
durch den Corso Vittorio Emanuele, der unweit der Engelsbrücke mündet.
Von den zahlreichen großen und schönen Plätzen sind die ältern, vornehmlich der großartigen Bauthätigkeit
Sixtus' V. und seiner Nachfolger ihr Gepräge verdankend, durch ihren Schmuck mit Fontänen, Kolossalsäulen und Obelisken
bemerkenswert; so der elliptische Petersplatz oder Piazza di San Pietro (226 m breit, 273 m lang) mit dem von Dom. Fontana 1586 hierher
versetzten Obelisken (früher an der Südseite der Basilika), den vierfachen Kolonnaden Berninis (1667) und zwei schönen Springbrunnen
von Maderna.
Die Anordung des Kapitolplatzes hängt mit der Umgestaltung des Kapitols (s. d.) durch Michelangelo zusammen. Die Piazza del
Quirinale, vor dem königl. Palast, hat ihren Hauptschmuck in den beiden Marmorkolossen der Dioskuren als
Rossebändiger (daher auch Piazza di Monte-Cavallo). Im Marsfeld liegen Piazza di Trevi mit der schönsten Fontäne von Nic. Salvi
(1762);
Piazza Colonna, benannt nach der Säule des Marc Aurel (Colonna Antonina), in der Mitte des Corso, Mittelpunkt des Verkehrs;
Piazza di Monte-Citorio mit dem Gebäude der Deputiertenkammer (1650) und dem von Augustus aus Ägypten gebrachten
Obelisken (7. Jahrh. v. Chr.), seit 1789 hier aufgestellt;
Piazza Navona mit drei Springbrunnen (der größte in der Mitte,
mit den Kolossalfiguren der vier größten Flüsse (Donau, Ganges, Nil, Rio de la Plata) und einem antiken Obelisken, ein Hauptwerk
Berninis, 1650);
Campo di Fiore, der Gemüsemarkt;
Piazza Farnese mit dem gleichnamigen Palast;
Piazza Tartaruga
mit der reizenden Fontana delle Tartarughe (Schildkrötenbrunnen, s. Tafel: Brunnen I,
[* ]
Fig. 1).
Am südl. Ende des Corso die
Piazza Venezia, am nördlichen Piazza del Popolo mit einem Obelisken (1587). Von der Piazza di Spagna führt die berühmte Spanische
Treppe (1725) zur Kirche Sta. Trinità de' Monti.
In den neuen Stadtvierteln liegen am Bahnhof Piazza di Termini und Piazza dei Cinquecento (mit Denkmal der 500 Gefallenen von
Dogali); südlich Piazza Vittorio Emanuele, von Säulenhallen umgeben, mit Gartenanlagen und der Ruine der Aqua Julia (sog.
Trofei di Mario); Piazza Manfredo Fanti, Piazza Dante u. a.
Den großen Reichtum an fließendem und springendem Wasser verdankt Rom den vier großen Wasserleitungen, die mit
Benutzung antiker
mehr
Aquädukte gebaut sind. Die niemals unterbrochene Acqua Vergine versorgt den größten Teil der Stadt auf dem linken Ufer und
liefert täglich 80000 cbm Wasser. Die Acqua Felice führte Sixtus V. 1585-87 aus den Quellen der Aqua Alexandrina, unter Benutzung
der Bogenreihen der Aqua Marcia und Claudia in die Stadt, namentlich zur Versorgung der von ihm neu besiedelten
östl. Hügelquartiere. Sie liefert täglich 21000 cbm Wasser. Die Acqua Marcia-Pia, 1870 wiederhergestellt,
kommt 53 km weit aus dem Aniothal oberhalb Subiaco und liefert täglich 78000 cbm vorzügliches, doch sehr kalkhaltiges Wasser;
die Acqua Paola, von Paul V. an Stelle der alten Aqua Traiana 1609-11 erneuert, versorgt den Stadtteil rechts
vom Tiber; das Wasser, großenteils aus dem Lago di Bracciano, ist von geringerer Qualität (56000 cbm täglich). Die gesamte,
durch Leitungen täglich nach Rom kommende Wassermenge beträgt ungefähr 235000 cbm, doch fehlen allen Leitungen
große Bassins innerhalb der Stadt, was bei jeder Störung im obern Laufe Wassermangel zur Folge hat.
Denkmäler. Rom hat nur wenige Standbilder von der Hand moderner Künstler. Zu nennen sind: Das Bronzedenkmal für die 1867 und 1870 in
den Kämpfen vor Rom gefallenen Brüder Cairoli aus Pavia in den Anlagen am Pincio (1883, von Ercole Rosa), das Standbild des
Cola di Rienzo in den Anlagen beim Kapitol (1887, von Masini), des Dichters Pietro Metastasio auf Piazza San Silvestro (1886),
des Giordano Bruno auf Piazza di Fiore (1889, von Ettore Ferrari), der Staatsmänner Terenzio Mamiani auf Piazza Sforza Cesarini
(1892, von Benini) und Minghetti auf Piazza San Pantaleo (1895, von Gaugeri), das großartige Garibaldi-Denkmal
bei Porta San Pancrazio und das Victor-Emanuel-Denkmal auf dem Kapitol (beide im Bau).
Kirchen. Obenan stehen die sieben Basiliken, welche seit Jahrhunderten von den Wallfahrern besucht zu werden pflegen:
San Pietro in Vaticano (s. Vatikan und Tafel: Rom I,
[* ]
Fig. 5), San Paolo fuori le mura, San Giovanni in Laterano
(s. Lateran und Tafel: Italienische Kunst II,
[* ]
Fig. 4), Sta. Maria Maggiore, Sta. Croce in Gerusalemme, San Lorenzo fuori le mura
und San Sebastiano. Alle liegen an der Peripherie der antiken Stadt, zum Teil sogar außerhalb der Mauern, da die Christengemeinden
zuerst in den Vorstädten sich ausbreiteten. Am nächsten dem Centrum liegt Sta.
Maria Maggiore, die größte der etwa 80 Marienkirchen in Rom, angeblich vom Papst Liberius 352 gegründet, schon 432 prächtig
erneuert (von diesem Bau stammen die 42 schönen Marmorsäulen des Hauptschiffs mit ion. Kapitälen), im 13. Jahrh. restauriert,
im 16. und 17. Jahrh. durch Anbauten (Prachtkapellen Sixtus' V., 1586, und Pauls V., 1611, mit den Gräbern
derselben) erweitert, 1743 mit barocker Façade versehen.
Vor der Porta Tiburtina der Aureliansmauer liegt San Lorenzo, von Konstantin d. Gr. über dem Grabe des Heiligen erbaut, oft restauriert,
mit schöner Façade von 1220 und Mosaikschmuck; Pius IX. bestimmte eine Seitenkapelle für sein eigenes
Grab (er ist dort beigesetzt). Neben der Basilika liegt der große Friedhof (Campo Verano) mit zahlreichen, mehr
prächtigen als geschmackvollen Monumenten. Die Kirche Sta. Croce in Gerusalemme, von der Kaiserin Helena, Mutter Konstantins,
für das von ihr aus Jerusalem nach Rom gebrachte Kreuz Christi gegründet, wurde
im 18. Jahrh.
gänzlich modernisiert, ebenso im 17. Jahrh. San Sebastiano (4. Jahrh.), über den gleichnamigen Katakomben an der Via Appia.
An der Via Ostiensis liegt San Paolo fuori le mura, über dem Grabe des Apostels erbaut, schon Ende des 4. Jahrh. von Theodosius
und Honorius prachtvoll erneuert. Die Basilika des Honorius wurde 1823 durch Brand großenteils zerstört;
das Langhaus ist seitdem prachtvoll wiederhergestellt (s. Tafel: Altchristliche Kunst II,
[* ]
Fig. 8), ebenso Querschiff und Apsis
(mit Mosaiken aus dem 13. Jahrh.). Die Façade wurde 1877 vollendet, ein großartiger quadratischer
Vorhof ist (1895) der Vollendung nahe.
Unter den übrigen Kirchen (Gesamtzahl gegen 400) sind einige in antiken Bauwerken errichtet. So am Forum
Santi Cosma e Damiano (mit Mosaiken aus dem 6. Jahrh.) im Tempel des Divus Romulus;
San Lorenzo in Miranda im Tempel des Antoninus
und der Faustina;
San Giuseppe de' Falegnami über dem Carcer Mamertinus.
Einen Hauptsaal der Diocletiansthermen
wandelte Michelangelo 1561 im Auftrag Pius' IV. zur Kirche Sta. Maria degli Angeli um;
Vanvitelli veränderte ihn 1749 in wenig
glücklicher Weise.
Endlich das Pantheon (s. d. und Tafel: Rom I,
[* ]
Fig. 1), als Kirche Sta. Maria ad Martyres genannt. Auf den
Fundamenten und mit Beibehaltung des Planes eines antiken Gebäudes (Macellum magnum) ist Santo Stefano
Rotondo, die größte Rundkirche R.s errichtet, die 468 unter Papst Simplicius gebaut, 1450 und 1572 restauriert und dabei
von Tempesta und Pomarancio mit den berüchtigten Marterbildern verunziert wurde. Nicht als Kirche gebaut ist auch Sta. Costanza
an der Via Nomentana, ein Rundbau, ursprünglich Mausoleum einer Tochter Konstantins d. Gr., mit Mosaiken
aus dem 4. Jahrh.
Die übrigen bedeutendern Kirchen R.s haben entweder aus ihrer Entstehungszeit die Form der altchristl. Basilika bewahrt oder
sind Neugründungen der Renaissance und Barockzeit. In got. Stile erbaut ist einzig Sta. Maria sopra Minerva (1285), welche
die Christusstatue Michelangelos, schöne Fresken von Filippino Lippi, das Grabmal des Fra Angelico da Fiesole
und mehrerer Päpste (unter andern Leos X.) enthält. Altchristliche Basiliken sind: Sta. Agnese an der Via Nomentana (s. Tafel:
Altchristliche Kunst II,
[* ]
Fig. 6), ein zweigeschossiger Bau aus der Zeit Honorius' I. (626), mit Mosaiken aus dem 7. Jahrh.;
San Bartolomeo auf der Tiberinsel; Sta. Cecilia in Trastevere, schon 499 erwähnt, mit Mosaiken aus dem 9. Jahrh.
in der Tribuna, der liegenden Statue der Heiligen von Maderna (1600) und einem got. Marmortabernakel von Arnolfo di Cambio (1283)
über dem Hochaltar.
San Clemente, zwischen Kolosseum und Lateran, wird schon 392 erwähnt; die jetzige Kirche, Anfang des 12. Jahrh.
erbaut, enthält Fresken von Masaccio und Mosaiken (s. Tafel: Mosaik,
[* ]
Fig. 3); unter ihr eine (seit 1858 ausgegrabene) ältere
Basilika, mit Malereien aus dem 11. Jahrh., noch tiefer Bauten aus röm.
Zeit. San Crisogono, mit 22 antiken Säulen und Mosaiken aus dem 14. Jahrh.;
Sta. Francesca Romana, früher
Sta. Maria Nuova, auf den Trümmern des Tempels der Venus und Roma am Forum;
San Giorgio in Velabro, aus dem 7. Jahrh., mit malerischer
Vorhalle und Turm (840);
Satt Giovanni e Paolo, die obere Kirche aus dem 12. Jahrh., darunter eine andere mit byzant.
Wandgemälden,
mehr
1887-90 ausgegraben, ebenso wie die noch tiefer gelegenen Reste des Hauses der Heiligen Johannes und Paulus (Märtyrer) mit
Fresken aus dem 2., 4. und 5. Jahrh. n. Chr.;
San Gregorio, an Stelle des Vaterhauses Gregors d. Gr., mit Fresken von Domenichino
und Guido Reni (Marter des heil. Andreas): San Marco mit Mosaiken aus dem 6. Jahrh., die schöne Vorhalle
von Giuliano da Majano (1465);
Sta. Maria in Araceli, schon im 9. Jahrh. genannt, mit 22 antiken
Säulen, schönen Grabmälern aus der Renaissance und Fresken von Pinturicchio;
Sta. Maria in Cosmedin, auch Bocca della Verità
genannt (nach einer in der Vorhalle eingemauerten antiken Kolossalmaske, in deren Mund nach röm.
Sage die Schwörenden die Hand legen mußten), angeblich aus dem 3. Jahrh., von Hadrian I. um 780 erneuert, 1892 fg.
restauriert, wobei sich gezeigt hat, daß die Annahme, die Kirche sei in einen antiken Tempel eingebaut, irrig ist.
Sta. Maria
in Domnica oder della Navicella mit 18 antiken Granitsäulen, die Vorhalle angeblich von Raffael;
Sta.
Maria in Trastevere, eine der großartigsten Kirchen, schon 499 erwähnt, an der Façade Mosaiken von 1148, im Innern 22 antike
Säulen, die Tribuna mit Mosaiken aus dem 12. und 13. Jahrh.;
San Martino ai Monti, unter Papst Symmachus 500 erbaut, 1650 prächtig
erneuert, mit Freskolandschaften von Gaspard Poussin;
Sta. Prassede, aus dem 5. Jahrh., 820 von Paschalis I. umgebaut;
Sta. Pudenziana, angeblich die älteste Kirche R.s, von Petrus im Hause des Senators Pudens, der ihn beherbergte, gestiftet,
mit schönen Mosaiken aus dem 4. Jahrh., die buntbemalte Façade 1858 erneuert;
San Pietro in Vincoli,
auch Basilica Eudoxiana genannt, von der Kaiserin Eudoxia 442 gestiftet zur Aufbewahrung der Ketten Petri, mit 20 schönen
antiken Marmorsäulen;
im rechten Querschiff das Grab Julius' II. mit der berühmten Kolossalstatue des Moses von Michelangelo
(s. Tafel: Italienische Kunst V,
[* ]
Fig. 2);
Santi Quattro Coronati (5. Jahrh.) mit Fresken aus dem 13. Jahrh.;
San Saba mit zweigeschossiger Vorhalle von 1465;
Sta. Sabina, 425 erbaut, mit 22 schönen korinth.
Säulen (die Thüren mit
Holzschnitzereien aus dem 5. Jahrh.).
Aus der Renaissance- und Barockzeit stammen Sant' Agostino, 1479, mit Fresko von Raffael (Jesaias) und vielverehrter Madonnenstatue
von Andrea Sansovino;
Sant' Andrea della Valle (1591), San Carlo ai Catinari (1612), beide mit Fresken von
Domenichino und großartigen Kuppeln;
San Carlo al Corso (1612), von Onorio Lunghi und Pietro da Cortona;
il Gesù, die Hauptkirche
der Jesuiten, von Vignola (1568), mit überreichem Schmuck in Marmor und Malerei;
Sant' Ignazio (1626-75)
mit Deckenfresken von P. Pozzi;
San Giovanni dei Fiorentini, von Jac.
Sansovino begonnen, nach einem Plane Michelangelos von
Giac. della Porta beendigt;
San Lorenzo in Damaso, als Teil der Cancelleria an Stelle einer ältern Basilika von Bramante (1495)
errichtet und neuerdings glänzend restauriert;
San Luigi dei Francesi, von Giac. della Porta (1589), die
Nationalkirche der Franzosen, mit zahlreichen Grabmonumenten (unter andern Claude Lorrain) und Fresken von Domenichino;
Sta.
Maria dell'Anima, die Nationalkirche der Deutschen mit zugehörigem Colleg, von Giuliano da Sangallo (1500-14);
Sta. Maria
di Loreto, ein Centralbau von Ant. da Sangallo (1507);
Sta. Maria della Pace mit Raffaels Sibyllen, die malerisch
barocke Vorhalle
von Pietro da Cortona;
Sta. Maria del Popolo (1477) mit schönen Monumenten, Fresken von Pinturicchio und
der von Raffael angegebenen Capella Chigi (berühmte Deckenmosaiken);
Sta. Maria in Vallicella, auch Chiesa Nuova genannt (s.
Tafel: Italienische Kunst II,
[* ]
Fig. 7), von San Filippo Neri begründet (1550), mit Bildern von Rubens auf dem
Hochaltar;
Sta. Maria della Vittoria, erbaut zum Andenken an die Schlacht am Weißen Berge (1620), mit der berühmten Gruppe
der heil. Teresa von Bernini;
Sta. Maria ai Monti, von 1640;
Sta. Maria Nome di Maria, ein Centralbau mit Kuppel, errichtet zum
Dank für die Befreiung Wiens von der Türkenbelagerung 1683;
Sant' Onofrio mit dem Grabmal Tassos, der 1595 im
anstoßenden Kloster starb;
San Pietro in Montorio, span. Nationalkirche (1500), mit Fresken von Seb.
del Piombo (im anstoßenden Klosterhof der zierliche Rundbau des sog. Tempietto di Bramante (1502), die Stelle der Kreuzigung
Petri bezeichnend);
Santissima Trinità de' Monti (1495) mit Altarfreske (Kreuzabnahme) von Daniele da
Volterra.
Auch in neuester Zeit sind zahlreiche kath. Kirchen gebaut, darunter mehrere sehr stattliche: Sacro Cuore di Gesù, 1878-87
erbaut, mit anschließenden Schul- und Wohlthätigkeitsanstalten;
San Gioacchino ai Prati, für das neue Quartier in den Prati
di Castello, 1888 zum Jubiläum des Papstes gestiftet, 1893 geweiht, aber noch unvollendet;
Sant' Antonio
di Padova, an der Via Merulana (1892).
Von nichtkath. Kirchen in Rom ist architektonisch bemerkenswert nur die engl. Paulskirche an der
Via Nazionale; dem deutsch-prot. Gottesdienst dient die Botschaftskapelle im Palazzo Caffarelli.
Sämtliche im J. 1870 bestehenden Klöster sind zwar vom Staate eingezogen worden, doch sind seitdem eine
große Anzahl neuer Ordenshäuser entstanden. Durch Großartigkeit zeichnen sich aus: das der Franziskaner in Via Merulana
unweit des Laterans;
das den Jesuiten gehörige Collegio Massimo an der Piazza di Termini;
das Benediktinerkloster Sant' Anselmo,
ein großartiger Bau auf der Westspitze des Aventins, 1895 vollendet.
Weltliche Bauten. Unter den Palästen sind die bedeutendsten der Palazzo Apostolico Vaticano (s. Vatikan), die Residenz des
Papstes; der Palazzo Laterano (s. Lateran), gleichfalls den Päpsten verblieben, aber seit 1870 als
Museum dienend; der Palazzo del Quirinale (s. Quirinal), seit 1870 Residenz des Königs. Für die städtischen Behörden
dienen der Palazzo del Senatore und Palazzo dei Conservatori auf dem Kapitol. Der Deputiertenkammer angewiesen ist seit 1871 der
früher für päpstl.
Behörden dienende Palazzo di Monte-Citorio, 1650 von Bernini im Auftrag der Familie Ludovisi begonnen, unter Innocenz XII.
von Mattia de Rossi und Carlo Fontana vollendet (daher Curia Innocenziana); dem Senat der Palazzo Madama
(der Sitzungssaal ist 1888 mit bemerkenswerten Fresken von Maccari geschmückt). Dem Papst verblieben ist ferner der Palast
der päpstl. Kanzlei (Cancelleria), unter Sixtus IV. vom Kardinal Riario begonnen, mit schönem innern Säulenhof, fälschlich
für ein Werk Bramantes gehalten. Im Besitz der österr. Regierung befindet sich der Palazzo di Venezia,
ein mächtiger Bau ans der zweiten Hälfte des 15. Jahrh., das Äußere noch festungsartig, im Innern schöne Säulenhöfe;
er ist jetzt Sitz der österr. Botschaft beim
mehr
Papst, wird aber zum Teil den Arbeiten für das Victor-Emanuel-Denkmal zum Opfer fallen.
Die zahlreichen und glänzenden Privatpaläste R.s verdanken ihren Ursprung zum großen Teil päpstl. Nepotenfamilien. So
die Paläste Barberini (s. d.) auf dem Quirinal und Borghese (s. d. und Tafel: Italienische Kunst III,
[* ]
Fig. 1): Braschi, jetzt Ministerium
des Innern, an Piazza Navona von Cosimo Morelli (1780), mit schöner Treppe, an der Außenseite die als
Pasquino (s. d.) bekannte antike Gruppe;
Corsini (s. d.) an der Lungara, von Ferdinando Fuga (1730);
Chigi, an Piazza Colonna;
Odescalchi, an Piazza Santi Apostoli;
Doria-Pamphili, an Piazza Navona, von Rainaldi (1650);
Rospigliosi, von Flaminio Ponzio
und Carlo Maderna, Anfang des 17. Jahrh., mit dem berühmten Fresko der
Aurora von Guido Reni (s. Tafel: Italienische Kunst VIII,
[* ]
Fig. 1) in einem Nebengebäude (dem sog.
Kasino).
Weiter verdienen Erwähnung: Palazzo Caffarelli auf dem Kapitol, jetzt Sitz der deutschen Botschaft, in schöner Lage,
architektonisch unbedeutend;
Palazzo Doria Pamphili am Corso, mit reicher Gemäldesammlung;
Falconieri
am Tiber, von Borromini;
Giraud (-Torlonia), im Borgo, von Bramante, bald nach 1500 für den Kardinal Adriano da Corneto erbaut;
Massimi alle colonne, ein Meisterwerk Baldassare Peruzzis (1535), mit geistreicher Kurvenfaçade und graziösem Hof;
Mattei,
von Carlo Maderna (1620), der Hof reich mit antiken Skulpturen dekoriert;
der neue, 1892 vollendete Palazzo
Piombino, mit der berühmten Antikensammlung Ludovisi im Erdgeschoß;
Sciarra am Corso, von Flaminio Ponzio (etwa 1600), neuerdings
seiner berühmten Gemälde beraubt;
Spada, mit reich ornamentierter Façade und Kunstsammlungen;
Vidoni (jetzt Giustiniani-Bandini),
angeblich nach Entwürfen Raffaels.
Die seit 1870 in Rom entstandenen Gebäude für militärische und administrative Zwecke sind meist große
Nutzbauten ohne künstlerische Bedeutung. So das kolossale Finanzministerium auf dem Quirinal, das Kriegsministerium in Via
Venti Settembre, die große Kaserne der Carabinieri auf den Prati di Castello. Architektonische Erwähnung verdienen: der Kunstausstellungspalast
in Via Nazionale (von Piacentini, 1882), der Palast der Banca Nazionale ebenda (von G. Koch, 1886-92);
der
noch im Bau befindliche großartige Justizpalast (von Calderini) in den Prati di Castello.
Der Bau des Nationaldenkmals für
Victor Emanuel, auf der Nordhöhe des Kapitols neben der Kirche Araceli (Architekt Sacconi), 1885 begonnen, wird die benachbarten
Stadtteile wesentlich umgestalten.
Von den innerhalb der Aureliansmauer gelegenen Villen sind in neuester Zeit mehrere (namentlich, seit
1887, Villa Ludovisi zwischen Porta Salaria und Porta Pinciana) ganz zerstört, andere (Villa Farnesina, s. d., an der Lungara
und Villa Massimi beim Lateran, berühmt wegen der Fresken von Rich.
Veit, Schnorr und Overbeck) haben durch Verkleinerung ihrer Gärten erheblich verloren. Bemerkenswert sind
noch: auf dem Cälius Villa Mattei;
beim Lateran Villa Wolkonsky;
auf dem Pincio Villa Medici, von Annibale Lippi (1540),
seit Ende des 16. Jahrh. im Besitz der Großherzöge von Toscana (die Antiken, welche früher den Hauptruhm der Villa bildeten,
wie die Mediceische Venus, die Niobiden u. s. w., sind seit 1775 nach Florenz übergeführt), jetzt Sitz
der franz. Kunstakademie.
Außerhalb der Mauer liegen: vor
Porta del Popolo Villa Borghese (s. d.), in deren Kasino seit 1892 auch
die berühmte Gemäldegalerie ihren Platz hat;
vor Porta Salaria Villa Albani, vom Kardinal Alessandro Albani, dem Gönner Winckelmanns,
angelegt, mit schönem Garten und reicher Antikensammlung;
vor Porta Pia Villa Torlonia mit ausgedehnten Gartenanlagen;
vor Porta San Pancrazio Villa Doria-Pamphili, mit dem größten Park der Stadt und einem schönen Kasino von Algardi (1650);
vor Porta Angelica am Monte-Mario die Villa Madama, nach Raffaels Entwürfen für den Kardinal Giulio de' Medici erbaut, später
im Besitz der Margarete von Parma (daher Villa Madama), der Farnese und der Könige von Neapel, mit prachtvollem
Stuck- und Farbenschmuck, doch sehr verfallen.
Verwaltung. An der Spitze der Stadtverwaltung steht ein Sindaco (Bürgermeister), der von der (1895) 78 Mitglieder zählenden
Stadtverordnetenversammlung (consiglio municipale) gewählt wird. Der Stadtrat (giunta municipale) zählt außer dem Sindaco
acht Mitglieder, die je an der Spitze einer der Kommissionen zur Erledigung der Gemeindeangelegenheiten
(uffici municipali) stehen. Die städtische Polizeimannschaft ist etwa 520 Mann, die Feuerwehr etwa 400 Mann stark, darunter 100 Mann
Berufsfeuerwehr.
Alle Straßen der Stadt sind mit Abzugsgräben versehen, die in den Tiber münden und zu deren Reinigung
zwei große Wasserbehälter errichtet sind. Die öffentliche Beleuchtung geschieht durch Gas (6700 Gaslaternen), Petroleum
(1620 Petroleumlaternen) und seit 1886 auch durch elektrisches Licht (400 Bogen- und 13000 Glühlampen); letzteres wird geliefert
durch die Società Anglo-Romana. Seit 1891 werden die städtischen Verbrauchssteuern durch staatliche Organe erhoben.
Die Stadt hat einen Viehhof, ein Schlachthaus, einen bedeckten, aber nicht geschlossenen Hauptmarkt für
den Großverkauf von Gemüse und Obst, während der Kleinverkauf an mehrern Orten im Freien centralisiert ist. Seit 1887 besteht
je ein Markt für den Verkauf von Fischen im großen und im kleinen. Das Budget für 1893 weist eine Einnahme von 29258116
Lire und eine Ausgabe von 29141555 Lire auf; unter den Ausgaben waren 22006733 Lire obligatorische ordentliche, 2477123 obligatorische
außerordentliche und 1539039 fakultative. Die Instandhaltung der Verkehrswege (Straßen, Plätze) kostete (1889) 685000,
die Reinigung derselben (1891) 686709 Lire; für öffentliche Arbeiten wurden (1890) ausgegeben 8285535 Lire, ausschließlich
der Arbeiten des Stadtbauplans; für öffentliche Beleuchtung (1890) 1207529 Lire. Die Schulden betrugen
Ende 1877: 38, 1890: 211, 1893: 217,458 Mill. Lire.
Behörden. Rom ist Residenz des Königs und Sitz des Ministerpräsidenten, der 11 Ministerien (s.
Italien, Bd. 9, S.941 a), des Ministeriums des königl.
Hauses, des Senats, der Deputiertenkammer, des Staatsrats, der Rechnungskammer, der Botschafter und Gesandten
beim Königreich Italien und beim päpstl. Stuhl, eines Kassations- und Appellationshofs, Stadtgerichts (tribunale civile e
penale), sechs Amtsgerichte, sechs Sühnerichter, des obersten Gerichts für Heer und Flotte, eines Militärtribunals (tribunale
militare territoriale), des Präfekten der Provinz, Provinzialrats, Polizeipräsidiums, Rentamtes, einer Postdirektion, Handels-
und Gewerbekammer, mehrerer Konsuln sowie der Kommandos des 9. Armeekorps, des Geniekorps, der
mehr
Feldartillerie, der Militärstrafanstalten, der Infanteriebrigaden «Casale», «Umbria» und «Ancona», der Territorialdirektionen
für die Artillerie, des Geniekorps, der Generalkommandos der Carabinieri, der Inspektorate und Generalinspektorate für die
verschiedenen Waffengattungen, die Waffenfabrikation und das Militärsanitätswesen. Ferner ist Rom Sitz des Papstes,
des Kardinalkollegiums und der päpstl. Behörden und Anstalten.
Unterrichts- und Bildungswesen. Die öffentlichen Unterrichtsanstalten sind seit 1870 völlig neu organisiert
worden. Die Universität ist 1303 durch Papst Bonifacius VIII. gestiftet. Während des Aufenthalts der Päpste in Avignon bestand
sie in Rom weiter, verfiel aber trotz mehrfacher Reorganisationen. Alexander VI. sorgte für dieselbe durch den Bau der Sapienza,
die Leo X. und Sixtus V. erweiterten und Alexander VII. vollendete. Seit 1830 war die Universität in Specialschulen
geteilt, seit 1870 hat sie eine philos., mathem.-naturwissenschaftliche, jurist. und mediz.-chirurg.
Fakultät, ferner eine Ingenieurschule (Regia scuola d'applicazione per gl'ingegneri), pharmaceutische Schule, eine Schule
für Archäologie, Abteilung für wirtschaftliche Verwaltungsfächer, Kurse für Notare, Prokuratoren und Hebammen.
Die Zahl der Studierenden und Hörer betrug (1893/94) 1752. Zur Universität gehören eine Bibliothek (Biblioteca Alessandrina, 1667 von
Alexander VII. gestiftet), ein astron. Observatorium, eine Zeichenschule, zahlreiche Sammlungen, Laboratorien und Kliniken.
Ferner bestehen ein Collegium urbanum pontificium de propagande fide, 1627 von Urban VIII. zur Heranbildung von Klerikern,
besonders aus dem Orient, gestiftet, mit philos. und theol. Fakultät, die Pontificia Accademia dei nobili
ecclesiastici zur Vorbereitung auf Verwaltung und diplomat.
Laufbahn, ein Collegio Germanico-Ungarico, ein (jesuitisches) Collegio Romano, zwei Collegii Teutonici, ein Collegium bohemicum,
in welches aus Böhmen Alumnen zur höhern Ausbildung von ihren Bischöfen entsendet werden, ein griech-ruthen. Kollegium, 1577 von
Gregor XIII. gestiftet, eine königl. weibliche Hochschule zur Ausbildung von Lehrkräften
für die weiblichen Mittelschulen, eine Kunstschule für Baumeister und bildende Künstler, ein Konservatorium der Musik, vier
staatliche Obergymnasien (Licei), je sieben staatliche Realschulen (Scuole tecniche) und staatliche Untergymnasien (Ginnasi),
ein Untergymnasium für Mädchen, eine Oberrealschule (Istituto tecnico Leonardo da Vinci), fünf staatliche
höhere Mädchenschulen, 47 Elementarschulen für Knaben und Mädchen, Abend- und Sonntagsschulen, Schulen für Landwirtschaft,
gewerblichen Unterricht (mit dem Kunstgewerbemuseum verbunden), für Eisenbahn-, Post- und Telegraphenunterbeamte, Handarbeitsschulen
sowie andere Schulen, Alumnate u. a., teils unter weltlicher, teils unter geistlicher Leitung, ferner ein Collegio
Rabbinico und ein Istituto Talmud-Tora. Verschiedene prot. Denominationen haben seit Eintritt der Kultusfreiheit 1870 Schulen
in Rom begründet.
Zahlreich sind die Akademien und ähnliche Institute für Kunst und Wissenschaft. Die 1603 gegründete Accademia dei Lincei
wurde 1870 umgewandelt zur Königlichen Akademie der Wissenschaften (mit einer physiko-mathem. Klasse und einer Klasse der moralischen
Wissenschaften); daneben besteht, vornehmlich für Naturwissenschaften, die Accademia Pontificia dei
Nuovi Lincei.
Ihrer Gründung nach gehen in die päpstl. Zeit ferner zurück die Accademia degli Arcadi (gestiftet 1690), die
Accademia Tiberina (1813), die Accademia Pontificia di archeologia, die Congregazione artistica dei Virtuosi al Panteon (1543),
die (jetzt königliche) Accademia di San Luca (erneuert 1577), die Società degli amatori e cultori di belle
arti (1829). Nach 1870 sind zahlreiche wissenschaftliche Vereinigungen begründet; so die Società romana di storia patria,
die Accademia medica, die Società geografica, das Istituto storico italiano, die Associazione artistica fra i cultori di
architettura, die Società degli ingegneri e degli architetti.
Von auswärtigen Staaten werden in Rom wissenschaftliche und künstlerische Institute unterhalten: das kaiserl. Deutsche Archäologische Institut
(s. d.), 1829 gegründet; das preuß. Historische
Institut (s. d.) seit 1888; das Institut für österr. Geschichtsforschung (1883);
die École française (für Archäologie,
Geschichte und Kunstgeschichte, seit 1873) und die Académie nationale de France (für bildende Künste,
seit 1666);
die Spanische Kunstakademie (1881);
die Belgische Kunstakademie (1876).
Der Deutsche Künstlerverein, 1844 gegründet,
mit einer Bibliothek, ist auch geselliger Vereinigungspunkt für alle Deutschredenden; außerdem besteht seit 1870 ein internationaler
Künstlerverein.
Unter den Bibliotheken sind die bedeutendsten: die Biblioteca Apostolica Vaticana (s. Vatikanische Bibliothek);
die staatliche
Biblioteca Vittorio Emanuele, 1875 gegründet, zuerst durch Vereinigung der Bibliotheken der aufgehobenen
Klöster (über 550000 Bände, 5000 Handschriften);
ebenfalls unter Staatsverwaltung die Biblioteca Casanatense im ehemaligen
Kloster von Sta. Maria sopra Minerva (160000 Bände, 15000 Handschriften);
Biblioteca Angelica, im ehemaligen Kloster von Sant'
Agostino (150000 Bände, 3000 Handschriften);
Alessandrina (Universitätsbibliothek, über 150000 Bände);
Biblioteca Vallicelliana (unter Aufsicht der Società romana di storia patria), im Kloster der Oratorianer bei Chiesa nuova
(29000 Bände, 2500 Handschriften);
Biblioteca Corsiniana (50000 Bände, 3000 Handschriften), jetzt Eigentum der Accademia
dei Lincei, mit der größten Kupferstichsammlung Italiens (138000 Blätter).
Im Privatbesitz sind Biblioteca Barberina (60000
Bände, 10000 Handschriften), Biblioteca Chigiana (30000 Bände, 3000 Handschriften). Specialbibliotheken
sind: die Biblioteca dell' Accademia di Santa Cecilia (70000 musikalische Werke), die Biblioteca Lancisiana, im Hospital Santo
Spirito (24000 Bände mediz. Inhalts), Biblioteca Romana-Sarti (15000 Bände, für Kunstgeschichte und Archäologie, der Accademia
di San Luca gehörig). Gering ist die Entwicklung der Volksbibliotheken; die bedeutendste ist die Biblioteca
Frankliniana (14000 Bände).
Neben das altberühmte Vatikanische Archiv, dessen Schätze dank der Liberalität des Papstes Leo XIII. der wissenschaftlichen
Benutzung erschlossen sind, ist nach 1870 das Staatsarchiv getreten, welches aus den Archiven der aufgehobenen geistlichen
Institute gebildet ist und seinen Sitz im Kloster von Sta. Maria di Campo Marzio hat.
Keine Stadt der Welt kann sich an Zahl und Mannigfaltigkeit der in ihren Mauern vereinigten Kunstschätze mit Rom vergleichen.
An der Spitze stehen die großen päpstl. Museen des Vatikans (s. d.) und
0939a Rom und Umgebung
mehr
Laterans (s. d.) und die städtischen im Konservatorenpalast und Museo Capitolino
(s. Kapitol). Ein drittes städtisches Museum (Museo Urbano) bei San Gregorio am Cälius, 1894 eröffnet, enthält besonders
Objekte zur Geschichte der röm. Architektur und Technik. Die ital. Regierung hat in neuester Zeit drei große Museen angelegt.
Das Museo Nazionale in den Diocletiansthermen enthält die auf staatlichem Grund und Boden gemachten Funde
(Forum, Palatin, Tiberregulierung u. s. w.); es füllt den großen nach Michelangelos Plan gebauten Kreuzgang des ehemaligen
Kartäuserklosters von Sta. Maria degli Angeli nebst vielen anstoßenden Räumen und enthält bereits zahlreiche Kunstschätze
hohen Ranges (Bronzefiguren der Athleten vom Quirinal, Jüngling von Subiaco, Wandgemälde eines antiken
Hauses, gefunden im Garten der Farnesina) sowie die nächst dem Vatikan größte Sammlung antiker Inschriften (u. a. die Arvalakten).
Das Museo Nazionale in der Villa di Papa Giulio (vor Porta del Popolo) ist bestimmt für Funde aus der Umgebung, besonders
die Ausgrabungen von Cività Castellana (Falerii). Das Museo preistorico ed etnografico im Collegio Romano,
angeschlossen an die Sammlungen des ehemaligen Jesuitencollegs (Museo Kircheriano: Hauptstücke die Ficoronische Ciste [s. d.]
und das Spottcrucifix vom Palatin), enthält reiche Sammlungen aus den ältern italischen Schichten (Pfahlbauten, Terremare,
Goldfund von Präneste) sowie aus fremden Weltteilen.
Noch wenig bedeutend ist die neugegründete staatliche moderne Galerie (Galleria nazionale d'arte moderna)
im Kunstausstellungspalast und das städtische Kunstgewerbemuseum (Museo artistico industriale) im ehemaligen Kloster von
San Giuseppe a Capo-le-Case. Das Museo Torlonia, eine antike Skulpturensammlung, angelegt vom Fürsten Alessandro Torlonia aus
Funden, die in dessen Besitzungen gemacht waren, und durch Ankäufe vermehrt, steht an Umfang nur der
Vatikanischen Sammlung nach. Es füllt 78 Säle und Korridore eines besondern Gebäudes an der Lungara und enthält Werke ersten
Ranges (Vesta Giustiniani).
Hervorragend sind ferner die Sammlungen der Paläste und Villen: Albani (namentlich Skulpturen), Barberini (Gemälde und Skulpturen),
Borghese (Gemälde und Skulpturen), Colonna (Gemälde), Corsini (Gemälde), Doria-Pamphili (Gemälde), Ludovisi
(Skulpturen, jetzt im Palazzo Piompino aufgestellt), Spada (Gemälde und Skulpturen), Torlonia (Gemälde);
auch sonst enthalten
fast alle Paläste und Villen Kunstwerke, zum Teil von hohem Wert. -
Vgl. W. Helbig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen
klassischer Altertümer in Rom (2 Bde., Lpz.
1891).
Ein Theater mit ständiger Besetzung besteht in Rom ebensowenig wie in den meisten übrigen Städten Italiens,
vielmehr wechseln die Impresarii meistens dreimal im Jahr (vor Weihnachten, im Karneval, nach Ostern). Die bedeutendsten Theatergebäude
sind: Costanzi, 1880 gebaut, und Argentina (städtisch), 1888 erneuert, für Oper und Ballett;
Teatro Valle und Drammatico Nazionale, 1885 erbaut,
für Schauspiel;
Quirino, Metastasio, Manzoni, Rossini für kleine Opern, Operetten und Volksstücke, sowie
mehrere Gebäude für Cirkuszwecke.
Konzertsäle sind in der Accademia di Sta. Cecilia, im Theater Costanzi, ferner Sala Dante,
Sala della Piccola borsa und Sala Palestrina. Die Musik wird gepflegt in der Accademia di
Sta. Cecilia, 1584 gegründet, Accademia
Filarmonica (namentlich ernste Kirchenmusik) und der Società Orchestrale Romana, 1874 gegründet, die
sich große Verdienste um Verbreitung deutscher Musik erworben hat.
Über das Zeitungswesen s. Italien (Bd. 9, S. 754 a).
Wohlthätigkeitsanstalten. Von den öffentlichen Krankenhäusern ist das schon im 8. Jahrh.
bestehende von Santo Spirito in Sassia (nur für Männer) das größte (730 Betten); mit demselben ist verbunden
eine große, neuerdings reorganisierte Irrenanstalt an der Lungara, ein Findelhaus (dem durchschnittlich jährlich über 1000 Neugeborene
zugeführt werden), Verpflegungshaus für Mädchen und Altersschwache. Das Hospital San Giovanni in Laterano für Frauen (380
Betten) enthält eine Entbindungsanstalt; San Giacomo in Augusta (285 Betten) ist bestimmt für chirurg.
Operationen, San Gallicano für Hautkrankheiten, Sta. Maria della Consolazione für äußere Verletzungen, Santissima Trinità
dei Pellegrini besonders für Rekonvalescenten, Ospedale Torlonia, von der fürstl.
Familie Torlonia unterhalten, hauptsächlich für Augenkrankheiten, und das dem Deutschen Reiche gehörige prot. Hospital auf dem
Monte-Tarpeo. Ferner ist 1885-87 ein großartiges Militärlazarett auf dem Cälius, unweit des Kolosseums,
errichtet. Die noch im Bau befindliche Poliklinik, außerhalb des Campo mlitare, ein mit allen Fortschritten der neuern Technik
ausgestattetes großartiges Institut, bedeckt mit seinen Gebäuden eine Fläche von 160000 qm. Unter geistlicher Leitung steht
von größern Anstalten nur noch das Hospital der Fatebene-Fratelli auf der Tiberinsel (San Giovanni Calibita).
Außerdem bestehen eine ganze Anzahl kleinerer Kranken- und Siechenhäuser.
Von den etwa 300 Stiftungen (Opere pie) mit einem Vermögen von 100 Mill. Lire verteilen 150 Summen zur Aussteuer von heiratsfähigen
Mädchen, 55 Almosen und 11 Stipendien für verschiedene Zwecke, während 20 Waisenhäuser, Erziehungsinstitute u. s. w.
sind. Außer den ihr ursprünglich anvertrauten Stiftungen werden nach einem Gesetz vom viele
der kleinen Stiftungen verwaltet von der Congregazione di carità. (Armenpflege), dem hauptsächlichsten Organ der amtlichen
Wohlthätigkeit.
Das Hospiz San Michele in Trastevere beherbergt arme vaterlose Kinder, die städtischen Institute in den Klöstern San Cosimato
und San Gregorio alte Leute, die Anstalt Margherita di Savoia auf der Piazza Termini blinde Männer und Frauen,
eine Anstalt bei San Alessio auf dem Aventin blinde Knaben; die Taubstummenanstalt vor Porta Pia nimmt Knaben und Mädchen auf,
das Waisenhaus auf der Piazza Capranica Knaben aus bürgerlichen Familien, das Waisenhaus Ospizio di Termini
Knaben und Mädchen aus ärmern Familien, Ospizio delle Orfane di San Girolamo Emiliani Mädchen; einige ähnliche Institute
befinden sich in Klöstern. Endlich bestehen mehrere Anstalten für Obdachlose, darunter eine von dem Buchhändler Sonzogno
aus Mailand unterhaltene an der Via Flaminia.
Industrie und Gewerbe. Großindustrie fehlt in Rom gänzlich. Die großartigen Ziegeleien, welche an den
ein vortreffliches Material liefernden Abhängen des Janiculum und Monte-Mario in der Zeit der Bauspekulationen entstanden
waren, sind wieder eingegangen, ebenso hat sich die früher bedeutende
mehr
Wollindustrie vermindert, so daß die in der Campagna erzeugte Wolle meist ausgeführt wird. Dagegen ist die Kunstindustrie
beträchtlich; namentlich genießen die röm. Goldschmiedearbeiten, Bronzen, Terracottaarbeiten, Mosaiken, Kameen, künstlichen
Perlen einen verdienten Ruf. Auch die Fabrikation von Seidenwaren, Seidenstoffen für Möbel, von Kirchenschmuck, Regen- und
Sonnenschirmen u. a., künstlichen Blumen, Darmsaiten für Instrumente (corde armoniche), Kerzen, Seife, Maccaroni,
künstlichem Dünger und Leim ist zu nennen, die Maschinenfabrikation ist im Entstehen begriffen.
Endlich bestehen zahlreiche Ateliers zum Kopieren berühmter Bilder, Erzgießereien (namentlich Nelli), Gerbereien und bedeutende
Mehlfabrikation (Fabrik von Pantanella). Der Bau von Obst, Gemüse u. dgl. hat sich in dem Maße vermindert,
als die Gärten vor den Thoren und in der Nähe der Stadt als Baugrundstücke verwendet wurden. Eingeführt werden Korn, Vieh
und Wein (namentlich Genzano, Velletri, Frascati, Civita Lavinia, auch Toscaner [Chianti] und südl. Weine [apulischer, sicilischer
und sardinischer]).
In R. besteht eine Handels- und Gewerbekammer für die Stadt und Provinz Rom. Die meisten Berufsstände haben
Hilfskassen (Società di mutuo soccorso); viele Arbeiterorganisationen haben ihren Hauptsitz und Zweigvereine in der Hauptstadt,
doch schwankt die Zahl ihrer Teilnehmer außerordentlich. Die Società generale operaia romana hat über 2000 Mitglieder und
Sektionen für Männer und Frauen, die Società operaia centrale romana 450 Mitglieder, der röm. Fachverein
für Schriftsetzer 900 Mitglieder. Die im Mai 1892 errichtete Arbeitskammer für Arbeitsnachweis war bereits im Nov. 1893 von 61 Arbeitervereinen
als Organ ihrer wirtschaftlichen Interessen anerkannt.
Verkehrswesen. Rom liegt an den Eisenbahnlinien Rom-Orte-Chiusi-Arezzo-Florenz (316 km), Rom-Foligno-Ancona (295 km) und Rom-Castellammare
Adriatico (240 km) des Adriatischen Netzes und Rom-Civitavecchia-Grosseto-Pisa (334 km), Rom-Segni-Neapel
(186 km) und Rom-Velletri-Terracina (121 km) des Mittelmeernetzes; Lokalbahnen führen nach Albano und Nettuno (68 km), nach Fiumicino
(32 km), nach Frascati (24 km) und nach Viterbo (82 km), eine Dampfstraßenbahn nach Tivoli. Zu dem 1861 erbauten, 1880 bedeutend
erweiterten Bahnhof auf Piazza Termini ist 1891 der auf dem rechten Tiberufer vor Porta Portese in Trastevere
gelegene Bahnhof gekommen; die Verbindung beider durch eine Linie ist geplant. Im Innern der Stadt vermitteln zahlreiche Pferdebahn-
und Omnibuslinien sowie Droschken den Verkehr. Die beiden Häfen (Ripa grande und Ripetta) liegen am rechten Tiberufer, sind
aber hauptsächlich nur für kleine bis zur Tibermündung bei Fiumicino oder Civitavecchia verkehrende
Schiffe geeignet. Das Projekt, Rom durch einen südlich vom Tiber bis Castel Fusano laufenden Kanal direkt mit dem Meere zu verbinden,
wird wohl an den hohen Kosten scheitern.
Vergnügungsorte. Unter den öffentlichen Spaziergängen ist der besuchteste immer noch der oberhalb Piazza del
Popolo gelegene Pincio, von Valadier unter der franz. Herrschaft 1811 angelegt, mit Büsten berühmter Italiener geschmückt.
Auf dem rechten Tiberufer ist neuerdings die Passeggiata del Gianicolo, auf der Höhe des Hügels von San Pietro in Montorio
bis Sant' Onofrio reichend, mit herrlicher Aussicht angelegt, doch wegen Mangel an Mitteln nicht vollendet.
Aus demselben
Grunde ist der Plan einer großen Passeggiata (Regina Margherita), welche von Porta del Popolo bis Acqua Acetosa
und Porta Salaria reichen sollte, in den Anfängen stecken geblieben. Unter den ältern Villen sind die großen Parks der Villa
Borghese und Villa Doria-Pamphili nach wie vor von der vornehmen Welt für Spazierfahrten bevorzugt.
Befestigung. Da Rom nach der Landung eines Gegners in kürzester Frist einer Einschließung ausgesetzt ist und die
alte Umwallung der heutigen Geschützwirkung gegenüber nur kurzen Widerstand zu leisten vermag, war es um so mehr angezeigt,
die Stadt nach neuern Grundsätzen zu befestigen, als die Sicherung der lang ausgedehnten Meeresküsten
der Halbinsel erst innerhalb eines langen Zeitraums und mit Aufwendung bedeutender Kosten durchführbar erschien. Man legte
deshalb 1877 zuerst sechs detachierte Forts auf dem rechten Ufer des Tiber an: Monte-Mario, Casal Braschi, Boccea, Aurelia Antica,
Bravetta, Portuense, und eins auf dem linken Ufer: Appia Antica. 1879 entstanden fünf fernere Forts auf dem
linken Ufer: Ardeatina, Casilina, Prenestina, Tiburtina, Pietralata, später noch Ostiense und Antemne auf dem linken, Trionfale
auf dem rechten Ufer.
Auch wurden hier zwischen den Forts noch verschiedene Zwischenbatterien angelegt. (S. die Karte: Rom und Umgebung.) Die Forts,
2-4 km von der Stadtumwallung und 2 km voneinander entfernt, liegen auf einem Umkreis von 40 km Ausdehnung
und sind nach gleichen Grundsätzen wie die neudeutschen Werke gebaut und für 1-2 Compagnien Besatzung berechnet, können
aber eben wegen des geringen Abstandes die Stadt selbst vor einer Beschießung nicht sichern. Die Ausrüstung umfaßt 12-24
Geschütze. Die Baukosten beliefen sich im ganzen auf 23 Mill. Lire.
Geschichte seit 1871. Als Rom zur Hauptstadt Italiens erklärt wurde, begann es eine neue Physiognomie anzunehmen.
Die Übersiedelung der Ministerien, der Gerichtshöfe, der Garnison machte die schleunige Beschaffung einer Anzahl von Räumen
notwendig, die meist durch Umbau aufgehobener Klöster hergestellt wurden. Für die zuströmende Bevölkerung
wurde eine Erweiterung der Stadt nach Osten geplant. Die Hügel Viminal und Esquilin bedeckten sich binnen wenigen Jahren
mit Straßenzügen.
Die plötzlich gesteigerte Bauthätigkeit ließ eine Reihe von Bankinstituten entstehen, darunter manche Schwindelunternehmungen,
die bald zu Falle kamen. Für die Umgestaltung der innern Stadt war von einschneidender Wichtigkeit die
Regulierung des Tiber. Die Ausführung, besonders seit Mitte der achtziger Jahre mit Energie betrieben, schließt den Fluß in
seinem ganzen Laufe innerhalb der Stadt in fast senkrechte Quadermauern; großartige Uferstraßen mit Säulenhallen sind
im Entstehen.
Die Brückenverhältnisse erfuhren eine völlige Umgestaltung (s. S. 933 a); die
Schaffung von Zufahrtstraßen bedingte große Änderungen auch für die ältern Stadtquartiere, deren enge und winklige Gassen
nun von breiten, modernen Straßen durchbrochen werden. Das durch Enge und Schmutz berüchtigte Ghetto der Juden wurde 1887 niedergelegt.
Vorzugsweise die Bauthätigkeit in der Mitte der achtziger Jahre ist als «Zerstörung
R.s» bezeichnet worden, und es hat sich über dieselbe eine ausgedehnte und heftige Polemik zwischen Italienern
und Ausländern, namentlich Deutschen und
mehr
Englän-940 dern, entsponnen. (Vgl. H. Grimm, Die Vernichtung R.s, in der «Deutschen Rundschau», 1886; Lanciani im «Bulletinoarcheologico comunale», 1886; Vogel, Die Klagen über die Vernichtung R.s, in «Nord und Süd», 1887; F. O. Schulze im «Centralblatt
der Bauverwaltung», 1887.) Die Verkehrs- und Gesundheitsverhältnisse der alten Quartiere entsprachen keineswegs den
Anforderungen an eine moderne Großstadt, und schleunige durchgreifende Abhilfe that hier not; richtig ist auch, daß schon
in frühern Entwicklungsperioden der Stadt, z.B. unter Sixtus V., mit schonungsloser Energie gegen das Bestehende vorgegangen
worden ist.
Aber keine Bauperiode ist künstlerisch so arm an schönen und großartigen Neuschöpfungen wie diese jüngste.
Die massenhaft errichteten, zum Teil schon wieder verfallenen Mietskasernen würden bei vollständigem Ausbau angeblich für
weitere 200000 Bewohner Raum bieten. Ihre Anlage nimmt aber auf die Bedürfnisse der Bevölkerung zu wenig Rücksicht, so daß
weder für kleine (Arbeiter-) noch für Mittelwohnungen genügend gesorgt ist; die Preise sind unverhältnismäßig höher
als in andern ital. Städten.
Die ungesunde Entwicklung der Bauthätigkeit im neuesten Rom wird zum Teil dadurch erklärlich, daß es erst 1887 eine Bauordnung
(regolamento edilizio) erhalten hat, nachdem die Mängel vieler Neubauten und die zahlreichen Unglücksfälle während der
Bauausführung zu Klagen Veranlassung gegeben hatten. Die Beaufsichtigung des Bauwesens steht unter einer
Commissione edilizia von 12 Mitgliedern, die zur Hälfte aus Stadtverordneten besteht, als ständigen besoldeten Beamten aber
nur einen Sekretär (Ingenieur) hat. (Vgl. Küster im «Centralblatt der Bauverwaltung»,
1887.) Die Stadtverwaltung zeigte sich den großen Aufgaben, welche die Umwandlung R.s in eine moderne Großstadt stellten,
wenig gewachsen.
Daß die klerikale Partei, welche in der Stadtverordnetenversammlung stark vertreten ist, die neue Entwicklung
mit wenig freundlichem Auge betrachtet, ist erklärlich. Nicht minder ist der Umstand, daß die Leitung der großen Verwaltung
nicht in den Händen eines geschulten Beamten liegt, sondern als Ehrenamt verwaltet wird, in entscheidenden Momenten von ungünstigem
Einfluß gewesen. Bereits 1881 befand sich die Stadt in finanziell bedenklicher Lage, so daß der Staat
helfend eingreifen mußte.
Für ein Anlehen von 150 Mill. Lire, das zur Fortführung der begonnenen Straßenanlagen und öffentlichen Bauten dienen sollte,
übernahm der Staat die Zinsgarantie (1883). Die folgenden Jahre bezeichnen einen zweiten Höhepunkt der
Bauthätigkeit in und um Rom. Neue Quartiere entstanden auf den Prati di Castello, auf dem Boden der zerstörten
Villa Ludovisi, vor Porta Salaria, vor Porta San Lorenzo, auf den Prati del Popolo Romano am Monte-Testaccio, auf den Prati di San
Cosimato in Trastevere; andere auf dem Cälius und Aventin wurden geplant. Eine kühne Spekulation schuf
Häuser weit über jedes Bedürfnis hinaus; bei den Straßenanlagen wurden die Expropriationspreise durch unreelle Spekulation
so gesteigert, daß die Stadt von der 150-Millionen-Anleihe einen viel größern Betrag dafür aufwenden mußte, als vorhergesehen
war.
Im J. 1889 waren die Finanzen der Stadt so weit gekommen, daß das bereits seit Jahren verschleierte Deficit
eingestanden werden mußte: es betrug für 1890 nahezu 7 Mill. Lire. Ein königl. Kommissar wurde mit der Ordnung der Finanzen
betraut. Die Fortführung der großen öffentlichen Bauten (Tiberregulierung, Justizpalast, Poliklinik) wurde vom Staate übernommen;
ein staatlicher Zuschuß, Verlangsamung der öffentlichen Bauten, die Einführung der Familiensteuer und
größere Ordnung im städtischen Haushalt sollen für künftig einem Deficit vorbeugen. 1891 trat die reguläre Stadtverwaltung
wieder in Funktion. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Stadt sind seitdem ungünstig geblieben, besonders hat der Zusammenbruch
der Banca Romana zahlreiche andere Institute in Mitleidenschaft gezogen.
Litteratur. Über das neuere Rom: Monografia della cittàdi Roma, della Campagna romana (2 Bde., Rom 1881);
das neueste administrative und statist.
Material gesammelt in dem Bullettino amministrativo del Comune di Roma (12 Bde., 1883–94);
C. Tommasi-Crudeli, Il clima di Roma (Rom 1886);
Helbig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen R.s (2 Bde.,
Lpz. 1891);
W. F. Erhardt, Das medizinische Rom (in der «Berliner klinischen Wochenschrift», 1893).
Neuere Reisebücher: Gsell-Fells, Rom und die Campagna (3. Aufl., Lpz. 1887);
de Bleser, Rome et ses monuments, guide du voyageurcatholique (5. Aufl., Löwen 1891);
Baedeker, Mittelitalien und Rom (10. Aufl., Lpz. 1893).