(SecaleL.),Gattung aus der
Familie der
Gramineen,
[* 2]
Gräser
[* 3] mit vierseitiger, dichter, nickender
Ähre, zweiblütigen
Ährchen
[* 4] und pfriemenförmigen, rauh gekielten Hüllspelzen, welche nur halb so lang sind wie die
Deckspelzen,
von denen die äußere auf der
Spitze eine mäßig lange
Granne trägt. S. cerealeL., mit 1,25-2 m hohem
Halm und lanzettlichen,
begrannten, am
Kiel
[* 5] steifborstigen
Deckspelzen, wird in mehreren
Varietäten als Brotfrucht kultiviert.
Der Roggen gedeiht am besten in kräftigem, sandigem Lehmboden, gibt aber auch in Sandboden,
Kalkmergel und nicht zu strengem,
thonreichem
Boden, auch in etwas moorigem Sandland gute
Ernten. In zu bindigem
Boden kultiviert man ihn wohl mit
Weizen zusammen
als
Gemengkorn und erhält aus letzterm ein schönesBrot.
[* 6] Man unterscheidet gemeinen oder Landroggen und Staudenroggen; letzterer
wahrscheinlich nur eine durch
Begünstigung der
Bestockung erlangte
Varietät. Der Roggen akkommodiert sich leichter als andre Kulturgewächse
den äußern Einflüssen, wie
Boden,
Klima,
[* 7] Dungkraft, behält die erlangten
Eigenschaften auf dem neuen Standort einige
Jahre bei und wird dann dem Landroggen der Gegend gleich. Es gibt keine konstanten Roggenvarietäten, obgleich die meisten
im
Handel als solche angepriesen werden.
Viel trägt hierzu die Fremdbestäubung bei. Sommerroggen ist eine Kulturform des Winterroggens, und beide
Formen lassen sich
ineinander überführen. Zum gemeinen Roggen gehören unter andern: der Propsteiroggen aus der
Propstei in
Holstein, sehr ergiebig, für ausgesprochenen Roggenboden mit vorherrschendem Sandgehalt und nicht rauhes
Klima;
der Kampiner
Roggen aus der Kampine
Belgiens, ebenfalls für Sandboden;
der römische Roggen soll sehr genügsam im
Boden sein;
der Kleberroggen (Spätkorn) vom
Westerwald für Gebirgsgegenden mit rauherm
Klima;
der Schilfroggen, über 2 m hoch, mit sehr großen, aber lockern
Ähren und langen
Spelzen.
Man baut den gemeinen Roggen als Winterkorn,
soweit es das
Klima zuläßt, als Sommerkorn auch auf sandigem, lockerm
Boden, welcher frühzeitige
Bestellung gestattet. Sommerkorn
reift etwa 14
Tage später und gibt um ein
Viertel weniger
Korn undStroh als Winterkorn; seine
Körner sind
kleiner, aber dünnschalig und mehlreich. Wo man mit Sicherheit Winterroggen baut, ist es stets ein Fehler, Sommerroggen
zu säen. Der Roggen verlangt einen zur völligen Mürbheit vorbereiteten
Boden, auf welchem die Einsaat aber erst geschehen darf,
wenn sich das Erdreich völlig gesetzt hat.
Dieselbe muß so früh erfolgen, daß sich die
Pflanze noch vor dem
Einbruch des
Winters gut bestocken kann. Stehende Nässe
erträgt der Roggen viel weniger als
Weizen, und besonders sind ihm nasse Frühjahre gefährlich oder solche, wo
Stürme bei trocknem
Wetter
[* 8] die
Wurzeln bloßlegen. Die Roggenblüte ist gegen
Frost sehr empfindlich. Zu starker Blattwuchs
ist zu vermeiden,
weil er das
Lagern begünstigt. Der Staudenroggen fordert bessern
Boden und zeitige
Bestellung.
Hierher gehören: der Johannisroggen, welcher, bereits im Juli gesäet, im
Herbst einen Futterschnitt und im folgenden Jahr
eine
Ernte
[* 9] gibt, der abessinische und
Jerusalemer Roggen. Den kleinkörnigen Winterstaudenroggen baut man im
Gebirge auf Sandboden und frischem Waldboden. Sommerstaudenkorn eignet sich für rauheres
Klima und nicht zu dürftigen
Boden
ganz vorzüglich und gibt eine reiche
Ernte, wenn auch das
Mehl
[* 10] etwas geringer ist als das des Winterkorns. Über
Aussaat,
Ertrag,
Keimfähigkeit etc. belehrt die nachstehende
Tabelle:
Rog, Rya, das slawische Regi deuten auf den Ursprung in den Ländern zwischen Alpen
[* 38] und Schwarzem Meer. Weder Inder noch Ägypter
kannten den Roggen; die Griechen erhielten ihn aus Thrakien etc.; die Römer
[* 39] bauten ihn mit Weizen als Grünfutter an. Schließlich
hat er sich wenig über die germanischen und slawischen Volksgebiete hinaus verbreitet und nimmt einen
weniger breiten Gürtel
[* 40] ein als der Weizen.
Die Abstammung des kultivierten Roggens (Secale cereale) ist nicht sicher bekannt. Vielfach leitet man ihn von
dem sizilischen Secalemontanum Guss. mit seinen
VarietätenS. anatolicumBois. und S. dalmaticumViss. ab. Bei S. montanum zerfällt die Spindel der Ähre nach der
Reife, während sie bei S. cereale erhalten bleibt, auch ist letzterer ein-, höchstens anderthalbjährig, während S.
montanum perenniert. Alle übrigen Unterschiede sind unwesentlich, weil schwankend.
Was nun die Lebensdauer des kultivierten Roggens betrifft, so ist bekannt, daß einige Roggenpflanzen nach der Ernte ab und
zu aus der Stengelbasis einige Sprossen entwickeln, was auf eine schwache Neigung zum Perennieren hinweist. 1886 teilte
Kaldurow mit, daß in einigen Departements des südlichen Rußland der Roggen als mehrjährige Pflanze kultiviert wird. Er hatte
sich an ausgegrabenen Pflanzen überzeugt, daß die Stöcke Stengelreste der Triebe von 2-3 Jahren besitzen.
Batalin untersuchte darauf derartigen perennierenden Roggen, welcher im Gebiete der Donischen Kosaken seit
uralten Zeiten als Winterroggen kultiviert wird, und fand die Angaben Kaldurows bestätigt. In gewöhnlichen regenarmen Jahren
bilden die jungen Schößlinge nur Blätter, keine Halme, überwintern in diesem Zustand und treiben erst im nächsten Jahre
die Ähren. Durch diese Beobachtung wird die Abstammung des kultivierten Roggens von S. montanum unterstützt.
Es bleibt als Unterschied nur noch das Verhalten der Ährenspindel bestehen. Nun hat aber Darwin gezeigt, daß die Kulturpflanzen
ihre ursprünglichen Merkmale immer in der Richtung verändert haben, welche den Bedürfnissen des Menschen entspricht, und
somit erscheint die Beständigkeit der Ährenspindel lediglich als ein durch die Kultur erworbenes Merkmal.
(Secale cereale), Pflanze aus der Gruppe der Hordeaceen, Familie der Gräser (engl.
rye, frz. seigle, holl. rogge und koren,
ital. ségula), Kleb-, Land-, gem. Roggen-, Staudenkorn, Sommer- und
Winterroggen, die Brotfrucht der Ostseeländer bis China, Mittelrußland und Österreich, im Westen weniger angebaut und auch
in Amerika in geringerm Grade als andres Getreide (vgl. dieses); eigentlicher Verbreitungsbezirk von 60° und selbst 65°
nördl. Br. bis zu dem Alpengebiet in Europa, und zwar allgemeiner erst
seit der Völkerwanderung, in Amerika nur bis zu 58°. Der R. ist das Hauptgetreide der Ebenen und der sandigen Bodenarten,
gehört zu den sichersten Getreidepflanzen, verträgt Kälte, aber nicht Nässe und ist für den Landwirt von der größten
Bedeutung, weil er ihm das meiste und brauchbarste Stroh zu verschiednen Zwecken liefert.
Die Sommerfrucht gedeiht auch da,
wo andres Getreide nicht fortkommt, wird aber später reif und giebt um ¼ geringere Erträge.
Wo irgend möglich baut man nur Winterfrucht, welche zugleich gute Vorfrucht für Sommersaaten ist. R. kann mehrfach hinter
einander auf gleicher Stelle gebaut werden, doch ist der mehrmalige Bau jetzt nicht mehr beliebt; er
kann frische Düngung vertragen, wird aber jetzt meist ohne solche gebaut, in zweiter Tracht, besonders nach Futterpflanzen,
Hackfrucht etc. -
Man kennt viele Varietäten, gewöhnlichen oder kurzen, Johannis-, Probstei-, Campiner-, Kleb-, Riesenstauden-, Kolossal-,
russischen Schnee-, Winter-Roggen etc., unterscheidet aber hauptsächlich nur
den gewöhnlichen oder gemeinen R. und den Staudenroggen; die Varietäten gehen leicht wieder in die des gemeinen R. über
und sind entstanden durch besondere Auswahl der schwersten Körner und gute Pflanzung. Die Staudenroggenarten können vorher
zu Grünfutter benutzt werden, da sie einen Schnitt davon vertragen. R., wird auch vielfach im Gemenge
mit Weizen gebaut (Mengfrucht) oder als Grünfutter. Seine Saatzeit und Ernte ist mit die früheste; als Winterfrucht reift
er meist in 40-46, als Sommerfrucht in 16-20 Wochen. Er ist anspruchsloser als Weizen und gibt pro ha 8-40 hl zu 68-78 kg
Körner und 20-78 m. Ztr. Stroh als Winterfrucht,
12-20 hl und 10-29 m. Ztr. als Sommerfrucht. -
Der R. ist auch für die Viehfütterung von Bedeutung, da er für alles Vieh gefüttert werden kann und Kleie und Schwarzmehl
sehr wertvoll dazu sind. -
Die Hauptländer für R. sind die osteuropäischen und norddeutschen Tiefebenen; Deutschland führt seit einigen Jahren
mehr ein als aus - 1880 betrug die Einfuhr 690 Mill. kg (von Rußland, Österreich, Frankreich und Belgien) und die
Ausfuhr 27 Mill. kg, die Mehreinfuhr also 663 Mill. kg oder 663000 t; von 1878-1881 war die Ernte beim Preis von 121,04-203,28
Mk. zusammen 837,556-1006,749 Mill. Mk., 1878 der Anbau 5934927
ha (3732,4 ha zu Grünfutter, 210207 ha als Sommerfrucht), der Ertrag 134612945 Ztr. Winter- und 3780394
Ztr. Sommerkorn und 320587415 Ztr. und 8787714 Ztr.
Stroh. Der Durchschnittspreis in Preußen war für 100 kg von 1873-1881 am niedrigsten mit 14,3 Mk.
im Jahre 1878 und am höchsten mit 20,2 Mk. im Jahre 1881. Als Normalernte wird
für Deutschland 116 Mill. Ztr. angegeben. -
Die Haupthandelsplätze für R. sind die Ostseehäfen, neuerdings aber bedeutend in Abnahme; die Mark, Schlesien, Pommern,
Mecklenburg, Posen, Böhmen und Mähren können Korn abgeben, Sachsen, ein Teil Bayerns, Thüringen etc.
sind Abnehmer. In neurer Zeit ist auch Ungarn mit dem Vororte Pest für die Versorgung deutscher Gegenden
sehr belangreich geworden; so hat z. B. jetzt das sächsische Erzgebirge daselbst seine Kornkammer,
während es früher noch in den Berliner Handelsbezirk fiel. Die Berliner Kornbörse ist das bedeutendste Emporium für den
kontinentalen Handel. Für das überseeische Geschäft sind Königsberg und Stettin die Hauptplätze,
dann folgen Danzig, Elbing, Memel, in Rußland Riga, Petersburg und
¶
mehr
Reval. Es wird hauptsächlich russisches und polnisches Korn verschifft, dann solches von Preußen und Pommern; das beste
wird aus Weißrußland zugeführt. Die Sendungen gehen nach Holland, Dänemark, Schweden, Frankreich, Hamburg. England baut
fast gar keinen R., führt aber immer etwas ein aus Rußland, Preußen und den Vereinigten Staaten. Nordamerika baut
R. für seinen Bedarf, macht aber keinen starken Handelsartikel daraus. Was von solchem überseeischen R. nach Hamburg gelangt,
wird als gute Ware gern gekauft. Weiteres über R. s. unter Getreide. - Zoll s. Tarif im Anh. Nr. 9 a.