Roggen
(Secale cereale), Pflanze aus der Gruppe der Hordeaceen, Familie der Gräser (engl.
rye, frz. seigle, holl. rogge und koren,
ital. ségula), Kleb-, Land-, gem. Roggen-
, Staudenkorn, Sommer- und
Winterroggen
, die Brotfrucht der Ostseeländer bis
China, Mittelrußland und Österreich, im Westen weniger angebaut und auch
in Amerika in geringerm Grade als andres
Getreide (vgl. dieses); eigentlicher Verbreitungsbezirk von 60° und selbst 65°
nördl. Br. bis zu dem Alpengebiet in Europa, und zwar allgemeiner erst
seit der Völkerwanderung, in Amerika nur bis zu 58°. Der R. ist das Hauptgetreide der Ebenen und der sandigen Bodenarten,
gehört zu den sichersten Getreidepflanzen, verträgt Kälte, aber nicht Nässe und ist für den Landwirt von der größten
Bedeutung, weil er ihm das meiste und brauchbarste Stroh zu verschiednen Zwecken liefert.
Die Sommerfrucht gedeiht auch da, wo andres Getreide nicht fortkommt, wird aber später reif und giebt um ¼ geringere Erträge. Wo irgend möglich baut man nur Winterfrucht, welche zugleich gute Vorfrucht für Sommersaaten ist. R. kann mehrfach hinter einander auf gleicher Stelle gebaut werden, doch ist der mehrmalige Bau jetzt nicht mehr beliebt; er kann frische Düngung vertragen, wird aber jetzt meist ohne solche gebaut, in zweiter Tracht, besonders nach Futterpflanzen, Hackfrucht etc. -
Man kennt viele Varietäten, gewöhnlichen oder kurzen, Johannis-, Probstei-, Campiner-, Kleb-, Riesenstauden-, Kolossal-,
russischen Schnee-, Winter-Roggen
etc., unterscheidet aber hauptsächlich nur
den gewöhnlichen oder gemeinen R. und den Staudenroggen;
die Varietäten gehen leicht wieder in die des gemeinen R. über
und sind entstanden durch besondere Auswahl der schwersten Körner und gute Pflanzung. Die Staudenroggen
arten können vorher
zu Grünfutter benutzt werden, da sie einen Schnitt davon vertragen. R., wird auch vielfach im Gemenge
mit
Weizen gebaut (Mengfrucht) oder als Grünfutter. Seine Saatzeit und Ernte ist mit die früheste; als Winterfrucht reift
er meist in 40-46, als Sommerfrucht in 16-20 Wochen. Er ist anspruchsloser als
Weizen und gibt pro ha 8-40 hl zu 68-78 kg
Körner und 20-78 m. Ztr. Stroh als Winterfrucht,
12-20 hl und 10-29 m. Ztr. als Sommerfrucht. -
Der R. ist auch für die Viehfütterung von Bedeutung, da er für alles Vieh gefüttert werden kann und Kleie und Schwarzmehl sehr wertvoll dazu sind. -
Die Hauptländer für R. sind die osteuropäischen und norddeutschen Tiefebenen; Deutschland führt seit einigen Jahren mehr ein als aus - 1880 betrug die Einfuhr 690 Mill. kg (von Rußland, Österreich, Frankreich und Belgien) und die Ausfuhr 27 Mill. kg, die Mehreinfuhr also 663 Mill. kg oder 663000 t; von 1878-1881 war die Ernte beim Preis von 121,04-203,28 Mk. zusammen 837,556-1006,749 Mill. Mk., 1878 der Anbau 5934927 ha (3732,4 ha zu Grünfutter, 210207 ha als Sommerfrucht), der Ertrag 134612945 Ztr. Winter- und 3780394 Ztr. Sommerkorn und 320587415 Ztr. und 8787714 Ztr. Stroh. Der Durchschnittspreis in Preußen war für 100 kg von 1873-1881 am niedrigsten mit 14,3 Mk. im Jahre 1878 und am höchsten mit 20,2 Mk. im Jahre 1881. Als Normalernte wird für Deutschland 116 Mill. Ztr. angegeben. -
Die Haupthandelsplätze für R. sind die Ostseehäfen, neuerdings aber bedeutend in Abnahme; die Mark, Schlesien, Pommern, Mecklenburg, Posen, Böhmen und Mähren können Korn abgeben, Sachsen, ein Teil Bayerns, Thüringen etc. sind Abnehmer. In neurer Zeit ist auch Ungarn mit dem Vororte Pest für die Versorgung deutscher Gegenden sehr belangreich geworden; so hat z. B. jetzt das sächsische Erzgebirge daselbst seine Kornkammer, während es früher noch in den Berliner Handelsbezirk fiel. Die Berliner Kornbörse ist das bedeutendste Emporium für den kontinentalen Handel. Für das überseeische Geschäft sind Königsberg und Stettin die Hauptplätze, dann folgen Danzig, Elbing, Memel, in Rußland Riga, Petersburg und ¶
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Reval. Es wird hauptsächlich russisches und polnisches Korn verschifft, dann solches von Preußen und Pommern; das beste wird aus Weißrußland zugeführt. Die Sendungen gehen nach Holland, Dänemark, Schweden, Frankreich, Hamburg. England baut fast gar keinen R., führt aber immer etwas ein aus Rußland, Preußen und den Vereinigten Staaten. Nordamerika baut R. für seinen Bedarf, macht aber keinen starken Handelsartikel daraus. Was von solchem überseeischen R. nach Hamburg gelangt, wird als gute Ware gern gekauft. Weiteres über R. s. unter Getreide. - Zoll s. Tarif im Anh. Nr. 9 a.