Titel
Rochow,
altes, hauptsächlich in der Mark Brandenburg begütertes Adelsgeschlecht, dessen Mitglieder in den Fehden des 15. Jahrh. in Brandenburg eine hervorragende Rolle spielten. Dietrich I. von Rochow lebte zur Zeit des Kurfürsten Albrecht von Brandenburg, ward durch seine Söhne der Stammvater der vier Hauptlinien, von denen noch die Plessowsche im Adelstand und die Polzowsche im Freiherrenstand fortblüht. Der erstern gehörten an: Hans Friedrich von Rochow, General im Siebenjährigen Krieg, Adolf Friedrich August von Rochow auf Stülpe bei Luckenwalde, geb. der auf dem allgemeinen Landtag 1847 Präsident der Kurie der drei Stände war, und Hans Wilhelm von Rochow, geb. 1824, Mitglied des Herrenhauses, der das unglückliche Duell mit dem Polizeidirektor v. Hinckeldey (s. d.) hatte. Die namhaftesten Sprößlinge des Geschlechts sind:
1) Friedrich Eberhard von, geb. zu Berlin, besuchte die Ritterakademie zu Brandenburg, trat dann in die königliche Reiterei und nahm als Leutnant in der Garde du Korps an den ersten Feldzügen des Siebenjährigen Kriegs teil. Bei Lobositz an der linken, später im Duell an der rechten Hand schwerverwundet, trat er von der kriegerischen Laufbahn ab und widmete sich auf seinen Gütern der Landwirtschaft und wissenschaftlicher Beschäftigung, später als Domherr zu Halberstadt auch der Pflege gemeinnütziger Interessen im Stiftsgebiet. Um dem Volksunterricht aufzuhelfen, errichtete er 1773 eine Lehranstalt zu Rekahn bei Potsdam, seinem Wohnort, und 1799 eine andre in Krahne, welche bald Musterschulen für ähnliche Anstalten wurden. Eine wesentliche Stütze fand er dabei in dem von ihm zum Lehrer in Rekahn berufenen H. J. Bruns, dem er später die ehrende Grabschrift setzte: »Er war ein Lehrer!«. In seinem »Versuch eines Schulbuches für Kinder der Landleute« (Berl. 1772) hatte Rochow schon vorher eine bessere Unterrichtsmethode dargelegt und empfohlen. Als tüchtiger Volks- und Jugendschriftsteller im Sinn der philanthropischen Aufklärung zeigte er sich in seinem oft aufgelegten und nachgeahmten »Bauernfreund«, später »Kinderfreund« (Berl. 1776; neu bearb.
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von Schlez, Leipz. 1836). Durch sein freundliches Verhältnis zu dem Minister von Zedlitz wirkte auch auf die amtliche Leitung des Volksschulwesens in Preußen ein. Er verdient der Vater der neuern preußischen Volksschule genannt zu werden. Rochow starb in Rekahn. Die »Litterarische Korrespondenz des Pädagogen v. Rochow mit seinen Freunden« wurde neu herausgegeben von Jonas (Berl. 1884).
Vgl. Kehr, Geschichte des Schullehrerseminars zu Halberstadt (Gotha 1878);
Jahnke, F. E. v. Rochow (Berl. 1887).
2) Gustav Adolf Rochus von, geb. zu Neuhausen bei Rathenow, studierte in Heidelberg und Göttingen die Rechte, machte dann als freiwilliger Jäger die Freiheitskriege mit, widmete sich seit 1815 der Verwaltung der väterlichen Güter und ward 1822 nach Berlin berufen, um an den provinzialständischen Verfassungsarbeiten teilzunehmen. 1823 ward er zum Mitglied der Staatsschuldenverwaltung, bald danach zum vortragenden Rat für ständische Angelegenheiten im Ministerium des Innern, 1826 zum Geheimen Oberregierungsrat und 1831 zum Chefpräsidenten der Regierung von Merseburg ernannt. 1834 erhielt er das Ministerium des Innern und der Polizei. Wegen Kränklichkeit ward er 1842 von der Verwaltung des Innern entbunden, blieb aber Mitglied des Staatsministeriums und des Staatsrats, zu dessen zweitem Präsidenten er 1843 ernannt ward. Er starb in Aachen. Rochow verfolgte eine entschieden konservative Richtung. Von ihm rührt das geflügelte Wort vom »beschränkten Unterthanenverstand« (s. d.) her. Mit besonderm Eifer nahm er sich des Gefängnis- und Zuchthauswesens an.