Rochen
(Batoidei Gthr.), Unterordnung der Fische [* 2] aus der Ordnung der Quermäuler, Fische mit plattem Körper, welcher durch die fast immer mit dem Vorderende des Schädels verbundenen großen und horizontal ausgebreiteten Brustflossen die Form einer breiten Scheibe erhält, dünnem, langem, häufig mit Dornen, selten mit einem oder zwei gezähnelten Stacheln bewaffnetem Schwanz, ohne Afterflosse und Nickhaut, mit auf der obern Fläche stehenden Spritzlöchern, auf der Bauchfläche mit fünf Kiemenspalten und dem Munde, dessen kurze, dicke Kiefer kleine, pflasterförmige, in Reihen geordnete Kegelzähne oder breite, tafelförmige Zahnplatten tragen.
Die
Haut
[* 3] ist nackt oder chagrinartig rauh, auch wohl mit größern, in hakige
Spitzen auslaufenden Knochenplatten bedeckt.
Die Rochen
legen
Eier
[* 4]
(Seemäuse) oder gebären lebendige
Junge. Zur
Familie der Hairochen
(Pristidae
Gthr.), deren
langgestreckter, haifischähnlicher Leib mit einem dicken, fleischigen
Schwanz endet, und deren Brustflossen vom verlängerten
Kopf deutlich abgesetzt sind und nicht immer die Bauchflossen erreichen, gehört der
Sägefisch (s. d.). Die
Zitterrochen
[* 5] (Torpedinidae
Bon.) haben einen nackten, vorn abgerundeten
Körper mit kurzem, fleischigem
Schwanz, der zwei, eine oder keine Rückenflosse
und am Ende eine dreieckige Schwanzflosse trägt, unmittelbar hinter den Brustflossen stehende Bauchflossen,
spitze oder platte
Zähne
[* 6] und zwischen
Kopf,
Kiemen und dem innern
Rande der Bauchflossen einen elektrischen
Apparat, mit welchem
sie willkürlich heftige elektrische
Schläge zur
Betäubung ihrer
Beute und ihrer Feinde austeilen können.
Hierher gehören der Augenrochen
(Torpedo oculata L.), 1,25-1,5 m lang, 25-30
kg schwer, oberseits graubraun oder rotgelb, mit 1-7 hellblau eingefaßten Augenflecken, oft auch weiß getüpfelt, unterseits
weißgrau, und der Marmelrochen
(T. marmorata
Riss., s. Tafel
»Fische II«),
[* 7]
1,5 m lang, 25-30 kg schwer, oberseits braun, bräunlich
und weiß gemarmelt, unterseits weißgrau, wie der vorige mit zwei Rückenflossen auf dem
Schwanz und
spitzen
Zähnen; beide leben im
Mittelmeer und im Atlantischen
Ozean, gebären 8-14 lebendige
Junge und wurden im
Altertum medizinisch
benutzt, indem man die Berührung
des Rochen
(also die elektrische
Erschütterung) gegen
Kopfschmerz und
Podagra anwandte. Bei
den eigentlichen Rochen
(Rajidae
Gthr.) ist die Körperscheibe breit, rhombisch, meist rauh oder mit
Stacheln
besetzt, die Schnauze kielartig verlängert, die Brustflossen reichen von der Schnauze bis zu den in
Lappen geteilten Bauchflossen,
die beiden Rückenflossen sind gegen die
Spitze des dünnen, stachellosen
Schwanzes gerückt, der nur die
Spur einer Endflosse
trägt, im
Mund stehen meist spitze Pflasterzähne, das Männchen besitzt an der Brustflosse, namentlich
während der Laichzeit, scharfe
Dornen.
Die zahlreichen
Arten sind über alle
Meere verbreitet und legen
Eier. Der Nagelrochen
(gemeiner Stachelrochen,
Raja clavata
L.), über 1,5 m, im
Süden bis 4 m lang und 200 kg schwer, mit langem, am Ende mit
Flossen ausgestattetem
Schwanz, in zwei ungleiche
Lappen geteilter Bauchflosse, im
Alter auf
Rücken- und Bauchseite mit großen
Dornen besetzt, oberseits
braun, heller gefleckt, unterseits weiß, lebt im
Sand und Schlamm an allen europäischen
Küsten, auch in der
Ostsee, nährt
sich von kleinen
Fischen und
Krebsen, die er nachts am
Grund schwimmend erbeutet, legt 6, 8 und mehr viereckige,
mit kurzen Anhängseln versehene
Eier und wird in großer
Menge gefangen und frisch verzehrt oder eingesalzen.
Die
Haut wird in
Frankreich statt
Hausenblase zum
Klären benutzt. Der Glattrochen
(Flete, Rochen
Batis L.), über 1 m lang und 50 kg
schwer, mit spitziger Schnauze, glatthäutig, nur vor und hinter dem
Auge
[* 8] und am
Schwanz mit
Dornen und
mit mehr als 50 Zahnreihen im Oberkiefer, oberseits dunkel olivengrün, bisweilen weiß gefleckt, unterseits dunkelgrau,
schwärzlich überspritzt, bewohnt die
Nordsee. Diese Rochen
wurden früher vom
Aberglauben stark ausgebeutet, durch Verzerren
des Leibes und
Trocknen in die abenteuerlichste Form gebracht und als
»Drachen« oder
»Basilisken« benutzt.
Die Stechrochen
(Trygonidae M. Hle.)
haben vorn vor dem
Kopf zusammenstoßende und mithin die
Spitze der
Scheibe bildende Brustflossen, länglich-runde, mit Querwülsten
versehene
Zähne, einen langen, peitschenförmigen, oft ohne
Flosse endenden
Schwanz mit einem oder mehreren seitlich gezahnten
Stacheln. Von den zahlreichen, über alle
Meere verbreiteten
Arten ist der gemeine Stechrochen
(Feuer- oder
Giftflunder,
Trygon
Pastinaca L.) etwa 1 m lang, 5-6 kg schwer, oberseits gelblichschwarz, unterseits schmutzig weiß und findet
sich in allen europäischen
Meeren, besonders häufig im
Mittelmeer. Er lebt in der
Nähe der
Küsten, nährt sich von kleinen
Fischen,
Krebsen und
Weichtieren und schnellt, wenn er angegriffen wird, den
Stachel mit großer
Kraft
[* 9] und
Schnelligkeit gegen den Feind.
Die
Wunde ist so schmerzhaft, daß man allgemein an eine
Vergiftung geglaubt hat; doch wird der
Schmerz höchst wahrscheinlich
nur durch die eigentümliche Form der
Waffe hervorgebracht. Das harte, fette
Fleisch wird hier und da gegessen;
die
Leber liefert
Thran, und der
Stachel dient zu Pfeilspitzen. Zu derselben
Familie gehören die Hornrochen
oder
Meerteufel
(Dicerobatis
Blainv.), von
welchen einzelne
Arten 7 m lang und 9 m breit werden. Sie haben ungemein breite, geteilte Brustflossen, deren vordere
Lappen
seitlich am
Kopf stehen und die angeblichen
Hörner bilden. Der runde
Schwanz trägt Rückenflosse und
Stachel.
Die
Zähne sind klein, spitzig oder höckerartig. Eine Art, D. Giornae
Gthr., 1,5 m lang, mit dreimal längerm
Schwanz,
oben
dunkelbraun, an den Seiten ölgrün, unterseits weiß, lebt im
Mittelmeer, kommt im
Sommer an die
Küsten und scheint
¶
mehr
paarweise zu leben. Die Nahrung besteht aus Kopffüßern und Fischen; das Weibchen legt lange, gelbliche Eier; das Fleisch ist
wenig geachtet, aus der Leber gewinnt man Thran. Zur Familie der Adlerrochen
(Myliobatidae), bei welcher die sehr breiten Brustflossen
unterbrochen
sind, so daß der Kopf weit vortritt, der letztere mit einem flossenähnlichen Anhang und
der Schwanz mit einem Stachel versehen ist, vor welchem eine Rückenflosse sitzt, gehört der Meeradler (Meerdrache, Myliobatis
Aquila Gthr.), der bis 1,5 m lang und 12 kg, bisweilen aber 200-300 kg schwer werden soll. Er ist
oben dunkelbraun, an der Seite etwas heller, unterseits schmutzig weiß und findet sich im Mittelmeer und
Atlantischen Ozean. Mit seinem Stachel verwundet er sehr bedenklich, so daß es in Italien
[* 11] verboten ist, Tiere mit Stachel auf
den Markt zu bringen. Das Fleisch ist wenig schmackhaft, die Leber gilt als Leckerbissen. Man berichtet von riesigen Arten dieser
Familie, die ungeboren eine Länge von 1,5 m erreichen sollen. Bei New York soll ein Tier von 5000 kg Gewicht
gefangen worden sein und bei Barbados eins, zu dessen Transport sieben Paar Ochsen nötig waren.