Roßhaare.
Die Schweif- und Mähnenhaare der Pferde werden überall zu Rate gehalten und bilden einen bedeutenden, stark ins Geld laufenden Handelsartikel, der zum Teil aus weiter Ferne, aus Ländern mit starker Pferdezucht, wie Rußland, Ungarn, selbst Südamerika zugeführt wird. Als Rohwaren bilden die R. einen Nebenartikel zum Handel mit Rohhäuten. Diese Haare dienen zu vielerlei Gebrauch, und muß die Rohware demgemäß sortiert werden. Alles Haar ist, um gebrauchfähig zu werden, im Wasser auszusieden, wodurch es viel am Gewicht verliert, daher solches, das schon gesotten an den Markt kommt, viel teurer ist. Durch Hecheln trennt man langes und kurzes; die langen Haare werden dann wieder nach verschiednen Längen wie nach der Farbe sortiert und sind natürlich um so teurer, je länger sie sind. Sie müssen wenigstens 6 dm messen; aus Rußland kommen sie aber zuweilen bis zu 8 dm Länge.
Die besten weißen Haare dienen bekanntlich zu Violinbögen, die andern zu vielerlei Web- und Flechtwaren. Die Webstoffe bestehen entweder ganz aus Haaren, wie zu Siebböden, Beuteltuch, Möbelüberzügen u. dgl., oder dieselben bilden Bestandteile von Mischgeweben in Verbindung mit baumwollner Kette, Manillahanf etc. Haargewebe und Geflechte dienen zu Hüten für Frauen und Mützen für Männer, zu bauschenden Unterfuttern, zu Halsbinden, Bändern, Schnuren und andern Posamentierarbeiten, Knöpfen, Bürsten, Pinseln etc., manchmal zu bald vorübergehenden Modeartikeln. Nicht selten werden die Haare auch gefärbt. -
Die kurzen R. kommen entweder roh, oder öfter schon gesotten und gesponnen, d. h. in Zöpfe zusammengedreht, zum Verkauf. Durch das Sieden oder Behandeln mit heißen Wasserdämpfen werden sie sowohl gereinigt als zum Kräuseln geneigt gemacht; sie heißen daher Krullhaare. Sie sind entweder noch in Zöpfen oder wieder aufgedreht und auseinander gezupft. Solche Haare bilden bekanntlich das beste Polstermaterial für Möbel, Sättel, Kissen, Matratzen, dem aber bei seiner Kostspieligkeit (gegen 120 Mk. pro Zentner) gern wohlfeilere Surrogate untergeschoben werden.
Gute R. sind sehr hart und elastisch; schon gebrauchte erhalten ihre Elastizität wieder, wenn sie ausgekocht und zum Trocknen auf Stöcke gewickelt werden. Die Krullhaare dienen ferner zum Drehen von Haarschnuren und Seilen, zu Haardecken, Preßtüchern, Haarsohlen u. dgl. Die kurzen Haare, welche die allgemeine Hautdecke des Pferdes bilden und in Gerbereien abfallen, haben keinen besondern Wert und werden mit Kuh- und Kälberhaaren gemengt als Material für geringe Polsterungen, unter Mauerputz, zur Fabrikation von Blutlaugensalz etc. verwendet. - Zoll: R. roh, gesotten, gefärbt, gesponnen oder in Lockenform gelegt, zollfrei. Ölpreßtücher sind ebenfalls zollfrei. Geflechte und Gewebe (sofern mindestens die ganze Kette oder der ganze Einschlag aus R. besteht) gem. Tarif Nr. 11 b; Bürsten und Pinsel aus R. Nr. 4 a 2 und 4 b; Hüte Nr. 35 d 1 und 2.