Rjäsan
(Rjasanj), russ. Gouvernement, grenzt im N. an das Gouvernement Wladimir, im O. und S. an Tambow, im W. an Tula und Moskau [* 2] und umfaßt 42,098 qkm (764,5 QM.). Die Bodenbeschaffenheit ist auf beiden Seiten der das Gouvernement durchschneidenden Oka gänzlich verschieden: im nördlichen, tiefer gelegenen Teil ist das Land flach, sandig, stellenweise sumpfig und stark bewaldet, im südlichen, höhern dagegen teils eben, teils von tiefen Flußthälern durchschnitten, dabei trocken und äußerst fruchtbar.
Der größte Teil des
Gouvernements gehört der
Steinkohlenformation an; auf
Bergkalk liegen in mächtigen
Schichten
Sand,
Sandstein
und
Gerölle, welchen im
SW. tiefer, fetter, nach der
Oka zu in
Lehm übergehender
Humus
(Tschernosem) aufgelagert
ist. Inselartig tritt die
Juraformation
[* 3] zu
Tage; im äußersten
Süden zeigt sich nebst Steinkohlenablagerungen die jüngere
devonische Formation mit ihren charakteristischen
Versteinerungen. Rjäsan
gehört zwei Flußsystemen an, dem der
Oka (mit den schiffbaren
Zuflüssen Pronja,
Para und den flößbaren Issja, Schtscholkina und
Pra) und dem des hier noch unbedeutenden
Don. Der
Norden
[* 4] ist reich an
Seen, von denen die bedeutendsten der Swiatoje-, Welikoje-, Dubowoje- und Kolpsee sind.
Ausgedehnte Sümpfe hindern im Frühjahr den Verkehr und hauchen schädliche Dünste aus. Sonst ist das Klima [* 5] gesund, die mittlere Jahrestemperatur +4,6° C. (Februar -16,2,° Juli +19,3° C.); die jährliche Regenmenge beträgt 53,2 cm. Die Zahl der Einwohner beläuft sich auf (1885) 1,783,958 (41 auf 1 qkm), die größtenteils Großrussen sind; es gibt ca. 5300 Tataren und 500 Deutsche. [* 6] Dem Glaubensbekenntnis nach waren 1870: 11,195 Raskolniken, 1100 Katholiken, 261 Protestanten, 377 Juden und 5236 Mohammedaner, den Rest bilden Orthodoxe. Es wurden geboren 1885: 86,425 und starben 62,828;
die Zahl der Eheschließungen war 13,979. Die Getreideernte übersteigt den eignen Bedarf des Gouvernements;
sie betrug 1885: 3,8 Mill. hl Hafer, [* 7] 6,7 Mill. hl Roggen und 2,6 Mill. hl Kartoffeln;
ferner Weizen, Gerste, [* 8] Buchweizen, Erbsen, Hirse, [* 9] Lein, Hanf, Tabak, [* 10] Hopfen, [* 11] Rüben, Früchte etc. Die Viehzucht [* 12] ist nur im südlichen Teil höher entwickelt;
1883 zählte man 350,400 Pferde, [* 13] 271,000 Stück Hornvieh, 849,800 Schafe [* 14] (darunter 3300 Merinos), 125,100 Schweine [* 15] und 1743 Ziegen.
Die Jagdtiere sind die gewöhnlichen Zentralrußlands; der Fischfang in den Flüssen ist bedeutend, auch die Bienenzucht [* 16] verbreitet. Das Mineralreich bietet Steinkohlen, Eisenerze, Mühlsteine, [* 17] Kalksteine und Töpferthon. Vom Areal kommen 55,5 Proz. auf Ackerland, 16,2 Proz. auf Wiesen, 20 Proz. auf Wald und 8,3 Proz. auf Unland und Gebäude. Die Industrie erreicht einen Produktionswert von (1884) 16½ Mill. Rubel. Hauptsächlichste Zweige sind: Spiritusbrennerei (7,357,000 Rub.), Baumwollspinnerei (3,275,000 Rub.), Baumwollweberei, Flachsspinnerei, Glasindustrie, Zementfabrikation und Ziegelbrennerei, Gerberei, Färberei.
Die dörfliche
Hausindustrie liefert
Filz- und
Matten- (Ragosch-)
Gewebe,
[* 18]
Pech und
Teer,
Sensen und kleine
Holzwaren. Das Frachtfuhrgewerbe,
einst blühend, ist zurückgegangen. Der
Handel beschäftigt sich vorwiegend mit dem Vertrieb von
Getreide
[* 19] nach den
Gouvernements
Moskau und
Wladimir; die früher bedeutende
Schiffahrt auf der
Oka ist gänzlich gefallen, indem sich der
Verkehr der
Eisenbahn zugewendet hat. Dagegen blüht noch die Holzflößerei. Die Zahl aller Unterrichtsanstalten ist (1885) 728 mit
49,526
Schülern, nämlich 706
Volksschulen, 19
Mittelschulen und 3
Fachschulen (ein geistliches, ein
Lehrerseminar und eine Handwerkerschule).
Rjäsan
wird in zwölf
Kreise
[* 20] eingeteilt:
Dankow,
Jegorjewsk,
Kassimow,
Michailow,
Pronsk,
Ranenburg, Rjäsan
,
Rjashsk,
Saposhok,
Saraisk,
Skopin, Spassk.
Die gleichnamige Hauptstadt liegt am rechten, hohen
Ufer des schiffbaren Trubesch, 2 km von dessen Mündung in die
Oka, an der
Bahnlinie
Moskau-Koslow, hat 26
Kirchen (darunter eine protestantische), 3 Klöster, 2 Gymnasien, ein
Seminar, eine öffentliche
Bibliothek, ein
Theater
[* 21] und (1885) 30,327 Einw. Die Gewerbthätigkeit
leistet nur in Baumwollweberei, Talgsiederei und Lichtefabrikation, Bierbrauerei
[* 22] und
Brennerei Nennenswertes; der
Handel aber
ist sehr lebhaft und befördert namentlich
Getreide und Vieh nach
Moskau; außerdem ist der Leinsaat-,
Salz- und Holzhandel
entwickelt.
Kommerzielle Anstalten sind: die
Filiale der Staatsbank, die Stadtbank und die Rjäsaner
Handelsbank. ist
Sitz eines
Erzbischofs. Unfern der Stadt, an der
Oka, liegt das Dorf Altrjäsan
, lange Zeit
Residenz des
Fürsten von Rjäsan.