Rio
Grande do Sul, die südlichste Provinz des Kaisertums Brasilien, grenzt nördlich an Santa Catharina, westlich an die Argentinische Republik (Corrientes), südlich an Uruguay und östlich an den Atlantischen Ozean und umfaßt 236,553 qkm (4296 QM.). Die Provinz besteht aus der Cima de Serra im N., einem Hochland mit schönen Campos und Araukarienwaldungen, und der meist wellenförmigen Campinha im S., über welche einzelne Gebirgsrücken bis 600 m hervorragen, die aber vorwiegend Grasland ist. Die Abhänge der Serra Geral, welche den Rand der Cima bildet, sind mit dichtem Urwald bedeckt. Die Bewässerung ist eine reichliche. An der Küste liegt das große Haff Lagõa dos Patos, im N. durch den Guahyba (unterer Jacuhy), im S. durch den aus dem Lagôa Mirim kommenden São Gonçalo gespeist und bei Rio Grande mit dem Meer in Verbindung stehend; im N. und W. bildet der Uruguay die Grenze, der, ebenso wie sein Nebenfluß Ibicuy, von Dampfern befahren wird. Das Klima ist gesund; das gelbe Fieber ist unbekannt. Eis und Schnee sind im Hochland durchaus nicht selten, während in der Campinha schroffe Wechsel der Temperatur vorkommen. Die Jahrestemperatur von Nova Petropolis beträgt 19° C., die von Pelotas 17,2,° und an letzterm Ort fallen 706 mm Regen. Die Bevölkerung schätzte man 1883 auf 899,100 Seelen, von denen 250,000 Luso-Brasilier, 150,000 Mischlinge, 80,000 Neger, 100,000 Deutsche, 52,000 Italiener waren. Deutsche sind seit 1824 eingewandert und sind jetzt im Besitz blühender Ackerbaukolonien, die der Mehrzahl nach an den Abhängen der Serra Geral liegen. Als die deutschen Regierungen der Auswanderung nach Brasilien Schwierigkeiten in den Weg legten, wandte man sich nach Italien, um Kolonisten heranzuziehen, und schon 1884 lebten auf den italienischen Kolonien (vgl. Caxias 2) 37,101 Italiener, und 12,000 Zuwanderer wurden 1885 erwartet. So droht das italienische Element das hier einst fast alleinherrschende deutsche zu ersticken. Die Produkte der Provinz sind wesentlich die der Viehzucht und des Ackerbaues. Indes werden auch Steinkohlen ausgebeutet sowie etwas Gold und silberhaltiges Kupfer, und Achate von der Cima da Cerra und andre Halbedelsteine finden ihren Weg nach Oberstein (s. d.). Auch die Fischereien sind von Bedeutung. Die Industrie konzentriert sich in den Städten Porto Alegre, Rio Grande und Pelotas. Den Verkehr fördert die Dampfschiffahrt auf der Lagõa dos Patos und den in sie mündenden Flüssen sowie auf dem Uruguay und seinem Nebenfluß Ibicuy. Die Eisenbahnen hatten bereits 1884 eine Länge von 990 km. Die Ausfuhren ^[richtig: Ausfuhr] besteht vorwiegend aus Produkten der Viehzucht, als Häuten, Talg, Pferdehaar, Knochen, gesalzenem Fleisch, Guano etc., dann aber auch aus Tabak und Lebensmitteln (namentlich im Küstenhandel). Ihr Wert belief sich 1886 auf 5,366,400 Mk.) ^[richtig: überflüssige Klammer]. Deutschland ist namentlich bei der Einfuhr (1886: 15,056,740 Mk.) in hervorragender Weise beteiligt. Hauptstadt der Provinz ist Porto Alegre. Wichtige Handelsstädte sind außerdem noch Rio Grande und Pelotas. Vgl. Mulhall, Rio Grande do Sul and its German colonies (Lond. 1873); »Die deutschen Kolonien der Provinz Rio Grande do Sul« (Leipz. 1881); Lange, Südbrasilien mit Rücksicht auf die deutsche Kolonisation (2. Aufl., das. 1885); Breitenbach, Die Provinz Rio Grande do Sul (Heidelb. 1885).