Titel
Rigi
(Kt. und Bez. Luzern
und Kt. Schwyz,
Bez.
Gersau und Küssnacht).
1800 m. Der Rigi
ist ein ringsum durch
Thäler und
Seen
vollkommen isolierter Gebirgskörper auf einer trapezförmigen Standfläche von etwa 60 km Umfang und etwa 90 km2 Fläche.
Die Begrenzung dieses Gebirgskörpers ergibt sich aus der beigefügten Karte. Man kann rings um den Berg
herumgehen, ohne einen grösseren Höhenunterschied zu überwinden als 83 m auf dem Weg von
Brunnen nach
Arth (höchster Punkt
auf dem
Goldauer
Bergsturz) und 33 m auf dem Weg von
Küssnacht nach
Immensee. Ueber diese Standfläche erheben sich die Rigi
gipfel
etwa um 1000-1350 m.
Geologie und Topographie.
Nachdem die Kreide- und ¶
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Eozänbildungen abgelagert waren, wurden die südöstl. Teile des Rigi
gebietes, etwa bis zur Linie Vitznau-Lowerz, von der
Alpenfaltung ergriffen und tauchten aus dem Meere auf. Diese Linie bildete also ein Stück vom südl. Ufer des Molassesees
der Schweiz. Wilde Gewässer (Urreuss) mündeten an dieser Stelle und füllten das Wasserbecken mit den
Geröllen aus, die heute die Rigi
nagelfluh bilden. Im Pliozän wurde auch die Molasse von der weitergehenden Alpenfaltung
ergriffen. Am Rigi
erzeugten diese Vorgänge die im beigefügten Profil dargestellte Lage und Folge der Schichten. Es war
also ein gewaltiges, nach SO. abfallendes Plateau miozäner Nagelfluh entstanden.
Die nach NW. vorgeschobene Kulminationslinie dieses Plateaus war dazu prädestiniert, die Kammlinie des
Gebirges zu bilden, und aus ihr ist der Grat entstanden, der vom Rigikulm (1800 m) aus über Staffel (1607 m) und Rotstock (1662
m) zum Känzeli (1470 m) streicht. Er ist ein isoklinaler Längsgrat, d. h. geht parallel zum Streichen der Schichten,
und hat eine Länge von 2700 m. Er krönt den Steilabsturz des Rigi
gegen den Küssnachtersee hin, welcher Abhang durch die
Flussterrasse des Seebodens in 2 Stufen geteilt ist (siehe im Profil: Seeboden und Fuss der obern Stufe aus grauer Nagelfluh,
Hauptteil der obern Stufe aus roter Nagelfluh «Rotstock»).
Hier bilden die Nagelfluhbänke fast waagrechte Felsbänder. Die Länge des genannten Längsgrates wurde durch die Flüsse bestimmt, die nördl. und südl. davon je ein tiefes Querthal gruben, in denen heute der Zugersee und das Vitznauerbecken des Vierwaldstättersees liegen. Die feste Nagelfluh bildet gegen diese Thäler hin sehr steile Böschungen, so vom Kulm zum Zugersee hinunter 69% = etwa 35°, vom Känzeli nach Weggis 57% = etwa 30°. Die zwischen den Nagelfluhbänken eingeschalteten Mergellagen liessen infolge ihrer geringeren Resistenzfähigkeit Verwitterungsterrassen entstehen, die der Lage der Schichten entsprechend um 10-12° nach SO. einfallen. So bildeten sich die Bänder an den Abhängen ob Arth und Weggis (besonders deutlich sind die vom Känzeli nach Vitznau und die vom Kulm nach Goldau hinunterstreichenden). Die genannten zwei Querthäler schnitten einen Klotz von der Gestalt eines rechteckigen Pyramidenstumpfes heraus; dessen Deckfläche senkte sich nach SO. und war begrenzt 1) durch den Längsgrat, 2) und 3) durch 2 Quergräte und 4) durch die Eozänzone Vitznau-Lowerz.
Der südl. der 2 Querkämme ist noch vollständig erhalten: er beginnt am Rotstock, bildet den Bärenzingel (1585 m) ö. vom Kaltbad, Rigifirst (1462 m), den Schild (1551 m) ob dem Klösterli, den Dossen (1689 m) ob Vitznau und endigt an der Scheidegg;
er ist 4800 m lang. Der nördl. Querkamm wurde durch die Rigiaa zerschnitten, die von NO. her dem Pyramidenstumpf
in die Seite fiel, die heute von Goldau ins Rigi
gebirge hineingehende Schlucht ausgrub und das ganze Innere des Klotzes zu einem
trichterförmigen Wildbachzirkus, dem Thal des Klösterli, machte.
Vom nördl. Querkamm blieb nur das Stück Kulm-Dächli (1120 m), etwa 1600 m lang, übrig. Südöstl. der Scheidegg streicht der genannte Eozänstreifen dahin, der viel schiefrige und mergelige Gesteine enthält. Da er der Abtragung weniger Widerstand leistete als die Nagelfluh der Scheidegg und die südl. folgenden Kreidekalke der Hochfluhkette, bildete sich quer durch den ganzen Gebirgskörper eine Depression aus, die nun ihrerseits wieder den kurzen Längskamm der Scheidegg zum Hervortreten brachte.
Dieser ist etwa 1000 m lang und erreicht eine Höhe von 1665 m. In jener Depression verlaufen der Gätterlipass (1192 m) von
Gersau nach Lowerz (3 Stunden) und der Felmispass (1181 m) von Gersau nach Vitznau (3 Stunden). Ein Längsthal
kam trotz der Depression nicht zur Ausbildung, da von S. her die 2 kräftigen Gersauerbäche die Kreidekette durchnagten und
ihre Herrschaft über das Eozängebiet und bis an den Kamm der Scheidegg ausdehnten. Im Eozängebiet erzeugten sie die Querkämme
der soeben genannten zwei Pässe, welche das Nagelfluh- mit dem Kalkgebiet des Rigi
verbinden.
Die Kreidekette bestand fortan aus 2 Stücken 1) dem Vitznauer- oder Gersauerstock (1456 m), der sich westl. bis zur Obern Nase
fortsetzt, und 2) aus der Hochfluhkette, die ausser der Hochfluh (1699 m) den Gotthard (1399 m), die Stockfluh (1116 m)
und die Zinggelenfluh (1104 m) aufweist. Diese drei letztgenannten Gipfel bilden zusammen den Urmiberg. In diesem Gebiet findet
man spitze Gipfel, scharfe Längsgräte, enge Längsschluchten, alle aufgebaut durch die unter 55-70° nach S. fallenden
Schichten. Im Nagelfluhgebiet dagegen herrschen breite Formen vor. Es treten also im Rigi
gebiet zwei petrographisch und
geologisch ganz verschiedene Gebiete zusammen, die durch die Thalbildung ohne jegliche Rücksicht auf den innern Bau als
ein einziger Gebirgskörper aus ihrer Umgebung herausgeschnitten worden sind. Die Detailformen sind dagegen dem innern Bau
entsprechend durch die
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Verwitterung herausmodelliert worden. Diese Formen waren annähernd in heutiger Gestalt vorhanden, als die Eiszeit eintrat und der Reussgletscher das Rigigebirge umflutete, wie aus dem Vorkommen der erratischen Blöcke hervorgeht. Unter diesen herrschen auf der S.-Seite Gotthardgranite vor. Gegenüber der Mündung des Reussthales steigen sie am höchsten an, nämlich am Gotthard bis 1399 m; an der Vitznau-Rigibahn gehen sie noch bis 1120 m, und auf dem Seeboden bilden sie die äussere Terrassenkante bei 1020-1030 m. Hier sind sie zu einer Moräne zusammengehäuft. Am nördl. Gehänge des Rigi steigen die erratischen Blöcke nur bis etwa 940 m hoch an (Rigidächli).
Die Gotthardgranite bilden noch einen reinen Schwarm von Blöcken im «Bühlen» südl. vom Lowerzersee; weiter westl. mischen sich mit ihnen Kalksteine und Taveyannazsandsteine. Die letztern sind häufig am Zugersee und stammen vom rechten Ufer des Reussgletschers (Schächenthaler Windgälle). Was unter dem Eis lag, wurde poliert und geschrammt (Schliffe und Schrammen z. B. auf ½ Wegstunde auf den Kalksteinplatten an der Seestrasse von Langmatt bis Gersau). Nach der Eiszeit begannen Verwitterung und Erosion wieder ungehindert zu arbeiten: es bildeten sich junge Schluchten (Schnurtobelschlucht etc.) und lösten sich Bergstürze ab. Im Nagelfluhgebiet seien genannt der Sturz vom Rigikänzeli zum Sentenberg, derjenige vom Heiligenkreuz bis zum See bei Lützelau (Ende des 17. Jahrhunderts), der Schlammstrom vom Kirchenwald nach Weggis (1795) und der Sturz vom Felsturm der Steigifadfluh (1870). Im Kalkgebiet ist neben grossen Bergsturzhaufen auch allgemeine Schuttbedeckung zu beobachten, so z. B. die Schutthalde am N.-Hang der Hochfluh bis zum Lowerzersee und die am Urmiberg gegenüber Ingenbohl. Vom Vitznauerstock sind verschiedene Bergstürze niedergebrochen, so einer ins Gersauertobel, ein zweiter nach Altorf (östl. Teil von Vitznau) (1674) und ein dritter ins Vitznauertobel (1879). Der Goldauerbergsturz hat den N.-Fuss des Rigi auf etwa 1,5 km Länge mit Schutt bedeckt.
Rigiwege.
Die zahlreichen nach den verschiedenen Punkten des Rigi hinaufführenden Saum- und Fusswege lassen sich folgendermassen anordnen: a) Wege nach dem Kulm. Je ein Weg von Arth (3¾ Stunden) und von Goldau (3½ Stunden) von NO. her. Beide vereinigen sich im untern Rigidächli, um von da aus am nördl. Gehänge des Thales der Rigiaa in den Klösterlitrichter hinein zuführen. Zuerst liegt dieser Weg hoch über dem in tiefer Schlucht fliessenden Bach, bis Weg und Bach von der Krauthütte (1260 m) an ungefähr in gleichem Niveau sich befinden.
Ueber Rigiklösterli (1320 m) erreicht man Rigistaffel, wo alle Kulmwege sich vereinigen und dem mehrfach genannten Längskamm entlang zum Kulm gehen (½ Stunde). Von NW. her führen drei von Immensee, Küssnacht und Greppen ausgehende Wege auf den Kulm. Immensee-Seeboden (1½ Stunden) über die nordwestl. Seitenkante der Rigipyramide und Küssnacht-Seeboden (1¼ Stunden) über die untere der beiden Stufen am NW.-Gehänge. Diese beiden Wege vereinigen sich beim Hotel auf der Kreuzegg, von wo sie gemeinsam über die Terrasse des Seebodens und im Zickzack über die obere Stufe zum Rigistaffel (1¾ Stunden) hinaufführen. Der Weg von Greppen geht im Zickzack über beide Stufen zum Känzeli (2¼ Stunden), von da über eine breite Verwitterungsterrasse zum Kaltbad (¼ Stunde) und endlich zum Staffel (½ Stunde). Zwei Wege von der Südwestseite aus, nämlich von Weggis (2¼ Stunden) und von Vitznau (2½ Stunden) zum Kaltbad. Der Vitznauerweg geht über die genannten, vom Känzeli nach SO. absinkenden Terrassen.
1) Vom Kaltbad aus längs dem südl. Querkamm (1¾ Stunden);
2) von Gersau aus durch das Tobel bis etwa ¼ Stunde unter die Höhe des Gätterlipasses, dann zuerst am Abhang und nachher auf der Kammlinie des Quergrates zwischen Hochfluh und Scheidegg (2½-3 Stunden);
3) von Lowerz über den Gätterlipass bis zum Gersauerweg und dann auf diesem weiter (3 Stunden).
Rigibahnen.
1. Die Vitznau-Rigibahn. Aktiengesellschaft mit Sitz in Luzern, Betriebsdirektion und Werkstätten in Vitznau. Zahnradbahn, eröffnet 1871; die älteste der Rigibahnen und darum auch kurzweg «Rigibahn» genannt. Erbaut wurde sie von den schweizerischen Ingenieuren Nik. Riggenbach, Olivier Zschokke und A. Näff. Länge bis Staffelhöhe 5155 m, bis Rigikulm 7058 m. Gesamtsteigung bis zum Kulm 1312 m, durchschnittlich 20%, im Maximum 25%. (Fachtechnische Besprechung von Lokomotiven und Oberbau in Schweizer. Bauzeitung. Bd 16 und 17). Spurweite 1435 mm, Kurvenradius 180 m, Gewicht eines Zuges aus Lokomotive und belastetem Wagen etwa 25-28 Tonnen. Stationen: Vitznau (440 m);
Freibergen (1026 m) ob dem Schwandentunnel und der Schnurtobelbrücke;
Romiti-Felsentor (1206 m) ob dem Eichenbachfall;
Rigikaltbad (1433 m), ¶