Rigi
,
der (in der Umgegend die Rigi
genannt), Gebirgsstock in den schweizer. Kantonen Schwyz
und Luzern,
[* 2] wegen seiner Aussicht berühmt. Er erhebt sich, hier schroff und steil, dort in großen
Terrassen,
von allen Seiten frei stehend, südlich und westlich bespült vom
Vierwaldstätter See, nördlich und östlich vom
Zuger und
Lowerzer
See. Gegen SO., mit dem Urmiberg, fällt der Rigi
zum Unterlauf der
Muota ab. Über den fruchtbaren,
wiesengrünen und obstreichen Thalgütern erheben sich Waldungen und darüber Alptriften, auf denen im
Sommer über 3000
Stück
Vieh weiden, mit ungefähr 150 Sennhütten; die ganze
Kuppe ist baumlos.
Der Gebirgsstock besteht aus
Nagelfluh, die nördliche und westliche
Abdachung aus
Molasse. Der höchste Gipfel ist der Rigikulm
(1800 m); auf ihm stehen zwei Einem
Besitzer gehörige Gasthöfe. Südwestlich davon liegt der Rothstock
(1663 m), in der Einsenkung zwischen beiden der
Staffel (1594 m) mit Gasthof;
tiefer an seinem Abhang folgt Kaltbad (1441 m) mit großartigem Kurhaus, inmitten romanischer Anlagen, die zum Vorsprung des Känzeli führen;
in dem nach Goldau-Arth sich öffnenden Gebirgsthälchen liegt das Klösterli (1300 m), ein von Kapuzinern bewohntes Hospiz mit der Kirche Maria zum Schnee, [* 3] von Wallfahrern besonders Anfang August und im September stark besucht;
auch wird daselbst jährlich ein Volksfest, die Sennenkilbe, gefeiert.
Auch das Rigi
-Klösterli hat zwei
Gasthäuser. Der östliche Teil des Gebirgsstocks
enthält den
Dossen (1681 m), einen Gebirgskamm, welcher sich südwestlich als
Viznauer
Stock (1448 m) fortsetzt, und die Rigi
-Scheideck
(1648 m), welche als Rothenfluh nach N. steil abfällt, nach O. sich gegen den
Lowerzer
See abflacht und südlich nach dem
Vierwaldstätter See in die Hochfluh, einen
Kamm von 1693 m
Höhe, ausläuft. Auf Rigi
-Scheideck befindet
sich ebenfalls ein
Kur- und
Gasthaus.
Der Rigi
wurde früher von verschiedenen Seiten aus bestiegen; ein Fußgänger brauchte 3-4
Stunden. Man rechnete die Gesamtzahl
der jährlichen Rigi
gäste auf 40,000, während sie sich gegenwärtig auf
ca. 100,000 beläuft. Seit 1871 ist die
Bergbahn
(Zahnradbahn)
Viznau-Kaltbad-Staffel-Kulm in Betrieb; dazu kamen 1875 eine ähnliche
Bahn,
Arth-Goldau-Klösterli-Staffel-Kulm,
11,17 km lang (die von beiden gemeinsam benutzte
Strecke
Staffelhöhe-Kulm gehört der letztgenannte
Bahn), und 1874 eine Zweiglinie,
Kaltbad-First-Scheideck, 7 km lang, auf welcher bei einer Maximalsteigung von 5 Proz. nur
gewöhnliche
Lokomotiven verwandt werden.
Die erstere (und ebenso die zweite), fast übereinstimmend mit der
Mount
Washington-Bahn, ist eine
Erfindung
der
Ingenieure Näff,
Zschokke und
Riggenbach. Die
Linie
Viznau-Kulm ist 7,02 km lang; die Niveaudifferenz beider Endpunkte beträgt 1308 m,
die Steigung auf einem Drittel der
Länge 25 Proz.; alle
Kurven haben 180 m
Radius. Oberhalb der Rothenfluh geht die
Bahn durch
einen 75 m langen
Tunnel
[* 4] und unmittelbar an dessen oberm
Ausgang über das ebenso lange und 23 m tiefe Schnurtobel. Was den
Rigi
zu dem vielbesuchten
Punkt gemacht hat, das ist die herrliche Rundschau, welche, gegen 400 km im Umkreis, im W. bis zum
Jura, im
NO. bis zum
Schwarzwald, im
SW.,
S. und SO. bis zu den
Berner,
Unterwaldener und
¶
mehr
Urner Alpen
[* 6] sich erstreckt und 11 Kantone mit 13 Seen umfaßt. Die Geschichte des Rigi
besuchs beginnt mit dem Kaltbad, einem zur
Gemeinde Wäggis gehörigen Berggut, wo bei einer Quelle
[* 7] von 5° C. schon im 16. Jahrh. eine Kapelle und eine Einsiedelei bestanden.
Auf der Arther Seite wurde 1689 das Klösterli der Kapuziner erbaut und in dem Kirchlein ein wunderthätiges
Madonnenbild aufgestellt. Seit der Mitte des 18. Jahrh. wurde der Rigi
häufiger besucht;
aber bahnbrechend wirkte erst das vortreffliche Panorama des Züricher Kartographen H. Keller, das er 1804-1814 anfertigte.
Sofort erstand auf Rigikulm
eine Berghütte, 1816 schon ein Wirtshaus, auf Staffel ein solches 1817. Schon 1812 war
im Kaltbad ein förmliches Kurhaus entstanden; Scheideck, ebenfalls im Besitz einer Heilquelle, wurde erst 1840 gebaut. Mit dem
zunehmenden Touristenstrom vermehrten und erweiterten sich die Rigi
häuser. Eine neue Periode begründeten dann die Eisenbahnen,
und im Februar 1873 konstituierte sich zu Gersau eine Gesellschaft, »Regina Montium«, welche auf nichts Geringeres
auszugehen schien, als den ganzen Berg zu annektieren.
Für Bau und Betrieb von Eisenbahnen, Gast- und Pensionshäusern auf dem Rigi
wurde ein Aktienkapital von 10 Mill. Frank angesetzt,
Rigikulm-Scheideck erworben, in prachtvolle Lage das Hotel Rigi
-First sowie die Bahn Kaltbad-Scheideck gebaut. Allein dem Schwindel
folgte rasch der Fall: im Februar 1876 erfolgte die Liquidation.
Vgl. Rütimeyer, Der Rigi, Berg, Thal [* 8] und See (Basel [* 9] 1877).
Panoramen vom Rigi lieferten H. Keller (neu bearbeitet von Imfeld, Zürich [* 10] 1878), G. Meyer (das. 1879), Rigi Stierlin (Luzern 1883).