Riffelmaschine,
s. Flachs, S. 329, und Hobelmaschinen, S. 588.
9 Wörter, 63 Zeichen
s. Flachs, S. 329, und Hobelmaschinen, S. 588.
(Lein, Linum L.), Gattung aus der Familie der Linaceen, einjährige oder ausdauernde Kräuter oder Halbsträucher mit aufrechtem Stengel, meist abwechselnden, schmalen, ganzrandigen Blättern, am Gipfel blattwinkelständigen Blüten, kugeliger, stumpf fünfkantiger, zehnfächeriger Kapsel und je einem Samen in jedem Fach. Etwa 130 (nach andern 80) Arten. Der Purgierlein (Purgier- oder Wiesenflachs, L. catharticum L.), 7-15 cm hoch, mit gabeligästigem Stengel, gegenständigen Blättern und kleinen, weißen, lang gestielten Blüten, allenthalben als einjähriges Kraut auf feuchten Wiesen und Triften wachsend, wurde früher als leichtes Purgiermittel benutzt.
Der ausdauernde Lein (L. perenne L.), 0,3-1 m hoch, mit aufsteigendem, oben traubigem Stengel und großen, blaßblauen Blüten, wächst in England, in Oberösterreich, im untern Maingebiet, wird besonders in Sibirien kultiviert und liefert eine rauhe, grobe Faser. Der gebräuchliche Lein oder gemeine Flachs (L. usitatissimum L., s. Tafel »Spinnfaserpflanzen«),
30-60 cm hoch, mit aufrechtem, oben trugdoldig verzweigtem, kahlem Stengel, abwechselnden, schmal lanzettförmigen Blättern, blauen Blüten und zusammengedrückten, eilänglichen, zugespitzten Samen, von unbekannter Herkunft, wird in mehreren Varietäten kultiviert, besonders zur Gewinnung seiner Bastfaser, des Flachses. Man unterscheidet: Schließ- oder Dreschlein (L. usit. vulgare), mit nicht aufspringenden Samenkapseln, hohem, wenig verästeltem Stengel und minder feiner und weicher Faser, vorzüglich in Rußland, Norddeutschland, Österreich, Belgien, Holland und England angebaut;
Spring- oder Klanglein (L. usit. crepitans), mit beim Dürrwerden mit einem leisen Klang sich öffnenden Kapseln, kürzerm, ästigerm Stengel, größern Blättern, Blüten und Samenkapseln, feinerer, weicherer, aber kürzerer Faser, etwas hellerm und ölreicherm Samen und von kürzerer Vegetation als der Schließlein, noch häufig in Süddeutschland kultiviert;
weiß blühender, auch amerikanischer Lein (L. americanum album), in Deutschland längst angebaut, aus der Provinz Sachsen nach Schottland, von da nach Amerika verpflanzt, unter besagtem Namen seit 1851 wieder in Deutschland erschienen, soll sich weniger verästeln, um acht Tage früher reifen, höhern Samenertrag und eine festere und längere Faser liefern als der vorige, doch nicht so fein und zart sein, ist bei seinem zweifelhaften Wert von geringer Verbreitung.
Winterlein, vorzüglich in Italien, Südfrankreich, Spanien, Algerien und Ägypten angebaut, bleibt im Stengel kurz, bringt aber reichlich Samen. Im Handel erscheinen vorzüglich die Dreschleinsorten: Rigaer, Windauer, Libauer, Peruaner und Pskower, auch unter dem Namen russischer, Liv-, Kurländer oder Tonnenlein (weil er in Tonnen verpackt ist), ferner Zeeländer, Tiroler und rheinländischer Lein. Der Rigaer und der Zeeländer Lein werden vielfach zur Frühsaat benutzt, während bei Spätanbau der Windauer dient. Kronen- oder Rosenlein bezeichnet keine eigne Sorte, sondern nur den aus eingeführten Originalsamen gezogenen Säelein, auch »einmal gesäeter« Lein genannt.
Der Flachs gedeiht am sichersten unter mehr feuchten und kühlen klimatischen Einflüssen; Trockne und Dürre lassen ihn kurz im Stengel; Kälte und Frost verträgt er in seiner Jugend nur bei kräftiger, starker Entwickelung. Zu seiner vollständigen Vegetation braucht er 84-105 Tage. Sein Verbreitungsbezirk findet sich vorzüglich in Mitteleuropa, doch wurde und wird er heute noch auch in Ägypten, Algerien, Ostindien angebaut. In Europa fällt seine nördliche Grenze mit der der Sommergerste zusammen; in Mitteleuropa steigt seine Kultur bis 1500 m über dem Meeresspiegel. Im allgemeinen haben die klimatischen Zustände eines Landes einen weit energischern Einfluß auf die Qualität und Quantität des geernteten Flachses als die Bodenbeschaffenheit.
Unter dem Einfluß des Seeklimas in den Ostseeprovinzen Rußlands, in Belgien, Holland und vor allem in Irland werden die wertvollsten Flachse gezogen; jede Verminderung dieser günstigen Einwirkung bedingt bei der Flachskultur einen raschen Samenwechsel. Ein tiefgrundiger, an Alkali- und Phosphorsaure reicher sowie etwas kalkhaltiger Boden, dem es nicht an Humus fehlt, ist am geeignetsten für die Flachskultur. Dabei liefert etwas schwererer Boden den besten und feinsten Flachs, während leichter, mehr sandiger und lehmiger Sandboden zwar auch noch einen ziemlich feinen, aber nie so kernigen Bast erzeugt.
Gewöhnlich baut man den Flachs nach einer seicht wurzelnden Getreideart (Hafer, Roggen), jedoch mit weit sichererem Erfolg nach einer gut gedüngten Hackfrucht. Meist kehrt er auf demselben Feld nach 9, 10 und mehr Jahren wieder, kann aber bei richtiger Behandlung des Feldes und entsprechender Düngung (zumal mit Kali) mit Sicherheit alle vier Jahre dasselbe Feld einnehmen. In Belgien wird das Feld bis auf das Abeggen und oberflächliche Abebnen vor Winter vollständig zurechtgelegt, so daß im Frühjahr der Anbau möglichst zeitig vorgenommen werden kann.
Vor der Saat erfolgt ein möglichst vollkommenes Ebnen des Feldes, um jeder Zweiwüchsigkeit des Flachses vorzubeugen. Zur frischen Düngung eignen sich gut vergorne Jauche, Kloakendünger, Gülle, Ölkuchen und Asche, auch Knochenmehl, Kalisalze, Guano, guter Kompost; weniger gut ist frischer Stallmist, und nachteilig wirken Schafmist und Kalk. Als Saatgut dient teils Original-, teils selbstgezogener Same. Alter, zwei- auch dreijähriger Same wird oft vorgezogen, da solcher einen bessern Bast liefern soll; da aber längeres Liegenlassen des Samens unwirtschaftlich und mit Risiko verbunden ist, so wird derselbe vor der Aussaat nicht selten bei 40° gedörrt.
Zum Reinigen der Saatfrucht dienen die sogen. Leinsamenklapper und Drahtsiebe, die zwölf Maschen auf einen englischen Zoll haben. Die Aussaat erfolgt am besten möglichst frühzeitig. Um einen gleichmäßigen Stand zu erhalten, säet man bei breitwürfiger Handsaat zweigängig, d. h. der Länge und Quere des Feldes nach, oder benutzt breitwürfige Saatmaschinen, in neuester Zeit auch Drillmaschinen bei 5 cm Reihenweite und Längs- und Quersaat. Der untergebrachte Same wird angewalzt. Der Samenaufwand beträgt bei Basterzeugung 200 kg, bei Samenzucht 150 kg und bei Gewinnung des Länderflachses 300 kg pro Hektar. Ist der Flachs 6,5 cm hoch, so wird gejätet. Feinde des Flachses sind: Erdflöhe, die Raupe des Gammavogels (Plusia gamma), Engerlinge, der Flachsknotenwickler (Conchylis epilinana), Flachsseide (Cuscuta epilinum) und andre Unkrautpflanzen sowie ein Rostpilz (Melampsora lini), welcher den
Brand, Firing oder Feuer verursacht. Sobald das untere Dritteil der Stengel gelblich geworden und die Blätter abgefallen sind, wird der Flachs gerauft; nur bei Samengewinnung wartet man die Hartreife ab. Beim Raufen des Flachses beginnt schon das Sortieren nach Länge, Stärke und Reife der Stengel, die dann entweder gleich auf dem Feld ausgebreitet, oder vorher abgeriffelt werden. Dazu dient am besten die transportable Riffelbank, eine Bank, auf deren Mitte querüber der Riffelkamm angebracht ist.
Letzterer besteht aus 24 geschmiedeten, 45 cm langen, 1,25 cm dicken, mit ihren scharfen Kanten nach den Rifflern stehenden Zähnen, die auf dem Boden 0,5 cm und an der Spitze 1,25 cm voneinander abstehen. Die ausgebreiteten Stengel bleiben meist so lange liegen, bis sie lufttrocken sind; besser stellt man sie nach dem Ziehen in Hocken oder kleinen Kapellen auf. Lufttrocken geworden, werden die Samenkapseln abgedroschen, besser abgeriffelt oder abgebottet, oder es dient hierzu eine Riffelmaschine.
Den vom lufttrocknen Flachs abgelösten Samen läßt man bis zum Verbrauch in den Samenkapseln liegen; die grün abgeriffelten Bollen werden auf einem Tuch ausgebreitet und der Sonne ausgesetzt, getrocknet, gereinigt und der Same in Fässern gut verpackt. Als Mittelerträge rechnet man in Belgien 5000 kg Grünflachs und 10 hl Samen pro Hektar;
in Schlesien 18 Ztr. Rohstengel und 3 Scheffel Samen pro preuß. Morgen;
in Rheinpreußen 20 Ztr. Stengel und 4 Scheffel Samen pro Morgen;
in Böhmen 36 Ztr. Stengel und 9 Metzen Samen pro Joch;
in Österreich 30 Ztr. Stengel und 8 Metzen Samen pro Joch.
Die Flachsstengel bestehen aus dem harten, holzigen Kern und dem mit der Epidermis bekleideten Bast, welch letzterer im Durchschnitt zusammengesetzt ist aus 58 Proz. reiner Pflanzenfaser, 25 Proz. in Wasser löslichen Teilen (Extraktivstoffe, Gummi) und 17 Proz. nur in Kalilauge oder, wenn auch langsamer, in Seifenwasser löslicher, größtenteils kleberartiger Substanz. Da die Trennung der Bastfaser von den andern Teilen des Flachsstengels nicht auf rein mechanischem Weg erfolgen kann, so muß ein chemischer Prozeß hierzu eingeleitet werden, welcher die kleberartige Substanz zersetzt, ohne die Gefäße des Bastes selbst anzugreifen.
Die älteste Methode ist die Tau-, Rasen- oder Luftröste, auch heute noch viel üblich in Deutschland, Österreich, Rußland und Holland. Der geriffelte Flachs liegt auf einer Wiese ausgebreitet, der Einwirkung der Luft, Wärme und Feuchtigkeit ausgesetzt und wird zeitweise gewendet, bis sich nach acht oder mehr Wochen der Bast von Holz und Rinde leicht löst. Dies Verfahren liefert den schlechtesten und die geringste Ausbeute an spinnbarer Faser. Noch schlechter ist die Schneeröste, bei welcher der Flachs über Winter auf der Wiese ausgebreitet und mit Schnee bedeckt liegt.
Die Wasserröste im stehenden Wasser oder im Schlamm (Schlamm-, Blau- oder Lockerenröste) ist abhängig von der Beschaffenheit des Wassers, des Bodens der Röstgruben und der Witterung. Stark eisenhaltiges, kalkreiches sowie humussaures Wasser ist nicht geeignet; am besten reines, weiches und temperiertes Wasser, in welchem die Röste in 4 Tagen bis 3 Wochen beendet ist. Die Röstgruben sind 0,5-1,5 m tief und von verschiedener Breite und Länge. In diesen liegt schräg oder steht der in Gebunde lose eingebunden, mit dem sich schwerer röstenden Spitzenende nach oben gerichtet und mit Rasenstücken oder Brettern und Steinen beschwert.
Das Wasser muß 8-10 cm über dem in den Gruben stehen. Bei der Schlammröste werden zwischen den einzelnen Flachsbunden Erlen- und Feldmohnblätter eingelegt und mit Schlammerde gedeckt, infolgedessen der Flachs eine stahlgraue Farbe annimmt. Läßt sich der Bast leicht aus dem Stengel herausziehen, ohne zu zerreißen, so ist der Prozeß beendet, der Flachs kommt heraus, wird auf einer Wiese behufs Nachröste und Bleiche ausgebreitet oder gleich kapellt, um später noch gebleicht zu werden.
Die Wasserröste im fließenden Wasser, durch das Fischereigesetz vielfach verhindert, wird im Flußbett selbst oder in Röstgruben, die mit demselben in Verbindung stehen, vorgenommen. Sie ist nur bei sehr langsam fließendem Wasser möglich, welches die beim Rösten sich bildenden scharfen Stoffe von dem Flachs fortführt, ohne ihn zu sehr auszulaugen, wodurch er spröde und trocken werden würde. Die Flachsbunde kommen hierbei in sogen. Schwimmern oder Lattenkasten mit ihrem Wurzelende nach unten zu stehen; die gefüllten Schwimmer werden in den Fluß oder die Grube gelassen und mit Steinen so beschwert, daß das langsam fließende Wasser 8-10 cm über sie hinweggeht.
Der Röstprozeß dauert 3-20 Tage. Um die Gefahr des Überröstens zu verhüten und dem Flachs eine schönere lichtere Färbung zu geben, verbindet man nicht selten die Wasser- mit der Tauröste (gemischte Röste). Bei der Schwitz- oder Schnellröste wird der Flachsstengel erst mit gewöhnlichem Wasser gesättigt, darauf das überflüssige Wasser abgelassen. Der feuchte in der Grube festgepackt, erhitzt sich nun allmählich bis auf 38° C., und man erhält durch Zuguß von kaltem Wasser die Temperatur einige Zeit auf dieser Höhe und röstet dann unter Wasser fertig.
Das Resultat ist ähnlich dem der Warmwasser-, amerikanischen oder Schenkschen Röste, bei welcher der eingebundene in Behältnisse mit Doppelböden gestellt wird, die dann mit kaltem Wasser gefüllt werden, so daß der Flachs ganz unter Wasser steht. Durch die Dampfrohrleitung unter dem Doppelboden erhöht man die Temperatur des Röstwassers allmählich auf 32-38° C. Nach 3 Tagen ist der Prozeß beendet und wird der Flachs aus den Bottichen herausgenommen, im frischen Wasser abgespült, auf einem Lattengestell ausgebreitet und in einer Trockenstube getrocknet.
Beim neuern Schenkschen Verfahren wird die Röste im fließenden, 27-29° warmen Wasser vollzogen. Der Röstprozeß dauert ungefähr 5 Tage. Nach Vollendung der Röste läßt man den Flachs durch eine Naßpreßmaschine gehen, um das Wasser und alle Gummiteilchen zu entfernen, worauf er bei günstigem Wetter im Freien kapellt oder im Winter in Trockenstuben getrocknet wird. Die Wattsche Röste setzt den in eisernen Behältnissen liegenden Flachs der direkten Einwirkung des Dampfes aus, wodurch sie in 8-10 Stunden schon vollendet ist.
Danach wird der Flachs unter Walzen ausgepreßt und schließlich in einem abgesperrten Raum bei 78-82° C. getrocknet. Die Faser soll bei dieser Röste an ihrer Stärke verlieren und für das nachherige Spinnen und Bleichen leiden. Bei den andern Röstmethoden läßt man in der Regel verschiedenartige chemische Stoffe (gefaulten Harn, Soda, Seife) auf den Flachs einwirken, wodurch zwar der Prozeß mitunter sehr beschleunigt und vervollkommt wird, aber die Ausbeute quantitativ und qualitativ leidet, auch die Kosten sich ungemein hoch stellen. Leoni und Coblenz vermeiden die Röste ganz, bringen vielmehr den Flachs, nachdem die Wurzelenden abgeschnitten sind, 4 Stunden in eine Trockenkammer, worauf er dreimal gebrecht und geschwungen wird. Alle diese künstlichen
Röstmethoden, soweit sie sich überhaupt bewährt haben, finden sich vorwiegend angewendet in großen Flachsspinnereien; die Flachsproduzenten bedienen sich lieber der ebenfalls sehr zweckmäßigen Wasserröste. Zur Röste bringt man bald den grünen, frisch gezogenen und abgeriffelten, bald den vorher vollständig lufttrocken gemachten Flachs. Das erstere Verfahren (Grünröste) ist vielfach in Rußland, Deutschland, auch in Belgien und Holland üblich, liefert aber niemals eine solche Flachsqualität wie das zweite Verfahren, bei welchem man den Flachs nicht einmal in demselben Jahr, in welchem er gebaut wurde, zur Röste bringt, sondern erst im kommenden Jahr. Durch dieses Liegenlassen gewinnt die Faser wesentlich an Festigkeit und Griff und wird nicht selten die Röste sogar unterbrochen und nach einiger Zeit, nachdem der Flachs abermals fest eingelagert war, vollendet. Diese Doppelröste findet in Belgien vorzüglich ihre Anwendung bei den feinsten und wertvollsten Flachsen. - Um die Flachsfaser aus dem gerösteten Stengel zu gewinnen, wird derselbe vielfach in Dörrgruben, Dörrkammern oder Öfen, selbst in Backöfen gedörrt.
Steigt auch bei vorsichtiger Handhabung die Erwärmung der Flachsstengel beim Dörren nicht über 50° C., so verliert doch die Faser hierdurch mehr oder weniger an Milde und Griff, daher auch das Dörren nur da angewendet wird, wo es unbedingt notwendig ist, d. h. bei Tauflachs, der sich sonst weniger leicht und vollkommen brechen läßt. Vorteilhafter dörrt man den in der Sonnenwärme, wiewohl das darauf folgende Brechen nicht so gut und leicht vor sich geht wie nach dem Dörren im Dörrofen.
Durch das Brechen soll der holzige Kern des Flachsstengels in kleine Stückchen gebrochen werden. Dieser Arbeit geht ein sorgfältiges Sortieren des Flachses je nach Farbe und Röstgrad voraus. Zum Brechen dient meist noch die ein- oder auch zweizungige hölzerne, in manchen Gegenden eiserne Handbreche, welche die Faser aber stark beschädigt und die Ausbeute an spinnbarer Faser verringert. In Belgien wird daher der geröstete Flachs mit dem hölzernen, auf seiner untern, arbeitenden Seite gekerbten Botthammer bearbeitet.
Durch das Aufschlagen mit diesem Hammer, der mit einem langen, krummen Stiel versehen ist, auf den auf der Tenne ausgebreiteten Flachs wird der Stengel geknickt, ohne daß die Faser zu sehr gedehnt und dadurch zerrissen wird. Zu gleichem Zweck dienen in Deutschland vielfach auch die glatten hölzernen Bleuel, Bauel oder Bocker sowie die Plauel- oder Pockmühlen. Dabei werden die Flachsstengel unter hölzernen Stampfen zerquetscht, was jedoch nur bei stärkerm und gröberm Flachs zweckmäßig ist, da bei dem feinern die Schäben (Annen, Achenen, Agen), d. h. die holzigen Teile des Stengels, zu sehr in den Bast hineingeschlagen werden.
Leichter, rascher und vollkommener arbeiten die Brech- oder Knickmaschinen, bei denen der Flachsstengel zwischen verschieden tief und stark gekerbten hölzernen oder eisernen Walzen hindurchgeschoben wird. Eine vorzügliche Brechmaschine, dem Prinzip einer gut konstruierten Handbreche nahestehend, ist die von Kaselowsky, welche sich auch rasch in Norddeutschland verbreitete. Sie liefert den Bast viel reiner von den Schäben als die Knickmaschinen, ohne die Faser so sehr zu dehnen und zu reißen wie die Handbreche. Auch die Maschinen von Möller und Collyer (amerikanisches System) sind sehr beliebt.
Die vollständige Entfernung der holzigen Teilchen von der Flachsfaser wird durch das Schwingen erreicht. Dazu dient entweder nur das einfache Schwingmesser, mit welchem der mit der linken Hand festgehaltene, frei herabhängende Flachs wiederholt gestrichen, d. h. geschabt, wird (wie in Schlesien), oder der Flachs erhält ein Widerlager durch den Schwingstock, wobei ihn der Arbeiter mit dem hölzernen Schwingbeil oder Messer unter beständigem Drehen des Flachsbundes streicht und schabt (wie in Belgien und Holland).
Bei letzterer Art des Schwingens wird mehr und reinerer Flachs erhalten als beim Freischwingen; die Leistung ist jedoch gering und verlangt sehr große Übung des Arbeiters. Das Handschwingen wird daher vielfach ersetzt durch die Maschinenarbeit. Dazu dienen entweder Schwingmaschinen nach dem System der belgischen Handschwinge, bei welchen 4, 6, 8 und mehr Schabmesser mit ihrem Stiel auf einer Achse angebracht sind, die an dem verstellbaren Auflage- oder Schwingstock, über welchen der Flachs von dem Arbeiter gehalten wird, mit verschiedener Schnelligkeit vorüberstreichen.
Wie bei dem Handschwingen der Belgier verschieden feine und Scharfe Schwingbeile benutzt, so werden auch bei den Schwingmaschinen verschieden starke und scharfe Messer eingesetzt, je nachdem man vor- oder feinschwingen will. Bei dem sogen. Friedländer System befinden sich die Schabapparate am äußersten Ende der auf einer eisernen Achse aufgeschraubten Träger und bildet der Schwingstock, auf welchem der Flachs aufgelegt wird, einen federnden Mantel, der verstellbar ist.
Jeder der vier Schabapparate besteht aus einem glatten, mit seiner Breitseite arbeitenden Schabmessér, hinter welchem ein siebenzinkiger Rechen und dann wieder ein glattes Schabmesser folgt. Letzteres sowie das geteilte Messer stehen im rechten Winkel zu dem Auflageeinschnitt im Mantel, während das erstgenannte Schabmesser parallel mit diesem Einschnitt gestellt ist. Beide Systeme erscheinen vielfach modifiziert in der Anwendung, doch wird den belgischen oder irischen Schwingmaschinen der Vorzug eingeräumt.
Bei der Bearbeitung des besten belgischen Flachses kommt keine Maschine in Anwendung, derselbe wird nur mit der Hand geschwungen. Statt des Schwingens wird der in manchen Gegenden Deutschlands geschabt oder geribbt, oder man verbindet das Ribben mit dem Schwingen des Flachses. Bei diesem Ribben bearbeitet und schabt man den auf einem Leder aufliegenden Flachs mit drei verschieden scharfen Eisenklingen so lange, bis alle Schäben entfernt sind. Diese Arbeit ist sehr zeitraubend und verlangt viele Übung, wenn nicht sehr viel Werg erhalten werden soll; das Ribben des Flachses hat daher auch keine allgemeine Verbreitung gefunden.
Da das Spinnrad mehr und mehr durch die Spinnmaschinen ersetzt wird, so bietet der Schwungflachs in den meisten Fällen das fertige Handelsprodukt, und zu diesem Ende wird er auf verschiedene Weise aufgemacht. In Belgien werden sogen. Puppen gebildet; das Kopfende derselben bearbeitet man mittels einer groben Hechel und Drahtbürste äußerlich und bindet darauf mit einigen Fasern die etwas eingeschlagenen Zopfenden zusammen. Je drei solcher Puppen haben ein Gewicht von ½ kg und werden ebenfalls wieder zusammen eingebunden. In Deutschland (Hannover) werden die Risten oder Knocken der Länge nach nebeneinander gelegt und schichtenweise sich kreuzend so lose übereinander gepackt, daß die Enden einer jeden derselben zu sehen sind, ohne daß das Netz, welches aus Bindfaden gefertigt ist, geöffnet zu werden braucht. Nach dem Aufmachen verpackt man in Holland die Flachsbündel in Säcken, und in diesen bleibt der in einem dunkeln, nicht
allzu trocknen Raum liegen, woselbst er in drei Schichten aufeinander gelegt wird. Der Flachs gewinnt so ungemein an Milde und Griff. Auch das Werg, welches beim Hecheln gewonnen wird, gewinnt wesentlich, wenn es bis zum Verspinnen, in starke leinene Tücher fest eingeschlagen, an einem kühlen und trocknen Ort aufbewahrt wird.
Zum direkten Verspinnen kann der Schwungflachs nicht benutzt werden, der Bast ist noch mehr oder weniger bandartig vereinigt, und es ist daher vorerst die einzelne Faser darzustellen, wozu die Hechel dient. Dieselbe ist eine Anwendung von Zinken nach der Fläche, wie der Kamm nach der Linie. Die Zinken oder Zähne der Hechel sind von Stahl, rund oder vierkantig, am besten rautenförmig, laufen in eine gerade, glatte, schlanke und scharfe Spitze aus und haben gleiche Länge (7,5 cm). Sie werden genau senkrecht auf ein rundes oder viereckiges Brett und zwar reihenweise so befestigt, daß jeder einzelne Zahn gerade eine Lücke der vor und hinter ihm laufenden Reihe deckt.
Die Entfernung der Zähne wird verschieden groß gegeben, und man beginnt die Arbeit mit der größten und weitständigsten Hechel (Abzugshechel) und schließt sie mit der feinsten Ausmachehechel. Während durch die Hechelzähne die einzelnen Fasern getrennt und die längern von den kürzern geschieden werden, behandelt man den Flachs auch zu wiederholten Malen mit einer Bürste aus Schweinsborsten, wodurch alle noch anhaftenden feinen Holzteilchen von der Faser getrennt werden, der Staub entfernt wird und viele gröbere Fasern in feinere Härchen gespalten werden, infolgedessen der Flachs einen seidenartigen Glanz, vorzügliche Feinheit und Weichheit erhält und in seinem Ansehen und Wert wesentlich gewinnt. Da bei forciertem Hecheln die langen Fasern reißen und viel Werg geben, bei gelinder Behandlung aber unrein bleiben, so wird das Handhecheln entweder ganz ersetzt durch Anwendung von Hechelmaschinen, oder es wird nur die unvollkommene Arbeit des Handhechelns durch die nachfolgende Maschinenarbeit vervollständigt.
Eine der vielfach gebrauchten Hechelmaschinen ist die von Rowan, die, wie alle andern, eine äußerst komplizierte Konstruktion besitzt. Bei dieser letzten Bearbeitung des Flachses werden, wie beim Schwingen und Brechen, neben dem Hauptprodukt noch verschiedene Abfälle erhalten, die meist in verknoteten und verworrenen Faserstückchen, Werg (Wereg, Hede), bestehen. Je nachdem das Werg beim Vor- oder Nachschwingen, beim Grob- oder Feinhecheln erhalten wird, läßt es auch nach der Hand eine verschiedene Verwendung zu. So ist das Vorschwingwerg zum Verspinnen ungeeignet, während Feinschwing- und Grobhechelwerg zum Verspinnen für Nummer 22 und Feinhechelwerg für Nummer 24 geeignet ist.
Die vollkommen ausgehechelte Flachsfaser zeigt eine Länge von 0,2-1,4 m; guter und rein ausgearbeiteter Flachs soll Fasern von weniger als 0,3 m Länge nicht zahlreich aufweisen. Je länger die Faser ist bei gleicher Feinheit, um so wertvoller ist sie; jedoch wird ihre Länge nicht durch ihre Feinheit bedingt. Die Breite oder Feinheit der Faser schwankt von 0,045-0,620 mm, je nachdem durch das Röstverfahren die Zerlegung des Bastes in kleine Bastbündelchen mehr oder weniger vollkommen erfolgt war.
Eine vollkommene Isolierung der Bastzellen trifft man selbst bei dem feinsten belgischen Flachs selten. Die Farbe der Faser wird vorzüglich beeinflußt von der Aufarbeitungsmethode. Der beste Flachs zeigt sich lichtblond, während die Tauröste graue und eine unvollständige Röste grünliche Fasern liefert. Aus der Schlammröste erhält man die stahlgrauen Fasern. Erscheint der Flachs stark gelb gefärbt, so enthält er noch viele außen anhaftende Parenchymzellen oder auch Oberhautreste.
Der beste Flachs zeigt einen schönen Seidenglanz. Lufttrocken enthält die Flachsfaser 5,70-7,22 Proz. Wasser, jedoch steigt, in einen mit Wasserdampf gesättigten Raum gebracht, ihr Wassergehalt auf 13,9-23,36 Proz. Der Aschengehalt der völlig getrockneten Faser schwankt von 1,18-5,93 Proz. Die Asche der Faser enthält nach E. Wolf vorwiegend Kalk (mehr als 50 Proz.). Das spezifische Gewicht der Faser beträgt 1,5. Die Bastzellen, aus welchen ausgezeichneter Hechelflachs nur besteht, zeigen eine sehr regelmäßige, cylindrische, nach den Enden kegelförmige Gestalt mit konisch-spitzen oder stumpfen Enden. Der Innenraum der Zellen ist sehr klein und erscheint nur als eine dunkle Linie.
Im Handel erscheint meist geschwungener Flachs, welcher immer mehr den früher viel im Handel vorkommenden Hechelflachs verdrängt. Die Fasern müssen stark, zart und fein anzufühlen sein, keine Knoten und schwachen Stellen besitzen, auf ihrer ganzen Länge wie feine Fäden herabhängen, ohne aneinander zu kleben, und besonders ohne gespalten oder wellig zu sein. Den größten Flachshandel treiben Rußland und die preußischen Ostseeprovinzen, doch erscheinen auch große Quantitäten aus Belgien, Holland und Irland im Handel.
Die russischen Flachse kommen hauptsächlich auf die Markte Riga, St. Petersburg und Archangel sowie Königsberg und Danzig. Sie erscheinen in sechs Hauptsorten (Kron-, Wrack-, Dreiband-, Livländer, Dreibandwrackflachs und Flachshede), welche von beeideten »Wrackern« sortiert und signalisiert werden. Jede Sorte hat ihre Unterklasse mit entsprechender Signatur. Im allgemeinen sind die russischen Flachse zwar lang, gehören aber nicht zu den feinsten. Letztere werden in erster Linie geliefert von Irland, dessen Flachse außerordentlich fein, zart und doch mittelfest sind und eine lichtblonde Farbe haben.
Die belgischen Flachse sind ziemlich oder ganz so fein wie die irischen, bedeutend länger als jene und blond oder stahlgrau gefärbt. Italien liefert ungemein glänzende, Ägypten dagegen ungemein lange Flachse, die ziemlich grob, matt graugelb, ins Rötliche spielend sind. Die französischen und holländischen Flachse gehören zum Teil zu den besten, während die böhmischen, schlesischen, Kärntener und Tiroler zwar stark sind, aber sonst geringern Wert haben.
Die Flachskultur reicht über die Anfänge der geschichtlichen Zeit hinaus, denn in den Pfahlbauten am Oberrhein und in den angrenzenden Distrikten wurden vielfach Überreste der Flachskultur und -Manufaktur vorgefunden. Mit Beginn der Kulturgeschichte findet man den Flachs angebaut in den fruchtbaren Ebenen des Nildelta und in den Flußthälern Vorderasiens, und bei den Ägyptern sowie bei den Phönikern und Juden wurden Kleider, Zelte, Segel etc. aus Flachs angefertigt.
Nach Herodot trugen die Babylonier leinene Kittel, und nach Strabon war die babylonische Stadt Borsippa der Sitz bedeutender Leinenindustrie. Von Asien wurde die Flachskultur nach Griechenland eingeführt. Homer erwähnt mehrfach den und nach Herodot galt die Leinwandkleidung als üppige, weibische, der Prunksucht dienende Tracht. Im römischen Reich wurde nach Livius schon im 5. Jahrh. v. Chr. der Flachs zur Darstellung von Kleidungsstücken verwendet, und im 4. Jahrh. erschienen die Samniter in weißen leinenen Tuniken. Nach Cicero stammte
die zu seiner Zeit unter den Römern verbreitete leinene Luxustracht aus dem Orient und nahm gegen Ende der Republik der Verbrauch der Leinenstoffe immer mehr zu. Bald fand der Flachsbau auch bei den germanischen, keltischen, slawischen und litauischen Völkerstämmen mehr und mehr Eingang und damit das Wort »Lein« weite Verbreitung. Die Wertschätzung des Flachses und der Leinenerzeugnisse stieg mit der Zeit so ungemein, daß die vornehmsten Frauen es nicht unter ihrer Würde hielten, sich mit dem Spinnen und Weben des Flachses abzugeben.
Der Flachs diente als Tauschmittel zwischen den germanischen und westslawischen Völkern anstatt des gemünzten Goldes. Vorherrschender Erwerbszweig blieb die Flachskultur in den russischen Ostseeprovinzen. Im 12. Jahrh. versuchten die Spanier zuerst aus der Flachsfaser Papier darzustellen, was sich bald verallgemeinerte; ebenso die Verwendung der Leinwand und des Leinöls zur Malerei, welche etwas später in den Niederlanden aufgekommen war. Nachdem im 15. Jahrh. Flachsbau und Flachsindustrie in volle Blüte getreten, wurden sie durch die Religionskriege stark beeinträchtigt, hoben sich aber sehr rasch wieder mit Eintritt geregelter staatlicher Verhältnisse.
Unterdessen war das Handspinnrad erfunden worden (1530 von Jürgens), welches die Handspindel mehr und mehr verdrängte, wie es bekanntlich selbst mit der Zeit den Spinnmaschinen wieder Platz machen mußte. Seit Ende des vorigen Jahrhunderts zeigte sich ein starker Rückgang in der Flachskultur und Flachsindustrie durch das Auftreten der mechanischen Baumwollspinnereien, und nur einige Länder, wie Belgien, Holland, Schlesien, Westfalen, blieben dem alten Erwerbszweig treu.
Durch Verbreitung und Vervollkommnung der Flachsspinnmaschinen und durch die Einführung entsprechender Zolltarife für Baumwollfabrikate hoben sich auf dem Kontinent der Flachsbau und die Flachsindustrie wieder, insbesondere zur Zeit des nordamerikanischen Kriegs. Die Ursache, warum die Flachsindustrie nicht dieselben Fortschritte aufzuweisen hat wie die Baumwoll- und Wollindustrie, liegt nach Alcan in den weit höhern Betriebsmitteln, welche erstere gegenüber den beiden andern Industriezweigen erfordert; denn nach ihm betragen die Gesamtkosten einer Flachsspinnerei (inkl. Gebäude, Motoren etc.) pro Spindel 160 Frank, die einer Baumwollspinnerei nur 50 Fr. und die einer Wollspinnerei 60 Fr., und die durchschnittlichen Betriebskosten beziffern sich pro Spindel beim Flachs auf 67 Fr., bei der Baumwolle auf 14 Fr. und bei der Schafwolle auf 35 Fr. Gegenwärtig produzieren Rußland, Belgien und die Niederlande mehr Flachs, als sie selbst verarbeiten. Einige außereuropäische Gebiete, besonders Britisch-Ostindien und Nordamerika, bauen Flachs fast ausschließlich zur Samengewinnung. Seit den 70er Jahren hat vielfach eine Abnahme der Flachskultur stattgefunden (auch in Deutschland, wo Ostpreußen die größte Anbaufläche mit 1883: 19,499 Hektar aufweist), und es wurden z. B. mit Flachs bebaut
in Deutschland | 1878: 133890 Hektar, | 1883: 108297 Hektar |
in Österreich | 1875: 107160 Hektar, | 1882: 87911 Hektar, |
in Frankreich | 1875: 78770 Hektar, | 1882: 54146 Hektar, |
in Holland | 1876: 20478 Hektar, | 1882: 13884 Hektar, |
während Irland seit 1875 eine Zunahme von 40,972 auf 59,549 Hektar aufweist. So gewinnt Rußland einen immer bedeutenden Anteil an der Versorgung der englischen und deutschen Leinenindustrie; es exportiert durchschnittlich 168,140 metr. Tonnen und 24,685 metr. Ton. Hede. Ausdehnung und Ertrag der Flachskultur wurden in folgender Weise geschätzt:
Länder | Jahr | Ausdehnung | Einheitsertrag | Totalertrag |
---|---|---|---|---|
Hektar | Kilogr. | Kilogr. | ||
Rußland | - | 781070 | 314 | 327600000 |
Deutschland | 1883 | 108297 | 410 | 44401770 |
Frankreich | 1882 | 54146 | 761 | 41208900 |
Österreich | 1882 | 87911 | 426 | 37434300 |
Belgien | 1866 | 57065 | 502 | 28646630 |
Irland | 1881 | 59549 | 470 | 28025340 |
Italien | 1875 | 81414 | 284 | 23156000 |
Holland | 1882 | 13884 | 442 | 6132240 |
Ungarn | 1882 | 10664 | 413 | 4402000 |
Schweden | 1881 | 15797 | 216 | 2775250 |
Finnland | 1881 | ? | ? | 1526340 |
Großbritannien | 1881 | 2645 | 471 | 1245620 |
Dänemark | 1881 | 1925 | 290 (?) | 558250 |
Griechenland | 1875 | 388 | 312 | 121000 |
Zusammen | - | 1274755 | - | 547233640 |
Die Gesamtproduktion Europas kann danach auf 555 Mill. kg veranschlagt werden. - In Irland, wo der Flachsbau historisch zuerst im 13. Jahrh. erwähnt wird, gelangte er im 17. Jahrh. zu seiner nationalen Bedeutung. Durch die Regierungsmaßregeln der Königin Anna und die stete Fürsorge des englischen Parlaments hoben sich die Flachskultur und Flachsindustrie nach allen Richtungen. Jetzt wird in Irland auf 78-79,000 Hektar oder auf 3,45 Proz. der ganzen Pflugarea Flachs gebaut und findet sich der stärkste Flachsbau in der Provinz Ulster, woselbst über 73,000 Hektar oder 9,4 Proz. der Ackerarea Flachs gebaut werden. Trotzdem produziert Irland nur drei Zehntel seines Bedarfs an Flachs. - In Deutschland findet man den Flachsbau vorzüglich in Schlesien, Westfalen, Rheinpreußen, Hannover, Sachsen und Bayern. In Schlesien wurde die Flachskultur besonders durch die im 13. Jahrh. eingewanderten Wallonen sowie durch die beigezogenen Klostergeistlichen aus dem nördlichen Frankreich verbreitet und gehoben, und in Sagan war schon damals ein blühender Leinwandhandel.
Ende des 18. Jahrh. exportierte Schlesien für 15 Mill. Thlr. Flachs. In Westfalen, speziell Bielefeld, blühte der Flachshandel schon im 14. Jahrh., und die Anfertigung der feinern sogen. Holländer Leinwand, die Verbesserung der Bleiche, die Errichtung der Leggenanstalten, die Verbesserung der Kommunikation und ähnliche Institutionen machen bis auf den heutigen Tag die Flachskultur und Leinenindustrie in den Rheinprovinzen zu einem rentabeln Erwerbszweig. In Hannover werden alljährlich 51-52,000 Morgen mit Flachs angebaut, wovon 130-140,000 Ztr. Schwungflachs erzielt werden. Auch hier haben Regierung, Vereine und insbesondere das Leggeninstitut fördernd auf die Flachskultur und Flachsindustrie eingewirkt. Die Zahl der Spindeln und Webstühle in der Leinen-, Hanf- und Jute-Industrie betrug:
Länder | Jahr | Spindeln | Kraftstühle | Handstühle |
---|---|---|---|---|
Irland | 1882 | 872242 | 21779 | ? |
Frankreich | 1880 | 738619 | 18821 | 35144 |
Österreich-Ungarn | 1880 | 333326 | 1728 | 60000 |
Deutschland | 1881 | 327000 | 9558 | 146413 |
England | 1879 | 226445 | 5212 | ? |
Belgien | 1881 | 306000 | 4755 | ? |
Schottland | 1879 | 451950 | 26765 | ? |
Rußland | 1879 | 166000 | 3000 | 11460 |
Italien | 1878 | 50000 | 524 | 4854 |
Schweiz | - | 9000 | - | ? |
Holland | - | 7700 | 1200 | ? |
Schweden | - | 3810 | 98 | ? |
Spanien | - | - | 1000 | ? |
Zusammen: | - | 3492092 | 94440 | ? |
Der Leinsamen wird 3,5-5,5 mm lang, ist gelbbraun, glänzend, riecht schwach unangenehm, schmeckt schleimig-fettig. Unausgereifte Samen, die man gewissermaßen als Nebenprodukt bei der Flachsgewinnung erhält, sind kleiner, leichter, meist auch mehr grünlich gefärbt. Diese Samen sind wohl für die Ölgewinnung (Schlaglein), aber nicht zur Aussaat (Saatlein) tauglich. Der Samen enthält ca. 8 Proz. Wasser, 33 Proz. fettes Öl, 25 Proz. Eiweißstoffe, Spuren von Gerbsäure und 4-5 Proz. mineralische Stoffe. Man benutzt ihn auch zur Darstellung eines starken Schleims (1 Teil Samen, mit 50 Teilen Wasser maceriert), der als einhüllendes Mittel Anwendung findet; gepulverter Leinsamen dient zu erweichenden, schmerzlindernden Umschlägen; doch versteht man unter Leinmehl gewöhnlich gepulverte Leinölkuchen, die Rückstände vom Pressen des Leinöls. Vgl. Ölkuchen.
Litteratur.
Vgl. Sonntag, Katechismus des Flachsbaues (Leipz. 1872);
Keurenaer, Die Flachsbereitung in Holland (Berl. 1872);
Leydhecker, Kultur und Aufarbeitung des Leins (Prag 1872);
Kodolanyi, Kultur und Zubereitung des Flachses (4. Aufl., Wien 1885);
Giersberg, Der Flachs (Leipz. 1877);
Vogel, Kulturgeschichte des Flachses (Darmst. 1869);
Woltmann, Zur Statistik der Leinenindustrie und des Leggewesens (Münd. 1873);
Hohenbruck, Beitrag zur Stastitik ^[richtig: Statistik] der Flachs- und Hanfproduktion in Österreich (Wien 1873);
Rufin, Der Flachsbau des Erdballes (Berl. 1878-81, unvollendet);
Lohren, Deutschlands Flachsbau (das. 1880).