Richten
der
Geschütze,
[* 2] s.
Schießen.
[* 3]
Richten der Geschütze
5 Wörter, 38 Zeichen
Richten
der
Geschütze,
[* 2] s.
Schießen.
[* 3]
[* 3] allgemein das Forttreiben von Geschossen mit Hilfe einer bewegenden Kraft, [* 5] namentlich der Explosivkraft des Schießpulvers. Von dem scharfen unterscheidet man den Salut- und Manöverschuß (blinden Schuß), bei welchem kein Geschoß [* 6] angewendet wird. Die Bahn des Geschosses (s. Flugbahn) ist von so vielen Verhältnissen abhängig, daß man nicht von Treffgewißheit, sondern nur von einer Wahrscheinlichkeit des Treffens sprechen kann. Die Umstände, welche die Trefffähigkeit beeinflussen, sind etwa:
1) Veränderungen der Seele und Visiereinrichtungen, welche beim S. eintreten und nicht konstant bleiben, z. B. das Verbleien der Züge, namentlich bei Bronzeröhren und kleinen Ladungen;
2) ungleiche Beschaffenheit des Pulvers und des Geschosses;
3) ungleiche Bedienung beim Richten des Geschützes oder Gewehrs, beim Ansetzen der Geschosse und Reinhalten der Seele;
4) die Witterung, Temperatur und Dichtigkeit der Luft, welche auf die Schußweite einwirken, während der Wind auf die Seitenabweichung von erheblichem Einfluß ist;
5) mangelhafte Stabilität der Lafettierung, des Geschützstandes sowie die Art und Beweglichkeit des Ziels. Diese Einflüsse vermindern die Treffwahrscheinlichkeit, sobald sie fortdauernd wechseln; bleiben sie konstant, so können sie in Rechnung gezogen und die daraus hervorgehenden Fehler bis zu einem gewissen Grad beseitigt werden. Das richtige Schätzen der Entfernung des Geschützes vom Ziel fördert zwar die Treffwahrscheinlichkeit; da aber die ablenkenden Einflüsse hierbei außer Rechnung bleiben, so ist die als richtig erschossene Entfernung der wirklichen keineswegs immer gleich, woraus der bedingte Wert der Distanzmesser für das S. hervorgeht.
Einen wesentlichen Vorteil gewähren die letztern nur da, wo das Schätzen der Entfernung sehr schwer und schnelles Treffen gefordert wird, also für Küstengeschütze. Bei der Feld-, Belagerungs- und Festungsartillerie dagegen muß die Beobachtung der Schüsse in Bezug auf die Lage des Treffpunktes zum Ziel die Grundlage des Schießens sein. Der Treffpunkt der Granaten [* 7] wird erkannt an der Spreng-, bez. Staubwolke; bei Schrapnells läßt die Sprengwolke die Sprenghöhe (Abstand des Sprengpunktes vom Boden) und Sprengweite (Intervall, Abstand des Sprengpunktes vom Ziel) erkennen.
Da es, namentlich im Feldkrieg, oft schwer erkennbar ist, ob das Ziel wirklich direkt getroffen wurde, so legt man an der Höhenrichtung so lange zu, bis ein Schuß durch das Ziel verdeckt wird, also hinter dasselbe fällt. Trifft bei verringerter Elevation der nächste Schuß vor das Ziel, so ist man mit der mittlern Elevation in der Regel eingeschossen (Gabelschießen). Hierbei muß jedoch der Faktor für die Wahrscheinlichkeit des Treffens mit in Rechnung gezogen werden, da ein gewisser Prozentsatz der Schüsse naturgemäß das Ziel auch dann nicht trifft, wenn man richtig eingeschossen ist.
Hierüber geben die Trefffähigkeitstabellen Auskunft, die aus Versuchsergebnissen zusammengestellt sind, welche unter möglichst normalen Verhältnissen in Bezug auf Geschütz, Munition, Bedienung, Witterung etc. erzielt wurden. Für die Praxis der Artillerie sind Schießregeln aufgestellt, die in einfachster Form angeben, wie man einen möglichst sichern Anhalt [* 8] für die Beurteilung der Lage des Treffpunktes zum Ziel gewinnt, und wie man aus den Beobachtungen folgern kann, ob man richtig schießt, oder durch welche Änderungen man hierzu gelangt.
Dieselben sind, je nach der Schußart, ob Flach- oder Wurf- (Steil-) feuer, ersteres aus Kanonen mit großer Anfangsgeschwindigkeit, letzteres aus kurzen Kanonen und Mörsern, verschieden, da man bei jenem den Punkt treffen muß, nach welchem das Geschütz gerichtet worden, während bei diesem der durch die Brustwehr [* 9] gedeckte Treffpunkt nicht sichtbar ist. Die Angaben, welche Höhenrichtung und Seitenverschiebung bei jedem Geschütz und für jede Entfernung zu nehmen sind, werden aus den Schußtafeln entnommen; sie reichen bis zu den größten gewöhnlichen Entfernungen, z. B. beim leichten deutschen Feldgeschütz bis auf 6800 m, beim schweren auf 7000 m, bei der 12 cm Bronzekanone C/73 auf 5700 m, bei der 15 cm Ringkanone auf 8500 m. Diese Schußweiten beziehen sich auf die horizontale Ebene und haben nichts zu thun mit einer Entfernung, die unter andern Umständen noch erreicht werden könnte. Da die ¶
Wahrscheinlichkeit des Treffens in umgekehrtem Verhältnis zu der Schußweite steht, so stellen sich praktisch der Zielgröße entsprechende Maximalschußweiten heraus. Beim indirekten S. befindet sich das Ziel hinter einer Deckung, wie die auf dem Wallgang der Festungen oder in Belagerungsbatterien aufgestellten Geschütze. Da das Ziel nicht sichtbar ist, so muß die Höhenrichtung, anstatt mit dem Aufsatz (s. Visier), mit dem Quadranten (s. d.) nach Graden genommen werden.
Beim direkten S. dagegen ist das Ziel beim Richten des Geschützes über den Aufsatz sichtbar. Für das S. mit Handfeuerwaffen [* 11] sind im allgemeinen die vorentwickelten Grundsätze zutreffend; jedoch ist die Treffwahrscheinlichkeit hier vorwiegend von dem guten Abkommen, d. h. davon abhängig, daß der Schütze richtig zielt, fest im Anschlag liegt, den Atem anhält, ruhig abdrückt und fest durchs Feuer sieht. Bei den Handfeuerwaffen ist ihrer beliebigen Elevationsfähigkeit wegen eine Totalschußweite erreichbar; sie beträgt beim deutschen Infanteriegewehr M/71 bei etwa 35° bis 3000 m, die Visiereinrichtung geht jedoch nur bis 1600 m (s. Visier).
Das Einzelfeuer soll bei der deutschen Infanterie nur bis 450 m, darüber hinaus das Massenfeuer als Schwarmsalve oder Tirailleurfeuer zur Anwendung kommen. Bei letzterm soll die Truppe zwei oder mehrere Visiere anwenden, um eine größere von Geschossen bestreute Fläche zu bekommen. Da das S. nach der Scheibe (bei Schützenfesten) auf bestimmte Entfernungen und in der Regel mit aufgelegter Büchse geschieht, so sind hier die Bedingungen für das Treffen so günstig als möglich.
Vgl. »Die Ausbildung im S.« (Hannov. 1887, 2 Tle.);