Rhônemündungen
(Bouches du Rhône), Departement im südöstlichen Frankreich, um die Mündung des Rhône, gebildet aus dem südwestlichen Teil der Provence, grenzt nördlich an das Departement Vaucluse (davon durch die Durance getrennt), östlich an Var, südlich an das Mittelländische Meer, westlich an Gard und hat einen Flächenraum von 5105 qkm (92,7 QM.). Das Land ist zum größern Teil gebirgig; es enthält im O. Verzweigungen der Alpen [* 2] und zwar die Ausläufer der im Departement Var gelegenen Berggruppe Ste.-Baume, dann die Gebirgsketten de l'Etoile, de Ste.-Victoire (mit dem 1011 m hohen Gipfel die höchste Erhebung des Departements), ferner im N. den Bergzug der Alpines. Im W. dehnen sich große Ebenen aus. Der Boden ist im allgemeinen sandig oder infolge Verwüstung der Wälder humusarmer, nackter Felsen, produziert aber bei sorgsamem Anbau reiche Ernten an Oliven und Wein. In den Ebenen schreitet die Bodenkultur durch Anlage zahlreicher Bewässerungskanäle, namentlich aus der Durance, jetzt vor, selbst das öde Steinfeld der Crau ¶
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(s. d.) wird nun urbar gemacht. Der Hauptfluß ist der Rhône, welcher sich hier in seine beiden Hauptmündungsarme, den Kleinen und Großen Rhône, teilt, zwischen denen sich die Insel Camargue (s. d.), das Delta [* 4] des Rhône, erstreckt. Von andern Flüssen sind zu nennen die Durance (Grenzfluß gegen N.) und mehrere Küstenflüsse. Außer dem parallel mit dem Großen Rhône gezogenen Schiffahrtskanal von Arles nach Bouc und dem kleinern von St.-Louis enthält das Departement zahlreiche Bewässerungskanäle (darunter den Craponne- u. den Alpinekanal).
Das Rhônedelta ist versumpft und mit Lagunen bedeckt, östlich von demselben dehnt sich der Etang de Berre aus. Das Klima [* 5] ist im allgemeinen heiter und mild, die Hitze durch die Seewinde gemäßigt und die Luft mit Ausnahme der Sumpfgegenden gesund; im Winter fällt nur höchst selten Schnee, [* 6] doch kommen vereinzelt Reife vor. Sehr lästig sind der in jeder Jahreszeit wehende Mistral (s. d.) und der sich im Sommer entwickelte Kalkstaub. Die Mitteltemperatur des Jahrs ist in Marseille [* 7] 14,3° C., des Winters 7,8° C., des Sommers 21,3° C. Die Bevölkerung [* 8] beträgt (1886) 604,857 Seelen (117 auf 1 qkm). Von 510,487 Hektar Oberfläche kommen auf Äcker 144,274, Wiesen 35,347, Weinberge 11,668, Waldungen 71,473, Heiden 69,734, Sümpfe 45,350 Hektar.
Das Departement ist in Bezug auf Bodenkultur eins der letzten Frankreichs. Hauptprodukte sind: Getreide [* 9] (etwas über 1 Mill. hl, meist Weizen), Wein (200,000 hl), Oliven (20,000 Hektar Anbaufläche, Ölertrag 7 Mill. kg), Tabak, [* 10] Obst, Südfrüchte und (an den Etangs) alkalische Pflanzen zur Sodabereitung. [* 11] Berühmt sind das Öl von Aix und die Weine von Cassis und Ciotat. Bedeutend ist die Zucht von Schafen (449,887 Stück), welche auf dem ausgedehnten Heideland weiden. Ansehnlich sind ferner die Fischerei [* 12] und die Seidenzucht, welch letztere ca. ½ Mill. kg Kokons ergibt. In der Camargue kommen auch Biber vor. Der Mineralreichtum ist gering und von Bedeutung nur die Braunkohlenförderung im Becken von Fuveau, welche sich 1886 auf 388,221 Ton. belief. Mineralquellen befinden sich zu Aix (s. d. 1) und Les Camoins (bei Marseille).
An den Küsten des Meers wird Seesalz (138,000 T.) gewonnen. Von großer Bedeutung ist der industrielle und der Handelsbetrieb mit Marseille als dem Hauptsitz desselben. Unter den im Departement vertretenen Industriezweigen sind zu nennen: die hüttenmäßige Gewinnung von Eisen [* 13] und Blei, [* 14] die Fabrikation von Metallwaren und Maschinen, Seife (jährlich ca. 900,000 metr. Ztr.), Kerzen (60,000 metr. Ztr.), Soda, raffiniertem Zucker [* 15] (3 große Etablissements mit 2400 Arbeitern u. Produktion von 780,000 metr. Ztr.), Filzhüten, dann von Wagen, Möbeln, Faßbinderwaren, Leder-, Harz- und Teerprodukten, Glas, [* 16] Thonwaren, [* 17] Papier, Seilerwaren und Rohseide, endlich der Schiffbau.
Außer Marseille, dem wichtigsten Seehandelsplatz Frankreichs am Mittelmeer, sind als Häfen zu nennen: Port de Bouc, Arles, Cassis und La Ciotat. Das Departement wird von der Eisenbahn von Avignon über Arles nach Marseille und Toulon [* 18] (Zweigbahnen von Avignon nach Miramas, ferner von Rognac und Marseille nach Aix und von da nach Pertuis und Fuveau etc.) durchzogen. Das Departement zerfällt in drei Arrondissements: Aix, Arles und Marseille, und hat Marseille zur Hauptstadt.
Vgl. Saurel, Dictionnaire des villes du départ. des Bouches du Rhône (Mars. [* 19] 1877-79, 2 Bde.).