Rhetōrik
(griech.), Redekunst, im ursprünglichen engern Sinn die Theorie der Beredsamkeit oder der Inbegriff der Grundsätze und Regeln für den rednerischen oder oratorischen Vortrag (s. Rede); im weitern Sinn die Theorie der Redekunst im allgemeinen oder der Inbegriff der Grundsätze und Regeln für die sprachliche Darstellung in Prosa überhaupt, im Gegensatz zur Poetik (s. d.), welche die Gesetze der dichterischen Darstellung erörtert. Die Rhetorik im leitern Sinn bezieht sich daher nicht nur auf die Abfassung eigentliche Reden, sondern auch auf die erzählende Prosa, auf Abhandlungen und Lehrbücher, Briefe und Gespräche etc.; dazu gibt sie stilistische Anweisungen in Bezug auf Richtigkeit und Schönheit des Ausdrucks, auf Periodenbau, wohllautende Gliederung der Worte, Ausschmückung durch uneigentliche und bildliche Wendungen (Figuren und Tropen) etc., die sie zum größten Teil wieder mit der Poetik gemein hat.
Begründer der Rhetorik als Wissenschaft ist Aristoteles; in der Folge haben sie besonders Cicero und Quintilian sowie die spätern griechischen und römischen Rhetoren (s. d.) mit vielem Scharfsinn weiter entwickelt. Das verbreitetste Unterrichtsbuch für Rhetorik waren lange Zeit Ernestis »Initia rhetorica« (Leipz. 1750 u. öfter).
Vgl. Blair, Lectures on rhetoric and helles letters (1783, neue Ausg. 1874; deutsch, Liegn. 1785, 4 Bde.);
Maaß, Grundriß der allgemeinen und besondern reinen Rhetorik (5. Aufl., Leipz. 1835);
Schott, Theorie der Beredsamkeit (2. Aufl., das. 1828-49, 4 Tle.);
Falkmann, Praktische Rhetorik (Hannov. 1835-39, 3 Tle.);
Volkmann, Hermagoras oder Elemente der Rhetorik (Stett. 1865);
Derselbe, Die Rhetorik der Griechen und Römer, in systematische Übersicht dargestellt (2. Aufl., Leipz. 1885);
W. Wackernagel, Poetik, Rhetorik und Stilistik (2. Aufl., Halle 1888);
Ortloff, Lehrbuch der gerichtlichen Redekunst (Neuw. 1886-87, 2 Bde.);
Chaignet, La rhétorique et son histoire (Par. 1888).
Kürzere Abrisse der Rhetorik lieferten Richter (5. Aufl., Leipz. 1853), Benedix (3. Aufl., das. 1881), Gerlach (Dess. 1877), Calmberg (Zürich 1884).