Rheinweine
,
im weitern Sinn alle Weine von beiden Ufern des Rheins von Basel [* 2] bis zum Siebengebirge, die der Seitenlande und der einmündenden Flußthälern also die Weine Badens, des Elsaß, des Rheingaues, der Mosel, Nahe und Saar, der Ahr und des Unterrheins, Rheinhessens mit der Bergstraße und der Pfalz; im engern Sinne nur die Weine des Rheingaues, deren Produktion im Zeitraum von 40 Jahren zwischen 88 und 5086 Stück (à 1200 Lit.) schwankte. In diesem Zeitraum lieferten 25 Jahre weniger als eine halbe und nur eins eine volle Ernte. [* 3]
Diese
Weine sind mit wenigen Ausnahmen weiß, gold-hell, von trocknem, pikantem
Geschmack und einem köstlichen
Boukett, welches
kein andrer
Wein in solcher
Fülle und
Kraft
[* 4] besitzt. Die Rheinweine
machen leicht das
Gefühl von
Säure auf der
Zunge; aber
selbst bei den leichtesten vereinigt sich diese
Säure mit so viel
Aroma, Lieblichkeit und Feinheit, daß sie ein vortreffliches
Tafelgetränk bilden. Im allgemeinen sind die edlen Rheinweine
schwer, mäßig getrunken übertrifft ihre diätetische
Wirkung, namentlich bei alten Leuten, diejenige aller bekannten
Weine.
Die Rheinweine
lassen sich bei richtiger Behandlung jahrhundertelang aufbewahren. Die besten
Rheingauer
Weine,
die sogen. Hochgewächse, gelten als die edelsten
Weine
Deutschlands
[* 5] und sind mehrfach als die ersten der
Welt gerühmt worden.
Auch die mittlern
Weine des
Rheingaues finden nach weithin Abnahme, während die kleinern an
Ort und
Stelle oder in der Umgegend
konsumiert werden. Als Rheinweine
ersten
Ranges betrachtet man die von
Johannisberg,
Steinberg,
Markobrunn,
Rauenthal,
Rüdesheim,
Geisenheim,
Hochheim,
Gräfenberg,
Aßmannshausen (rot); zweiten
Ranges sind die von
Hattenheim,
Dorf-Johannisberg,
Winkel,
[* 6] Östrich, Hallgarten, Vollrathsberg; dritten
Ranges die von
Erbach,
Eltville, Eibingen, Kiedrich, Mittelheim,
Schierstein, Walluf,
Lorch (auch rot). Hauptplätze für den
Handel sind:
Rüdesheim,
Eltville,
Bingen,
[* 7]
Mainz,
[* 8]
Frankfurt,
[* 9]
Köln.
[* 10] Der
Schloß-Johannisberger wird auf 16
Hektar gebaut, von denen gewöhnlich 10,5-11 im tragfähigen Zustand sind, und man produziert
im
Durchschnitt etwa jährlich 30
Stück
Wein; die Kabinettsweine werden nur in
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Flaschen verkauft, sie zeichnen sich durch höchst angenehmen Geruch und Geschmack, gewürzhafte Süße, Konsistenz und Stärke [* 12] aus und gehen in alle zivilisierten Länder der Welt. Auch unter dem Dorf-Johannisberger finden sich sehr edle Sorten. Der Steinberger, ebenfalls einer der feinsten, boukettreichsten und stärksten Weine, übertrifft in guten Jahrgängen den Johannisberger an Feuer, wenn er ihm auch an Boukett nachsteht, und der Steinberger Kabinettswein erzielt ziemlich dieselben Preise wie der Johannisberger.
Der Rauenthaler, erst in neuester Zeit durch verbesserte Kultur zu hohem Rang erhoben, heißt seit dem Fürstenkongreß von 1863 Fürstenwein, weil damals die Stadt Frankfurt ihre Gäste mit diesem Wein bewirtete. Der Markobrunner ist sehr duftig und besonders im Alter kräftig; er wächst in den Gemarkungen Erbach und Hattenheim. Der Gräfenberger wächst bei Kiedrich und ist dem Johannisberger sehr ähnlich. Rüdesheim liefert in seiner großen Gemarkung kräftige, boukettreiche Weine ersten Ranges, ebenso Geisenheim.
Der rote Aßmannshäuser zeichnet sich durch Mandelgeschmack und geistigen Gehalt aus und besitzt oft überraschende Ähnlichkeit [* 13] mit dem Chambertin-Burgunder, ohne seinen Rheinweincharakter einzubüßen; er ist der beste Rotwein Deutschlands. Der Hochheimer wächst auf den südlichen Abhängen des Taunusgebirges in dem Winkel, welchen die Vereinigung des Mains mit dem Rhein bildet, und ist von alters her so berühmt, daß in einem großen Teil der Welt unter seinem Namen (Hock der Engländer) alle deutschen Weine gehen.
Der edle Hochheimer übertrifft beinahe alle übrigen Weine durch seinen ausgesprochen höchst aromatischen Wohlgeruch und seine vorzügliche Zartheit; er besitzt viel Körper, Milde und Feuer, ist ungemein haltbar und gewinnt ausnehmend durch Lagern. Der moussierende Hochheimer, der als Sparkling Hock außerordentlichen Absatz nach England findet, gehört zu den gelungensten Nachahmungen des Champagners. Dem Hochheimer zunächst steht der Wein von Kostheim, im Mündungswinkel von Rhein und Main; er tritt in den zweiten Rang und kommt nur als Hochheimer in den Handel. Ein ausgezeichnetes Produkt liefert ferner der Neroberg bei Wiesbaden, [* 14] und auch Wickert erzeugt treffliche, gehaltvolle Weine. Vgl. Litteratur bei Rheingau. [* 15]