im engern Sinn heisst der schweizerische - linksrheinische - Anteil am Thal des
Rhein von der Grenze
des Bezirkes Werdenberg
bis zum
Bodensee, der die beiden St.
Galler Bezirke Ober und Unter Rheinthal umfasst und im O. mit dem
Rhein an
Oesterreich stösst. Im weiteren Sinn gefasst reicht PS im S. bis zum Durchbruch des
Rhein bei
Trübbach. Die meist ziemlich
schroff und zum Teil sogar sehr schroff ansteigenden Thalgehänge bestehen links aus Kreide, Flysch und
Molasse, rechts aus Trias, Flysch, Kreide und Molasse (vergl. den Art.
Rhein).
Dazwischen bildet der Rheinthalboden eine weite Alluvial- oder Schwemmlandebene, die sich von etwa 2 km bei
Trübbach-Balzers
bis auf 12 km im untern Rheinthal und 15 km amBodensee verbreitert. Dabei zerfällt sie durch einzelne
Bergvorsprünge und isoliert aus der
Ebene aufragende Hügel in drei Abschnitte, die allerdings nur sehr unvollkommen gegeneinander
abgegrenzt sind. Der südlichste Abschnitt reicht nach N. bis an den inselartig etwa 180 m über die
Ebene aufragenden Kreidezug
des
Schellenbergs (630 m), der zweite von da bis an die Kreidehügel bei
Oberried (links) und Koblach-Götzis
(rechts), einerseits
Oberberg,
Kapf,
Semelenberg und
Montlingerhügel und andererseits Kummenberg, Bromernhügel und Tschütsch
(Höhen bis höchstens 668 m), der dritte von da bis zum
Bodensee.
Infolge der Ueberschwemmungen und der Auflandungen
(Kies-,
Sand- und Schlammablagerungen) ist der Boden etwas terrassiert,
sonst aber völlig eben und sozusagen horizontal; fällt doch der
Rhein auf der etwa 64 km langen Strecke von
Trübbach bis
zum
Bodensee nur von 480 m auf 399 m, also kaum um 1,4‰. Die Ortschaften sind fast alle wie Küstenorte an den
Saum der
Ebene,
an den Fuss und auf die untersten Abhänge der beiden Bergseiten gedrängt und stehen namentlich an Einbuchtungen
und einspringenden
Winkeln derselben.
Aehnlich ist es auf der andern
Seite mit Balzers,
Triesen, Vaduz, Schaan und Nendelen am Fuss der Dreischwesternkette; Gisingen,
Altenstadt, Rankweil,
Sulz-Röthis, Weiler-Klaus in der Rankweilerbucht und Hohenembs, Dornbirn, Haselstauden, Schwarzach,
Rikenbach, Wolfurth und Bregenz in der Dornbirnerbucht. Auch Bendern,
Eschen, Mauern, Nofels und Rugell liegen am Fuss eines
Berges (rings um den
Eschenberg);
dann Tisis, Feldkirch, Kohlach, Götzis an und zwischen
Bergen;
in der
Ebene zwischen Fluss und Gebirg endlich Bangs, Meiningen,
Mäder,
Altach, Fussach, Haard und
Lautrach.
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In dieser Verteilung und Anordnung der Siedelungen kommt übrigens nicht nur die geringere Ueberschwemmungsgefahr der rheinthalischen
Randlandschaften, sondern auch deren klimatische Begünstigung zum Ausdruck, die für die schweizerische Seite noch grösser
ist als für die österreichische, weil dort ganze lange Striche (so besonders von Garns bis Rüti und von Altstätten
bis Au) nach SO., d. h. nach der Morgensonne exponiert sind und durch die dahinter aufsteigenden Bergwände gewissermassen
eine klimatische Spalierwirkung entsteht.
Daher sehen wir dort nicht nur reichen Obstwuchs und die Dörfer überall in förmlichen Obstbaumwäldern versteckt, sondern
auch beträchtlichen Weinbau auf der ganzen Strecke von Garns bis zum Bodensee, in kleinern Parzellen
auch weiter südl. bis Sargans. Auf der österreichischen Seite fehlt der Weinbau zwar nicht ganz, ist aber doch weit weniger
ausgedehnt und auch in der Qualität des Erzeugnisses geringer. Der Obstbau hingegen ist hier ebenfalls stark entwickelt,
wie übrigens auch bei den dem Rhein genäherten Dörfern, trotz des hier schon merklich unfreundlichere,
namentlich feuchtere, nebligern und windigere Klimas und auch meist ungünstigere Bodens.
Auf weiten Strecken eignet sich aber dieser trefflich zur Heu- und Streuegewinnung und als Weide, trockenere Stellen auch
als Ackerland (Mais, Kartoffeln, Gemüse). Dagegen muss die Rheinebene als sehr waldarm bezeichnet werden. Einzig an
der 111 findet sich eine grössere Waldfläche. Im Uebrigen trifft man nur dem Rhein nach schmale Wald- und Gebüschstreifen,
oft nur als Erlengebüsch in den sog. Rheinauen, die zwischen den Wuhren und Dämmen sich hinziehen und dazu bestimmt sind,
das überschüssige Wasser des Rhein aufzunehmen und
weiter zu leiten.
Die Römer erbauten längs dem rechten Ufer des Flusses eine dem Gehängefuss folgende Strasse, die Brigantium
(Bregenz) am Bodensee mit Rätien verband. Die Thalsohle war damals mit Schilf überwachsen und mit zahlreichen kleinen Seen
übersät, während die Gehänge mit dichten Waldungen bedeckt waren. Die ganze Gegend war nach den Berichten der
Römer sehr wild und keineswegs zur Anlage von Siedelungen einladend, die denn auch ganz fehlten. Der Name Montlingen ist rätoromanischen
Ursprunges, und die Namen der übrigen alten Ortschaften stammen von den Alemannen her, die sich hier vom 4. Jahrhundert
an niedergelassen haben.
(Ober). Bezirk des Kantons St. Gallen;
bildete bis 1831 den obern Abschnitt des ehemaligen Bezirkes
Rheinthal. Hauptort ist Altstätten. 9752 ha Fläche und 18114 Ew., also 185 Ew. auf einen km2. Grenzt im O. mit dem Rhein
an Oesterreich, im S. an den Bezirk Werdenberg, im W. mit der Kette des Kamor und seiner Ausläufer an beide
Appenzell
und im N. an den Bezirk Unter Rheinthal. Länge von S. nach N. 15,8 km, Breite im Maximum 8,5 km und im Minimum 4,4 km. Umfasst
die 6 Gemeinden Altstätten, Eichberg, Marbach, Oberriet, Rebstein und Rüti.
Rheinthal (Unter)
* 3 Seite 44.161.
Die zu Altstätten gehörende Exklave Lienz wird von der Gemeinde Rüti umschlossen. Alle diese Gemeinden
reichen von der Thalsohle bis ins Gebirge hinauf und haben Alpweiden, Tannenwälder, Wiesen, Obstbaumgärten und Rebberge.
An den Gehängen über den Dörfern stehen zahlreiche Burgruinen und Schlösser. Das Sumpfland längs dem Rhein wird durch die
neuern Korrektions- und Entwässerungsarbeiten allmählig trocken gelegt und der Kultur zurückgewonnen. Die
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grössten dieser «Rieter» tragen ihre besonderen Namen, wie z. B. Eisen- oder Isenriet, Bannriet, Marbacherriet, Rebsteinerriet
etc. Die vom Gehänge herunterkommenden zahlreichen Bäche mündeten einst alle direkt in den Rhein, werden aber jetzt vom
sog. Binnenkanal gesammelt, der ihre Wasser neben dem Rhein dem Bodensee zuführt. Die Kosten für Korrektion und
Kanalisation aller dieser Gewässer sind von den Gemeinden, dem Staat St. Gallen
und der Eidgenossenschaft gemeinsam getragen worden.
Hauptbeschäftigung der Bewohner ist Landwirtschaft: Korn-, Gemüse-, Obst-, Mais-, Kartoffel- und Weinbau, Viehzucht;
Alpwirtschaft.
Torfausbeute.
Grosse Waldungen, die zusammen eine Fläche von 2553 ha bedecken, hat nur der obere Teil des Bezirkes.
Die Alpweiden umfassen 859 ha und die Rebberge 110 ha. Die Viehzählungen haben folgende Resultate ergeben:
1886
1896
1901
Rindvieh
6057
6887
6672
Pferde
862
908
1024
Schweine
2012
3357
3173
Schafe
234
323
188
Ziegen
2473
3216
2330
Bienenstöcke
905
1207
976
Beträchtlicher Handel mit Obst, Wein, Holz, Torf, Gemüse, Vieh und Milchprodukten. Käsereien in Marbach,
Altstätten, Leuchingen und Wuhr. Altstätten hat die am stärksten besuchten Jahr- und Wochenmärkte des Rheinthales; wichtige
Viehmärkte auch in Oberriet. Die Industrie ist besonders vertreten in Rebstein und Altstätten, wo grosse mechanische Stickfabriken
bestehen. Stickfabriken und Handstickerei als Hausindustrie ferner noch in Oberriet, Rüti, Eichberg und
Marbach.
Grosse Ziegeleien in Oberriet, Altstätten und Marbach; Mühlen und Sägen an manchen Orten. Zollämter in Büchel, Oberriet, Montlingen
und Kriesseren. Verschiedene Sparkassen; in Altstätten zwei Bankgeschäfte. Drei Sekundarschulen, eine Korrektionsanstalt für
Mädchen, zwei klösterliche Erziehungsinstitute, Berufsschulen. Zahlreiche Gesellschaften und Vereine. 1850: 15418 Ew.;
1900: 18114 Ew., wovon 12742 Katholiken und 5368 Reformierte. 4200 Haushaltungen in 3328 Häusern. 1098 Ew.
sind Ausländer.
(Unter). Bezirk des Kantons St. Gallen.
Bildete einst den untern Abschnitt des Bezirkes Rheinthal und wurde 1831 zum
eigenen Bezirk erhoben. 5455 ha Fläche und 16793 Ew., also 308 Ew. auf einen km2. Bezirkshauptort ist Rheineck; Gerichtssitze
sind Rheineck und Berneck. Der Bezirk grenzt im O. an den alten Rheinlauf, im S. an den Bezirk Ober Rheinthal, im W. an beide
Appenzell
und den Bezirk Rorschach und im N. an den Bodensee. 18 km lang und im Maximum 7 km, im Minimum oberhalb
Rheineck nur 500 m breit.
Umfasst die 8 Gemeinden Thal, Rheineck, St. Margrethen, Au, Berneck, Balgach, Widnau und Diepoldsau, von denen die zwei letztern
ganz in der Rheinebene liegen, während die andern sich auch noch am linksseitigen Thalgehänge hinaufziehen.
Tannenwälder, Wiesen und Weiden im Bergland; gut exponierte Weinberge an den tiefern Gehängen; fette Wiesen, Obstbäume, grosse
Mais-, Kartoffel- und Gemüsefelder in der Ebene, die in ihrem s. Abschnitt auch noch sumpfig ist.
Die vielen Obstbäume von St. Margrethen zeichnen sich durch ihren hohen Wuchs besonders vorteilhaft aus.
Am Berghang manche Burgruinen und Schlösser. Der Fussacher
Durchstich der untersten Rheinschlinge unterhalb Au hat das Landschaftsbild
gegen früher stark verändert, die Gegend vor Ueberschwemmungen gesichert und grosse Strecken Landes dem Anbau zurückgewonnen.
Der Diepoldsauer Durchstich ist auf grosse Schwierigkeiten gestossen und deshalb leider noch nicht vollendet.
Am westl. Thalgehänge viele und oft besuchte Aussichtspunkte: Heerbrugg, Rosenburg bei Berneck, Meldegg bei Walzenhausen, Schäflisberg
bei St. Margrethen, Buchberg bei Thal.
Das alte Rheinbett wird zum Sammelkanal für die linksseitigen Nebenbäche des Rhein und für die Wasser des Binnenkanals umgebaut
werden. Hauptbeschäftigung der Bewohner ist Landwirtschaft, als Obst-, Wiesen- und Weinbau, Mais-, Kartoffel-
und Gemüsebau, Viehzucht und Alpwirtschaft. In Diepoldsau, Widnau und Balgach wird ferner viel Torf gestochen. Fischfang um
die Mündung des alten Rheinlaufes. Brüche auf feinkörnigen Sandstein in St. Margrethen und Buchen (Gemeinde Thal). Die Weinberge
umfassen 183 ha und die Waldungen 573 ha. Die Viehstatistik hat folgende Resultate ergeben:
1886
1896
1901
Rindvieh
3867
4371
4504
Pferde
538
529
592
Schweine
727
1012
885
Schafe
60
46
33
Ziegen
927
1085
947
Bienenstöcke
568
850
576
Bedeutender Handel mit Obst, Gemüse, Wein, Mais, Kartoffeln, Milch und Milchprodukten, Sandstein, Kies und Torf. Käsereien
in Thal, St. Margrethen, Berneck und Balgach. Viehmärkte in St. Margrethen, Berneck, Thal und Rheineck,
von denen besonders die beiden erstgenannten stark besucht sind. Von grosser Bedeutung ist auch die Stickerei (sowohl als
Fabrikbetrieb wie als Hausindustrie) in den Gemeinden Rheineck und Au. Seidenindustrie in Thal. Grosse Gasfabrik in St. Margrethen.
Druckwasserversorgung und Hydrantennetz in allen Gemeinden.
Mehrere Bankgeschäfte und Sparkassen. Glockengiesserei, Bierbrauerei und mechanische Schreinerei in Staad;
Hauptzollamt in St. Margrethen, Nebenzollämter in Diepoldsau, Schmitter, Widnau, Au, Rheineck,
Altenrhein und Staad. Sekundarschulen in Berneck und Rheineck, kantonale landwirtschaftliche Winterschule in Rheineck. Berufsschulen.
Zahlreiche Gesellschaften und Vereine. 1850: 11994 Ew.; 1900: 16793 Ew., wovon 8756 Reformierte und 8023 Katholiken. 3739 Haushaltungen
in 2817 Häusern.
Die beiden jetzigen Bezirke Ober und Unter Rheinthal waren 1460 an die Appenzeller gekommen, mussten aber von
diesen nach dem Rorschacherkrieg 1490 an die Schirmorte der Abtei St. Gallen,
nämlich Zürich,
Luzern,
Schwyz
und Glarus
abgetreten werden, die sie zur Landvogtei
Rheinthal umgestalteten und die 1491 auch Uri,
Unterwalden und Zug,
1499 noch Appenzell
und 1712 endlich auch Bern
zur Mitbeherrschung zuliessen. Diese
Stände liessen das Land unter sich abwechselnd auf je zwei Jahre durch einen Landvogt regieren,
der in Rheineck residierte und dem der Blutbann zustand. Die niedere Gerichtsbarkeit übten im untern Thalabschnitt (Rheineck
und Thal) ebenfalls der Landvogt, im mittleren Abschnitt der Abt von St. Gallen,
im obern Abschnitt das Kloster Pfäfers¶