
Rheineck
oder Rheinegg (Kt. St. Gallen,
Bez. Unter
Rheinthal). 402 m. Gem. und kleine Stadt, Bezirkshauptort; am linken Ufer des alten
Rheinlaufes, unterhalb seiner letzten Schlinge und 4,8 km oberhalb seiner Mündung in den
Bodensee schön
gelegen.
Strassen nach
Rorschach, Thal,
Heiden,
Walzenhausen und
St. Margrethen Station der Linie
Rorschach-Sargans. Kopfstation
der Drahtseilbahn Rheineck
-Walzenhausen. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach Thal und
Heiden; Automobilkurse nach
Heiden, Thal,
Buchen,
Staad und
Rorschach. Zollamt. 284
Häuser, 2094 Ew., wovon 1414 Reformierte und 669 Katholiken. 1850: 1177 Ew.,
wovon 147 Katholiken.
![vergrössern: Rheineck und Umgebungen. ^[Karte: 7° 15’ O; 47° 28’ N; 1:25000]. vergrössern: Rheineck und Umgebungen. ^[Karte: 7° 15’ O; 47° 28’ N; 1:25000].](/meyers/teile/44/44_0153-2.jpg)
Ueber der Stadt erhebt sich ein mit Reben bepflanzter und von Burgruinen gekrönter Hang. Vom Burghügel schöne Aussicht auf den Bodensee und seine Uferlandschaften. Gut gebaute Stadt mit schönen Häusern. Bemerkenswert ist besonders das im NW. stehende grosse Schloss Löwenhof, ehemals Wohnsitz des als Wohltäter seiner engern Heimat bekannten helvetischen Senators Laurenz Custer. Zwei schöne Schulhäuser. Stickereifachschule. Sekundar- und Handelsschule, ¶
Rheinfall

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Gewerbeschule. Mehrere grosse Stickerei- und Seidenfabriken. Ein Bankgeschäft. Badanstalt. Brücke über den Rhein. Rathaus
und Pfarrkirche sind mit schönen Glasmalereien geschmückt. Diese letztere steht auf einer die kleine Stadt beherrschenden
Anhöhe und dient beiden Konfessionen. Rheineck
ist mit 217 ha Fläche eine der kleinsten, zugleich aber auch eine der wohlhabendsten
Gemeinden des Kantons mit einem Steuerkapital von 11 Millionen Fr. Eine Buchdruckerei mit Zeitung.
Anstalt für Zinkogravüre. Armen- und Waisenhaus. Sehr tätige gemeinnützige Gesellschaft und zahlreiche andere Vereine
und Gesellschaften für wohltätige, bildende oder gesellige Zwecke. Zwei Jahrmärkte. Früher hatte Rheineck
viel unter
den Ueberschwemmungen des Rhein und seiner Nebenadern zu leiden, deren gefährlichste, der Freibach und
der Steinlibach, schon zu einer Zeit verbaut worden sind, da man noch nicht zur Korrektion des Rhein selbst geschritten war.
Seitdem nun der Unterlauf des Rhein in gerader Linie abgelenkt ist, hat die Gegend an Sicherheit vor Hochwasser bedeutend
gewonnen.

Der alte Rheinlauf dient jetzt noch als Sammelkanal für die kleinern Kanäle im untern Rheinthal und
wird später eingeengt und selbst zu einem blossen Kanal sekundärer Natur umgebaut werden. Das Schloss Rheineck
, früher
Rinegge und Rynegk geheissen, ist älter als die Stadt, die ursprünglich nur ein kleines Fischer- und Schifferdorf war und
den Namen Fischerhausen trug, der später auch auf den Gerichtsplatz der Herrschaft Rinegg überging. Dieser Name ist bis
heute noch einer zu Altenrhein gehörenden Häusergruppe verblieben.
Die Gründung des Schlosses Rinegg dürfte ins 11. Jahrhundert zurückreichen und wird dem Abt Ulrich III. von St. Gallen
zugeschrieben.
Die Stadt Rheineck
wird zum erstenmal 1218 in der Stiftungsurkunde der vom Grafen Hugo von Montfort gegründeten
Johanniterkomthurei zu Feldkirch erwähnt. Bei der Erbteilung des Nachlasses derer von Montfort kam die Herrschaft Rheineck
an die Grafen von Werdenberg-Rheineck. Die Stadt selbst wurde 1276 von König Rudolf I. zur freien Reichsstadt erhoben. Zu
Ende des 12. Jahrhunderts gehörten die Herren von Rheineck
zu den angesehensten und mächtigsten Edel-
und Ministerialengeschlechtern des Stiftes Konstanz und des Klosters St. Gallen.
Neben dem alten Schloss und den direkt davon abhängigen
Höfen besassen sie noch Grundbesitz in Walzenhausen, in Gaissau am andern Rheinufer und auf einer durch zwei Flussarme
gebildeten Insel.
Gegen Ende des 13. Jahrhunderts entstand auf einem Hügel nahe der Stadt ein in die Verteidigungswerke dieser letztern miteinbezogenes
neues Schloss, Nüwe Rinegge geheissen. Seit 1400 teilte Rheineck
die Geschicke des gesamten unteren Rheinthales. Stadt und
Schloss wurden von den Appenzellern zweimal, 1405 und 1446, genommen und
durch Feuer zerstört, nachdem
die Edeln von Rheineck
schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts erloschen waren. Später wurde Rheineck einer der beiden Hauptorte
und Gerichtssitze der Landvogtei des Rheinthales und zugleich Amtssitz des Landvogtes.

Zur Zeit der Reformation trat fast die ganze Bevölkerung zum neuen Glauben über. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts
blühten hier Handel, Gewerbe und Transitverkehr und wurde von der Bürgerschaft schon eine Realschule eingerichtet. Seit 1591 als
selbständige Kirchgemeinde von Thal losgetrennt. Die Pfarrkirche dient seit 1809 endgiltig beiden Konfessionen. Verschiedene
grosse Feuersbrünste, so namentlich 1746 und 1780; verderbliche Ueberschwemmungen besonders 1816 und 1817. Rheineck
kam
zusammen mit der ganzen Landvogtei des Rheinthales 1798 an den Kanton Säntis und 1803 an den Kanton St. Gallen.
Hauptort des Bezirkes Unter
Rheinthal und von 1831-1861 abwechselnd mit Berneck Sitz des Bezirksgerichtes und der Bezirkslandsgemeinde.
Heimat des helvetischen Senators Jakob Laurenz Custer, dessen Familie neben andern Vergabungen in neuerer
Zeit ihren schönen Landsitz Custerhof der kantonalen landwirtschaftlichen Schule geschenkt hat; des Advokaten Dr. Lutz (†
1883); des Pater Justinian Seiz, Provinziales der schweizerischen Kapuziner in Luzern.
Rheineck
steht wahrscheinlich an der von den
Römern angelegten Siedelung Ad Rhenum. Vergl. Näf, Aug. Chronik der Denkwürdigkeiten der Stadt und Landschaft St. Gallen.
St. Gallen
1850.