Reutlingen
,
[* 1] Hauptstadt des württemberg. Schwarzwaldkreises, in fruchtbarer Gegend am Fuß der Achalm, an der Echaz und der Linie Plochingen-Villingen der Württembergischen Staatsbahn, 375 m ü. M., ist altertümlich, aber stattlich u. freundlich gebaut, hat 3 prot. Kirchen (darunter die schöne, 1247-1343 im gotischen Stil erbaute Haupt- oder Marienkirche mit 74 m hohem Turm), [* 2] eine kath. Kirche, ein Rathaus, eine Fruchthalle, ein ehemaliges Barfüßerkloster etc. und (1885) 17,319 meist evang. Einwohner.
Die industrielle Thätigkeit erstreckt sich auf Baumwollspinnerei und
-Weberei, Fabrikation von
Tuch,
Spitzen,
Borten,
Bändern,
Korsetten,
Messern,
Leim,
Hüten,
Papier,
Seife,
Sesseln und gedrehten
Holzwaren, ferner auf
Metall- und
Eisengießerei,
[* 3] Maschinenfabrikation, mechanische Werkstätten, Drahtsiebweberei,
Gerberei,
Wagen- und Schuhfabrikation,
Bleicherei,
Färberei,
Bierbrauerei,
[* 4] große Mühlwerke etc. Auch der Hopfenbau,
Wein- und Obstbau sowie der
Handel (auch in
Büchern)
sind ansehnlich. Reutlingen
besitzt außerdem eine
Schwefelquelle von 12,5° C. mit eleganten Badeanstalten. Es ist Sitz der
Regierung
des
Schwarzwaldkreises, eines
Oberamtes, einer Generalsuperintendentur, eines Amtsgerichts, einer
Handels- und
Gewerbekammer,
eines
Hauptsteueramtes, einer Reichsbanknebenstelle und hat ein
Gymnasium, eine
Realschule, eine höhere
Webschule, eine Frauenarbeitsschule,
ein pomologisches
Institut, eine landwirtschaftliche Winterschule und eine Erziehungsanstalt für verwahrloste
Kinder. ist
der Geburtsort des Nationalökonomen
Friedrich
List, dem hier ein Denkmal (von
Kietz) errichtet wurde. Auf dem Gipfel der
Achalm
eine Schloßruine, am Abhang derselben ein königliches Hofgut mit Merinoschäferei. In der
Nähe befinden sich auch hoch
auf steilem
Felsen das
Schloß
Lichtenstein (1841 von
Heideloff auf der
Stelle der alten, durch W.
Hauffs
Erzählung bekannten
Feste
Lichtenstein erbaut), die
Nebelhöhle und die Olgahöhle. - Reutlingen
wird zuerst 1213 erwähnt, erhielt von
Otto IV. mehrere
Freiheiten
und von
Friedrich II. die erste
Befestigung.
Als Reichsstadt hielt es treu zu den
Hohenstaufen und schlug im Mai 1247 einen
Sturm von deren Gegnern
ab. Ebenso tapfer bewiesen sich die
Bürger von Reutlingen
, das 1331 dem
Schwäbischen Städtebund beigetreten war, gegen
Ulrich, den
Sohn des
Grafen
Eberhard des Greiners, in der
Schlacht an der
Achalm Namentlich von
Kaiser
Maximilian
I., dessen
Bild den Marktbrunnen ziert, ward Reutlingen
mit großen Vorrechten ausgestattet. Nachdem es in den
Schwäbischen
Bund und 1505 unter
württembergischen
Schutz getreten war, wurde es 1519 vom
Herzog
Ulrich von
Württemberg
[* 5] eingenommen, doch durch den Städtebund
wieder befreit. 1802 kam es an
Württemberg. Am explodierte die dortige
Pulvermühle, wobei
viele
Häuser zerstört wurden.