[* 2] Nebenfluß der
Aare in der
Schweiz,
[* 3] entsteht aus der Vereinigung dreier hochalpiner Quellbäche. Von der
Furka
herab stürzt die Realper Reuß, die als sanfter Bergstrom durch das hohe, aber freundlich grüne, mit
Dörfern besäete, fast waldlose
Ursern zieht und bei
Hospenthal die
Gotthard-Reuß, den Abfluß des
Lucendrosees, bei
Andermatt
den Thalbach, die Vereinigung der
Bäche von
Oberalp (s. d.) und Unteralp, aufnimmt. Die Thalsohle von
Ursern liegt 1438-1542
m ü. M., während die Gotthardquelle
ca. 2530, die Thalbachquelle 2028, die Furkaquelle
ca. 2436 m Meereshöhe
hat.
Aus dem hohen Thalkessel bricht sich die ReußBahn durch die Querriegel des
Gebirges, oft tief unten in enger, finsterer
Spalte
fließend, welche Straßenbauten fast unmöglich macht. Durch das Reußthal ging nämlich ein reger
Verkehr, aber trotz der
Sprengung des
UrnerLoches, eines Felstunnels von 66 m
Länge (1707), und des
Baues der
Teufelsbrücke (s. d.)
gab es bis 1820, wo die neue Gotthardstraße begonnen wurde (s. St.Gotthard), nur einen schlechten und gefährlichen
¶
mehr
Weg. Weiterhin drückt sich nischenartig die Straße in die schauerliche Felswand der Schöllenen und schreitet von einem Ufer
zum andern. Die Tiefe des Thalkessels von Göschenen (1063 m), wo der nördliche Eingang des Gotthardtunnels liegt, ist erreicht.
Da rauscht die GöschenerReuß aus ihrem Thal
[* 5] hervor, bei Wasen (840 m) die Mayenreuß, bei Amsteg der Kärstelenbach
(536 m). Nun fängt das Thalan sich zu erweitern, und durch ein schönes Kanalwerk gelangt die durch den Schächenbach verstärkte
in den Vierwaldstätter See (s. d.). Bei Luzern
[* 6] (437 m) verläßt sie ihr Läuterungsbassin
und damit das Bergland; unter Aufnahme der KleinenEmme wendet sie sich wieder nordwärts und mündet, nachdem
die Lorze ihr noch zugegangen, bei Windisch in die Aare (329 m). Die Gesamtlänge der Reuß beträgt 145,6 km.
Ihr Flußgebiet umfaßt 3411 qkm; ihre Gletscher nehmen 145 qkm ein, also 4,25 Proz. des Flußgebiets.
Die bedeutendsten Spitzen sind: der Sieglitz (747 m) und der Kulm (779 m). Die Hauptgewässer sind: die
Saale mit der Selbitz, Lemnitz, Friesau, Wetterau und Sormitz im westlichen und die WeißeElster
[* 14] mit der Göltzsch im östlichen
Teil des Landes. An der südlichen Grenze entspringt die Rodach, welche zum Main geht. Das Oberland führt
an zahlreichen PunktenStahlquellen, von denen die in der Nähe von Lobenstein gefaßt sind und Anlaß zu der Begründung der
dortigen Bade- und Heilanstalt gaben.
Das Klima
[* 15] ist gemäßigt, um den Frankenwald etwas rauh, in den Gegenden an der Saale und um Gera
[* 16] weit milder. Die Fürstentümer
Reuß haben einen Flächeninhalt von 1142 qkm (20,8 QM.)
mit (1885) 166,502 Einw., wovon auf Reuß ältere Linie 316 qkm (5,8 QM.) mit 55,904 Einw.,
auf Reuß jüngere Linie 826 qkm (15,0 QM.) mit 110,598 Einw. kommen. Reuß ältere Linie zählt 2 Städte, 2 Marktflecken und 76 Dörfer,
Reuß jüngere Linie 6 Städte, 4 Marktflecken und 163 Dörfer. Städte mit über 10,000 Einw. sind Greiz
[* 17] und
Gera.
Obgleich die reußischen Lande wegen ihrer gebirgigen Beschaffenheit die Landwirtschaft nicht zu begünstigen scheinen,
so wird dieselbe doch mit großer Sorgfalt betrieben.
In Reuß ältere Linie und Reuß jüngere Linie entfallen auf Ackerland und
Gärten 41,2, bez. 38,9
Proz., auf Wiesen 16,7, auf Weiden 1,9, bez. 3,3,
auf Wald 36, bez. 37,7 Proz.
des Areals. Man baut allenthalben die gewöhnlichen deutschen Getreidearten; doch reicht im gebirgigen
und rauhen Oberland der Ertrag bei weitem nicht für den Bedarf der Bewohner hin, weshalb viel Getreide
[* 19] aus Bayern, Böhmen
[* 20] und
dem Altenburgischen eingeführt werden muß.
Obst und feineres Gemüse werden nur in Hausgärten gezogen, dagegen ist der Kartoffelbau sehr ausgebreitet und ergiebig. Sorgfältig
wird im Oberland der Flachsbau betrieben. Hopfenbau findet sich hin und wieder, Weinbau gar nicht. Wiesen
von bester Qualität haben alle Landesteile aufzuweisen, daher ist die Viehzucht,
[* 21] bez. die Viehmästung in blühendem Betrieb
und haben die Viehmärkte, namentlich im Oberland, eine große Bedeutung. Dagegen ist der Bestand an Pferden und Schafen verhältnismäßig
gering.
Einen wesentlichen Reichtum bilden in beiden Fürstentümern die Waldungen, von welchen in Reuß ältere
Linie 50 Proz. im Besitz des Staats, in Reuß jüngere Linie 48 Proz. im Besitz des Fürsten sind. Sie bestehen meist aus Nadelholz.
Auch der Bergbau
[* 22] gibt einen nicht unansehnliche Ertrag, wenn er auch bei weitem nicht mehr in dem Maß blüht
wie früher. Der ehedem nicht unbedeutende Bau auf Antimonerze, Flußspat,
[* 23] Braunkohlen (Unterland) und Kupfererze hat meist aufgehört;
nur der Bau auf Eisenerze und Braunkohle beschäftigt noch eine größere Anzahl von Bergleuten.
In der Nähe von Köstritz befinden sich die Saline Heinrichshall und eine chemische Fabrik. In Saalburg verarbeitet
eine Marmorschleiferei die schönen Kalkbänke der dortigen alten Formationen. Außerdem gibt es reiche Schiefer- und Sandsteinbrüche,
und hier und da wird Torf gestochen. Die gewerbliche Industrie ist sehr lebhaft. In Reuß ältere Linie stehen obenan die Wollwarenindustrie
in Greiz und den umliegenden Ortschaften und die Strumpfwarenindustrie in Zeulenroda.
Erstere liefert Tibets, halbwollene und halbseidene Stoffe, wollene Decken, Baumwollzeuge etc. In Greiz stehen jetzt ca. 8000 mechanische
Webstühle,
[* 24] und in Zeulenroda vermehren sich die Stühle für mechanische Wirkerei
[* 25] unausgesetzt. Außerdem sind mehrere Seifensiedereien
(Zeulenroda), Maschinenbauanstalten (ebendaselbst), Wollzeugdruckereien, Stein- und Buchdruckereien, Färbereien und Appreturanstalten
sowie Gerbereien im Betrieb. In Reuß jüngere Linie ist der Hauptort für die IndustrieGera, und hier ist
es wiederum vorzugsweise die Fabrikation von Kammwollwaren, welche dominiert: es stehen daselbst ca. 7000 mechanische Webstühle.
Außerdem sind zu nennen: für Jutespinnerei und -WebereiTriebes;
Endlich bestehen noch einige Eisenhütten (Oberland), eine chemische Fabrik (Heinrichshall),
eine Porzellanfabrik (Gera-Untermhaus), Wachstuchfabriken, Maschinenbauanstalten (Gera) etc. Was den Handel betrifft, so
sind die wichtigsten Ausfuhrartikel der Fürstentümer: die erzeugten wollenen Webstoffe und gewirkten Waren, Jutestoffe,
ferner Holz,
[* 28] Rindvieh, Butter, Eisen,
[* 29] Leder, Sandsteine und Steingut;
AlleFürsten und Prinzen des Hauses Reuß führen seit alten Zeiten den Namen »Heinrich«, wobei die ältere Linie
bis 100 zählt und dann wieder mit 1 beginnt, die jüngere aber nur bis zum Ende eines Jahrhunderts fortzählt und hierauf
wieder mit 1 anfängt. Die Staatsangehörigen sind gleich vor dem Gesetz. In Reuß ältere Linie besteht der
Landtag aus 12 Abgeordneten, von denen 3 vom Landesherrn ernannt, die übrigen als Vertreter des Großgrundbesitzes (2), der
Städte (3) und Landgemeinden (4) auf sechs Jahre direkt gewählt werden. In Reuß jüngere Linie ist der Landtag zusammengesetzt
aus dem fürstlichen Besitzer des Reuß-Köstritzer Paragiums oder dessen Vertreter, aus 3 Abgeordneten der
Höchstbesteuerten und 12 auf drei Jahre direkt gewählten Abgeordneten der übrigen Bevölkerung.
[* 32] In jedem Fürstentum übt
der Landesherr die oberste Kirchengewalt aus.
Die Einnahmen und Ausgaben von Reuß ältere Linie betrugen nach dem Hauptetat für 1888 je 845,752 Mk. Unter
den Einnahmen figurierten die Grundsteuer mit 95,500 Mk. und die Einkommensteuer mit 291,000 Mk., die indirekten Steuern mit 200,000
Mk., die Chausseegelder etc. mit 19,300 Mk.; unter den Ausgaben spielten diejenigen für Reichszwecke (265,401 Mk.) die Hauptrolle.
In Reuß jüngere Linie beliefen sich nach dem Etat für 1888 die Einnahmen auf 1,453,363 Mk., die Ausgaben
auf 1,435,053 Mk. Unter erstern waren die indirekten Steuern mit 336,500, die direkten mit 639,000 und die Chausseegelder mit
35,000 Mk. beziffert; die Ausgaben für Reichszwecke betragen 270,441 Mk. Die Staatsschuld betrug in Reuß ältere
Linie 1886: 408,521 Mk. gegen ein Aktivvermögen von 1,040,283 Mk., in
Reuß jüngere Linie 1887: 1,235,630 Mk. In militärischer Hinsicht bilden die Truppen der beiden Reuß mit denen von Sachsen-Altenburg
und Schwarzburg-Rudolstadt das 7. thüringische Infanterieregiment Nr. 96, welches der 8. Division des 4. deutschen Armeekorps
(Magdeburg)
[* 35] zugewiesen ist. In Gera garnisoniert ein Bataillon dieses Regiments, von welchem allmonatlich
ein kleines Detachement nach Greiz abgeschickt wird.
1) ÄltereLinie. Die Bevölkerung betrug
(vorläufiges Ergebnis) 62,759 Seelen und hat seit 1885 um 6855 Seelen, d. h.
jährlich um 2,31 Proz., zugenommen. Der Staatshaushaltsetat für 1891 beträgt
an Einnahmen und Ausgaben 1,081,778 Mk. Die Hauptposten der Einnahmen sind:
Unter den Ausgaben sind für Reichszwecke 470,591 Mk., für die Rechtspflege 172,552 Mk. und für Verzinsung der Staatsschuld
13,682 Mk. angesetzt. Die Staatsschuld betrug 1889: 309,334 Mk.
Die Quellbäche der Reuss kommen aus dem Massiv des St. Gotthard und zwar aus dem mittleren Teil des die schweizerischen Alpen
durchziehenden grossen Längsthalzuges, d. h. aus dem Abschnitt zwischen dem Furka- und dem Oberalppass. In dieser von SW.
nach NO. streichenden, zwischen die zwei Stammketten eingeklemmten Mulde haben sich folgende Bäche gebildet: 1. Im
Ursernthal, einem Längsthal, die Furkareuss, die ihre Quelle in der Nähe der Passhöhe bei
¶
mehr
2430 m hat und bis Andermatt 16 km lang ist. In Sektionen von 2 km Länge hat die Furkareuss von oben nach unten je ein Gefälle
von 210, 85, 112, 38, 17, 17, 13 und 60‰. Die abnormale Gefällssteigerung auf 112‰ entspricht der Schlucht neben den
grossen Kehren der Furkastrasse hinter Realp. 2. Die Oberalpreuss in der östl. Fortsetzung der Mulde des
Ursernthales. Quelle im Oberalpsee (2026 m), dem der Rhein die Zuflüsse abgegraben hat; Länge bis zur Mündung in die Unteralpreuss 6 km.
In diese Längsfurche münden aus Querthälern von S. her. 3. Die Gotthardreuss; entspringt am Lucendrogletscher
bei etwa 2100 m, bildet den Lucendrosee und ist bis zur Mündung bei Hospenthal 11 km lang.
Die Seen auf der Passhöhe waren einst der Gotthardreuss tributär, sind ihr aber von der Tremola entzogen worden. 4. Die Unteralpreuss;
Quelle am Unteralppass (Uebergang nach dem Val Canaria) bei etwa 2400 m, Länge bis zur Mündung bei Andermatt 12 km.
Von der N.-Seite bezieht das Längsthal nur kurze Zuflüsse, wie wir dies auch im Wallis
und Bündneroberland wieder antreffen. Das
gesamte Gebiet dieser Bäche umfasst 184 km2, wovon 66,7 km2 Fels und Schutt, 23,6 km2 Firn und Gletscher, 0,5 km2Seen, 1,7 km2Wald, 91,5 km2 übrige Gebiete. Unproduktives Land über 50%. 77 km2 liegen über 2400 m
hoch.
Auf den breiten Thalboden von Andermatt, der sich gegenwärtig im Stadium der Auffüllung befindet, folgt die Erosionsschlucht
der Schöllenen, wo die Reuss wild über Blöcke schäumt und von Erosionskessel zu Erosionskessel schiesst.
Oestl. und westl. türmt sich Felswand über Felswand, die hier ein 800 und dort ein 500 m hohes Steilgehänge über dem
Fluss aufbauen, über dem dann erst sanftere Böschungen folgen. Es
beträgt z. B. das Gefälle von Punkt 2066 m bis zur
Reuss hinunter etwa 220% = etwa 65°. Die Schlucht ist in Granit, sogenannten Protogin eingeschnitten
und durchbricht die nördl. Stammkette der Alpen; der nächste Gipfel im W. ist der Bätzberg mit den eidgenössischen Festungsbauten,
der nächste im O. der Schienstock.
Die Protogine begleiten die Reuss bis nach Gurtnellen; sie liefern das Material der bekannten Steinbrüche von Göschenen bis
Gurtnellen. Länge vom Urnerloch bis Göschenen 3 km, Gefälle absolut etwa 300 m, relativ im obern Teil
20%, im mittleren 9% und im untern 4,5%. Die Unwegsamkeit der Schlucht war Schuld an der späten Erbauung des Gotthardweges
(Saumweg um 1231, Strasse 1828-30) und an der frühern politischen Sonderstellung des Ursernthales, das
mehr Beziehungen zu Wallis
und Bünden hatte als zu Uri,
dem es erst seit dem 14. Jahrhundert politisch angehört.
Nur durch Kunstbauten (Teufelsbrücke, Urnerloch etc.) war die Ueberwindung der Schlucht möglich. Die Reuss behält ihr grosses
Gefälle noch bis Amstäg bei, bis wohin sie ihre Schlucht in braunglimmerigen Gneisen vertieft. Gefälle
der Reihe nach 5%, 4,7% und 3,6%; die Abnahme entspricht der jeweiligen Einmündung eines Seitenarmes, der Göschenenreuss
bei Göschenen, der Meienreuss bei Wassen, dem Fellibach unterhalb Gurtnellen. Die bedeutende Steigung musste von der Gotthardbahn
durch die bekannten Kehrtunnels von Wassen besiegt werden. Bei Amstäg ändern sich die Verhältnisse mit
einem Schlag vollständig. Hier stösst an die Reussschlucht, d. h. an ein Thal im Zustand der Vertiefung, unmittelbar ein
Thal im Zustande der Auffüllung, d. h. das 15 km lange Alluvionsthal der Reuss, das am Urnersee sein unteres Ende hat und
nach unten im allgemeinen stetig an Breite
¶
mehr
zunimmt, bis es bei Attinghausen etwa 2,5 km breit geworden ist, welche Breite es nun bis zum See beibehält. Dieser Geschiebeboden
nimmt von oben nach unten an Gefäll ab. Von 6‰ bei Amstäg sinkt dieses auf 3‰ im Kanal von Attinghausen. Die Thalwände
steigen oft unvermittelt in steilen felsigen Gehängen aus dem Schuttboden auf, und anderswo haben Runsen
und Seitenbäche ihre Schuttkegel auf die Anschwemmungen der Reuss gesetzt (Runsen an beiden Gehängen bei Erstfeld, Schuttkegel
des Schächenbaches etc.). Auf dem Thalboden liegen überall zerstreut die Häuschen und Stadel der Thalbewohner, während
sich die grössern Anhäufungen menschlicher Siedelungen an die Eingänge der Seitenthäler gestellt
haben: Amstäg am Austritt des Kerstelenbaches aus dem Maderanerthal, Silenen, Erstfeld an der Mündung des Faulenbaches, Attinghausen
auf dem Schuttkegel des Kummenbaches;
Das Einzugsgebiet der Reuss bis zum Urnersee umfasst 832 km2,
wovon 296 auf Felsen und Schutt, 113 auf Gletscher und Firn, 1 auf Seen, 71 auf Wald und 351 km2 auf übrige Gebiete entfallen;
etwa 50% sind unproduktiv; 241 km2 liegen über 2400 m hoch, 500 km2 von 1200-2400 m. Der Höhenunterschied zwischen
Andermatt und dem Urnersee beträgt nahe an 1000 m. Jährliche Wasserfuhr etwa 750 Millionen m3. Anfangs
Dezember bis Ende April Niederwasser von 0,75-1 m Tiefe, oft mit vollständiger Konstanz während Monaten.
Hochwasser vom Juli bis September. Grösstes nach der Reusskorrektion beobachtetes Hochwasser im September 1868 (mit 430 m3
Wasserfuhr pro Sekunde), wobei das Querprofil an der Brücke von Seedorf (135 m2) sich noch als etwas
zu klein erwies. Minimum der Wasserfuhr auf 7,8 m3 in der Sekunde geschätzt. Kiesfuhr per Jahr etwa 150000 m3 und
Schlammfuhr etwa 50000 m3. 1851-1878 bildeten sich 52500 m2 Deltaland. Abtrag des Sammelgebietes 1 m in 5500 Jahren.
1851-1861 Bau des Kanales von Attinghausen bis zur Mündung in den See.
Die Reuss und ihre Zuflüsse befinden sich noch zum guten Teil im Naturzustand (wenig Verbauungen), weshalb die angeführten
Daten für die wissenschaftliche Kenntnis der Flusstätigkeit einen hervorragenden Wert haben. Das Reussthal ist in der Geologie
klassisch geworden, weil es eines der ersten Beispiele war, das zur Erkenntnis der Thalbildung durch Erosion (Flusstätigkeit)
führte. Vergl. Rütimeyer, Ludw. Ueber Thal- und Seebildung.Basel
1869; Heim, Alb. Erosion im Gebiete der Reuss. (Jahrbuch des S.A. C. 1878/79);Heim, Alb. Mechanismus der Gebirgsbildung.
Basel
1878; Heim, Alb. Nachtrag zur Erosion im Reussgebiet (in der Vierteljahrsschrift der naturforsch. Gesellschaft.Zürich
1900). Besonders schön sind hier Ausbildung und Auftreten von Terrassen und Thalstufen zu beobachten. Das Profil zeigt 5 übereinander
liegende Thalböden, die durch periodische relative Senkung der Erosionsbasis (Mündung) entstanden sind. Thalaufwärts trifft
man Terrassen und Thalstufen, die mit denen des Profils korrespondieren und also einst mit ihnen einem
und demselben Thalboden angehörten. So gehören z. B. zur Terrasse 2 die untersten Terrassen in der Reussschlucht von Amstäg
bis Wassen, auf denen vor Hochwasser gesichert Gurtnellen und Wassen stehen und die Gotthardstrasse liegt, und die Thalstufe
im Maderanerthal bis an den Fuss des Lungenstutz;
zu 4 die Thalstufe des Ursernthales und die Terrasse von Golzerenalp
im Maderanertal;
zu 5 die Thalstufe der Passhöhen von Gotthard und Oberalp und die 15 km lange Terrasse von
der Furkahöhe dem ganzen Hang der Spitzberge entlang bis zur Rossmettlenalp.
b. Subalpine Reuss.
In den Voralpen hat sich vom einstigen Reusslauf nur noch sein Thal erhalten, nämlich die Ebene von Schwyz,
das Thal des Lowerzersees
und des Zugersees und das der Lorze bis zu ihrer Mündung in die Reuss. Aus diesem Stammthal wurde die
Reuss hinausgedrängt durch die letzte Hebung der Rigi-Rossbergnagelfluh, welche Bewegung den Grund legte zu dem bekannten
Amphitheater von Arth, d. h. jenen Nagelfluhschichten, die in weiten Halbkreisen vom Rigi zum Rossberg hinüberziehen und wie
gewaltige Treppenstufen den Hintergrund der Ebene von Arth bilden.
Diese Hebung ging so weit, dass in der Gegend von Goldau das anstehende Gestein etwa 100 m hoch über
dem Zugersee angetroffen wird. So entstand hier eine Thalwasserscheide, wodurch die Reuss rückläufiges Gefälle bekam.
Sie fand dann einen Ausweg durch verschiedene Thäler von frühern Zuflüssen bis in die Gegend von Luzern.
In
dem rückläufigen Thalstück Goldau-Brunnen wurde durch eingeschwemmten Muotakies der Lowerzersee aufgestaut, und als endlich
die Senkung des ganzen Alpenkörpers eintrat, entstand im
¶