Reuleaux
(spr. rölo), Franz, Techniker, geb. zu Eschweiler [* 2] bei Aachen, [* 3] lernte 1845-1846 in einer kleinen Maschinenfabrik in Koblenz [* 4] und ging 1846 nach Eschweiler zurück, um sich in der an seinen Onkel übergegangenen väterlichen Maschinenfabrik für das Maschinenfach weiter auszubilden. 1850 bezog er die polytechnische Schule in Karlsruhe, [* 5] wo besonders Redtenbacher großen Einfluß auf ihn gewann, studierte dann 1852 in Berlin, [* 6] 1853 in Bonn, [* 7] war 1854-55 Vorsteher einer Maschinenfabrik in Köln, [* 8] hierauf kurze Zeit Zivilingenieur und folgte 1856 einem Ruf als Professor der Maschinenbaukunde nach Zürich. [* 9] 1864 ging er nach Berlin als Mitglied der technischen Deputation für Gewerbe und Dozent am Gewerbeinstitut, und 1868 übernahm er die Direktion dieser Anstalt (seit 1865 Gewerbeakademie). Schon 1854 hatte er mit Moll eine »Konstruktionslehre für den Maschinenbau« begonnen und später selbständig fortgesetzt, doch blieb das Werk unvollendet (Bd. 1, Braunschw. 1854-62). Er gab auch eine neue Bearbeitung von Scholls »Führer des Maschinisten« (Braunschw. 1855 u. öfter) und »Konstruktion und Berechnung der für den Maschinenbau wichtigsten Federarten« (Winterth. 1857) heraus.
Für den praktischen Gebrauch schrieb er in Zusammenfassung der positiven Resultate seines ersten Werkes den »Konstrukteur« (4. Aufl., Braunschw. 1882 ff.), und gleichzeitig begann er seine kinematischen Studien, durch welche die Kinematik erst eine für den Maschinenbau voll verwertbare Form gewonnen hat. In Berlin begründete er eine großartige Mustersammlung kinematischer Modelle, welche als unbedingt maßgebendes Vorbild für derartige Sammlungen betrachtet wird, und vollendete seine »Theoretische Kinematik« (Braunschw. 1875),
ein bahnbrechendes Werk, das alsbald, wieder »Konstrukteur«,
in mehrere fremde
Sprachen übersetzt wurde. Reuleaux
entfaltete eine sehr erfolgreiche Lehrthätigkeit, auch beteiligte er sich
lebhaft an den Bestrebungen zur Wiederbelebung des
Kunstgewerbes, die in der Errichtung des
Gewerbemuseums einen nächsten
Zielpunkt hatten. Von 1867 bis 1876 redigierte er die
»Verhandlungen des
Vereins für
Gewerbfleiß«. Auf
der
Weltausstellung zu
Philadelphia
[* 10] (1876) war er zuerst als Vorsitzender der deutschen
Jury, später als Vertreter des
Deutschen
Reichs thätig.
Die Beobachtungen und Vergleiche, welche sich ihm dort aufdrängten, veranlaßten ihn zu Berichten (»Briefe aus Philadelphia«, Braunschw. 1876),
welche durch die Offenheit, mit der er die damaligen Schäden der deutschen Industrie (»billig und schlecht«) besprach, großes Aufsehen erregten. Auf den Ausstellungen in Sydney [* 11] und Melbourne [* 12] 1879-81 leitete er als Reichskommissar die deutsche Beteiligung. Eine Frucht seiner Weltreise ist das Buch »Eine Reise quer durch Indien« (2. Aufl., Berl. 1885).