Bezirkshauptmannschaft Oberhollabrunn, an der Nordwestbahn,
im Mittelpunkt eines bedeutenden Weindistrikts gelegen, hat ein altes Dominikanerkloster, Rathaus, Weinhandel, ist Sitz eines
Bezirksgerichts und zählt (1880) 1285, mit der Altstadt 2992 Einw.
(Rais, spr. rähs oder räh), 1) Gilles de Laval, Baron von, Marschall von Frankreich, geb. 1404 zu Machecoul, zeichnete
sich unter Karl VII. im Kriege gegen die Engländer aus, namentlich bei Orléans, wo er an der Seite der Jungfrau
focht, erhielt den Marschallsstab, zog sich aber 1433 auf sein Schloß in der Gegend von Nantes zurück, wo er glänzenden Hof
hielt und, um sein durch Verschwendung zerrüttetes Vermögen wiederherstellen, sich der Alchimie ergab
und viele Knaben und Mädchen teils seinen unnatürlichen Gelüsten, teils seinem Aberglauben opferte. Er ward zum
Feuertod verurteilt. Ein Manuskript über diesen Prozeß befindet sich in dem Archiv der Präfektur zu Nantes.
2) Albert de Gondi, Baron von, geb. zu Florenz, wurde 1547 von Katharina von Medici an den französischen
Hof gezogen, erwarb durch Heirat die Baronie Retz, nahm an mehreren Kriegen Frankreichs mit Auszeichnung teil, ward 1573 zum Marschall von
Frankreich ernannt und übte unter Heinrich III. großen Einfluß, ergriff dann die Partei Heinrichs IV. und starb in
Paris.
3) Jean François Paul de Gondi, Kardinal von, Großneffe des vorigen, geb. 1614 zu Montmirail en Brie, ward für den geistlichen
Stand bestimmt und suchte sich demselben vergeblich durch einen liederlichen Lebenswandel zu entziehen. Seit 1643 Doktor der
Theologie an der Sorbonne, ward er Koadjutor des Erzbischofs von Paris, seines Onkels Henri de Gondi, und bald
dessen Nachfolger. Durch scheinbaren Eifer in seinem Amte, durch seine Beredsamkeit und liebenswürdiges Benehmen erlangte Retz beim
Volk große Beliebtheit.
Da er sich mit Mazarin verfeindet hatte, so stellte er sich 1648 an die Spitze des Aufstandes der Fronde, fiel aber, als Mazarin
dem eitlen, gewissenlosen Mann den Kardinalshut zusicherte, 1649 von seiner Partei ab. Dennoch wurde er
nach Bewältigung des Aufstandes 1652 verhaftet, brachte 15 Monate in der Bastille zu und ward dann auf das Schloß zu Nantes
versetzt, von wo er jedoch entwich. Viele Jahre irrte er nun unter romanhaften Erlebnissen durch alle
Länder Europas, bis ihm nach Mazarins Tode die Rückkehr nach Frankreich 1664 verstattet wurde. Er entsagte seinen Ansprüchen
auf das Erzbistum Paris, erhielt dagegen den Titel eines Abbés von St.-Denis und lebte in großer Zurückgezogenheit den Wissenschaften;
starb in St.-Denis. Sein Hauptwerk sind die »Mémoires« (1717, beste Ausg. von Champollion-Figeac,
1859, 4 Bde.),
welche die Ereignisse und Persönlichkeiten der Zeit geistvoll und interessant, wenngleich parteiisch schildern.
Eine vollständige Ausgabe der »Œuvres du cardinal R.« ^[»Œuvres du cardinal R.«] besorgten Feillet und Gourdault (Par. 1872-88,
Bd. 1-9).
Vgl. Curnier, Le cardinal Retz et son temps (Par. 1863, 2 Bde.);
Topin, Le cardinal de Retz, son genie et ses écrits (3. Aufl. 1872);
Chantelauze, Le kardinal de Retz et ses missions diplomatiques
à Rome (Par. 1879);
Derselbe, Le cardinal de Retz et l'affaire du chapeau (das. 1878, 2 Bde.);
Gazier, Les dernières années du cardinal de Retz (das. 1876).
bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für Anders Johann Retzius, geb. 1742 zu Christianstad, Professor der Naturgeschichte
in Lund, gest. 1821 in Stockholm (Botaniker und Zoolog).