Resorption
(lat., »Aufsaugung«),
die Aufnahme von Stoffen in das Blut, findet an den verschiedensten Orten des Organismus statt, am augenfälligsten im Nahrungsschlauch, weniger energisch auf der äußern Haut [* 2] sowie in den verschiedenen Geweben. Die Schleimhaut des Magendarmkanals besitzt in ihrem ganzen Verlauf das Vermögen der in sehr hohem Grad, wie schon die schnelle Wirkung gewisser Gifte (Blausäure, Opium) beweist, selbst dann, wenn diese durch Klystiere mit der Mastdarmschleimhaut in Berührung kommen.
Diejenigen Substanzen, welche in der Gestalt von Speisen und Getrunken in den Körper eingeführt werden, gelangen meistens nur nach vorheriger Einwirkung von Verdauungssäften zur (s. Verdauung). Dem Inhalt des Nahrungsschlauchs stehen bei seinem Übergang in die allgemeine Säftemasse zwei Wege offen, nämlich die Blutgefäße und die Chylusgefäße. Erst die Neuzeit hat exakte Aufschlüsse über die Abzugswege der Nährstoffe gebracht. Von der Beobachtung ausgehend, die an jedem mit Fett gefütterten Tier zu machen ist, daß zur Zeit der Fettverdauung Fett im emulgierten Zustand durch die Chylusgefäße und den Milchbrustgang abströmt, suchte Zawilski festzustellen, ob die Gesamtmasse des Fettes durch die Chylusbahnen abgeführt werde, oder ob etwa ein Teil desselben auf andre Weise in den Organismus gelange. Er fand, daß der Fettstrom durch den Milchbrustgang nicht völlig genügt, den Verlust des Verdauungsapparats an Fett zu decken. v. Mering zeigte, daß der Zuckergehalt des Chylus nach der Fütterung mit Stärke [* 3] und Zucker [* 4] nicht größer ist als bei der Verabreichung von Fleisch oder selbst nach mehrtägigem Hungern; er fand auch, daß der Zuckergehalt des Chylus nicht größer ist als der der übrigen Lymphe, und daß daher eine nachweisbare Abfuhr des Zuckers durch die Chylusgefäße nicht stattfindet.
Schmidt-Mülheim fand, daß auch nach der völligen Absperrung des Chylus von der Blutbahn (Unterbindung des Milchbrustganges) der Transport des Eiweißes in den Organismus und seine Umwandlung in Harnstoff wie bei offenen Chyluswegen stattfindet, und später sind von demselben auch direkte Beweise dafür gebracht, daß die Blutbahnen die Abzugswege der verdauten Eiweißkörper sind. Was endlich die Abzugsbahnen der Salze betrifft, so konnte man nach Einverleibung von größern Mengen leicht nachweisbarer Salze diese niemals im Chylus nachweisen.
Die physikalischen
Kräfte, welche als
Ursachen der Resorption
anzusehen sind, hat man früher ganz allgemein in
Filtration und
Diffusion
[* 5] gesucht. Es ist indessen völlig unmöglich, die
Erscheinungen bei der Resorption
durch diese
Kräfte genügend
zu erklären, und wir sind um so mehr genötigt, der Schleimhaut des Verdauungsapparats ganz spezifisch wirkende Resorption
smechanismen
zuzuschreiben, als die
Existenz eines derartigen
Apparats wenigstens für die Resorption
des
Fettes über jeden
Zweifel erhaben ist.
Dieser Apparat befindet sich in den Zotten der Dünndarmschleimhaut. Diese Zotten besitzen eigentümliche Cylinderzellen, deren Protoplasma nicht durch eine Membran von der Darmhöhle abgeschlossen ist, sondern an dieser Stelle eine große Anzahl von feinen Fortsätzen zeigt, welche nach den Beobachtungen von Thanhoffer und Fortunatow selbständige Bewegungen ausführen können. Vermöge dieser Bewegungen sind sie im stande, die feinen Fetttröpfchen, welche in die kapillaren Räume zwischen den feinen Fortsätzen gelangt sind, in das Protoplasma der Zellen einzupressen.
Die Fetttröpfchen wandern nun durch den ganzen Zellleib hindurch nach dem zugespitzten Ende der Cylinderzellen
hin, welches nach Heidenhain direkt mit dem Bindegewebskanalsystem und weiterhin mit einem im Innern der Zotte gelegenen
Lymphraum, der als sichtbarer Anfang der Chylusgefäße betrachtet wird, in
Verbindung steht. Sowohl die Cylinderzellen als
die Chylusgefäße sind nur zur Zeit der Fettresorption
mit Fetttröpfchen gefüllt. Wie weit bei der Resorption der
übrigen
Nährstoffe spezifische Vorrichtungen beteiligt sind, ist unbekannt.
Der äußern
Haut wurde früher ein bedeutendes Resorption
svermögen zugeschrieben; gegenwärtig aber weiß man, daß die
Epidermis,
[* 6] welche noch dazu mit einer fettigen
Masse (dem
Hauttalg) durchtränkt wird, der Resorption
nicht gerade sehr günstig ist.
Entfernt man die Epidermisdecke, z. B. mittels eines
Blasenpflasters, so zeigt die nunmehr bloßgelegte
Lederhaut ein bedeutendes Resorption
svermögen, welches auch therapeutisch zur Einverleibung medikamentöser
Mittel in den
Organismus benutzt wird.
Ein sehr intensives Resorption
svermögen besitzt das unter der
Haut befindliche
Bindegewebe. Da die an dieser
Stelle namentlich
sehr viel schneller von statten geht als im Verdauungskanal, so benutzt man dieselbe besonders dann,
wenn es sich darum handelt, dem
Körper möglichst schnell gewisse
Stoffe einzuverleiben. Diese sogen. subkutanen
Injektionen,
namentlich die von
Morphium, ausgeführt mit einer feinen sogen.
Pravazschen Spritze, sind eins der unentbehrlichsten
Mittel
bei einer großen Zahl von krankhaften Zuständen. Als Resorption
müssen auch diejenigen
Prozesse bezeichnet
werden, vermöge deren die verbrauchten
Substanzen aus den
Geweben wieder in die Blutmasse zurückgeführt werden. Auch auf
¶
mehr
pathologischem Gebiet begegnen wir sehr auffallenden und wichtigen Resorption
sprozessen, besonders bei der Entfernung von
Exsudat- und Blutmassen aus den Geweben und aus den Höhlen der serösen Säcke. Von diesen Exsudaten und Blutergüssen werden
die wässerigen Bestandteile direkt in die Blutmasse aufgenommen, während die zurückbleibenden festen Bestandteile in feinste
Fett- und Eiweißkörnchen sich umwandeln, welche schließlich ebenfalls in die Blutgefäße, wahrscheinlich
in flüssiger Form, übertreten. Die ist daher ein wichtiger Faktor bei der Heilung von Krankheiten.