Religionsg
esellschaften.
Das kanonische
Recht kennt den
Begriff Religionsg
esellschaften nicht; was außerhalb «der
Kirche» an religiösen
Bildungen steht, ist lediglich dem kirchlichen
Strafrecht verfallen. Nicht anders ist das Rechtsverhältnis nach der
Reformation.
Erst durch die seit
Friedrich d. Gr. principiell anerkannte
Toleranz in Religionssachen wird die
Bildung von selbständigen
Religionsg
esellschaften außerhalb der großen
Kirchen möglich. Vollen
Durchbruch aber gewann das Toleranzprincip doch erst
im 19. Jahrh. Jetzt ist die
Bildung von Religionsg
esellschaften, selbstverständlich im
Rahmen der Staatsgesetzgebung, in wohl allen deutschen Einzelstaaten
verfassungsgemäß freigegeben und von
Reichs wegen ist den Einzelstaaten als zwingende Vorschrift (Gesetz vom
die Unabhängigkeit der bürgerlichen und staatsbürgerlichen
Rechte vom Religionsbekenntnis vorgeschrieben.
Eine Ausnahmestellung nehmen schon seit sehr früher Zeit die Juden ein;
dabei blieb es auch das ganze Mittelalter hindurch, wenn auch unter vielfachen Schwankungen und Kämpfen über den sog. «Judenschutz»;
im 19. Jahrh. erhielten die
Juden allenthalben das volle Staatsbürgerrecht, in
Württemberg
[* 2] selbst die
Anerkennung als «Landeskirche». Im weitern
Sinne fallen unter den
Begriff Religionsg
esellschaften heute auch die Landeskirchen;
die Ausprägung des für diese geltenden Rechts ist aber auch heute noch zum größten Teile eine besondere, auf der histor.
Entwicklung beruhende.
Unter den übrigen Religionsg
esellschaften unterscheiden die meisten Gesetzgebungen solche mit und ohne
Korporationsrechte,
d. i. selbständige jurist. Persönlichkeit. In
Preußen
[* 3] und Oldenburg
[* 4] ist für den Erwerb der letztern
ein Gesetz erforderlich, in
Bayern
[* 5] und
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Württemberg königl. Verleihungsurkunden, in Hessen
[* 7] bloßer Verwaltungsakt, in Sachsen
[* 8] Eintrag ins Genossenschaftsregister.
In Preußen haben Korporationsrechte die Gemeinden der Juden, Herrnhuter, Altlutheraner, niederländ. Reformierten, Baptisten,
Mennoniten; in Bayern und Sachsen die Juden; in Württemberg außerdem noch die Herrnhuter und Deutschkatholiken, in Baden
[* 9] die letztern.
Die übrigen Religionsg
esellschaften stehen nur unter dem Vereinsrecht und bedürfen in Preußen, Württemberg, Baden, Hessen
keiner, in Sachsen ministerieller, in Bayern königl. Genehmigung. -
Vgl. Thudichum, Kirchenrecht (1. Bd., Lpz. 1877);
Hinschius, in Marquardsens «Handbuch des öffentlichen Rechts», Bd. 1 (Freib. i. Br. 1883);
Zorn, in Stengels «Wörterbuch des Verwaltungsrechts» (ebd. 1889-90), Artikel Religionsg
esellschaften.