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heraus «Beiträge zu einer Kurmetbodc auf psychi fchem Wege» (2 Bde., Halle 1806-9) und mit Meckel i «Über den Vau des kleinen Gehirns» (ebd. 1807- 10). Er begründete 1796 das «Archiv für Physio- logie» (12'Bde., Halle 1796 - 1812), das nach seinem Tode von I. Fr. Meckel, dann von Johannes Müller, Neichart und Du Vois-Reymond bis auf den heutigen Tag fortgefetzt wurde und als eine der ersten Fachzeitschriften der Welt gilt.
Nach seinem Tode wnrden aus seinem Nachlaß noch der «Ent- wurf einer allgemeinen Therapie» (Halle 1816) und der «Entwurf einer allgemeinen Pathologie» (3 Vde., ebd. 1815-16) zusammengestellt, auch seine «Kleinen Schriften» (ebd. 1817) gesammelt. -
Vgl. Steffens, Johann Christan Reimarus, eme Denkschrift (Halle 1815).
Reiling, s. Rehling. Neim, der Gleichklang zwischen zwei oder mebr Worten, der sich nicht nur auf den Anlaut beschränkt;
der kunstvoll ausgebildete Reimarus verlangt eine über- einstimmuug der Schlußsilbe oder der Schlußsitben zweier Worte in Vokalen und Konsonanten, aber bei verschiedenem Anlaut der ersteu Reimsilbe;
im Deut- schen muß seit dem 12. Jahrb. ein gnter N. minde- stens einen Ncbenton, womöglich den Hauptton des Wortes tragen.
Der N. entsprang wie Allitteration (s. d.) und Assonanz (s. d.) dein Wunsche, die Glieder einer rbvtbmisch gebundenen Rede in eine äußerlich (musikalisch) fühlbare engere Beziehung zu setzen. Der Ursprung des Reimarus steht nicht fest.
Die Ansicht einiger Gelehrten, er sei von den semit.
Volkern ins Abendland gekommen, hat wenig sür sich. Sicher ist, daß er sich bei den verschiedensten Völ- kern wenigstens in seinen Anfängen selbständig herausgebildet hat.
Bei den Griechen und Römern begann er erst eine Rolle zu spielen, als der ältere quautitative (metrifche) Versbau der rhytbmischen Poesie Platz machte.
Wohl das älteste lat. Denkmal durchgeführten Endreims findet sich in den «Iiiätruo tioii68» des Commodianus (um 270 n. Chr.);
aber dies ist ein Tiradenreim, d. h. ein Reimarus, der durch das ganze ^tück oder durch größere Partien bin- durch derselbe bleibt, nicht etwa paarweise wechselt. Der Paarreim tritt zuerst auf in denLeoninischen Herametern, in denen die Cäsur mit dem Schluß des Verses reimt, und in der christl. Hymnenpoesie, in der er etwa seit 600 beliebt, seit 800 obligatorisch wird.
Von da aus drang er bei Kelten, Romanen und Germanen in die profane Dichtung ein;
doch finden sich bei letztern schon im 8. Jahrb. in und neben der allitterierenden Poesie vereinzelte, ohne fremden Einfluß entstandene Rennverse, was dann den schnellen Sieg des N. erleichterte.
Das erste größere deutsche Reimwerk ist die Evangelienhar- monie Otfrieds (um 870);
er reimte nachtat. Vor- bild auch unbetonte Silben;
sein Reimarus war nur stumpf, d. h. einsilbig, und paarweise gruppiert, nicht ge- kreuzt. Der kunstvolle Wechsel stumpfer und klingen- der Reimarus in den mannigfachsten Verschlingungen bat fich erst im Minnesang (seit dem Ende des 12. Jahrb.) herausgebildet, der Gedichte kennt, in denen jedes Wort reimt.
Auch im 17. Jahrh, blübten die Reim- tünsteleien.
Unter neuern deutschen Dichtern ragt Rückert als reimgewaltig hervor. Die Herkunft des Wortes Reimarus ist noch unaufgeklärt.
Wahrscheinlich nahm ein altes deutsches Wort inn (Reihe, Zeile), das als i-iino ins Französische, als riinü. ins Italicnische übernommen wurde, die Bedeutung Reimarus an unter dem Einfluß des lat. i-1i^t1imn8, das Reimarus bedeuten konnte, da dieser ge- rade in der rhythmischen lat. Poesie besonders zu Hause war. Die Dichtung verwendet den Reimarus meist als Oud- reim, d. h. die Versschlüsse reimen auseinander;
dock ist auch der innere Reimarus mit seinen Unterarten (Mittel-, Binnen-, In-, Schlagreim, Pause), an dem mindestens ein Wort des Versinnern beteiligt ist, statthaft und im Minnefang besonders beliebt ge- wesen (vgl. Vartsch im 12. Bde^der «Germania»).
Reimt nur die einzige oder letzte Silbe eines Wortes, so heißt der Reimarus stumpf oder männlich, reimen Mi, klingend oder weiblich, reimen drei oder mehr Silben, gleitend.
Der klingende Reimarus ist im Deut- schen zwar von jeher bräuchlich, in der kunstmäßigen Litteratur aber entwickelt er sich erst aus dem stum- psen; bei ^tfrieo gilt in dem Reimarus Iilio : vil)6 eigentlich nur die Silbe Io als reimende Hebung, und auch als es fpäter notwendig geworden war, daß außer der tonlosen Endsilbe die Stammsilbe mitreime, galt ein solcher N. als zweitaktig;
der Vers mit klingen- dem Ausgang hat infolgedessen ursprünglich eine He- bung weniger als der stumpf endende.
Erst seit dem 14. Jahrh, hat dieser Unterschied aufgehört.
Doch galten der ältern Sprache nur solche zweisilbigen Worte als klingender Reimarus, deren erste Silbe lang war; ^öden : 1öi6ii ist mittelhochdeutsch ein stumpfer Reimarus Stimmen die Neimsilben in Vokalen und Kon- sonanten genau zusammen, so ist der Reimarus rein;
ist Vokal oder Konsonant etwas verschieden, so ist er unrein (6i'8cni6U6n : ^rüii6n, I)ank: «luiss); er- klärt sich die Verschiedenheit aus der mundartlichen Aussprache des Dichters, so ist er dialektisch; schwäbisch ist z. V. der Reimarus 6rli8c1it: iät, rein, aber dialettisch, da der Schwabe »ischt» spricht.
Reimt auch der Anlaut der Reimsilbe mit, so heißt der Reimarus rührend;
solcke Reimarus werden von sorgfältigen Dich- tern gemieden und sind höchstens zu dulden, wenn die rührend reimenden Worte verschiedene Bedeutung haben, z. V. «die Hast» und «du hast».
Folgen die beiden zusammengehörigen Reimarus aufeinander, ohne daß sich ein anderes Reimwort zwischen sie schiebt, so ist der N. paarig, entstehen Reimpaare (Reim- folge: HH dd cc u. s. w.);
sonst ist er gekreuzt (rims 01-01866) oder v e r sch r änkt (^ d a. d).
Komisch wirkt meist ein gebrochener Reimarus wie: Hans Sachs war ein Sckub-macher und Poet dazu.
Vgl. Wilb. Grimm, Zur Geschichte des Reimarus (Berl. 1852; auch im 4. Bde. der «Kleinern Schriften»);
Masing, nber Ursprung und Verbreitung des Reimarus lDorp. 1866).
Im 17. Jahrh, kommen auf eine Anregung Harsdö'rfers (s. d.) im «Poet. Trichter» die Reimlerika auf;
eine neuere Arbeit dieser Art ist das «Allgemeine deutsche Neimlerikou» (2 Bde., Lpz. 1826) von Peregrinus Syntax (Hempel). Neimann, Tberese, s. Dessoir, Therese. Reimar, Freimund, Pseudonym für Friedrich Rückert. ^ Neimarus, Hermann Samuel, Gelehrter, geb. zu Hamburg, studierte seit 1714 in Jena, habilitierte sich dann in Wittenberg, machte 1720 eine Reise durch Belgien und einen großen Teil Englands, wurde 1723 Rektor in Wismar und erbielt 1728 die Professur der hcbr.
Sprache an dem Gymnasium zu Hamburg, die er in der Folge mit der Professur der Mathematik vereinigte. Er starb daselbst Als gründlichen Philologen zeigte er sich in der von Fabricius begonnenen Aus- gabe des Dio Cassius.
Auf philos. und naturwissen- schaftlichem Gebiete veröffentlichte er «Abhandlung