czech. Zákupy, Stadt im Gerichtsbezirk Niemes der österr. Bezirkshauptmannschaft Böhmisch-Leipa in Böhmen,
am Zwittebach, der durch die Polzen zur Elbe fließt, und an der Linie Böhmisch-Leipa-Niemes der Österr.
Staatsbahnen, hat (1890) 1136, als Gemeinde 1769 deutsche E. und eine Zuckerfabrik im Vorort Neu-Reichstadt (139 E.). Die alte
Dekanalkirche ist 1500 umgebaut und 1860 renoviert. Das Schloß ist nach dem Brande von 1573 hergestellt, 1683 durch den Herzog
Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg erweitert. Es hat 200 Gemächer, darunter einen Thronsaal, eine Schloßkapelle
und einen großen Park. – Reichstadt kam mit den damit vereinigten Herrschaften an die Kurfürsten von Bayern und 1805 an den Erzherzog
Ferdinand, den nachherigen Großherzog von Toscana.
Die Wiener Kongreß-Akte stellte den Besitz von Reichstadt und den übrigen toscan. Gütern in Böhmen, für den Fall, daß
das Herzogtum Lucca an Toscana fallen sollte, dem Kaiser von Österreich in Aussicht, und dieser, Franz I., verlieh 1819 seinem
Enkel, den Prinzen Franz Joseph Karl Napoleon, den Titel eines Herzogs von Reichstadt (s. den folgenden Artikel). Jener Fall trat mit dem
Tode der Herzogin von Parma (Maria Louise) ein. Mit dem Tode Kaiser Ferdinands I. (1875) gingen
die Güter in den Privatbesitz des Kaisers Franz Joseph I. über.
Napoleon Franz Joseph Karl, Herzog von, der einzige Sohn des Kaisers Napoleon I. aus seiner zweiten Ehe mit
Maria Louise (s. d.) von Österreich, geb. zu Paris, empfing bei seiner Geburt den Titel eines
Königs von Rom. Vergebens versuchte Napoleon, ehe er die Entsagungsakte unterzeichnete, seinem Sohne die Thronfolge
zu sichern. Während der gestürzte Kaiser nach Elba ging, führte man seinen Sohn nach Schönbrunn bei Wien. Maria Louise
erhielt durch den Vertrag von Fontainebleau 1814 das Herzogtum Parma mit dem Rechte, es an ihren Sohn zu
vererben.
Nach der Niederlage bei Waterloo dankte Napoleon zu Gunsten seines Sohnes ab, den er zugleich als Kaiser Napoleon II. proklamierte
freilich ohne jeden Erfolg. Als Maria Louise im Frühjahr 1816 nach Parma zog, blieb ihr
Sohn in Wien unter der Obhut seines Großvaters, des Kaisers Franz. Infolge eines zu Paris geschlossenen Vertrags der
verbündeten Mächte verlor der Prinz sein Erbrecht auf
Parma an Karl Ludwig, den Sohn der Königin Maria Luise von Etrurien,
dagegen wurden ihm von dem Kaiser Franz für den Todesfall des Großherzogs Ferdinand III. von Toscana die
Herrschaft Reichstadt und die sog. pfalzbayr.
Domänen in Böhmen zugesichert. Mit dem 12. Geburtstage erhielt er ein Fähnrichspatent, 1828 wurde er Hauptmann, 1830 Major; 1831 erhielt
er als Oberstlieutenant ein Bataillon im Regiment Gyulai. Er betrieb besonders militär. Studien mit unermüdlichem
Eifer. Im April 1832 zeigten sich bei dem Prinzen die ersten Spuren der Lungenschwindsucht, die so reißende Fortschritte machte,
daß er zu Schönbrunn starb. Bei der Thronbesteigung Kaiser Napoleons III. wurde der Herzog von Reichstadt als Napoleon
II. unter den franz. Souveränen mitgezählt. –
Vgl. außer den Schriften von Montbel (Par. 1833), Lecomte
(1842), Guy (1853) und Saint-Félix (1853) noch Graf von Prokesch-Osten, Mein Verhältnis zum Herzog von Reichstadt (Stuttg. 1878).