Reichsstem
pelabgaben,
s. Börsensteuer. ^[= nennt man die auf den Umsatz börsengängiger Wertpapiere gelegte Verkehrssteuer, welche teils ...]
Reichsstempelabgaben
8 Wörter, 92 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Reichsstempelabgaben,
s. Börsensteuer. ^[= nennt man die auf den Umsatz börsengängiger Wertpapiere gelegte Verkehrssteuer, welche teils ...]
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Reichsstempelabgaben,
s. Stempel ^[= # und Stempelsteuer. Die Bezeichnung eines Gegenstandes durch einen Stempel, d. h. durch reich ...] und Stempelsteuer.
nennt man die auf den Umsatz börsengängiger Wertpapiere gelegte Verkehrssteuer, welche teils bei der Ausgabe solcher Papiere und zwar dann meist in Prozenten vom Nennwert, teils von jedem weitern an diese Papiere sich anknüpfenden Geschäft und zwar hier in der Regel in festen, seltener in abgestuften Sätzen erhoben wird. Als Erhebungsform dient die Stempelung, meist die Stempelmarke, welche der Pflichtige bei Meidung von Strafen aufzukleben und zu kassieren hat.
Die Einhebung der Übertragungsabgabe kann auch in der Art erfolgen, daß die emittierende Gesellschaft ein jährliches Abonnement von einem bestimmten Prozentsatz entrichtet. Die Börsensteuer findet ihre besondere Rechtfertigung darin, daß bereits der Immobiliarverkehr durch Steuern getroffen wird, demgemäß die Steuerfreiheit der Übertragungen von mobilen Kapitalobjekten an und für sich einer Privilegierung gleichkäme. Man hat in ihr auch ein Mittel erblickt, um die Auswüchse der Börse, die ungesunde Börsenspekulation zu beseitigen oder zu mindern.
Doch ist die Besteuerung hierfür unzureichend, da dieselbe den volkswirtschaftlich berechtigten und wohlthätigen Börsenverkehr verhältnismäßig mehr trifft als das unsolide Spiel, welches mehr zur Umgehung, Hinterziehung und Abwälzung geneigt und befähigt ist. Überdies darf die Börsensteuer nicht zu hoch bemessen werden, wenn sie nicht den der Volkswirtschaft heute unentbehrlichen Effektenmarkt unmöglich machen soll. Denn die Wertpapiere werden weit häufiger als Immobilien umgesetzt und dienen darum auch seltener als letztere für Zwecke einer dauernden Kapitalanlage.
England erhebt eine Börsensteuer bei der Ausgabe von Aktien (1½ Proz. des Nennwerts bei inländischen Inhaberaktien, 1 Penny von andern) und Obligationen (1/8 Proz.), letztere Summe auch bei der Einführung fremder Papiere. Bei der Übertragung von auf Namen lautenden Papieren sind Sätze von 1/8 bis ½ Proz. zu entrichten, während die Übertragung von Inhaberpapieren frei ist. Frankreich erhebt bei der Emission inländischer und bei Einführung fremder Aktien und Obligationen 1 Proz. (bez. von inländischen Papieren ein jährliches Abonnement von 0,5 pro Mille), außerdem eine bei jeder Übertragung erhobene Übertragungsabgabe von ½ Proz. bei inländischen, auf Namen lautenden Papieren und eine solche von 1/5 Proz., welche in einem jährlichen Abonnement zu entrichten ist, von Inhaberpapieren und fremden Effekten. Staatspapiere sind von dieser Übertragungssteuer frei. Im Deutschen Reich wurde durch Gesetz vom über die Reichsstempelabgaben eine Börsensteuer eingeführt. Dieselbe trifft
1) die Ausgabe von inländischen, die Einführung von fremden Aktien mit einer einmaligen Stempelsteuer von ½ Proz. Die Stempelpflicht tritt überhaupt bei Verwendung zu Zahlung oder bei einem sonstigen Besitzwechsel unter Lebenden ein. Von Obligationen, Renten und Schuldverschreibungen ist 1/5 Proz. zu entrichten. Sind dieselben von Gemeinden, Grundkreditgesellschaften, Hypothekenbanken, Transportgesellschaften ausgegeben, so tritt eine Ermäßigung auf 1/10 Proz. ein. Renten und Schuldverschreibungen des Reichs und der Gliederstaaten sind steuerfrei.
2) Lotterielose werden mit einer Steuer von 5 Proz. getroffen; die für mildthätige Zwecke genehmigten Ausspielungen und Lotterien sind dagegen steuerfrei.
3) Schlußnoten und Rechnungen über abgeschlossene Börsengeschäfte, überhaupt über Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte über Waren, welche börsenmäßig gehandelt werden, waren in dem Reichsgesetz vom mit einem Fixstempel von 20 Pf. belegt worden, der sich für Zeitgeschäfte auf 1 Mk. erhöhte.
Seitdem hat jedoch eine lebhafte Agitation für eine prozentuale Börsensteuer stattgefunden, und 1885 fand ein Antrag des konservativen Abgeordneten v. Wedell-Malchow die Zustimmung des Reichstags und des Bundesrats, wodurch statt jenes Fixstempels ein Prozentstempel von 1/10 vom Tausend eingeführt ward, insofern es sich um Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte über ausländisches Papiergeld und ausländische Geldsorten oder um Wertpapiere handelt. Bei Kauf- und Anschaffungsgeschäften, welche unter Zugrundelegung von Usancen einer Börse geschlossen werden (Loko-, Zeit-, Fix-, Termin-, ¶
Prämien- etc. Geschäfte) über Mengen von Waren, die börsenmäßig gehandelt werden, sind 2/10 pro Mille zu entrichten. Dagegen sind Geschäfte über im Inland von einem der Kontrahenten erzeugte oder hergestellte Mengen von Sachen oder Waren steuerfrei. Befreit von der Abgabe sind ferner auch diejenigen Geschäfte, deren Gegenstand nicht mehr als 600 Mk. beträgt, sowie gewisse Kontantgeschäfte. Gleichzeitig hat die Novelle vom für die abgabepflichtigen Geschäfte den Schlußnotenzwang eingeführt.