Reichsfreie Ritterschaft
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Reichsfreie
ritterschaft
(Reichsfreie, freie Ritterschaft), im ehemaligen Deutschen Reich ein Verein
adliger Reichsglieder, die,
ohne auf den Reichstagen Sitz und Stimme zu haben, dem Kaiser und Reich unmittelbar unterworfen waren und in ihren eignen Landen,
in Schwaben, Franken und am Rhein, viele den übrigen Ständen des Reichs gleiche Rechte besaßen. Die Reichsritterschaft
teilte
sich in den fränkischen, schwäbischen und rheinischen Ritterkreis, und jeder dieser Kreise
[* 3] zerfiel wieder in Kantone oder
Orte.
Zur Leitung der Geschäfte hatte jeder Ritterkreis einen Direktor und alle drei zusammen ein Generaldirektorium, welches bei
den drei Kreisen umwechselte. Jeder Kanton
[* 4] hatte seinen Ritterhauptmann und gewisse ihm zugegebene Ritterräte,
Ausschüsse und Syndiken sowie seine besondern Kanzleien und Archive. Die Reichsritterschaft
zahlte weder Reichs- noch Kreissteuern noch Beiträge
zum Kammergericht. Dagegen lieferte sie dem Kaiser seit 1528 statt der frühern persönlichen Dienste
[* 5] bei besondern Veranlassungen
sogen. Charitativgelder (subsidia charitativa), die sie von ihren Unterthanen erhob.
Auf ihren Besitzungen stand den Reichsrittern eine der Landeshoheit ähnliche Regierungsgewalt, insbesondere auch die Gerichtsbarkeit
erster und zweiter Instanz und der Blutbann, zu. Die Appellation ging von ihren Behörden unmittelbar an die Reichsgerichte.
Durch die Aufnahme von Neuadligen in die Reichsritterschaft
entstand der Unterschied zwischen Realisten und Personalisten
(die nur für ihre Person dazu gehörten). Auch zog der Verlust oder die Veräußerung des reichsunmittelbaren Grundbesitzes
den Verlust der persönlichen Reichsunmittelbarkeit nicht nach sich.
Die Umwälzungen im Anfang des 19. Jahrh. führten den Untergang der Reichsritterschaft
herbei. Durch die Abtretung des linken Rheinufers
an Frankreich gingen die beiden Kantone Ober- und Niederrhein verloren. Die übrigen reichsritterscha
ftlichen
Gebiete wurden von den Fürsten, in deren Ländern sie lagen, in Besitz genommen, und bei Stiftung des Rheinbundes und Auflösung
des Reichs (1806) war überall ihre Mediatisierung vollendet.
Vgl. Roth v. Schreckenstein, Geschichte der ehemaligen freien
Reichsritterschaft
(Tübing. 1859-62, 2 Bde.).