oder Reichsrezeß, im ehemaligen
DeutschenReich die
Urkunde, in welcher am
Schluß
des
Reichstags die gesamten
Beschlüsse nebst den darauf gegebenen kaiserl. Entschließungen zusammengestellt wurden.
Die ältesten Reichsabschied sind verloren gegangen, die Fragmente derselben und die spätern
Abschiede seit
Kaiser Maximilian Ⅰ. sind
z. B. in Senkenbergs und Öhlenschlägers Sammlung (4 Bde.,
Frankf. 1747) abgedruckt. Der sog. jüngste (letzte) Reichsabschied datiert
von 1654. Da seit 1663 der
Reichstag bis zu Ende des
DeutschenReichs beständig versammelt blieb, so konnte kein weiterer Reichsabschied mehr
stattfinden.
die von der gesetzgebende Gewalt des DeutschenReichs für dasselbe erlassenen gesetzlichen Normen. Zur
Gültigkeit eines Reichsgesetzes war zur Zeit des frühern DeutschenReichs die Zustimmung des Reichstags und die Sanktion
des Kaisers erforderlich. Die Initiative, d. h. das Recht, Reichsgesetze vorzuschlagen, stand nämlich in erster Linie dem Kaiser selbst
zu; doch war auch dem Kollegium der Kurfürsten die gleiche Befugnis eingeräumt. Ebenso gingen die kaiserlichen Gesetzvorlagen
zunächst an das Kurfürstenkollegium zur Beschlußfassung, welches sie mit ebendiesem Beschluß, der sogen.
Relation, an das Kollegium der reichsstädtischen Fürsten und Herren zur sogen. Korrektion mitteilte.
War zwischen diesen beiden Kollegien eine Übereinstimmung erzielt, so war regelmäßig noch die Zustimmung des Kollegiums
der Reichsstädte erforderlich. Ein so zu stande gekommener, übereinstimmender Beschluß dieser drei Faktoren wurde Reichsgutachten
(consultum s. suffragium imperii) genannt. Zum wirklichen Gesetz wurde ein solches aber erst durch die
Ratifikation des Kaisers, die in Form einer sogen. kaiserlichen Resolution erteilt ward, erhoben. Es lag alsdann ein sogen.
Reichsschluß (conclusum imperii) vor, welcher nunmehr als Reichsgesetz durch den Kaiser publiziert werden konnte.
Verweigerte der Kaiser seine Zustimmung, so blieb das Reichsgutachten ohne rechtliche Wirksamkeit, mit
andern Worten: es war dem Kaiser in der Reichsgesetzgebung ein sogen. absolutes Veto eingeräumt. Was die Publikation dieser
Reichsgesetze anlangt, so war es lange Zeit hindurch bis zum »jüngsten«
(letzten) Reichsabschied von 1654 üblich, die sämtlichen Reichsschlüsse, welche in einer Reichstagssession zu stande kamen,
am Schluß der letztern in einem sogen. Reichsabschied (Reichsrezeß, recessus imperii) zusammenzufassen.
Von besonderer Wichtigkeit waren die sogen. Reichsgrundgesetze, d. h.
die eigentlichen Verfassungsgesetze des Reichs, zu welchen namentlich die Goldene Bulle (s. d.) von 1356, der EwigeLandfriede
von 1495, die Gerichtsordnungen der obersten Reichsgerichte, nämlich die Reichskammergerichtsordnung von 1555 und die (revidierte)
Reichshofratsordnung von 1654, ferner die Reichspolizeiordnungen des 16. Jahrh.,
namentlich die von 1577, der WestfälischeFriede (s. d.), der Friede zu Lüneville von 1801 und der Reichsdeputationshauptschluß
vom gehörten. Reichsgesetze privatrechtlicher Natur nahmen nur selten unbedingte,
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mehr
vielmehr in der Regel bloß subsidiäre Geltung in Anspruch, d. h. wenn und soweit die partikulären Landesgesetze
nichts anderweites bestimmten. Gerade in diesem Punkt zeigt sich aber eine wesentliche Verschiedenheit zwischen den Gesetzen
des frühern und denjenigen des dermaligen DeutschenReichs. Denn nach dem Vorgang der norddeutschen Bundesverfassung bestimmt
die jetzige deutsche Reichsverfassung (Art. 2), daß das Reich das Recht derGesetzgebung innerhalb des verfassungsmäßigen
Kompetenzkreises mit der Wirkung ausübt, daß die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen.
Während ferner zur Zeit des frühern DeutschenBundes die Beschlüsse des Bundestags für die Angehörigen der Einzelstaaten
nur dann rechtsverbindliche Kraft
[* 4] hatten, wenn sie von der betreffenden Staatsregierung publiziert waren,
so erhalten die dermaligen Reichsgesetze diese Kraft durch ihre Verkündigung von Reichs wegen, welche mittels des Reichsgesetzblatts erfolgt.
Ist in dem einzelnen Gesetz kein besonderer Anfangstermin seiner Gültigkeit vorgesehen, so beginnt dieselbe mit dem 14. Tag
nach Ablauf
[* 5] desjenigen Tags, an welchem das fragliche Stück des Reichsgesetzblatts in Berlin
[* 6] ausgegeben worden
ist.
Ebenso hat es die preußische Regierung in der Hand,
[* 8] eigentlichen Verfassungsänderungen vorzubeugen, da solche für abgelehnt
gelten, wenn sie im Bundesrat 14 Stimmen gegen sich haben. Dagegen ist dem Kaiser mit dem Rechte der Überwachung
der Ausführung der auch die Befugnis zum Erlaß der zur Ausführung der letztern erforderlichen Verordnungen und Instruktionen
und zwar auf dem Gebiet des Militär- und Marine-, des Post- und Telegraphenwesens in ausschließlicher Weise eingeräumt. Im
übrigen steht dem Bundesrat ein konkurrierendes Verordnungsrecht zu, und ebendarum pflegt nach bisheriger Praxis
in den einzelnen Reichsgesetzen selbst die Stelle bezeichnet zu werden, von welcher die erforderlichen Ausführungsverordnungen
in dem gegebenen Fall ausgehen sollen. Die in den Kompetenzkreis der Reichsgesetzgebung gezogenen Gegenstände sind im Art. 4 der
Verfassung aufgezählt (s. Deutschland,
[* 9] S. 837), und zahlreiche Reichsgesetze sind bereits erlassen (s. Deutsches Recht). Der
Entwurf eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs ist ausgearbeitet und veröffentlicht (Berl. 1888). Auch die Motive (Berl.
1888, 5 Bde) sind der Öffentlichkeit übergeben. -
In Österreich
[* 10] heißen Reichsgesetze die aus dem Reichsrat hervorgehenden Gesetze. Zu
ihrem Zustandekommen ist die Übereinstimmung beider Reichsratshäuser und die Sanktion des Kaisers erforderlich.