(Markt-Redwitz), Flecken im bayr. Regierungsbezirk Oberfranken, Bezirksamt Wunsiedel, an der Kössein, Knotenpunkt der
Linien München-Oberkotzau und Nürnberg-Eger der Bayrischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Woll-, Baumwoll-
und Leinweberei, eine chemische Fabrik, Glas-, Metallwaren- und Maschinenfabrikation, Eisengießerei, einen Kupferhammer, Leimsiederei
und (1885) 2354 Einw.
Oskar, Freiherr von, Dichter, geb. zu Lichtenau bei Ansbach, siedelte in früher
Jugend mit seinen Eltern nach Kaiserslautern über, wohin sein Vater als Direktor des Zentralgefängnisses berufen ward, besuchte
die Gymnasien zu Zweibrücken und Speier, dann das französische Collège zu Weißenburg im Elsaß und widmete sich seit 1841 mit
Ausnahme eines Semesters, das er zu Erlangen verbrachte, fünf Jahre hindurch zu München philosophischen
und juristischen Studien, worauf er sich von 1846 bis 1848 in Speier und Kaiserslautern auf die juristische und administrative
Praxis vorbereitete.
Obwohl er die Staatsprüfung rühmlich bestand, gab er doch die juristische Laufbahn auf, um sich litterarischen
und schönwissenschaftlichen Studien zu widmen. Von 1850 bis 1851 beschäftigte er sich zu München und Bonn mit der mittelhochdeutschen
und klassischen Litteratur. Im Herbste des letzten Jahrs folgte er einem Ruf als außerordentlicher Professor der Ästhetik nach
Wien. Er las hier im Sommer 1852 über griechische Tragödie (besonders über »Antigone«),
gab jedoch seine
Professur wieder auf, um sich in unabhängiger Stellung der poetischen Produktion zu widmen, lebte sodann meist auf dem Landgut
mehr
seiner Gattin, Schellenberg bei Kaiserslautern, später auf einem eignem Gut in Franken, bis er sich 1872 auf seiner neuerworbenen
Besitzung »Schillerhof« bei Meran niederließ. Litterarisch machte sich Redwitz zuerst bekannt durch das romantische Epos »Amaranth«
(Mainz 1849, 36. Aufl. 1886), teils fanatisch-ultramontanen, teils süßlich-sentimentalen
Geist atmend und mehr um seiner Tendenz willen gepriesen und verbreitet als um des wirklich in einzelnen
Episoden der Dichtung zu Tage tretenden lyrischen und schildernden Talents.
Die Handlung entbehrt durchaus des epischen Gehalts, die Figuren einer charaktervollen Physiognomie, die Sprache der Plastik. Aber
ein gewisses musikalisches Element in derselben schmeichelt sich ins Ohr ein, und die vielen Naturbilder
und lyrischen Stimmungsgemälde offenbaren ein volles und warmes Dichtergemüt, dem in seiner Natürlichkeit alle Berechnung
fern lag, und das manche Momente der Naturanschauung und des Seelenlebens auf wirklich dichterische Weise zu fixieren wußte.
Der Dichter vermochte den Verkündigungen jener konservativ-ultramontanen Propheten, welche die Zukunft der deutschen Poesie
an sein Schaffen knüpften, weder mit seinem »Ein Märchen« (Mainz 1850, 5. Aufl. 1854),
noch mit seinen »Gedichten« (das. 1852, 3. Aufl.
1854),
am allerwenigsten aber mit seiner christlichen Tragödie »Sieglinde« (das. 1853), die
im Grund genommen eine Selbstparodie seines gesamten Schaffens war, zu entsprechen. Erst als er sich von der
Tendenz zu lösen und einigermaßen naiver zu schaffen begann, kräftigte sich auch seine Charakteristik. Den Übergang zu
dieser zweiten Periode seines Schaffens bildete die Tragödie »Thomas Morus« (Mainz 1856, 2. Aufl. 1857); die bühnengerechten,
vielfach aufgeführten, aber keineswegs besonders schwungvollen oder poetisch vertieften Schauspiele: »Philippine Welser« (das.
1859),
»Der Zunftmeister von Nürnberg« (das. 1860),
»Der Doge von Venedig« (das. 1863) sind die Hauptleistungen
derselben. Der Roman »Hermann Stark, deutsches Leben« (Stuttg. 1868; 3. Aufl. 1879, 3 Bde.)
zeichnet sich durch einzelne treffliche idyllische Momente und Genreszenen aus, treibt aber einen an sich nicht bedeutenden
Lebensgehalt in unendlicher Breite zu falscher Wichtigkeit auf. Weiter folgten: »Das Lied vom neuen Deutschen
Reich«, eine Art Epos in Sonetten voll edelster patriotischer Begeisterung (Berl. 1871, 11. Aufl. 1876),
und die auf einer freien
naturphilosophischen Weltanschauung beruhende epische Dichtung »Odilo« (Stuttg. 1878, 4. Aufl. 1883),
Werke, die um ihres den
ursprünglichen Tendenzen des Dichters fast entgegenstehenden Gehalts willen regen Beifall fanden; ferner:
»Psychologische Studien«. Lustspiel (1872),
»Ein deutsches Hausbuch«, ein episch-lyrisches, den Segen des deutschen Hauses feierndes
Gedicht (5. Aufl., Stuttg. 1883),
u. die Romane: »Haus Wartenberg« (Berl. 1884) und »Hymen« (das. 1887).