zwi-Redekunst
,
die Fähigkeit, eine Rede durch geeignete Ordnung der Gedanken, zweckmäßige Wahl des Ausdrucks, Vortragsweise u. s. w. so einzurichten, daß sie die Zuhörer von den Ansichten des Redners überzeugt oder zum Eingehen auf seine Absichten bewegt. Bei den alten Griechen und Römern war diese Kunst zur größten Ausbildung gelangt (s. Rhetorik) und ein wichtiger Teil der Erziehung. In neuerer Zeit haben sich die Franzosen am treuesten dem Urbilde der Alten angeschlossen, zunächst auf dem Gebiete der geistlichen Beredsamkeit (Bossuet, Bourdaloue u. a.); die Französische Revolution brachte der öffentlichen polit.
Beredsamkeit außerordentlichen Aufschwung (s.
Französische Litteratur, Bd. 7, S. 172 a). In England
gab das Parlament Gelegenheit zur
Entwicklung der Redekunst
, von berühmten Rednern seien genannt die beiden Pitt,
Burke,
Fox, Macaulay,
Beaconsfield,
Gladstone u. a. In
Frankreich, wie zum
Teil in andern roman.
Ländern, und in England wird auch jetzt von allen,
die im öffentlichen Leben eine bedeutendere Wirksamkeit erstreben, großer Wert auf eine planmäßige
Ausbildung zur Redekunst
gelegt. In
Deutschland
[* 3] ist der Redekunst
niemals strenge technische Sorgfalt gewidmet worden.
Die große Wirkung der Redner des Mittelalters
(Berthold von
Regensburg
[* 4] und die Prediger der
Mystik) wie der
Reformatoren beruhte
auf ungeschulter natürlicher Begabung. Erst mit dem Erstarken des öffentlichen polit. Lebens hat auch
in
Deutschland die
Übung und Pflege der Redekunst
zugenommen.
Schon das
Frankfurter Parlament zählte eine Anzahl hervorragender Redner
(Gagern, Dahlmann, Radowitz,
Blum u. a.); in den spätern preuß. und deutschen Parlamenten
ragten u. a. hervor Vincke,
Bennigsen, Mallinckrodt, Windthorst,
Bebel.
Alle übertrifft Fürst
Bismarck, der freilich nicht
durch bewußte rhetorische Kunst, sondern wie
Berthold und
Luther durch die schöpferische Urkraft der
Rede wirkt. -
Vgl. Flathe, Deutsche [* 5] Reden.
Denkmäler zur vaterländischen Geschichte des 19. Jahrh. (2 Bde., Lpz. 1893 - 94); Skraup, Die Kunst der Rede und des Vortrags (ebd. 1894); Hilty, Lesen und Reden (ebd. 1895).