Rechtskraft
(lat.
Res judicata, franz.
Chose jugée), die Unanfechtbarkeit eines gerichtlichen
Urteils durch ein ordentliches
Rechtsmittel (formelle Rechtskraft
) und infolge davon die Unabänderlichkeit desselben (materielle Rechtskraft) und
des dadurch geschaffenen Rechtszustandes. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind nur solche
Entscheidungen der Rechtskraft
fähig,
welche nach vorgängigem
Gehör
[* 2] beider Teile, oder nachdem doch wenigstens den
Parteien Gelegenheit dazu
gegeben worden, erlassen werden.
Solche Urteile können nämlich durch Rechtsmittel angefochten werden, um eine nochmalige Prüfung und Entscheidung der Sache in höherer Instanz herbeizuführen. So gibt die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 472 ff.) die Rechtsmittel der Berufung und der Revision, während sie gegen ein Versäumnisurteil und im Mahnverfahren dem Verklagten doch wenigstens ein Recht des Einspruchs verstattet. Ist aber die hierzu gesetzte Frist abgelaufen, oder ist der Instanzenzug erschöpft, kurz, ist gegen ein Urteil ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig, so wird dasselbe als »rechtskräftig« angesehen und der Inhalt desselben nötigen Falls im Weg der gerichtlichen Zwangsvollstreckung verwirklicht.
Nur ausnahmsweise kann, auch wenn ein rechtskräftiges
Erkenntnis vorliegt, die
Wiederaufnahme des Verfahrens ermöglicht werden,
und zwar entweder durch eine Nichtigkeitsklage bei etwaniger
Nichtigkeit (s. d.) des
Verfahrens aus den im
Gesetz aufgeführten
Gründen, oder im Weg der
»Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand« (s. d.), ebenfalls aus den gesetzlichen
Gründen. Im
Strafprozeß
sind nur eigentliche
Urteile, die am
Schluß des
Verfahrens erteilt werden und entweder eine
Verurteilung oder eine
Freisprechung
des Angeklagten aussprechen, der Rechtskraft
fähig.
Sie erlangen diese, wenn die Frist zur Einwendung eines ordentlichen Rechtsmittels (Berufung, Revision) abgelaufen, oder wenn ein weiteres Rechtsmittel nicht mehr gegeben, also in letzter Instanz entschieden ist. Aber auch hier ist unter Umständen im Interesse der materiellen Wahrheit eine Wiederaufnahme des Verfahrens gestattet, und zwar ist eine solche nach der deutschen und ebenso nach der österreichischen Strafprozeßordnung nicht nur zu gunsten eines verurteilten Angeschuldigten, sondern auch zu ungunsten eines Freigesprochenen gegeben, welch letzteres nach französischem und englischem Recht nicht der Fall ist (s. Wiederaufnahme des Verfahrens).
Vgl. Deutsche [* 3] Zivilprozeßordnung, § 303-312, 472 bis 529, 634-640, 644-670; Deutsche Strafprozeßordnung, § 234, 338-345, 354-413, 452.