Rechtsbesitz
,
Quasibesitz, die Vornahme von Handlungen oder der Genuß eines Vorteils, wie sie der Inhaber eines Rechts vornehmen oder genießen darf. Wer über ein benachbartes, fremdes Grundstück wiederholt geht oder fährt oder reitet, mit der Absicht, diesen Weg dauernd zur erleichterten Benutzung seines Grundstückes, des etwaigen Widerspruchs des Eigentümers oder jeder andern Person ungeachtet, für sich in Anspruch zu nehmen, wer sich in ähnlicher Weise in dauerndem Genuß einer von seinem Vorbesitzer über ein fremdes Grundstück geführten Wasserleitung [* 2] befindet, befindet sich im Besitz einer Wegedienstbarkeit oder Wasserleitungsgerechtigkeit.
Wer auf ähnliche
Weise einen
Zins von fremden Grundstücken erhebt, als ob er ihm dem
Rechte nach zukäme, befindet sich im
Besitz einer Reallast. Wie an Dienstbarkeiten und Reallasten, an Erbpachtrechten und Erbbaurechten ist der Rechtsbesitz
durch
das kanonische
Recht an Hoheitsrechten, Ämtern und Beneficien, Regalien, selbst an solchen Forderungsrechten,
welche eine dauernde Ausübung zulassen, ausgebildet. Wie beim Sachbesitz der Eigentümer oder ein Nichteigentümer
Besitzer
sein kann, so können dingliche
Rechte an fremdem Grundstück sich im
Besitze des Berechtigten oder eines Nichtberechtigten
befinden, und selbst ohne daß ein solches
Recht wirklich begründet ist, kann ein Dritter, als ob er
ein
Recht hätte, den Rechtsbesitz
ausüben.
Von praktischem Nutzen ist der Rechtsbesitz
nach zwei
Richtungen: er führt durch fortgesetzte fehlerlose Ausübung während der Verjährungszeit
bei gutem
Glauben an das Bestehen des
Rechts zu dessen Erwerb, nach manchen Gesetzen aber nur, wenn ein
Titel zum
Recht vorhanden
war. Diese Ersitzung dinglicher
Rechte hat heute indessen eine geringere Bedeutung als früher, weil solche
dingliche
Rechte, welche durch die Gesetzgebung für ablösbar erklärt sind (s. Reallasten), überhaupt
nicht mehr neu begründet werden können, und weil solche
Rechte, welche aus im Grundbuch eingetragenen Grundstücken nur
durch Eintrag in das Grundbuch erworben werden können (wie nach Österr.
Bürgerl. Gesetzb. §. 481 auch
die Grunddienstbarkeiten), nicht mehr ersessen werden können.
Wer sich im ungestörten
Besitz befindet, wird gegen
Störungen und gewaltsame Besitzentziehung im Rechtswege geschützt, ohne
daß er ein
Recht zu beweisen braucht. Der Eigentümer muß, um den
Besitzer, welcher kein
Recht hat, zu
verdrängen, die
Freiheit seines Eigentums von dem in
Anspruch genommenen dinglichen
Rechte mittels der
Negatoria (s. d.) klagend
verfolgen. Die Besitzfehler sind dieselben wie beim Sachbesitz (s.
Besitzklagen). Der Erwerb und
Verlust des Rechtsbesitz
vollzieht sich
ähnlich wie bei dem Sachbesitz. Einzelne neuere Gesetze haben den Rechtsbesitz
erheblich eingeschränkt, doch haben
sie ihn nicht ganz beseitigen können, namentlich bei den Grunddienstbarkeiten (Sächs.
Bürgerl. Gesetzb. §. 530;
Deutscher Entwurf
§. 939).