Raynal
(spr. ränall), 1) Guillaume Thomas François, franz. Schriftsteller, geb. 12. April 1713 zu St.-Geniez (Aveyron), studierte im Jesuitenkollegium zu Toulouse, trat in den Orden und ward Prediger in dem Städtchen Pezenas, 1747 bei St. Sulpice in Paris, mußte aber wegen Freigeisterei seine Stellung aufgeben, widmete sich fortan philosophischen und historischen Studien und erhielt die Redaktion des »Mercure«, die ihm eine gesicherte Existenz verschaffte. Sein Hauptwerk ist die »Histoire philosophique et politique des etablissements et du commerce des Européens dans les deux Indes« (Amsterd. 1771, 7 Bde.; Par. 1798 u. öfter, 22 Bde.; deutsch, Kempt. 1783-88, 11 Bde.); doch gehört ein guter Teil derselben Diderot und Deleyre an. Wegen der in einer neuen Ausgabe (Genf 1772, 10 Bde.) seiner indischen Geschichte enthaltenen heftigen Angriffe auf die Religion und Politik wurde das Werk 1781 durch Henkershand verbrannt und Raynal aus Frankreich verbannt. Er wandte sich nach Petersburg, hierauf nach Berlin, sodann nach der Schweiz, kehrte aber 1788 nach Frankreich zurück und starb 6. März 1796 in Chaillot bei Paris. Raynal war Mitglied des Instituts sowie der Akademien in London und Berlin. Seine Biographie schrieb Lunel (Rhodez 1866).
2) David, franz. Politiker, geb. 26. Febr. 1840 zu Paris aus einer ursprünglich jüdischen, in Bordeaux ansässigen Weinhändlerfamilie, widmete sich ebenfalls dem Kaufmannsstand und errichtete ein Weingeschäft in Bordeaux. 1876 in die Deputiertenkammer gewählt, schloß er sich der republikanischen Linken an, suchte sich als eifriger Anhänger Gambettas Einfluß zu verschaffen und führte schon im Dezember 1879 durch eine Interpellation den Sturz des Kriegsministers Gresley herbei. Im September 1880 wurde er zum Unterstaatssekretär und im Ministerium Gambetta November 1881 zum Minister der öffentlichen Arbeiten ernannt, trat jedoch im Januar 1882 wieder zurück und verwaltete dasselbe Ministerium unter Ferry vom Februar 1883 bis zum März 1885.