Titel
Raynal
(spr. ränall), 1)
Guillaume
Thomas
François, franz. Schriftsteller, geb. zu St.-Geniez
(Aveyron), studierte im Jesuitenkollegium zu
Toulouse,
[* 2] trat in den
Orden
[* 3] und ward
Prediger in dem Städtchen
Pezenas, 1747 bei St. Sulpice in
Paris,
[* 4] mußte aber wegen Freigeisterei seine
Stellung aufgeben, widmete sich fortan philosophischen
und historischen
Studien und erhielt die Redaktion des »Mercure«, die ihm eine gesicherte
Existenz verschaffte.
Sein Hauptwerk ist die
»Histoire philosophique et politique des etablissements et
du commerce des Européens dans les deux
Indes« (Amsterd. 1771, 7 Bde.;
Par. 1798 u. öfter, 22 Bde.;
deutsch,
Kempt. 1783-88, 11 Bde.); doch gehört ein guter Teil derselben
Diderot und Deleyre an. Wegen der in einer neuen
Ausgabe (Genf
[* 5] 1772, 10 Bde.) seiner indischen Geschichte
enthaltenen heftigen
Angriffe auf die
Religion und
Politik wurde das Werk 1781 durch Henkershand verbrannt und Raynal
aus
Frankreich
verbannt. Er wandte sich nach
Petersburg,
[* 6] hierauf nach
Berlin,
[* 7] sodann nach der
Schweiz,
[* 8] kehrte aber 1788 nach
Frankreich zurück
und starb in Chaillot bei
Paris. Raynal
war Mitglied des
Instituts sowie der
Akademien in
London
[* 9] und
Berlin. Seine
Biographie schrieb
Lunel
(Rhodez 1866).
2) David, franz. Politiker, geb. zu Paris aus einer ursprünglich jüdischen, in Bordeaux [* 10] ansässigen Weinhändlerfamilie, widmete sich ebenfalls dem Kaufmannsstand und errichtete ein Weingeschäft in Bordeaux. 1876 in die Deputiertenkammer gewählt, schloß er sich der republikanischen Linken an, suchte sich als eifriger Anhänger Gambettas Einfluß zu verschaffen und führte schon im Dezember 1879 durch eine Interpellation den Sturz des Kriegsministers Gresley herbei. Im September 1880 wurde er zum Unterstaatssekretär und im Ministerium Gambetta November 1881 zum Minister der öffentlichen Arbeiten ernannt, trat jedoch im Januar 1882 wieder zurück und verwaltete dasselbe Ministerium unter Ferry vom Februar 1883 bis zum März 1885.