Titel
Rawlinson
(spr. rahlins'n), 1)
Sir
Henry Creswicke, berühmter engl. Archäolog, geb. 1810 zu Chadlington
in
Oxfordshire, erhielt seine
Erziehung zu
Ealing in
Middlesex, trat 1826 in den Militärdienst der
Englisch-Ostindischen
Kompanie und 1833 als
Major in persischen
Kriegsdienst, ward 1840 zum politischen
Agenten zu
Kandahar in
Afghanistan,
[* 2] 1843 zum
Agenten in
Arabien, 1844 zum britischen
Konsul in
Bagdad berufen und in dieser
Eigenschaft 1851 zum
Generalkonsul und
Oberstleutnant
ernannt. Rawlinson
benutzte diese
Stellung zu archäologischen Forschungen und erwarb sich zunächst ein großes
Verdienst durch die mit Lebensgefahr verbundene genaue Kopierung der hoch
oben an einem isolierten
Felsen angebrachten Keilinschrift
von
Bisutun (Behistan) in
Persien.
[* 3]
Ohne die inzwischen in
Deutschland
[* 4] gemachten Fortschritte in der Keilschriftentzifferung zu kennen, bestimmte
er den Lautwert
der altpersischen Keilzeichen bis auf ein Zeichen genau so wie
Lassen in
Bonn;
[* 5] nicht minder bedeutend war
das historische Ergebnis seiner Forschungen, da sich die
Inschrift von
Bisutun als ein ausführlicher
Bericht des
Königs
Dareios
über seine ersten
Unternehmungen und
Feldzüge zu erkennen gab. Ein noch größeres
Feld für seine Thätigkeit fand aber Rawlinson
auf
den Trümmerfeldern von
Ninive und
Babylon, wo er eine außerordentlich große Anzahl assyrisch-babylonische Keilinschriften
entdeckte und in
Gemeinschaft mit andern englischen Archäologen entzifferte. 1856 nach
England zurückgekehrt, ward er hier
von
Reigate ins
Parlament gesandt und gleichzeitig zum
Rate der
Ostindischen
Kompanie erwählt, welche
Stellung er auch bei der
Neuorganisation der indischen
Verwaltung 1858, nun im
Namen der
Krone, behielt. 1859 erhielt er die
Stelle
eines britischen
Gesandten am
Hof
[* 6] zu
Teheran, legte dieselbe aber schon 1860 wieder nieder. Von
¶
mehr
1865 bis 1868 war er wieder Mitglied des Parlaments für Frome und trat dann von neuem in den indischen Rat ein, wo er noch jetzt thätig ist. Ein bleibendes Monument hat er sich errichtet durch das große Werk, das er im Auftrag des Britischen Museums und mit Beihilfe von Norris und G. Smith in vier Foliobänden vollendete: »The cuneiform inscriptions of Western Asia« (1861-70). Andre Schriften von ihm sind: »The Persian cuneiform inscriptions at Behistun« (1846);
»History of Assyria, as collected from the inscriptions discovered in the ruins of Niniveh« (1852);
»Memorandum on the publication of the cuneiform inscriptions« (1855);
»A selection from the miscellaneous inscriptions of Assyria« (1870) und »England and Russia in the East« (1875).
2) George, engl. Geistlicher und Historiker, Bruder des vorigen, geboren um 1815 zu Chadlington, studierte in Oxford, [* 8] wo er 1861 Professor der alten Geschichte ward, war auch Examinator für den militärischen Erziehungsrat und wurde 1872 zum Kanonikus in Canterbury ernannt, wo er noch jetzt lebt. Abgesehen von verschiedenen theologischen Schriften, veröffentlichte er in Gemeinschaft mit seinem Bruder Henry eine wertvolle Übersetzung des Herodot (mit Kommentar, 3. Aufl. 1876, 4 Bde.) und machte sich namentlich durch das große Geschichtswerk »The five great monarchies of the ancient world« (4. Aufl., Lond. 1879, 3 Bde.),
mit den Fortsetzungen: »The sixth great oriental monarchy« (Parthien, 1873) und »The seventh etc. monarchy« (Neupersien, 1876) bekannt, dem unter anderm das »Manual of ancient history« (1870),
»The origin of nations« (1877),
»History of ancient Egypt« (1881, 2 Bde.),