Rat,
die Anleitung, welche man jemand gibt, damit er danach sein Benehmen in irgend einer Sache einrichte. In rechtlicher Beziehung ist man der Regel nach für einen gegebenen Rat nicht verantwortlich. Doch kann der Rat zu einem Verbrechen unter Umständen als strafbare Anstiftung erscheinen. Außerdem ist jemand für einen Rat verantwortlich, wenn dieser absichtliche Unwahrheit zu betrügerischen Zwecken enthielt, oder wenn der Ratgeber zur Erteilung des Rats verpflichtet war, oder endlich, wenn er sich für die Folgen verbindlich machte. Im Staatswesen und im öffentlichen Leben überhaupt ist ein Kollegium, welches, an der Spitze einer kleinern oder größern Korporation oder des Staats selbst (Ministerrat) stehend, die Geschäfte derselben beratet und leitet. So hatte man in Frankreich zur Zeit der ersten Revolution den Rat der Fünfhundert und den der Alten. Meist versteht man aber jetzt unter Rat (Stadt-, Gemeinderat) das Kollegium der städtischen Verwaltungsbehörde (Magistrat). Der Titel Rat (consiliarius) bezeichnet einen Beamten höhern Ranges, besonders das stimmberechtigte Mitglied eines Kollegiums (Regierungsrat, Reichsgerichts-, Landgerichtsrat etc.). Der Zusatz »Geheimer« drückt eine höhere Rangstufe aus, während das Prädikat »Ober« diese noch steigert, die Hinzufügung des »Wirklich« (z. B. Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat) aber die höchste Rangstufe in dieser Beziehung ausdrückt. Mit dem Prädikat »Wirklicher Geheimer Rat« ist der Titel »Exzellenz« verbunden. Auch wird der Ratstitel (z. B. Kommerzienrat, Kommissionsrat, Hofrat, Sanitätsrat, Justizrat, Kirchenrat, Finanzrat, Ökonomierat etc.) vielfach als Ehrentitel verliehen. Subalterne Beamte erhalten nach längerer Dienstzeit den Titel Rechnungsrat, Kanzleirat und später noch den Zusatz »Geheimer«.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Rat
(Consilium), die einem andern mitgeteilte Meinung über einen zu fassenden Entschluß, in der Absicht, denselben zu einem gewissen Handeln zu bestimmen. (S. Empfehlung.) Der Rat zu einem Verbrechen ist eine Teilnahme an demselben, welche bis zur Miturheberschaft gehen kann.
Der Titel Rat (Consiliarius) bezeichnet einen Beamten höhern Ranges, besonders ein mit vollem Stimmrecht angestelltes Mitglied eines Kollegiums. Namentlich ist in Deutschland dieser Titel sehr üblich. Man hat ihm unzählige speciellere Bezeichnungen gegeben, z. B. Hofrat, Kammerrat, Justizrat und Kriegsrat, Landrat, Forstrat, Archivrat u. s. w., durch den Zusatz «Geheimer» eine höhere Rangstufe ausgedrückt, diese durch das Prädikat «Ober», z. B. Geheimer Oberfinanzrat u. s. w., gesteigert und endlich die letzte noch durch die Hinzufügung «Wirklich», z. B. Wirklicher Geheimer Oberjustizrat u. s. w., erhöht. Mit dem höchsten derartigen Titel, «Wirklicher Geheimer Rat», ist das Prädikat «Excellenz» verbunden. Ehedem führten nur die Mitglieder eines höhern Landeskollegiums den Titel Rat und hatten damit von Rechts wegen für ihre Person adlige Rechte. (In Frankreich ehemals die «noblesse de la robe», s. Adel, Bd. 1, S. 135 a.) Gegenwärtig wird der Ratstitel auch an Personen erteilt, die keine Amtsstellung haben, z. B. königlicher oder kaiserlicher Rat, Hofrat, Sanitäts-, Kommerzienrat.
Der Ausdruck N. wird ferner angewendet zur Bezeichnung einer kollegialischen Behörde. Im Mittelalter wurde er vorzugsweise für die städtischen Kollegien gebraucht, deren Mitglieder Ratmannen genannt wurden. Öfters wird die Zahl der Mitglieder zur nähern Bezeichnung beigefügt oder es wird ein zusammengesetztes Wort gebildet, z. B. Hofrat (in Wien), Staatsrat, Gemeinderat u. s. w.
Von den historisch wichtigen Versammlungen, die speciell die Bezeichnung Rat führten, sind zu erwähnen: der Rat von Castilien, der den Rang über allen Behörden hatte; der Rat der Zehn, welchem in der Republik Venedig die hohe Polizei und Strafgerichtsbarkeit zustand (s. Inquisitori di stato); der Rat der Fünfhundert und der Rat der Alten, zwei repräsentative Körper in Frankreich (s. d., Bd. 7, S. 95 a).