Raspail
(spr. -páj), François Vincent, Naturforscher, geb. zu Carpentras in Vaucluse, studierte Theologie, dann Botanik und Chemie, kam 1815 nach Paris [* 2] und machte sich bald durch verschiedene Entdeckungen einen Namen in der Wissenschaft. Er beteiligte sich an der Julirevolution von 1830 und machte entschieden Opposition gegen die Julimonarchie. Verschiedene Artikel in Organen der republikanischen Partei zogen ihm 1834 eine 15monatliche Gefängnisstrafe zu. Auch an der Februarrevolution von 1848 nahm er den thätigsten Anteil; er drang 24. Febr. an der Spitze eines Volkshaufens in den Beratungssaal der provisorischen Regierung und zwang diese, sofort die Republik zu proklamieren.
Sein Journal »L'ami du peuple«, später »Démocratie pacifique« genannt, predigte jakobinische Grundsätze. Als Präsident des Klubs der Volksfreunde drang er 15. Mai an der Spitze des Volkshaufens in den Saal der Nationalversammlung ein, ward deshalb verhaftet und zu fünfjähriger Haft verurteilt. 1853 erhielt er die Erlaubnis, seine Haft mit dem Exil zu vertauschen, und lebte seitdem in Belgien. [* 3] 1869 in den Gesetzgebenden Körper gewählt, gehörte er zu den extremsten Radikalen.
Seit 1876 war er Mitglied der Deputiertenkammer. Er starb in Arcueil. Unter seinen wissenschaftlichen Schriften sind hervorzuheben: »Essai de chimie microscopique appliquée à la physiologie« (Par. 1831);
»Nouveau système de chimie organique« (das. 1833; deutsch, Stuttg. 1834);
»Nouveau système de physiologie végétale et de botanique« (Par. 1837, 2 Bde. mit Atlas); [* 4]
»Mémoire comparatif sur l'histoire naturelle de l'insecte de la gale« (das. 1834; deutsch, Leipz. 1835);
»Histoire naturelle de la santé et de la maladie chez les végétaux et les animaux« (Par. 1839-43, 3 Bde.; 3. Aufl. 1860);
»Almanach et calendrier météorologique« (1861-77),
seit 1865 »Nouvelles études scientifiques et philologiques«.
Sein medizinisches Kampfersystem legte er dar in der Schrift: »Cigarettes de camphre et camphatières hygiéniques contre une foule de maux lents à guérir« (Par. 1839 u. öfter). Seit 1846 gab er das »Manuel annuaire ¶
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de la santé« heraus.
Vgl. Saint-Martin, F. V. Raspail
(Par. 1877). -
Sein ältester Sohn, Benjamin Raspail
, geb. ebenfalls Naturforscher und demokratisch-sozialistischer
Republikaner, war 1848 Repräsentant des Rhônedepartements in der Legislative, wurde 1852 verbannt, kehrte 1864 nach Frankreich
zurück und ist ebenfalls seit 1876 Mitglied der Deputiertenkammer. Raspails
Neffe Eugène Raspail
, geb. zu
Gigondas (Vaucluse), hat sich als Archäolog, Numismatiker und Geolog einen Namen erworben. Auch er gehörte 1848 in der Nationalversammlung
zu der äußersten Linken.