französisch Rarogne. (Kt. Wallis,
Bez. Westlich Raron). 644 m. Gem., Pfarrdorf und Bezirkshauptort am rechten Ufer der
Rhone. 36 km ö.
Sitten, 15 km w.
Brig und 1 km n. vom
WeilerTurtig, den die
Thalstrasse durchzieht. Station der Simplonbahn.
Postbureau, Telegraph, Telephon. 1888: 510 Ew.; 1900: 99
Häuser, 553 kathol. Ew., wovon auf das Dorf selbst 273 entfallen.
Das bescheidene Dorf entbehrt jedes Handelsverkehres und auch aller der mannigfaltigen Vorzüge, deren sich die meisten der
übrigen Siedelungen im
Rhonethal erfreuen, hat dagegen mit der mächtigen Familie derer von Raron in
der Geschichte des Wallis
eine hervorragende
Rolle gespielt. Das an der Einmündung des
Bietschbaches ins
Rhonethal gelegene Dorf lehnt
sich im O. an eine felsige
Höhe (763 m), auf der das stolze
SchlossRaron stand. Dieses erscheint in den Urkunden seit 1268 und
lag schon seit 1417, d. h. seit dem Beginn des die
Herren von Raron von der
Höhe ihrer Macht stürzenden
und die Gemeinden und das Volk von ihrer
Herrschaft befreienden sog. Raronkrieges, in Trümmern. An seiner Stelle befindet
sich jetzt die von Kardinal Schinner in dieser vor Ueberschwemmungen und
Bergstürzen sicheren Lage 1512 erstellte Pfarrkirche,
zu deren
Bau man die Steine der
alten Burg benutzte.
Das alte Dorf ist mit seiner einstigen Pfarrkirche zu Ende des 15. Jahrhunderts von einem Hochwasser des
Bietschbaches zerstört
worden. Der
Turm der damaligen Kirche hat sich noch erhalten, ist aber bis zur Hälfte seiner
Höheim Schutt vergraben. An
ihn lehnt sich jetzt eine kleine
Kapelle, in der oft Gottesdienst und am Sonntag die Abendandacht gehalten
wird, um den Gläubigen einen zweiten Aufstieg zur hoch oben stehenden Kirche zu ersparen. Einige von den Bewohnern von Raron
immer noch Rathaus genannte gezinnte Mauerreste der
alten Burg stammen vielleicht noch von einer spätern
teilweisen Wiederherstellung derselben her. Im Dorf bemerkt man ferner die zwei interessanten alten
Häuser der Geschlechter
Roten und Zurwerra. Das Gemeindegebiet von Raron umfasst das ganze gegen N. hinaufreichende
Bietschthal, das bis zum
Bietschhorn
(3953 m) 9 km lang und im vordern Abschnitt beinahe
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mehr
unzugänglich ist und keine ständigen Siedelungen hat. Die Leute von Raron pflegen im Frühjahr ihre Schafe und Ziegen hier
hinaufzutreiben und sie dann im Herbst durch einige Männer wieder herunter holen zu lassen. Am Fuss der Terrasse von Ausserberg
stehen das Dorf St. German mit einer Kirche (Filiale der Pfarrei Raron) und die Häusergruppe Z'Kummen,
neben der sich ein in dieser rauhern Gegend des Rhonethales vereinzelter Rebberg befindet. 800 m n. vom Dorf Raron liegt rechts
über dem Bietschbach der WeilerRarnerkumme und gegenüber dem Dorf am linken Ufer der Rhone und am N.-Fuss der Terrasse von
Unterbäch der WeilerTurtig mit der Station Raron der Simplonbahn. 1046 bildete Raron ein Allod, das von
Egeloff von Opelingen zugleich mit Brienz dem Kloster Frienisberg geschenkt wurde und später an den Bischof von Sitten kam.
Vitztum (bischöflicher Statthalter) von Raron und Leuk war 1210 ein Heinrich von Raron, dessen eigentliche Herkunft
unbekannt ist, der aber der Ueberlieferung nach aus Brienz gekommen sein soll. Ihm folgte in seinen Aemtern 1243 einer seiner
Söhne als Heinrich 1. von Raron, während die vier andern Söhne Amadeus, Ulrich, Rudolf und Johann Stifter verschiedener
Zweige der Familie wurden. 1276 war ein Rudolf von Raron bereits Vitztum über eine Reihe von Herrschaften.
Von dieser Zeit datiert der Aufschwung und die Machtfülle des Gechlechtes, das dann besonders im Laufe des 14. Jahrhunderts
sowohl auf die Erweiterung des politischen Einflusses als auch auf die Besetzung des Bischofsstuhles zu Sitten durch seine
eigenen Glieder hinarbeitete. Und in der Tat gab es dem Lande fünf Bischöfe und mehrere Hauptleute.
Der berühmteste derer von Raron war Witschard oder Guichard, dem Margaretha von Räzüns eine reiche Mitgift in die Ehe
mitgebracht hatte und der sich durch seine Bündnisse mit landesfremden Herren und seine Verteidigung von zahlreichen ausländischen
Interessen im Walliser Volk viele Feinde schuf.
Als er sich endlich auch noch mit den Grafen von Savoyen, den geschworenen Feinden der Unterwalliser, verständigte, war sein
Mass voll. Es wurde ihm die sog. Mazze, eine Art von Keule, vor's Haus getragen und ihm damit bedeutet, dass er nun vom Volke
geächtet sei und dass ihm dieses den Krieg ansage. Seine Burgen Raron, Leuk und Beauregard wurden genommen
und angezündet und er selbst sowie Wilhelm V. von Raron, Bischof von Sitten, des Landes verwiesen. Der neue Bischof, Andreas
de Gualdo, setzte den Witschard von Raron dann 1420 wieder in den Besitz seiner früheren Güter ein, wurde aber
vom vertriebenen Bischof Wilhelm beständig befeindet, sodass er schliesslich mit Hilfe des erbitterten Volkes mit den Raron
und ihren Parteigängern reinen Tisch machte und sie ihrer Macht für immer zu entsetzen vermochte.
Damit war das einst so stolze und harte Geschlecht endgiltig gebrochen. 1146 und 1276: Raron; 1210, 1302 und 1306:
Raronia, Rarognia; 1398: Rarognya. Schalenstein auf dem ö. der Pfarrkirche sich erhebenden Hügel «Heidnisch Bühl», an dessen
Fuss 1873 22 Gräber mit Schmucksachen aus Bronze aufgedeckt worden sind. Bei St. German Funde von Beilen aus Jadeit. In den
Reben von St. German hat man schon zu wiederholten Malen Funde von Münzen, Medaillen und Gräbern aus
der Römerzeit zu Tage gebracht.
(Œstlich). Bezirk des Kantons Wallis,
umfasst zusammen mit dem benachbarten Bezirk Westlich Raron 33080 ha Fläche.
Besteht aus den ehemaligen HerrschaftenMörel
und Grengiols und umfasst in der Hauptsache den unteren Abschnitt des Goms, d. h.
des obersten Rhonethales. Der Bezirk grenzt im O. an den Bezirk Goms, von dem ihn südlich der Rhone die
Ausläufer des Cherbadung und die Binna und n. vom Fluss der Deischberg, der Laxgraben, der Kamm des Eggishorns und die östl.
Grenze des Eis- und Firngebietes von Aletsch bis zum Gross Fiescherhorn trennen.
Hier ist als einziger Uebergang von Bedeutung der Ritterpass (2692 m) zu erwähnen, der aus dem Längthal
ins Val di Vedro und ins Antigoriothal führt. Der Bezirk wird in der Richtung NNO.-SSW. von der Mündung der Binna (900 m)
bis zu derjenigen der Massa (695 m) auf eine Länge von 10 km von der Rhone durchflossen. Von andern Wasseradern sind einzig
nennenswert der in die Binna mündende Längthalbach; der Mühlebach, aus dessen Thal in der Nacht vom 18. auf
den jene Lawine auf Grengiols niederging, die 8 Häuser zerstörte und 13 Personen tötete; der aus dem schönen
Bettmersee kommende Bettmerbach und der das Dorf Mörel durchfliessende Dorfgraben.
Hauptbeschäftigung der Bewohner sind Alpwirtschaft und Viehzucht. Mörel verdankt seiner günstigen und geschützten Lage
noch einige Rebspaliere, sowie Kastanien-, Nuss- und andere Obstbäume. Handel mit Vieh, Fettkäse und Butter, die bis nach
Sitten hinunter guten Absatz finden. Der im Aufblühen begriffenen Fremdenindustrie dienen zwei Gasthöfe
in Mörel und die unvergleichliche Höhenstation auf der Riederalp. Grengiols hatte im 16. Jahrhundert eine Silbererzmine, die
aber ihres zu geringen Ertrages wegen einging und nicht wieder abgebaut worden ist. Im Längthal mit seinen Verzweigungen
finden sich wie im Binnenthal zahlreiche, seltene Mineralien. Die Viehstatistik hat folgende Resultate
ergeben:
Ueber die Bewegung der Bevölkerung im Laufe des 19. Jahrhunderts lassen sich nur fur Oestlich und Westlich Raron zusammen
vergleichende Angaben machen, da frühere Zählungen zwischen den beiden Bezirken nicht immer unterschieden haben. Sie zählten:
1816
1850
1870
1888
1900
3880
4739
5457
5912
6609
Ew.
Ueber die geschichtliche Entwickelung vergl. die Art. Raron (Gem. und Dorf), Lœtschenthal und Mœrel (mit
Grengiols), welche drei Siedelungsgruppen früher mehr oder minder selbständige Gemeinwesen bildeten.
Die den Bezirk vom Fuss der Terrasse von Ausserberg bis zur Mündung der Lonza von O. nach W. durchfliessende
Rhone hat auf dieser 8 km langen Strecke ein Gefälle von blos 9 m (645-636 m). Die übrigen Wasseradern des Bezirkes
sind: n. der Rhone die das Lötschenthal durchfliessende Lonza, der das einsame Bietschthal entwässernde, bei Raron auf die
Rhoneebene ausmündende und von da an kanalisierte Bietschbach, und der bei Niedergestelen das Ijollithal
verlassende Ijollibach;
s. der Rhone der Mühlebach und der Laubbach, die beide kaum 1 km voneinander entfernt bei
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Bezirk des Kantons Wallis.
Oberfläche: 50910 ha. - Die Viehzählung vom Jahre 1906 ergab folgende Zahlen für
Westlich Raron:
1906
Rindvieh
3632
Pferde
102
Schweine
661
Schafe
4491
Ziegen
1643
Bienenstöcke
-
Für Oestlich Raron:
1906
Rindvieh
2215
Pferde
16
Schweine
516
Schafe
472
Ziegen
1113
Bienenstöcke
-
Der westliche Teil dieses Bezirkes hat einen neuen Aufschwung genommen seit dem Anfang der Arbeiten an Lötschbergbahn
und -tunnel. Am löste sich eine Staublawine von den Abhängen des Niven los und zerstörte in Goppenstein mehrere
Gebäude, wobei zwölf Personen ums Leben kamen.