Titel
Rapp
,
1)
Georg,
Stifter der religiösen
Gemeinschaft der
Harmoniten (Harmonisten) in
Nordamerika,
[* 3] geb. 1770 im Württembergischen,
wanderte 1803 mit Gleichgesinnten zur Herstellung einer nach dem Vorbild der apostolischen
Kirche organisierten
kirchlichen und bürgerlichen Gemeindeverfassung nach
Amerika
[* 4] aus, wo er 1804 bei
Pittsburg eine
Kolonie gründete, unter deren
Bewohnern völlige
Gleichheit,
Gütergemeinschaft und
Ehelosigkeit herrschten. 1823 verkaufte er die 1814 erbaute Stadt Harmony
in
Indiana an
Robert
Owen und gründete am rechten
Ufer des
Ohio die
Kolonie
Economy, die jetzt Hauptsitz der
Harmoniten und
Residenz des als
Prophet und
Diktator anerkannten Rapp
wurde.
Jede
Familie erhielt ein
Haus mit
Garten;
[* 5] jeder Erwachsene aber mußte im
Sommer 12, im
Winter 14
Stunden auf dem
Feld oder in den
Manufakturen arbeiten. So ward die
Gesellschaft bald ausschließlich ein
Verein für industrielle
Zwecke
und Betreibung des
Ackerbaues.
Schweren
Schaden erlitt sie durch den
Betrüger
Bernhard
Müller, welcher sich unter dem
Namen
Proli
oder
Graf
Leon 1831 an Rapp
anschloß, ihn dann aber mit 300 Anhängern verließ. Rapp, dessen
Kolonie von Jahr zu Jahr zusammenschmolz,
starb
Sein Nachfolger als Oberhaupt der
Harmoniten ward der
Kaufmann
Becker.
Vgl. Wagner, Geschichte der Harmoniegesellschaft (Vaihingen 1833);
v. Bonnhorst, Der Abenteurer Proli (Frankf. 1834);
Nordhoff, Communistic societies of the United States (Lond. 1875);
Palmer, Die Gemeinschaften und Sekten Württembergs (Tübing. 1877). ¶
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2) Jean, Graf von, franz. General, geb. zu Kolmar, [* 7] trat 1788 in ein französisches Kavallerieregiment, machte die Feldzüge am Rhein und als Adjutant Desaix' die Feldzüge in Italien [* 8] und nach Ägypten [* 9] mit und ward 1801 Adjutant des Ersten Konsuls. 1805 erwarb er sich bei Austerlitz [* 10] den Rang eines Divisionsgenerals und befehligte 1806-1807 eine Dragonerdivision. Nachdem er kurze Zeit Kommandant zu Thorn [* 11] gewesen, erhielt er nach Danzigs Fall das Kommando dieser Festung. [* 12]
In der Schlacht bei Aspern
[* 13] unternahm er in Vereinigung mit Lobau einen Bajonettangriff, der zur Sicherstellung des französischen
Rückzugs viel beitrug. Er ward hierauf zum Grafen ernannt. Im Juni 1810 ward er wegen eines freimütigen
Tadels über Napoleons Ehescheidung wieder nach Danzig
[* 14] beordert. Auf dem Rückzug aus Rußland 1812 sandte ihn Napoleon nach Danzig
voraus, um den Rest der Armee neu zu organisieren, und Rapp
verteidigte diese Festung, bis ihn Mangel an Proviant und Munition
im Januar 1814 zur Kapitulation nötigte.
Die Verbündeten erkannten jedoch dieselbe nicht an, und Rapp
ward als Kriegsgefangener nach Wilna
[* 15] gebracht. Im Juli 1814 nach
Paris
[* 16] zurückgekehrt, ward er von Ludwig XVIII. bei Napoleons Landung mit dem Kommando des 1. Armeekorps betraut. Der Abfall der
Armee vereitelte jedoch allen Widerstand, und Rapp
nahm hierauf von Napoleon das Kommando der Rheinarmee an,
schloß aber bei Straßburg
[* 17] mit den Verbündeten einen Waffenstillstand ab. Der von Ludwig XVIII. ihm erteilte Befehl, die Armee
zu entwaffnen, führte zu einer gefährlichen Meuterei, die Rapp
aber durch energisches Einschreiten unterdrückte. Darauf zog
er sich auf das Gut Wildenstein im Kanton Aargau
[* 18] zurück. 1818 von Ludwig XVIII. zum Pair und Obersthofmeister des Königs
ernannt, starb er auf seinem Gut Rheinweiler in Baden.
[* 19] 1853 wurde ihm in Kolmar eine Statue errichtet. Außer einer
Beschreibung der Belagerung von Danzig hinterließ er »Mémoires« (Par. 1823; deutsch, Gotha
[* 20] 1824). Sein
Leben beschrieb Spach in den »Biographies alsaciennes« (Nancy
[* 21] 1871).