Raketen
[* 3] (vom ital. rocchetta,
Kriegsraketen), den gleichnamigen, in der Kunstfeuerwerkerei angewandten Erzeugnissen
(s.
Feuerwerkerei) ähnliche
Körper, bestehen aus einer cylindrischen
Hülse
[* 4] von
Eisenblech, welche mit dem Treibsatz entweder
über einem konischen
Dorn (Congrevesche Raketen
) oder massiv (Augustinsche Raketen
) vollgepreßt wird; letztere erhalten durch
Ausbohrung eine durchweg gleiche
(Preußen)
[* 5] oder eine stufenförmige cylindrische
(Österreich)
[* 6]
Seele.
Über der
Seele bleibt eine massive Satzschicht, die Zehrung, stehen. Durch die
Reaktion der bei der
Verbrennung des Treibsatzes
mit Heftigkeit ausströmenden
Gase
[* 7] wird die Rakete mit um so größerer
Geschwindigkeit fortgetrieben, je größer die Brandfläche,
also auch die Gasmenge ist, der die Triebkraft entspricht. Auf der
Größe der letztern beruht die Möglichkeit,
die Raketen
als
Träger
[* 8] von
Körpern zu benutzen, die an entfernten
Punkten zur
Wirkung kommen sollen, und die Verwendbarkeit der
Raketen
zu militärischen
Zwecken, indem man dieselben vorn mit einer
Granate oder
Kartätsche, deren Sprengladung, oder mit einer
mit
Brandsatz gefüllten Blechbüchse, deren
Satz durch den Treibsatz der Rakete entzündet wurde, versah.
Um der bedeutenden Vorderbeschwerung das
Gleichgewicht
[* 9] zu halten, versieht man die Raketen
seitlich (Seitenstabraketen
) oder axial
(Achsenstabraketen
) mit einem hölzernen
Stab.
[* 10] 1846 trat der Nordamerikaner
Hale mit Raketen
hervor, die statt des
Stabes mit einem
eisernen
Kegel geschlossen sind, durch welchen spiralförmig mehrere
Löcher gehen.
Die durch diese ausströmenden Gase geben der Rakete eine Drehung um die Längenachse, daher Rotationsrakete; sie wurde 1867 in England eingeführt. Um den eine bestimmte Richtung und Erhöhung für verschiedene Flugweiten zu geben, wurden sie aus Leitrinnen abgefeuert, die auf dreibeinigen oder lafettenartigen Gestellen ruhten. Diese Kriegsraketen, welche in Österreich, England, Rußland, Griechenland [* 11] und Frankreich als Waffe geführt wurden, konnten sich bei ihrer geringern Flugweite und großen Treffunsicherheit, die namentlich beim Wind hervortrat, den gezogenen Feuerwaffen gegenüber nicht mehr behaupten, und gegenwärtig benutzen sie nur noch die Engländer in außereuropäischen Kriegen.
Dagegen sind Leuchtraketen
mit Leuchtsternen (Sternfeuer) oder einem
Fallschirm, der ein mit Leuchtsatz
gefülltes
Gefäß
[* 12] trägt, noch in
Gebrauch; aber auch sie werden den elektrischen Erleuchtungsvorrichtungen weichen müssen.
Eine wichtige Verwendung finden die Raketen
gegenwärtig im
Rettungswesen (s. d.) an der
See als
Träger eines Seils zu dem gestrandeten
Schiff.
[* 13] Die Raketen
sind seit 969
n. Chr. in
China,
[* 14] in
Europa
[* 15] seit der letzten Hälfte des 13. Jahrh. im
Gebrauch,
waren aber in
Europa seit Anfang des 18. Jahrh. in Vergessenheit geraten, bis sie die
Engländer 1799 im
Feldzug gegen
Tippu Sahib
vor
Seringapatam wieder kennen lernten.
Congreve (s. d. 2) brachte sie dann mit nach
Europa und wandte sie 1806 gegen
Boulogne und 1807 beim
Bombardement von
Kopenhagen
[* 16] an; sie wurden vom dänischen Artilleriehauptmann
Schuhmacher vervollkommt,
welcher sie mit
Kugeln,
Granaten
[* 17] und
Kartätschen versah und somit die Raketen
artillerie begründete. Mit dieser erzielten die
Franzosen 1859 in
Algerien,
[* 18] die
Engländer in
China und die
Russen 1860 und 1861 an der chinesisch-sibirischen
Grenze größere Erfolge.