Titel
Raczynski
(spr. ratsch-), poln. Adelsgeschlecht, das ursprünglich Natecz hieß, eins der ältesten Dynastengeschlechter ist und gegenwärtig in einer jüngern (katholischen) Posener und einer ältern (evangelischen) kurländischen Linie blüht. Der erstern gehören an:
1)
Edward,
Graf, Sohn des poln.
Generals
Philipp Raczynski
, geb. 1786 zu
Posen,
[* 2] studierte in
Frankfurt
[* 3] a. O., trat 1807 unter die polnischen
Fahnen und machte als
Hauptmann die
Kriege von 1807 und 1809 mit. Nachdem Raczynski
Schweden
[* 4] und
Lappland besucht,
unternahm er 1814 eine größere
Reise nach der Türkei
[* 5] und
Kleinasien, die er in einem mit
Kupfern ausgestatteten Werk (deutsch
von van der
Hagen,
[* 6] Berl. 1828) beschrieb. Von seinen meist aus
Archiven geschöpften Werken sind hervorzuheben: »Briefe des
Königs
Joh.
Sobieski an seine Gemahlin während des
Feldzugs vor
Wien«
[* 7] (deutsch von Öchsle, Heilbr. 1827);
»Denkwürdigkeiten zur Regierung des Königs Stephan Báthori«, denen »Memoiren Passeks« (deutsch von Steffens, Bresl. 1838),
Memoiren des Fürsten Albert Radziwill, der diplomatische Kodex von Großpolen, die Reisen des Kopec, die Memoiren zur Regierungsgeschichte Johann Kasimirs, die »Obraz polakow i polski« mit den Memoiren von Wybicki, Kitoczi und Kolontaj folgten;
ferner das polnisch und französisch erschienene Prachtwerk »Gabinet medalow polskich« (Bd. 1 u. 2, Berl. 1845; Bd. 3 u. 4, Pos. 1841-43) und die mit einem prächtigen Atlas [* 8] ausgestatteten »Erinnerungen an Großpolen«.
Für den Posener Dom ließ er von Rauch die Bildsäulen der Könige Mieczyslaw und Boleslaw Chrobry fertigen. Seine namentlich für die polnische Litteratur wichtige Bibliothek von 21,000 Bänden schenkte er nebst einem großen Gebäude der Stadt Posen. In einem Anfall von Melancholie erschoß er sich im Garten [* 9] seines Landguts Rogalin mit einem Böller.
2) Athanasius, Graf, Bruder des vorigen, geb. zu Posen, trat in preußische Staatsdienste, ward 1830 Geschäftsträger in Kopenhagen, [* 10] 1841 Gesandter in Lissabon, [* 11] 1848-52 in Madrid [* 12] und lebte seitdem zu Berlin, [* 13] wo er starb. Auf seinen zahlreichen Reisen in Deutschland, [* 14] Frankreich und der Schweiz [* 15] sammelte er eine Galerie von Gemälden alter und neuerer Meister, die nach seinem Tod laut Testamentsbestimmung in die Verwaltung des preußischen Staats überging, nachdem sein Palais am Königsplatz wegen des Baues des Reichstagsgebäudes niedergerissen worden, und in der Nationalgalerie aufgestellt wurde. Er gab heraus: »Histoire de l'art moderne en Allemagne« (Par. 1836-41, 3 Bde. mit Kupfern; deutsch von Hagen, Berl. 1836-41);
»Les arts en Portugal« [* 16] (Par. 1846) und »Dictionnaire historico-artistique du Portugal« (das. 1847).
Vgl. v. Donop, Verzeichnis der gräflich Raczynski
schen
Kunstsammlungen (Berl. 1886).