Titel
Raabe
,
1) Wilhelm, namhafter Romanschriftsteller, der zuerst unter dem Namen Jakob Corvinus auftrat, geb. zu Eschershausen im Herzogtum Braunschweig, [* 2] studierte in Berlin [* 3] seit 1855 Philosophie und widmete sich unmittelbar nach seinen Studienjahren der Litteratur, in die er mit dem lebendigen, jugendfrischen Idyll »Die Chronik der Sperlingsgasse« (Berl. 1857 u. öfter, auch illustriert) und den Erzählungen und Phantasiestücken »Halb Mähr, halb mehr« (das. 1859) eintrat. Es folgten dann: »Die Kinder von Finkenrode« (Stuttg. 1859);
»Nach dem großen Kriege«, Geschichte in zwölf Briefen (Berl. 1861);
»Unsers Herrgotts Kanzlei«, historischer Roman (Braunschw. 1862);
»Verworrenes Leben«, Skizzen und Novellen (Glog. 1862);
»Die Leute aus dem Wald« (Braunschw. 1863, 3 Bde.);
»Der Hungerpastor«, Roman (Berl. 1865, 3 Bde.; 4. Aufl. 1886);
»Freie Stimmen«, Erzählungen (das. 1865);
»Abu Telfan oder die Heimkehr vom Mondgebirge« (Stuttg. 1867, 3 Bde.);
»Der Schüdderump«, Roman (Braunschw. 1870, 3 Bde.);
»Der Regenbogen«, sieben Erzählungen (Stuttg. 1862, 2 Bde.);
»Der Dräumling« (Berl. 1872);
»Deutscher Mondschein«, vier Erzählungen (Stuttg. 1873);
»Christoph Pechlin, eine internationale Liebesgeschichte« (Leipz. 1873, 2 Bde.);
»Meister Autor oder die Geschichten vom versunkenen Garten« [* 4] (das. 1874);
»Krähenfelder Geschichten« (Braunschw. 1878, 3 Bde.);
»Wunnigel« (das. 1878);
»Das Horn von Wanza« (das. 1881);
»Fabian und Sebastian« (das. 1882);
»Prinzessin Fisch« (das. 1883);
»Villa Schönow« (das. 1884);
»Pfisters Mühle« (Leipz. 1884);
»Zum wilden Mann« (das. 1886);
»Unruhige Gäste« (Berl. 1886);
»Im alten
Eisen«
[* 5] (das. 1887) u. a. In seinen größern
wie seinen kleinern
Erzählungen verbindet Raabe
frischen und echten
Humor mit einer elegischen und bittern
Darstellung des
Lebens,
einen energischen
Realismus mit einer gewissen phantastischen, traumhaften
Erfindung. Am stärksten treten seine Eigentümlichkeiten
wohl in den
Romanen: »Der Hungerpastor«,
»Abu Telfan« und »Der Schüdderump« hervor;
wahrhafte Genialität des
Humors offenbart auch die kleine Meistererzählung »Horacker«. Raabe
siedelte 1862 von
Wolfenbüttel
[* 6] nach
Stuttgart
[* 7] über und nahm 1870 seinen dauernden
Wohnsitz in
Braunschweig.
2) Hedwig, Schauspielerin, geb. zu Magdeburg, [* 8] betrat schon als Kind (z. B. als Cilli im »Donauweibchen«, als Infantin im »Don Karlos«) die Bühne, kam mit 14 Jahren an das Thaliatheater in Hamburg, [* 9] wo ihr Oheim, der Komiker Wilke, damals wirkte, später nach Stettin, [* 10] wo sie nach kurzer Zeit Wallner für sein Theater in [* 11] Berlin gewann, und erhielt 1864 nach vorübergehenden Engagements in Mainz [* 12] und Prag [* 13] eine dauernde Stellung am deutschen Hoftheater zu Petersburg, [* 14] von wo aus sie jeden Sommer Gastspielreisen nach Deutschland [* 15] unternahm, stets mit dem glänzendsten Erfolg. 1868 gab sie ihr Engagement auf und gastiert seitdem ausschließlich. Im März 1871 verheiratete sie sich mit dem Sänger Niemann (s. d.). Der Kunstcharakter ihrer Darstellungsweise ist ein gesunder, heiterer und schöner Realismus; treffend hat man sie in ihren frühern Jahren eine »Repräsentantin des Backfischtums in seiner idealen Verklärung« genannt, während sie jetzt besonders in den Frauencharakteren des modernen französischen Repertoires Außergewöhnliches leistet.