R
477 Wörter, 3'204 Zeichen
Philologie und Alter
thumskunde — Sprachenkunde — Grammatik. Lautlehre
R.
Raum
(ĕr), r, lat. R, r, ist nach der gewöhnlichen Aussprache ein tönender Zitter- oder Gleitelaut (Liquida) und als solcher so nahe mit den Vokalen verwandt, daß er sogar wie letztere silbenbildend auftreten kann, z. B. in dem deutschen Fuhrmannsausruf brr; doch gibt es auch ein spirantisches oder gezischtes r, das mehr ein Geräuschlaut als ein tönender ist und daher vor einem Zischlaut leicht gänzlich von demselben absorbiert wird, wie z. B. im Polnischen rz fast wie sch ausgesprochen wird.
Auch das tönende r kann sehr verschieden ausgesprochen werden und zerfällt in drei Hauptarten: das cerebrale r, besonders im Englischen gebräuchlich, entstehend durch Aufbiegung des vordern Zungensaums nach oben und Annäherung desselben an den harten Gaumen hinter den Alveolen der Oberzähne;
das dentale oder alveolare r, entstehend durch einfache Emporhebung der Vorderzunge mit leichter Wölbung des Zungensaums;
das gutturale oder uvulare r, entstehend durch Emporhebung des Zungenrückens zu dem weichen Gaumen, wie bei der Aussprache eines ch, aber so, daß die Zunge eine Rinne bildet, in der das Zäpfchen schwingen kann.
Die beiden letztern Arten des r sind die in Deutschland [* 3] vorzugsweise üblichen, das dentale r, bei dem sich leicht das sogen. Schnarren oder Rollen [* 4] einstellt, in Norddeutschland herrschend, das gutturale besonders in Süddeutschland verbreitet. In Mecklenburg [* 5] und Pommern, [* 6] überhaupt an der Ostseeküste, wird auch das cerebrale r sehr viel gehört, was aus slawischen Einflüssen erklärt wird. Im Sanskrit und in mehreren slawischen Sprachen wird von dem konsonantischen ausdrücklich ein vokalisches r unterschieden, welches für sich allein Silben bilden kann; auch die Griechen trugen der vokalischen Natur des r Rechnung, indem sie es zur Bezeichnung des Stimmeinsatzes wie einen Vokal mit dem Spiritus [* 7] asper versahen. Das ursprüngliche r der indogermanischen Sprachen scheint ein alvoleares r ohne Rollen gewesen zu sein. Der Buchstabe r hieß bei den Griechen Rho; der Haken, welchen die Römer [* 8] dem alten Zeichen für r (P) unten anhängten, sollte dazu dienen, um es von dem p zu unterscheiden, dessen römische Form (P) fast mit dem Rho zusammenfiel.
In der Mathematik ist R Bezeichnung eines rechten Winkels, z. B. 2R = 180°;
als Zahlzeichen: im Griechischen ρ' = 100, ρ, = 100,000, im Lateinischen R = 80, ^R = 80,000. In röm. Handschriften, auf Münzen, [* 9] Inschriften etc. steht R für Roma, [* 10] Romanus, regia, regnum, restitutor, rex;
auf Rezepten (gewöhnlich R') für recipe, nimm;
in Münzwerken für rarus (selten);
je seltener die Münze ist, desto öfter ist R wiederholt (RR, sehr selten, RRR, äußerst selten), dann auch für Revers;
bei Temperaturangaben für Réaumursches Thermometer. [* 11] In bibliographischen Angaben steht r (oder f. r.) für folio recto (lat.), rechte Seite des betreffenden Blattes;
auf der Stellscheibe von Taschenuhren steht R für retarder (franz., »verzögern, verlangsamen«),
im Gegensatz zu »A« (s. d.);
in der internationalen
Telegraphie für recommander (franz. »einschreiben«).
In der Musik ist R (r) = rechte (Hand), [* 12] auch wohl = ripieno.