[* 1] Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Magdeburg,
[* 2]
Kreis
[* 3]
Aschersleben,
[* 4] an der
Bode,
Knotenpunkt der
LinienWegeleben-Thale
und
Quedlinburg-Frohse der Preußischen Staatsbahn, 121 m ü. M., ist zum Teil
von betürmten
Mauern umgeben und besteht aus der
Alt- und
Neustadt
[* 5] mit 4 Vorstädten. Auf einem
Felsen in der
Vorstadt Westendorf erhebt sich das
Schloß, einst Sitz gefürsteter Äbtissinnen, die schöne, restaurierte romanische Schloßkirche
(1129 geweiht) mit den Grabmälern des deutschen
KönigsHeinrich I. und seiner Gemahlin
Mathilde sowie der Gräfin
Aurora von
Königsmark und ein
Zeughaus enthaltend. Außer der Schloßkirche hat Quedlinburg noch 6 evang.
Kirchen (darunter die Marktkirche mit schönem Schnitzwerk) und eine kath.
Kirche. Bemerkenswert ist auch das alte
Rathaus mit
vielen Altertümern und interessanten Gemälden. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit
der
Garnison (2
EskadronsKürassiere Nr. 7) auf 19,323
Seelen, meist
Evangelische, welche
Zucker-,
Draht- und Blechwaren-,Nudel-,
Papier- und Mehlwaren- und Maschinenfabrikation,
Tuch- und Wollzeugweberei, Kunstglaserei und
Glasmalerei
[* 6] etc. betreiben.
Von besonderer Bedeutung sind
Gartenbau, Blumenzucht und
Samenhandel. Die weltberühmte
Gärtnerei von Dippe bebaut allein in
Quedlinburg und Umgegend über 8400
Morgen Land und beschäftigt
ca. 1800
Personen. Quedlinburg hat ein
Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle,
ein
Gymnasium, eine Präparandenschule, mehrere
Hospitäler etc. Im
SW. das Brühlwäldchen mit einer
BüsteKlopstocks und dem Denkmal des Geographen
KarlRitter, die beide in Quedlinburg geboren wurden; im W. der
Münzenberg, wo das ehemalige
Marienkloster stand, im SO. die Sewecker
Berge mit einer Kalksteinhöhle und der
GersdorferBurg. - Quedlinburg wurde 924 vom
König
Heinrich I. gegründet und gegen die
Magyaren befestigt.
Später erhielt es seine Gemahlin
Mathilde
als Wittum. Auch Otto I. verweilte oft daselbst. Quedlinburg kam 1237 unter die Schirmherrschaft der Grafen von Reinstein, begab sich
jedoch 1326 in den Schutz des Bischofs von Halberstadt,
[* 9] was 1338 anerkannt wurde. Die Stadt, welche damals der Hansa beitrat,
mußte 1477 die Oberhoheit von Kursachsen anerkennen. 1085 fand hier eine Synode statt, auf welcher der
Bann über Heinrich IV. erneuert wurde, 1207 eine Zusammenkunft der KönigePhilipp und Otto IV., durch welche wenigstens ein
Waffenstillstand herbeigeführt wurde, und 1583 ein Religionsgespräch zwischen den pfälzisch-sächsisch-brandenburgischen
und den braunschweigischen Theologen über die Abendmahlslehre.
Vgl. »Urkundenbuch der Stadt Quedlinburg«, herausgegeben von Janicke
(Halle
[* 10] 1873-82, 2 Tle.);
ein ehemals reichsunmittelbares Frauenstift im obersächsischen Kreis, umfaßte ein Gebiet von 110 qkm
mit der Stadt Quedlinburg, dem FleckenDitfurt, mehreren Vorwerken und 15,000 Einw. Als Reichsfürstin hatte die
Äbtissin Sitz und Stimme auf dem Reichstag, auf der rheinischen Prälatenbank und auf dem obersächsischen Kreistag. Das Wappen
bestand aus zwei goldenen, in rotem Feld gekreuzten Kredenzmessern. Die Einkünfte betrugen 40,000 Thlr. Das Stift ward 936 im
Königshof Quitlinga im Harzgau von König Heinrichs I. zweiter Gemahlin, Mathilde, gegründet, indem sie
die Nonnen von Wendhausen hierher übersiedelte, und dem päpstlichen Stuhl unmittelbar unterstellt, während dem Kaiser und
seiner Familie das Schutzrecht zunächst vorbehalten blieb.
[* 1] ehemaliges freiweltliches, reichsunmittelbares Frauenstift im Obersächsischen Kreise,
[* 17] ward von König
Heinrich I. gegründet, erhielt aber erst durch Otto I. 13. Sept. 936 seine innere Verfassung. Das Stift, dessen vier
erste Äbtissinnen Töchter von deutschen Kaisern waren, wurde von letztern mit Gütern und Privilegien ausgestattet. Seine
Besitzungen erstreckten sich bis zum Vogt- und Havellande; es besaß die Reichsstandschaft mit Sitz und Stimme auf der rhein.
Prälatenbank und die obersächs.
Kreisstandschaft. 1539 fand der Übertritt zur Reformation statt. Die Schutzherrschaft war ursprünglich
bei dem sächs. Kaiserhause, nach dessen Aussterben sie vielfach neu und weiter verliehen,
verkauft und verpfändet ward. Nachdem sie 1479 erblich geworden war, fiel sie 1485 der Albertinischen Linie des sächs. Kurhauses
zu, welche sie mit andern Gerechtsamen 1697 für 340000 Thlr. an das Kurhaus Brandenburg verkaufte. Durch den
Reichsdeputationshauptschluß von 1803 ward das Stift, das noch 110 qkm mit 13 200 E. umfaßte, der KronePreußen als erbliches
Fürstentum überwiesen, 1807 zum Königreich Westfalen geschlagen und 1813 dem preuß. Staate wieder einverleibt. -
Vgl.
Voigt, Geschichte des Stifts Quedlinburg (3 Bde., Lpz. 1786 u. 1787; Quedlinb. 1791);
Fritsch, Geschichte des vormaligen
Reichsstifts und der Stadt Quedlinburg (2 Bde., Quedlinb.
1828);
Düning, Stift und Stadt Quedlinburg im Dreißigjährigen Kriege (ebd. 1894).
[* 1] Kreisstadt im KreisAschersleben des preuß. Reg.-Bez. Magdeburg, ehemalige Stifts- und Hansestadt, in der
Nähe des Unterharzes, an der Bode, der Linie Magdeburg-Thale und der NebenlinieFrose-Ballenstedt-Quedlinburg (29,9
km) der Preuß. Staatsbahnen,
[* 18] Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Halberstadt) und einer Reichsbanknebenstelle,
hat (1890) 20 761 (10 097 männl.,
10 664 weibl.) E., darunter 788 Katholiken und 87 Israeliten,
in Garnison die 3. Eskadron des Kürassierregiments von Seydlitz Nr. 7, Postamt erster
Klasse, Telegraph,
[* 19] Fernsprecheinrichtung, noch teilweise erhaltene Mauern und Türme, 7 evang. und eine neuere
kath. Kirche.
Der nördl. Arm der Bode oder Mühlengraben scheidet die Altstadt (von KaiserHeinrich I. als Stadt begründet) von der im 12. Jahrh.
angelegten Neustadt, während der südl. Arm (die Wilde Bode) diese beiden Stadtteile mit den Vorstädten Neuerweg, Westendorf
und Münzenberg von der erst 1862 angelegten Vorstadt Süderstadt trennt. Die Stifts- oder Schloßkirche, dreischiffige, flachgedeckte
Basilika,
[* 20] 1021 geweiht, nach dem Brande 1070 neu gebaut, 1320 im Chor vollendet, 1862 hergestellt, birgt die GräberHeinrichs
I., seiner Gemahlin Mathilde und seiner Enkelin Mathilde sowie den 1868 wieder aufgefundenen, in den
Felsen gehauenen Gruftbau Heinrichs I. und die Betkapelle der Königin (10. Jahrh.) in der Krypta und eine sehr reiche Schatzkammer;
die 986 erbaute Kirche des Marienklosters (Coenobium ad Montem Zionis) auf dem Münzenberg liegt in Trümmern, die ehemalige
Wipertikirche, eine Basilika des 12. Jahrh., mit wohlerhaltener Krypta (10. Jahrh.), dient wirtschaftlichen
Zwecken.
Das Schloß auf hohem Sandsteinfelsen war einst Sitz des Frauenstifts Quedlinburg, das sehr alte Rathaus, mit Anbauten
der got. und Veränderungen aus der Renaissancezeit, hat vorn einen steinernen Roland. Ferner hat die Stadt ein Gymnasium, 1540 von
der ÄbtissinAnna II. von Stolberg
[* 21] gestiftet, mit alter Bibliothek (10000 Bände), Real-, höhere Mädchenschule,
Präparandenanstalt, ein städtisches Museum mit Bronze- und Steingeräten, Waffen,
[* 22] Urkunden, Siegel- und Münzstempeln; einen
Park, den Brühl, mit Denkmälern der hier geborenen Klopstock (1824) und Karl Ritter (1865). Die Stadt besitzt eine sehr ausgedehnte
Feldmark, und Acker- und Gartenbau bilden den Haupterwerbszweig. Wichtig ist der Samenbau, der neben dem
von Erfurt
[* 23] den ersten Rang in Deutschland
[* 24] einnimmt, daneben Fabrikation von Tuch, Stärkezucker, Anilinfarben und Drahtwaren.
Der Handel mit Vieh, zumal auf dem Viehmarkte im Oktober, ist erheblich. -
Vgl. Ranke und Kugler, Beschreibung und Geschichte
der Schloßkirche zu Quedlinburg (Berl. 1838);
Janicke, Urkundenbuch der Stadt Quedlinburg (2 Bde.,
Halle 1873-82);
Hase und Quast, Die Gräber in der Schloßkirche zu Quedlinburg (Quedlinb. 1877).