Quecksilber
,
Wassersilber,
Merkur
[* 2] (lat. Mercurius oder
Hydrargyrum; chem. Zeichen Hg;
Atomgewicht 200,4), ein seltenes
und nur sparsam in der
Erdrinde verteiltes Metall, das später als
Gold,
[* 3]
Silber, Kupfer,
[* 4] Zinn,
Blei
[* 5] und
Eisen
[* 6] bekannt geworden
ist und zuerst von Theophrast (300
v. Chr.) erwähnt wird. Es findet sich gediegen (in kugeligen oder
fadenförmig ausgezogenen Tröpfchen), als natürliches
Amalgam, als
Quecksilberhornerz, im
Fahlerz,
[* 7] namentlich aber in Form
von Schwefelquecksilber
als
Zinnober.
[* 8]
Die ausgezeichnetsten Fundorte der Quecksilbe
rerze sind
Almaden in
Spanien
[* 9]
(Zinnober), Idria in Krain
[* 10]
(Quecksilberlebererz und
Quecksilberbranderz) und
Neu-Almaden bei
San José in Kalifornien: ferner finden sich solche bei Mörsfeld
und Moschellandsberg in Rheinbayern, in
Venetien, in
Frankreich, am
Ural, in
China
[* 11] und
Japan, in Mexiko
[* 12] und in
Peru.
[* 13] Fast alles
Quecksilber
wird aus dem
Zinnober erhalten. Die zinnoberhaltigen
Erze werden in Schachtöfen mit kontinuierlichem Betriebe und von sehr
verschiedenem
Bau unter Luftzutritt erhitzt, wobei der Schwefel des
Zinnobers zu schwefliger Säure verbrennt
und das metallische Quecksilber
abdestilliert.
Aus dem Ofen gelangen die
Gase
[* 14] in geeignete Kondensationsapparate, in denen sich die Quecksilber
dämpfe verdichten. Auch die
Anordnung der Kondensationsapparate ist sehr verschiedenartig.
Bei den Knoxöfen, die namentlich in Kalifornien benutzt werden,
bestehen sie aus einer großen Anzahl von gußeisernen Kästen, die durch
Röhren
[* 15] miteinander verbunden
sind und durch Wasser gekühlt werden. In
Almaden benutzt man sog. Aludelöfen: die
Gase durchstreichen ein
System von je zwölf
nebeneinander liegenden Reihen von
Gefäßen aus gebranntem
Thon, Aludeln genannt.
Die Aludeln sind von birnförmiger Gestalt, etwa ½ m lang und so aneinander gekittet, daß das spitze
Ende der einen Aludel in das weitere der nächsten hineinragt (Aludelschnüre). Jede
Schnur ist 20-22 m lang und enthält 44 Aludeln.
Die
Schnüre liegen auf einer geneigten Ebene (Aludelplan); aus den an der tiefsten
Stelle des
Planes gelegenen Aludeln fließt
das Quecksilber
durch eine Rinne in Sammelgefäße ab. Die
Dämpfe gelangen aus den Aludeln alsdann in weitere
Kammern, in denen sich dann der Rest des Quecksilber
niederschlägt. An andern Orten benutzt man gemauerte Kammern
oder gußeiserne Röhrensysteme zur
Kondensation. Um das Quecksilber
von
Ruß zu befreien, läßt man es über eine geneigte
Fläche
laufen, an welcher der
Ruß haften bleibt und unterwirft es dann einer nochmaligen
Destillation.
[* 16]
Das Quecksilber
kommt in eisernen Flaschen von 34 ½ kg
Inhalt in
den
Handel; der Preis wird von Rothschild in
London,
[* 17] dem
Besitzer der
span.
Minen, bestimmt, er schwankt zwischen 100 und 500 M. für die Flasche.
[* 18] 1894 betrug er 107-137 M.
Die Weltproduktion von Quecksilber
, soweit über sie verläßliche Nachrichten vorliegen, schwankte in den letzten 20 Jahren
zwischen 74000 (1874) und 134000 Flaschen (1877); sie betrug 1893: 107000
Flaschen, wovon auf
Spanien 50000, Kalifornien 30000 und
Österreich
[* 19] 15000 entfallen. Die Quecksilber
einfuhr in
Deutschland
[* 20] betrug 1893: 573 t im Werte von 1 840000 M.
Das Quecksilber
ist metallglänzend, zinnweiß, bei gewöhnlicher
Temperatur flüssig; bei -39,5° C. wird es fest und dehnbar; es
siedet bei 360 °C. Sein spec. Gewicht ist in flüssiger Gestalt 13,6, in fester Form 14,19. Aus der Dampfdichte (6,9) geht
hervor, daß das
Molekül des Quecksilber
aus einem
Atom besteht. Es verbindet sich mit den meisten Metallen zu
Amalgamen (s. d.). Die Quecksilber
dämpfe sind außerordentlich giftig. Das
Quecksilber des
Handels ist stets mehr oder weniger durch andere Metalle verunreinigt, von denen man es durch
Destillation mit etwas
Quecksilberoxyd oder
Zinnober einigermaßen befreien kann.
Zur Reinigung auf nassem Wege ist eine Reihe von Methoden brauchbar, von denen folgende als die zweckmäßigste gilt. Man schüttelt das Metall kräftig mit verdünnter Schwefelsäure, [* 21] welcher man von Zeit zu Zeit einige Tropfen Kaliumbichromatlosung zusetzt. Alsdann spült man die Säure durch einen kräftigen Wasserstrahl ab, trocknet es einigermaßen mit Filtrierpapier ab und läßt es dann aus einem fein ausgezogenen Trichter durch eine 60-100 cm hohe Schicht von 6- bis 10prozentiger Salpetersäure fließen. Am untern Ende des Cylinders, der die Säure enthält, ist ein heberförmig gebogenes Glasrohr angeschmolzen, aus welchem das Quecksilber kontinuierlich in trocknem Zustande ausfließt. Zur Entfernung von Staub oder Oxydhaut preßt man das Quecksilber durch Leder oder läßt es durch eine Papiertüte mit feiner Spitze auslaufen. An der Luft bedeckt sich das nicht ganz reine Quecksilber allmählich mit einer Haut, [* 22] welche aus Oxyden der Fremdmetalle besteht; durch Behandeln mit etwas Salpetersäure kann man die Haut entfernen. Ganz reines Quecksilber hält sich unverändert blank.
Vom Quecksilber macht man ausgedehnten Gebrauch. In der Medizin wird es im metallischen Zustand (mit Fett verrieben in Form von grauer Salbe [s. Quecksilbersalbe] als entzündungswidriges und antisyphilitisches Mittel) und besonders in seinen Verbindungen (s. Quecksilbermittel und die Einzelartikel der Quecksilberverbindungen) verwendet, und in der Technik findet es vielfach Verwendung zur Herstellung von Spiegeln, zur Feuervergoldung, zur Extraktion von Gold und Silber aus ihren Erzen u. s. w. Ferner dient es zur Füllung von Barometern, Thermometern, Manometern, Quecksilberluftpumpen, sowie als Sperrflüssigkeit für solche Gase, die vom Wasser absorbiert werden. Mit Quecksilber gefüllte Kapillarröhren von 106 cm Länge und 1 mm Querschnitt stellen bei 0° C. die Widerstandseinheit Ohm dar.
Das Quecksilber bildet zwei Reihen von Verbindungen, dem Oxydul und dem Oxyd entsprechend; diese werden auch als Hydrargyro- und Hydrargyriverbindungen bezeichnet. (S. Quecksilberchlorid, Quecksilberchlorür, Quecksilbercyanid,Quecksilberjodid, Quecksilberjodür, Quecksilbernitrat, Quecksilberoxyd, Quecksilberoxydsulfat, Quecksilberoxydul ¶
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Quecksilbersulfid und Knallquecksilber.) Alle im Magen [* 24] löslichen Quecksilberverbindungen sind starke Gifte. (S. Quecksilbervergiftung.)